DEHOGA – Totengräber der freiberuflichen Künstler?
Erinnern wir uns: 2012 machte der DEHOGA einen unglaublichen Wind um die Tariferhöhungen der GEMA für Clubs und Diskotheken. Seit Jahrzehnten hatte sich kaum für diese Nutzer hier was geändert, derweil das Clubleben in Deutschland einen ungeheuren Aufschwung erfuhr. Nun sollte statt vieler Ausnahmen, mit denen auch die Nutzer unzufrieden waren, ein linearer Tarif eingeführt werden, der kleinere Clubs entlasten sollte und größere verstärkt in die Pflicht nehmen wollte. Für die Urheber der in den Clubs aufgelegten Musik sollte eine Schere zwischen den guten Geschäften der Nutzer und den geringen Einnahmen der Urheber geschlossen werden. Der DEHOGA und seine Partnerin, die Bundesvereinigung der Musikveranstalter (BVM), verließen den Verhandlungstisch und schossen mit schwerem Geschütz auf den Straßen und den Hinterzimmern der Politik gegen die Musikautorengesellschaft. Wie verkündete der Aufsichtsrat und Vorstand auf der letzten Jahresversammlung der außerordentlichen GEMA-Mitglieder: das Club- und Diskothekeninkasso brächte gerade einmal einen Betrag von ca. 6 Mio. Euro ein. Dies sei den alten Tarifen geschuldet wie dem nur eingeschränkten Nutzungsmonitoring: DJ-Playlists dürften nicht verwendet werden, die Clubs hätten das Programm zu melden. Von ca. 5000 Clubs und Diskotheken nehmen gerade ca. 100 an einem Nutzungsmonitoring teil, mit dem die Häufigkeit des gespielten Repertoires überprüft würde. Bezüglich eines breiteren Monitorings schalten die Clubs, als in letzter Konsequenz der DEHOGA und die BVM auf stur. Leidtragende sind die Musikurheber, die nicht den Mainstream darstellen, dennoch viel häufiger aufgelegt werden, als das jetzige Monitoring ermitteln lässt. Die Klagen der entsprechenden KomponistenkollegInnen höre ich auch noch einen Monat später deutlich in meinen Ohren.
Just als die GEMA-Versammlung 2013 letzten Juni statt fand, wandte sich der DEHOGA gegen das erweiterte Prüfrecht der Deutschen Rentenversicherung (DRV) für die Künstlersozialkasse (KSK) von Betrieben, die freiberufliche KünstlerInnen mit Aufträgen beschäftigen. Wie wir seit Jahren immer wieder erfahren, verdient der deutsche Durchschnittskünstler monatlich nur geringfügig mehr als Regelsatz und Kosten der Unterkunft des Arbeitslosengelds II (Hartz IV) betragen. Dreist stellt der DEHOGA in seinem Positionspapier folgendes fest: „Schon ganz grundsätzlich gibt es für die Privilegierung von selbstständigen Künstlern und Publizisten gegenüber anderen Selbstständigen keinen nachvollziehbaren Grund. Denn vor der Herausforderung einer ausreichenden eigenverantwortlichen Absicherung gegen Lebensrisiken steht jeder Selbstständige. Die eigene Verantwortung für diese Vorsorge gehört untrennbar zum Bild eines Unternehmers.“ Jawohl lieber DEHOGA! Wir KünstlerInnen sind sehr wohl immer wieder auch einmal erfolgreiche Unternehmer. In der Mehrzahl sind wir aber freiberufliche Klein- und Kleinstunternehmer, von deren Leistungen Du und Deine Mitglieder reichlich profitieren: angefangen von der Kunst am Bau, all den Kunstwerken und Sprach- wie Musikveranstaltungen in Euren Gaststätten, Diskotheken und Hotels bis hin zum Design Eurer schönsten Suiten, dem Aussehen Eurer Homepages und Hochglanzbroschüren und all den weihevollen Selbstdarstellungen in Wort, Bild und Musik. Ohne dies würden Eure Hotels, Clubs und Restaurants, egal ob Messe-, Romantik- oder Touristenambiente, nicht so gut zu bewerben und nicht so schön besucht sein. Unsere kreativen Leistungen wie Eure teuren Dienstleistungen bedingen sich durchaus gegenseitig. Und dieser Pakt soll nun endgültig aufgekündigt werden? Wie das GEMA-Tarif-Gedöns zeigte, brachtest Du erst Fans gegen Musikautoren sowie Künstler gegen Künstler auf.
Jetzt wird endgültig nach getreten, nachdem Du die Kreativen bereits am Boden wähnst: wie in der Tarif-Causa werden nun richtige und in Deinen Augen unrichtige KünstlerInnen gegeneinander aufgehetzt: „Diese Sichtweise mag für typische Künstler wie Sänger, Tänzer oder bildende Künstler eine Berechtigung haben. Warum aber beispielsweise Webdesigner, Grafiker oder Werbefotografen ungeachtet der Größe und wirtschaftlichen Situation ihres Unternehmens sozial schutzbedürftiger sein sollen als andere selbstständige Dienstleister, erschließt sich nicht.“ Denn ob jemand nun reinste Kunst oder Gebrauchskunst verfertigt, das ist letztlich egal: es stehen hochqualifizierte KünstlerInnen dahinter. Denn hier gilt nicht wie bei manchem immer von der Insolvenz ungelernten Kneipenbetreiber „wer nichts wird, wird Wirt.“ Wer Kreativer in der Werbebranche ist, ist sehr wohl ein waschechter Künstler. Es gibt zudem genügend KünstlerInnen, die sehr wohl einen Teil ihrer Zeit mit bezahlter hochkultureller Arbeit ihr Einkommen bestreiten, auf der anderen Seite aber durch die beengten Konditionen in ihrem Traummetier genauso wertvoll ihr anderes Standbein in der Gebrauchskunst oder gar, von Teilzeit bis zur Vollzeit festangestellt, im Lehrbetrieb haben. Auch denen willst Du das Leben schwer machen, sie für ihre Lebenskunst bestrafen: „Es ist nicht nachvollziehbar, warum Künstler, die aus guten Gründen auf eine andere Absicherung setzen, dadurch entmündigt und zu „fiktiven Arbeitnehmern“ gestempelt werden.“ Was bleibt uns KünstlerInnen also anderes, als gesamt nach Festanstellungen zu streben, die wir bei Dir wohl nicht erhalten würden und auch gar nicht wollen, wenn wir nicht zum Sozialamt rennen wollen?
So bleibt uns nur eines Euch zu wünschen: malt selbst Eure Broschüren, greift selbst zur Klampfe, etc. Die Qualität Eurer Dienstleistungen wird damit letzten Endes zu lausig sein, wie Eure Forderungen nach Abschaffungen der sozialen Absicherungen für KünstlerInnen schäbig sind. Als ob Euch die Reduzierung der Mehrwertsteuer und all die nicht erlaubten Bettensteuern zur Stärkung des kulturellen Lebens, um die Ihr herum gekommen seid, nicht schon genug entlasten würden. Aber irgendwie kriegst Du, DEHOGA, den Hals nicht genügend voll: je voller Dein Geldmagen, um so leichter Dein soziales Gewissen. Schade nur, wenn kein Künstler mehr Deinen Abgesang komponieren und singen kann.
Komponist*in
Barvo!
Ein Disco-Club, in dem keine Musik spielt, ist auch nur eine Betonschüssel in der Alk ausgeschenkt wird.
Nur noch traurig, wie es absolut unnötige Institutionen in Deutschland seit Jahren erfolgreich schaffen, den kleinen Künstlern das Wasser abzugraben und der Freiheit des Ausdrucks mit Hilfe von Zwangs-Kommerz Einhalt zu gebieten.