Neue Veranstalter-GEMA, nochmals Audioguide, Ensembleaufgabegerüchte

Neue Veranstalter-GEMA
GWVR, nicht GEMA! Gesellschaft zur Wahrnehmung von Veranstalterrechten, das bedeutet GWVR. War es vor ein, zwei Jahren noch en vogue, auf die GEMA zu schimpfen, ihren Nutzen für die Musikurheber zu verneinen, Monopolstellung, starre Tarife, langatmige Prozesse wie den gegen Youtube vorzuwerfen, setzt sich zwar nocht nicht in allen, doch mehreren Köpfen die Erkenntnis durch, dass Zusammenschluss stark macht, Tarife zum Nutzen aller genauso eine zähe, aber geordnete Verhandlungssache sind und die Vorreiterrolle besonders der GEMA in Bezug auf Youtube: als erste Verwertungsgesellschaft überhaupt schloss sie vor Jahren einen Vertrag mit Youtube und zieht im juristischen Streit nun ihre Konsequenzen aus den frühen Erfahrungen. Wer die „schnellen Verträge“ z.B. der PRS oder der SACEM mit Youtube lobt, übersieht, dass dies eben deren erste mit dem Portal sind. Mitunter registrierte nun selbst der Bundesverband der Veranstalterwirtschaft (BDV), dass es Sinn macht, anfallende Verwertungsgebühren einzufordern, „wenn Konzertaufzeichnungen z.B. durch Ton- oder Bildtonträger, durch Rundfunk oder Fernsehen oder z.B. auf youtube oder Spotify ausgewertet werden“, so seine Pressemitteilung zur Gründung der ersten eigenen „Veranstalterverwertungsgesellschaft“. Die soll eben das Geld eintreiben, was nach dem Urheberrechtsgesetz auch Veranstaltern zusteht, vor allem Anteile aus der Verwertung von Konzertmitschnitten. Derweil die „c3s“ für CCC-Lizenzen noch im Zulassungsverfahren ist, soviel Wind und Sorgen manchen als mögliche, wenn auch kleine GEMA-Konkurrenz machte, hat der BDV still und weitestgehend unbeobachtet die GWVR gerade erfolgreich beim Deutschen Patent- und Markenamt durchgeboxt.

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Unter den Mitgliedern des BDV finden sich bisher vor allem Agenturen und Veranstalter der U-Musik, wie z.B. das Münchner Tollwood-Festival oder die Lach- und Schiessgesellschaft. All unsere Neue-Musikfestivals oder grössere Klassikfestivals findet man bisher nicht in der Mitgliederliste. Unabhängig davon könnte aber durchaus jeder Veranstalter Mitglied der GWVR werden. Ich unterstelle mal, dass dies für alle von Komponisten oder Musikern hauptsächlich durchgeführte Festivals und Konzertreihen in dem Moment interessant wird, wo Live-Aufnahmen von Stücken und Auftritten gesendet oder gestreamt werden, die im vertraglichen Rahmen dieser Veranstaltungen stattfanden. Mancher profitiert im Kosmos der GEMA ja z.B. zugleich neben der Komponistenrolle auch als Verleger und Textdichter. Dazu die unterschiedlichen Akteursebenen gegenüber der GEMA als deren Mitglied und veranstaltender Nutzer, durchaus dann mit Rabatten auch in Bezug der eigenen Präsentation von Aufnahmen eigener Werke im selbstveranstalteten Konzert wie auf der eigenen Internetseite. Die Aufspaltung in unterschiedliche Rollen werden nun auch nicht komponierende, im BDV organisierte GWVR-Mitglieder kennenlernen: einerseits hat der BDV einen Rahmenvertrag mit der GEMA, die seinen Mitgliedern 20% Rabatte auf anfallende GEMA-Gebühren einräumt, andererseits wird man nun selbst in die Pflicht genommen werden, Doppel- oder Mehrfachakteuren entsprechende Nachlässe einzuräumen. Auf alle Fälle sollte jeder veranstaltende Komponisten- und Musikerverbund überlegen, ob er bei Sendung oder Streaming von Aufnahmen seiner Festivals oder Konzerte sich diese Einnahmemöglichkeit sichern sollte

Nochmals Audioguide
Über Kreidlers Audioguide wurde hier im Badblog, und auch hier, bereits zu Genüge gestritten. Was man aus der Ferne aufgrund der hier auch schon zusammengetragenen Videoausschnitte sagen kann, dass dieses Theater über Musik nicht nur zu Wutanfällen oder Provokationsschelte wie z.B. im „Unwucht-Blog“ oder es zur kleinen NMZ-Satire oder Randerwähnung wie in der NMZ-Heidenreich-Darmstadt-Besprechung – dort Johannes Kreidler als „Till Eulenspiegel der Neuen Musik“ tituliert nun sein Schaffen als „mittleres Lebenswerk“ eingestuft – oder dem eigenem Ferienkurseversuchsblog oder der einzigen Vollkritik in der Darmstädter-Regionalpresse taugte. Es ist bei aller Buntheit doch ein Stück über das Sarkastische der Neuen Musik Szene, wenn traditionelle Materialdiskussionen für beendet erklärt werden und Inhaltlichkeit im Zeigen des Betriebsgebaren stecken bleibt, letzteres in der Wiederaufführung als der Selbstgefälligkeiten z.B. Stockhausens während seiner Pressekonferenz mit den 9/11-Aussagen, des HR-Musikredakteurs S. Fricke auf Kreidlers Sofa oder der hochemotionalen Diskussion, ausgerechnet Selbstgefälligkeit vorwerfend, vor allem britischer Kollegen um den Auftritt Johannes mit dem Donaueschinger Fusionsinstrument. Was bisher ausblieb, sagte ich schon einmal, wäre eine Analyse des Einsatzes der im Theaterbereich momentan beliebten urernsten aktuellen Umsetzung des Reenactements in Audioguide, eben z.B. für Stockhausens 9/11-Statements: während im Theater vor allem Milo Rau haargenau in Sprachrhythmus und Ortsinszenierung das ruandische Hate Radio oder den Ceaucescu-Prozess, den Pussy-Riot-Prozess nachzeichnet, wodurch die Zuseher nochmals in die Erfahrung von Geschichte und ihrer Zeitlichkeit gleichsam in 3D eintauchen können, ist es in Audioguide ein lustiges 2D-Schattenspiel – ob dies der Sache wirklich gerecht wird? Ich meine, hier spiegelt sich, in der witzigen Haltung zu jedem und allem, die so viele der unter Vierzigjährigen teilen, die ästhetische Ratlosigkeit unserer Zeit, auf die nicht mehr mit einem Raunen a la Lachenmann/Scelsi/Furrer reagiert wird oder mit Polywerktürmen oder allem zusammen, sondern mit einem gähnendem „Kennen wir, nett gemacht, haha“ bei gleichzeitigem „Weiter so“ im von rein unkünstlerischen, sondern Stammtisch und Klüngel-geprägten Entscheidungen motivierten Betrieb, wenn es um Aufführung jetzt und hier komponierter Musik geht, so allein GNM-präsidial oder Berliner Musikfeste-hoheitlich sie ausformuliert sein mögen. Geht es um Musik, die vor 10, 20 Jahren entstand oder noch so klingt wie damals, ist alles gewohnt hochprofessionell, siehe das Scelsi-Symposium, natürlich mit dem üblichen Schuss Langweile, was den momentanen hybriden „autistischen Ästhetik-Atheismus“ wieder ein wenig spannender macht. Allerdings ist die Werk-Kontingenz von z.B. „Limites“ oder „Point Ones“ oder „Die „sich sammelnde Erfahrung“ (Benn): der Ton“ vor zwei Jahren doch um einiges höher gewesen als das heute bisher in Teilen aus Darmstadt 2014 Zugängliche. Mancher heisst Schubert, mancher spielt den alten Schubert, wie z.B. Maximilian Marcoll, wenn er sich auf die Geräusche seiner Nachbarn beschränkt. Immerhin findet man hier eine Werkkontingenz, die wiederum zu Thomallas Vorliebe für Brahms oder Biros eben auch für F. Schubert zu decken scheint. Wenn sich dies mal mehr ins Grössere wagen würde, natürlich bitte nicht als Grossform-Motto-Donaueschingen-2013, würde zumindest die Frage von Inhalt und Form nicht nur mit ratlosem Sarkasmus beantwortet werden können. Wie es Audioguide eben dann doch wieder meisterlich offenlegt, bewusst und vielleicht auch ein wenig unfreiwillig.

Ensembleaufgabegerüchte
Brandneu erreichte mich die letzten Tage „Münchener Musikergossip“: pianopossibile, die Neue Musikband Münchens, scheint nun doch den Betrieb einzustellen. So scheint man es ex cathedra intern verkündet zu haben. Man hat sich ja in den letzten Jahren doch sehr, sehr gut entwickelt, wenn dies zuerst auch nur im Mikrotempo über die Jahre von aussen gesehen und goutiert wurde. Die Differenz zwischen innerem Leidensdruck und externer angemessener Rezeption scheint nun so weit auseinanderzuklaffen, dass man nicht mehr weiter weiss. Lohnt es sich da nicht, doch nochmals zusammenzusitzen und nach Lösungen zu suchen? Vielleicht wäre eine kurze Atempause der Konsolidierung und personellen Neuausrichtung der bessere Weg, mag man da auch nochmals über innere Hürden springen, derer man doch so überdrüssig wurde. Ich drücke Euch die Daumen!

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