Eric Whitacre – der gute Hirte orwellschen Big-Brother-Chorgesangs
Das Internet singt Eric Whitacre. Der smart-blonde Amerikaner, Jahrgang 1970, ist nahe dran zum David Garrett eines soften zeitgenössischen Chorgesangs zu werden. Wie jener Geiger von Kuschelklassik wird er als erzengelgleiche Komponisten-Ikone weichgespülter Vokalsounds durch seine PR vermarktet. Als Chorleiter strahlt er auf dieselbe Tour immerhin randständig künstlerische Authentizität aus. Seine Dirigierweise ist ein Ausbund an Eutonie, so dass allein diesem klangmagischen Getue reihenweise die jungen Sängerinnen und Sänger erliegen dürften, sie ihn als Propheten ihrer Musikleidenschaft betrachten. Einem breiteren Publikum ist Eric Whitacre mit seiner Ko-Komposition der Meerjungfrauengesänge für Hans Zimmer zu einem der Filme der Piraten-der-Karibik-Reihe geläufig. Sein wahres Steckenpferd nennt sich „Virtual Choir“. Whitacre lässt seine Anhänger vor ihren heimischen Webcams eine Chorstimme aus seinen Kompositionen zum Besten geben. Mit ihren kleinen Kopfhörern für die Tracks der eigenen und anderen Stimmen im Ohr sehen sie wie Klone eines iPod-Commercials aus. Sie folgen brav den gralsritterlichen Bewegungen ihres Meisters, folgen dezent den Anweisungen auf ihrem Bildschirm und blicken dem Ende der Musik nachlauschend noch ein wenig lächelnd in die Kamera. Sie versehen ihre Filmchen mit den vorgeschriebenen Tags, laden sie ins Internet und hoffen, dass Whitacre und seine Crew sie aus der Masse auswählen, um wieder in der Masse der Kompilation dieser Videos zu besagtem virtuellen Chor aufzugehen.
Die Produktion von „Water Night“ dafür steht exemplarisch. Als würde der weichgespülte Eindruck seiner Kompositionshaltung hier verwirklicht, fällt ein riesiger blauer Seifenspendertropfen aus dem Mondhimmel herab. Aus seinem Aufplatzen entsteht eine von digitalen Wellen umwaberte Dirigentenplattform, auf der Guru Whitacre sich materialisiert. Vor ihm baut sich eine Chortribüne mit all den Filmchen der wie ferngesteuert dreinblickenden Sängerinnen und Sänger auf, ins reflektierende graublaue Licht ihrer Flatscreens getaucht. Der Meister hebt die Hände und es ertönt ätherischer Sirenenflaum. Es sind tonal-modale Klänge, um kleine Liegetondissonanzen erweitert. Für die Singenden beginnt es in ungefährlicher tiefer Stimmlage, steigert sich hübsch in nicht zu unangenehme Höhen, fällt wieder in sich zusammen und klingt entsprechend aus. Die Tonart wird kaum verlassen, melodisch findet ebenfalls nichts Mitreissendes statt. Die Musik ist reiner Sound. Dies ist eigentlich eine Tugend der Neuen Musik. Bei Whitacre ist es aber eher ein Ausdruck der Unfähigkeit zu eigenen ästhetischen Leistungen.
Seine Musik kommt über Kunsthandwerk nicht hinaus! Die Gestaltung seiner Chormusik, die gezielte Integration auch anderer Stile ist keine postmoderne Haltung. Whitacres Technik ist nichts Anderes als die konsequente Anwendung von Tonsatz, wie ihn z.B. Bachelorkandidaten der Schulmusik einüben müssen. Das wäre nun Alles kein Problem, wenn es sich bei jenen Projekten einfach um kassenfüllende Gebrauchsmusik handeln würde und Whitacre dazu noch ein ansehnliches Hauptwerk pflegen würde. Allerdings kommt er über jenen oben genannten solitären Ausflug in die Filmmusik, dazu Blasmusikstücke und einfache Instrumentierungen seiner Chormusik nicht hinaus. Er generiert damit prächtige Umsätze. Das sei ihm unbenommen. Es ist vor Allem ein „community feeling“ , welches jener virtuelle Chor bestens bedient.
Fragen wirft allerdings sein Erfolg bei all den Chören und besonders deren musikalischen Leitern auf. Geht man von einer Art ästhetischer Qualitätskontrolle aus, versagen hierin die leitenden Profis der Whitacre singenden Chöre auf ganzer Linie! Sie finden in dieser Musik Kunsthandwerk vor, das sich permanente Grinserei zum Ziel setzt. Tiefere Schichten werden zwar durch Titel wie „Cloudburst“ oder „Lux Aurumque“ angerissen. Eine weitergehende psychologische, soziale, politische oder weltanschauliche Aussage vermeidet diese Musik und ihre vertonten Texte. Kein Wunder, dass sie inzwischen Eingang in denjenigen sakralen Raum findet, der weniger in das Seelenheil seiner Anhänger investiert als neutrale Kirchensteuerzahler mit reiner Wellnesstheologie hegt.
Es mag zwar um reines Zusammensein gehen, aber zum Nulltarif musikalischen Risikos. Es ist schon erstaunlich, was Anfang des 20. Jahrhunderts Arbeiterchöre musikalisch wagten. Von deren Bemühungen sind allerdings unsere wohlfeil ausgebildeten Chorleiter des 21. Jahrhunderts Äonen entfernt. Dem leisteten all die Angsthasen unter den Dozenten an den Musikhochschulen Vorschub, die gute Noten vor allem für das beste Proben- und Wohlfühlentertainment ihrer Studierenden in den letzten 30 Jahren vergaben und dafür sowie die Vereinskassen ihrer Chorherden ein Repertoire mit Niveau opferten. Kein Wunder, dass nun der Messias Eric Whitacre wohlfeil das Feld abgrast und die Langeweiler der Akademien und Chorvereinigungen auch was von diesem giftigen Kuchen abbekommen wollen. So betrachtet ist der „Virtual Choir“ die beste Lösung: die singenden jungen Naiven kommen immerhin direkt auf die PC-Couch ihres Meisters und sparen sich den Umweg über all die öden Singcoachs der deutschen Laien- und Halbprofi-Chorlandschaft.
Komponist*in
Alexander, ein wichtiger Kommentar. In Teilen habe ich aber doch meine Schwierigkeiten damit. Ich denke nicht, dass man das Phänomen so rein musikalisch-ästhetisch herunterbrechen kann. Davon verstehst du zwar mehr als ich, aber die Sache hat den alten Haken, der schon zwischen Gounod und Bach baumelte. Schlecht gemacht ist es eben nicht. Aber schlecht ist, was gemacht wird und darum ist es auch schlecht gemacht.
Das vermeintlich Außermusikalische ist es hier nicht. Dahingehend verstand ich deinen Titel.
Es ist das Surrogat, der Geschmacksverstärker-Klang, der sich üppig ausbreitet einerseits und in Kombination mit der dargestellten filmischen Umsetzung, der so übel stimmt. Es ist der Anschein des Epochalen, ja des Überwältigenden, wenn die Bildschirmwand sich wölbt und (wie man sehen kann in mancher Einstellung) so flach ist wie ein Photon. Die Präsenz von Nichts! Und davon eben ganz viel!
Die andere Frage, nach den Chorleitern. Ich kenne mit Robert Göstl einen Chorleiterausbilder, der sich sehr wohl mit den Massenphänomen auseinandersetzt, der Chormusik durchaus mit Ernst betreibt und nicht die vielerorts in den musikalischen Sumpf fahrenden Züge mitfährt. Man kann schon Haltung bewahren.
@ hufi: was die water-produktion betrifft, ist doch klar, dass jemand mit den handwerklichen netzwerken – sprich filmnetzwerke – eines whitacres ein technisch sehr gekonntes ergebnis hinbekommen sollte. es ist die berühmte inhaltliche frage. und da ist strenge berechtigt! im prinzip fällt es mir deshalb so negativ auf, weil whitacre über seinen eigenen narzissmus stolpert. ich bewege mich nun eher im spekulativen, wenn ich sage, dass es besser wäre, wenn er und sein dirigat nicht gar so kitschig im zentrum stünde. würde man ihn, wie auf den stimmgruppeninstruktionsvideos nur einzählend sehen und darauf nur die videos der singenden, wäre es halb so kritikwürdig. dirigieren und komponieren sind ja sehr wohl immer eine frage der selbstdarstellung. hier hat sich aber jemand zu wenig gedanken darum gemacht, ausser eben auch optisch und nicht nur akustisch im zentrum zu stehen. verfolgt man reine konzertvideos, merkt man sogar einiges von der positiven ausstrahlung, die er auf die sänger hat – als chorleiter würde ich mir v.a. davon einiges zu herzen nehmen.
noch was zu seiner musik: die ruhige haltung, die einfachheit müsste erst recht keine crux sein, würde er noch mehr reduktion wagen. das würde die qualität der musik um einiges heben, sie eben auch als wirklich zeitgenössische chormusik für fortgeschrittene laienchöre gelten lassen können. whitacre seift aber viel zu gerne klanglich sein umfeld ein, als diesen schritt zu gehen! immerhin gesteht er in einigen videos, dass er eigentlich liebend gerne filmscores herstellen würde. in bezug zu bildern würde es zum mainstreamkino ja ganz gut passen. er sagt allerdings auch, dass er das drohende arbeitspensum scheut, das filmkomponisten in der produktion an die grenzen der physis bringt, was ja auch ein merkmal wirklich harter künstlerischer arbeit sein könnte. so wie er es beim film scheut, so bei seiner chormusik. ergo fehlt ihm da der ästhetische arbeitseros. das grenzt nicht das harte im produzieren seines kunstgewerbes aus, bezieht sich aber eher auf nebensächliches wie filmschnitt als notenschärfe.
zu den chorleitern: es gibt garantiert viele, die kämpfen, die ggf. sogar um eine whitacre-aufführung kämpfen müssen. dann fechten sie allerdings den falschen kampf. wenn am ende nur mit wellness die leute als sänger und hörer zu motivieren sind, läuft was gewaltig falsch… höchstwahrscheinlich ist heutige chorleiterausbildung in allen teilen zu sehr auf das wohldosiert didaktische ausgerichtet statt auch mal kräftig danebenzulangen.
generell scheint es wohl darauf raus zu laufen, dass nicht mehr gnome wie weill und eisler oder kränkelnde wie gershwin das musikbusiness aus der warte zwischen e und u bedienen werden, sondern immer mehr perwollengel eine rolle spielen werden. und da trägt das eutonie-blabla an unseren schulmusik und chorleitungsfakultäten auch sein quentchen bei, wird es doch auf das ganze und nicht nur eben auf den teil der körperhaltung des singenden ausgedehnt…
unfassbar in was für Platitüden hier verfallen wird – Schulmusiker sind keine Musiker? Werden mit niedrigstem Niveau gleichgesetzt? Fragt sich an welchen Hochschulen diese Erfahrungen gesammelt wurden… Entspricht aber gängigen Klischees, die sich unter „wahren“ Musikern konsequent halten.
Der Verfasser verstrickt sich in eine Neiddebatte. Dass in Deutschland immer diejenigen in Verruf geraten, die Erfolg haben hat seinen Grund.
Anstatt Visionen zu entwickeln werden die zerfleischt, die erfolgreich sind. Ist das ein Nährboden auf dem neue Ideen entstehen? Was bringt es irgendwelche Grabenkämpfe von guter und schlecher wahrer oder unwahrer Musik aufzureißen? Das hat hätte vor hundert Jahren seinen Platz gehabt. Hat das was Whitacre macht keine Berechtigung? Natürlich muss ihn nicht jeder toll finden. Aber aus der Art der Schreibweise aus dem Anrühren plattester Klischees spricht eine gewisse Verbohrtheit – Dirigenten die Whitacre aufführen musikalisches Gespür abzusprechen…. keine Ahnung da fehlen einem die Worte ;-)
begriffe wie „neiddebatte, plattitüden“, etc. könnte man genauso unter „kommentarplattitüden besorgter bürger“ abhandeln, wie man sie zuhauf unter texten in deutschsprachigen medien ausmachen kann. man könnte sie auch als zurückweisung im sinne von „politsprech“ bezeichnen und das gefühl haben, dahinter verbirgt sich ein mensch mit kulturpolitischen hintergrund, der sich wiederum in seinem einsatz für whitacre angegriffen fühlen könnte. aber unwichtig, reine mutmassungen.
schulmusiker werden von mir allerdings nicht angegriffen, allerdings die leute, die schulmusiker ausbilden. es mag schon stimmen, dass man didaktisch erstmal dafür sorgen muss, dass man schüler überhaupt heute zum singen bewegen kann. und ich müsste gestehen, dass ich es durchaus bewundern würde, wenn jemand menschen, die in musikbildung absolut unbeleckt sind, von null auf whitacregrade bringen würde. allerdings geht es hier nicht um diese basisarbeit, sondern um unternehmen, die perfektes notenlesen, eigenstudium, grundlagen von stimmbildung verlangen. da mag man gerne singen was man will. allerdings den ausschluss schwierigerer projekte jener bestausgestatten ensembles unter gefährdung von stimmen und stimmung in hinsicht mit einer schutzdidaktik zu begründen, wie sie für kinder gut sein mag, sich mit poulenc, whitacre und pärt zu beschränken, ist im falle dann doch nur das aufspringen eines zuges, wie ihn hufi in seinem ersten kommentar umriss. so betrachtet erntet whitacre nun auf dem feld einer ängstlichen chorleiterausbildung, die die studierenden immer wieder darauf hinweit, v.a. für entspannung und weniger für risiko zu sorgen, die unter schönberg z.b. friede auf erden aber nicht den psalm 130 op. 50 b versteht.
@Alex: Das ist mir jetzt schon wieder fast zu freundlich. Die ganze Sache mit Whitacre ist nämlich Mist. Nix gegen Ideen, die mit den Gegebenheiten der entsprechenden Medien spielen und sie in Szene setzen. Aber das ist das eine nur: Eine Quizsendung kann so oder so aussehen. Es ist schon das Getue und Gehabe nicht zu trennen von dem Ergebnis.
Deswegen hat Hanslick auch nicht recht, wenn er Kunst und Leben rein formal bestimmt – nach dem Faktor Erfolg. Und was Erfolg hat, muss bei bestimmten Kreisen immer auf Widerstand stoßen. Nun ist der Erfolg längst nicht ausgemacht (a) und zweitens schwer zu messen (b).
Ich habe da gerade die Fallstudie „Ritter Rost“ im Blick. Vom ersten Buch in der Regensburger Klitsche über Terzio, Carlson in den 3D-Film. Letzteres habe ich mir als Facebook-Marketing-Sache angesehen. Was hat man alles veranstaltet, die Original-Stimmen herausgenommen, aus den anarchistischen alten Büchern eine Klamauk-Action-Story gemacht, Partner mit Gewinnspielen beigesellt … Nach Maßstäben von Hanslick, jetzt also total erfolgreich, angekommen in der Mitte der Gesellschaft. Bloß kein Neid. Wenn es Leute gibt, die es besser können als die Autoren, dann ersetzt man die eben. So halb …
Es ist leider so, dass in gefühlt 99% der Fälle ein solcher Erfolg zu Lasten des Produktes geht.
PS: Die Sache mit der Schulmusik ist kompliziert. Im Grunde liegen die Probleme auf beiden Seiten, der Ausbildung und der Auszubildenden. Mal gelingt es besser, mal schlechter. Und was dann Schule ist, ist wieder etwas ganz anderes.
Sehr geehrter Herr Strauch,
mit Interesse und Verwunderung habe ich Ihren Artikel gelesen. Als Blogger habe ich Respekt, wenn jemand geradeheraus seine Meinung sagt. Aber einen in akademisch-elitären Jargon verpackten, total einseitigen Von-oben-herab-Shitstorm wie Ihre Whiteacre-Betrachtung ist es nicht, was man von ambitionierten Betrachtern kultureller Phänomene erwartet.
Als Teil einer sehr aktiven und engagierten, von vielen so genannten Laien getragenen „Community“ der „contemporary vocal music“ und kein ausgesprochener Whitacre-Fan muss ich Ihnen einfach sagen: Aus einem solchen Artikel spricht die maßlose Arroganz des Elfenbeinturmbewohners.
David Garrett haben sich meine Kinder (12 und 15) bei Galileo und Wetten-Dass angeschaut, und er hat zumindest ihr Interesse an klassischer Musik nicht verringert, wie meist der Musikunterricht am Gymnasium. Ich weiß nicht, ob Sie Ihnen so lange zum Thema Musik zugehört hätten.
Eric Whitacre hat vielen, sehr vielen Menschen den Weg zum Singen (wieder) eröffnet. Menschen, die vorher vielleicht von der Verkrampfheit und dem intellektuellem Dünkel der Hochkultur-Verfechter und von der teilweise ewiggestrigen und immer mehr vergreisenden traditionellen Chorszene vom Singen abgeschreckt wurden.
Ich lade Sie gerne einmal zu einem der neuen A Cappella-Festivals in Deutschland oder Europa (www.londonacappellafestival.co.uk, http://www.aavf.dk, http://www.a-cappella-festival.de) ein. Damit sie sehen, wo und wie Musik Menschen begeistert, mitreißt, ganz egal, ob von Weltklasse-Gruppen oder in Community-Projekten wie den „Single Singers“ (www.thesinglesingers.com).
Viele Grüße,
FSt
Florian Städtler
Vocal Blog
Wespennest.
@ hufi von 9:23 Uhr: absatz 1-4 bin ich im einklang. zum postscriptum: mit „schulmusik“ meine ich weniger das wirken in den schulen, was wirklich eine unglaubliche schwierige und tapfere sache ist. es ist das auswirken der kinder- & jugendlichen-/schulpädagogik in der chorpädagogik mit erwachsenen! da wird erlerntes aus dem schulischen mut und vorsicht betreffend auf künstlerische tätigkeit im bereich mit oft sehr, sehr fähigen laien ausgedehnt. letztlich werden die dort aufeinandertreffenden erwachsenen musiker und laiensänger auch immer irgendwie geschmacklich sich in der mitte treffen. es bleibt dennoch eine ironie der geschichte, dass ausgerechnet die chöre des proletariats, eben jene genannten arbeiterchöre zu anfang des 20. jhds. viel mehr künstlerisch wagten als all die mittelständischen und kleinbürgerlichen vereine der jetztzeit: sind die menschen heute tatsächlich breiter musikalisch gebildet, allem unterrichtsverfall zum trotz, konnte man mit den unverbildeten gesangstechnisch viel kruderes ausprobieren, als es das jetzige laienchorwesen überhaupt zu denken wagt. wie wohltuend sind doch immer wieder blicke in das wiener arbeiterchorbuch wo renaissance auf brahms trifft, pepping auf reger, schönberg und webern mit konventionellen bearbeitungen wie dodekaphonen originalwerken vertreten sind. ich beisse mich da ein wenig fest – aber dies sollte der massstab sein. in einem modernen chorbuch müsste ein depeche mode-medley auf nonos liebeslied stossen…
@ städtler: sie können mir glauben, dass mir in einigen schulworkshops gymnasiasten sehr wohl zuhörten – mal mehr, mal weniger. zudem fürchte ich, dass sie zwar sehr viele menschen, ja viel mehr menschen als ich erreichen mögen. im elfenbeinturm sitze ich allerdings nicht und blicke auf mehr als 20 jahre sehr bodenständige arbeit als chorleiter zurück, habe fleissig sachen singbar gemacht, die bis jetzt kein männerchor singen würde. dies bewegt sich allerdings in der nische des kontinentalen queeren chorlebens. zwar ist die gesangliche vorbildung der sängerInnen oft mehr als schmal, dennoch gelangen mir immer wieder ausflüge in selbst atonale bereiche, die man meinen des notenlesens unkundigen nie zutrauen würde. mit elan und auch der vielgeschmähten beharrlichen strenge meinerseits ging es dann doch trotzdem. allerdings führte mich gerade mein schwuler chor plötzlich eher zur revue und einer eigenen art von choroper als zu effektvollen konzerten der gehobenen chorszene. es geht natürlich genauso um gemeinschaft und können, soweit es eben wirklich machbar wäre. es geht aber auch um politisches sowie um künstlerisches, dass sich eindeutig vom allerlei unterscheidet, also nicht das nachmachende schielen auf die programme der anderen – nein, eben was eigenes aufzubauen, was aber auch eigenartig ist und so bestehen kann, ohne gleich eine weltbeglückende chorindustrie aufzubauen. so gesehen hocke ich eher in einem rosapuschelturm als dem elfenbeinernen!
Also eines weiß ich: Beim Lesen des Begriffes „kulturelles Phänomen“ (Kommentator Städtler) für Eric Whitacre musste ich ganz herzlich lachen. Das hat er sich dann doch nicht ganz verdient mit seiner klebrigen Chorsoße….kotz!
„kulturelle Verirrung“ würde es eher treffen. Und da trifft man sich mit ähnlichen „Phänomenen“ wie den Kastelruther Fratzen oder Andre Frankenstein Rieu.
Wer das nicht aushält (wie mein Kollege Strauch), führt keine „Neiddebatte“, sondern hat schlicht und einfach noch einen Rest Menschenwürde bewahrt. Und das ist heutzutage gar nicht so einfach.
Ja, ja, ich weiß, „Wespennest“ :-) (Hufner)
@Moritz Eggert – finde auch hier gut, wenn man eine klare Meinung hat. Der Begriff „kulturelles Phänomen“ soll hier gar nicht wertend gemeint sein. Forumsteilnehmer, die wie auch immer anders geartete Kollegen mit Beschimpfungen und wenig sachlichen Lautmalereien kommentieren, sind auch ein solches Phänomen.
Mir ist ihre ganze Attitüde ein bisschen zu existenziell angehaucht. Die Mehrzahl der Menschen (und ich meine jetzt nicht ein von Ihnen hier immer wieder in Andeutungen verachtend beschriebene „musikalisch-intellektuelle“ Prekariat = Carmen Nebel-/Heavy-Metal-/“U-Musik“-im-Allgemeinen-usw.-Fans) verbinden mit subjektiv guter Musik eben nicht „Menschenwürde“, „Verirrung“, „Neid“ und diese ganzen Wettbewerbs- und Bewertungskäse. Sie machen Musik, weil und wenn es Ihnen Spaß macht, nicht, weil Sie erzogen werden wollen.
Natürlich ist es gut, wenn Sie als Pioniere neue Wege gehen, Leute mühsam über schmale Horizonte und niedrige Tellerränder zerren, um ihnen zu zeigen, dass es da noch etwas anderes, von mir aus tiefer gehendes gibt als Pop und Unterhaltung. Aber bitte nicht mit diesem missionarischen Eifer – damit bewirken Sie doch genau das Gegenteil.
Ein inoffizielles Motto der kürzlich gegründeten European Voices Association (www.europeanvoices.org) lautet: „Make people aware of each other.“ Wenn man es schafft, den Menschen Neues, Inspirierendes und Mitreißendes bewusst zu machen, dann bewegt man langfristig mehr. Im Sinne der Musik, nicht im Sinne irgendwelcher Dogmen.
@Moritz Eggert und Alexander Strauch
Nach den Kommentaren oben interessiert mich nun wirklich, was Sie beide tun. Also werde ich versuchen, meine Wissenslücken zu schließen. Dann reden wir gerne weiter.
@ Florian Städtler
Ja, finde ich auch, daß alles gleich gut ist. Wichtig ist nur, daß irgendeiner Spaß dran hat. Dieser ganze lächerliche, jahrhundertelang betriebene „Bewertungskäse“ ist nun wirklich sowas von vorvorgestern. Hochkultur für’n Arsch. Die armen spaßhabenden Chorsänger mit sogenannter „objektiv guter Musik“ (nee, was maßen die Elfenbeinheinis sich an) zu quälen, das ist schon sehr existentiell, irgendwie, also da geht’s an’s Eingemachte, an die unschuldige Sängerseele, die doch eigentlich nur „the people aware“ machen möchte „of each other“.
Aber gut, wenn die Elfenbeinis es unbedingt wollen, objektiv können wir Whiteacrionisten auch:
Harmonik: Gibt’s. Was soll man auch noch mehr dazu sagen. Das ist doch was. Gut, die zusammeneklektizierte Tonalität wechselt manchmal taktweise das beklaute Jahrhundert, aber mal ehrlich, Harmonik ist doch nicht so wichtig, hauptsache irgendjemand hat Spaß dran.
Melodik: Sehr schöne Melodik, geht rauf und ab und zu auch mal wieder runter, kann jeder singen, hat jeder Spaß dran.
Rhythmik / Polyphonie: Gibt’s nicht, also beides, also weder noch. Sehr gut. Einer der größten Vorzüge der Whiteacre’schen Musik. Alle schreiten schön brav gemeinsam in gleichmäßigen Schritten von Akkord zu Akkord. Und die Melodie schreitet immer mit. Das ist die kongeniale Umsetzung des „make people aware of each other“-Gedankens. Man ist des singenden Nachbarn so „aware“, daß man gar nicht anders kann, als mitzumarschieren. Alle Menschen werden Brüder und so. Ich krieg schon Gänsehaut beim Gedanken daran, ein Chorwerk mit anderen „awarenen“ Brüdern und Schwestern aufzuführen. Geil.
Form: Gibt’s nicht. Auch sehr gut. Also natürlich haben Whiteacres Stücke Form, aber nicht in dieser „existentiellen“ Elfenbeinart, wo die Form aus irgendwelchen Einzelteilen zusammengefügt ist, die untereinander in Beziehung stehen. Neinnein, wir wollen ja Spaß haben, und „aware of each other“ werden, da reicht es, wenn das Stück leise anfängt, in der Mitte ’n bißchen lauter wird und am Ende wieder leiser und vor allem (!!!!) langsamer. Genial. Einfach.
Fazit: Hiermit haben wir objektiv bewiesen, daß Whiteacre Musik nicht nur der sogenannten „Kunstmusik“ (= „Hirnfurzmusik“) gleichwertig, sondern in einigen Teilbereichen sogar überlegen ist. Nicht, daß es dieses Beweises noch bedürft hätte, weil unserer Ansicht nach Musik nur subjektiv gut sein kann. Musik ist halt Geschmackssache. Und über Geschmack läßt sich nicht streiten. Und jeder hat nunmal einen eigenen Geschmack. Und jeder Geschmack ist gleich viel wert. Weil Geschmack ist Geschmackssache. Und über den Geschmack von Geschmack läßt sich nicht streiten. Und jeder Geschmacksgeschmack ist Geschmackssache. Und über den Geschmacksgeschmack von Geschmack läßt sich nicht streiten. Jeder Geschmacksgeschmack von Geschmack ist gleich viel wert. Weil jeder Geschmacksgeschmack von Geschmack ist Geschmackssache. Und über Geschmacksgeschmack-Geschmackgeschmack läßt sich nicht streiten. Jeder Geschmacksgeschmack-Geschmackgeschmack ist gleich viel wert. So wie jeder Mensch gleich viel Wert ist. Und wie jeder Mensch dieselben Fähigkeiten besitzt. Und jeder Mensch in gleicher Weise dazu berufen ist, seinen Senf zu musikalischen Fragen dazuzugeben.
Goljadkin
P.S.: Vorschlag für ein neues Motto (aber das ist wahrscheinlich schon wieder zu „erzieherisch“): „Make people aware of good music“
Lieber Herr Strauch und Herr Eggert,
bitte sehen Sie sich doch einmal die Noten zu „Lux Aurumque“ an. Whitacres Umgang mit Stimmen ist herausragend. Ich wünsche jedem Schulmusiker und überhaupt jedem Komponisten, ein solches Niveau zu erreichen.
Ihre Beiträge sind rein geschmackliche Äusserungen. Der Wortschwall macht mich allerdings nachdenklich, ob dahinter noch mehr steht. Ist es der Neid am Erfolg??
Eigentlich dachte ich immer, Neue Musik verfolge einen aufklärerischen Geist…
Aber dies klingt mehr nach Stammtisch!
…kleiner, bescheidener Beitrag zur Entspannung:
…das ist der Link – hoffentlich kommt er jetzt…
@ SB
Ich finde es sehr irritierend, daß Sie hier unter Pseudonym schreiben. Wovor haben Sie Angst? Vielleicht vor der Reaktion Ihres sozialen Umfeldes, sollte es von Ihrer Aussage hören, Whiteacres Umgang mit Gesangsstimmen sei „herausragend“? Sind Sie womöglich Komponist Neuer Musik?
Das Geschmacks“argument“ wie auch der Neidvorwurf sind in ihrer Funktion äquivalent zum ebenfalls allseits beliebten Nazivergleich. Der kommt bestimmt auch noch demnächst. Oder ich bringe ihn gleich selbst. Aber dann hätte ich ja laut meiner eigenen Definition nur bewiesen, daß mir nix sonst einfällt. Andererseits habe ich ja dadurch, daß ich mir dessen bewußt bin, daß mir die Beibringung eines Nazivergleichs lediglich bestätigt, daß mir sonst nix mehr einfällt, bereits eine höhere Argumentationsebene, mithin eine Argumentationsmetaebene erreicht, die es mir erlauben würde, dennoch einen Nazivergleich anzubringen. Nur blöd, daß mir grade keiner einfällt. Noch nicht mal das. Nochnichtmal ein Nazivergleich fällt mir zu Whiteacre ein …
Goljadkin
So ist das. Das ist die Kommunikationsfalle. Und sie ist schon Standard. Kritisiert man etwas „Erfolgreiches“, ist man neidisch. Ist man auch erfolgreich, will man die Konkurrenz wegbeißen. So gesehen kann man eben nix mehr kritisieren. Zur Not hilft die Totalunterstellung, es sei alles nur Wortschwall und nichts dahinter ohne sich zu bemühen, dem Wortschwall jeweils Namen zu geben.
Ich würde auch sagen, lassen wir es dabei. Alles ist Sonne und Wonne, alle sind lieb, alle sind gut. Niemand macht was falsch. Wir leben in einem postideologischen Zeitalter, in dem man falsches, notwendig falsches Bewusstsein braucht, um nicht an die Sonne zu treten zu müssen. Popcorn für alle!
Puh … anscheinend bin ich in Mathe doch nicht so schlecht, wie das Erscheinen des folgenden Kommentars beweist:
Wie an anderer Stelle bereits geschrieben: Ich kann die allgemeine Aufgebrachtheit ein wenig verstehen. Allerdings sollte man nicht aus dem Auge verlieren, dass der „Bad Blog of Musick“ vor allem eines ist: Satire. Und wer käme auf die Idee, beispielsweise Georg Schramm Überheblichkeit vorzuwerfen, obwohl er tatsächlich, als ihm ein hohes politisches Amt angetragen wurde, den „Schwanz eingezogen“ hat …
Insofern vermisse ich hier in dem Kommentar vor allem eines: Den Humor, den der Artikel, so bissig er manchem vieleicht vorkommen mag, in sich trägt.
Und noch etwas habe ich vermisst, denn nichts charakterisiert Eric’s (ja, ich darf ihn so nennen, ich habe bereits mit ihm gearbeitet und schätze ihn als Chorleiter sehr und als Komponisten hat er meinen Respekt): Kompositionen besser:
The Eric Whitacre Drinking Game
P. S. Ach, um allen den Google-Stress abzunehmen: Ja, ich habe (u. a.) Schulmusik studiert, und ja, ich habe Chormusik geschrieben, von denen etliche sagen, sie sei besser als die von E. W. – und sie ist nicht einmal wesentlich schwieriger aufzuführen …
Mich würde interessieren, was der Autor dann z.B. über John Rutter denkt?;-) @ alle anderen: jede/r kann sich doch selbst aussuchen was er hören/sehen/aufführen/singen möchte, oder nicht? Und natürlich ist auch jeder/m ein eigenes (Geschmacks-)Urteil gestattet. Man darf sogar über die Argumente oder Gründe (im günstigen Fall vorhanden) diskutieren, aber letztendlich überzeugen lässt sich wahrscheinlich … niemand.
Die Zukunft wird uns zeigen, inwiefern das Whitacresche OEuvre Bestand hat (aus welchen Auswahlkriterien auch immer) oder zu einer Randnotiv eines vergessenen Komponisten mutiert, der dann irgendwann in fernen Zeiten wieder ausgegraben wird…:-)
[Das Wort zum nicht-vorhandenen Sonntag]
@ Dave: Danke! Als Chorleiter hat er sehr wohl meinen Respekt. Ich verfolge eher einen Kopf-durch-Wand-Chorleiterstil, arbeite allerdings v.a. mit Leuten, die in grossen Teilen weder Noten lesen können noch sich mit Grundlagen der Musiklehre auskennen. Wichtig ist mir, allen Vereinbarungen der Einstudierung zum Trotz, spontan im Moment der Aufführung bleiben zu können. D.h., so ganz ruhig geht Dirigieren da nicht immer. Ausserdem zieht es mich, wie o.g. mal gesagt, zu einer bizarren Art von Chorrevueoper. Tja, und vor Kunsthandwerk als Chorschreiber/-arrangeur bin auch ich nicht immer gefeit.
Um um das Outing beizubehalten, denn wir redeten hier schon von oft von Wahrhaftigkeit: Ich selbst habe 3 Jahre Schulmusik studiert, schätze unter diesen sehr wohl die primären Generalisten, die dann im Anschluss den Blick noch weit über den Tellerrand hinauswagten. Allerdings hatte ich v.a. Probleme mit den Vereinfachungen, die der dortige Musiktheorieunterricht in Bezug auf Kunstmusik des 20. Jahrhunderts vornahm/vornimmt. So erinnerte mich Whitacres Satz gleich an „Der musikalische Satz. Ein Handbuch zum Lernen und Lehren“, Innsbruck (Helbling-Verlag) 1987. Wie gesagt, im 2. Teil des Blogs sollte das deutlich genug geworden sein: ich wundere mich immer noch darüber, wie die akademische Chorleiterausbildung, die AbsolventInnen und v.a. wirklich semiprofessionelle Chöre, die perfekte Probenvorbereitung der Mitglieder erwarten, private Stimmbildung voraussetzen und somit oft ein solides Musikwissen, was über gymnasialen Standard hinausgeht, es sich leisten, sich auf klitzeklein erweiterter Tonalität auszuruhen. Wo solch ein Aufwand herrscht, wäre es zu ein wenig Ambitionierterem ein kleiner Schritt. Würden meine blutigen Laien Musik zwischen Ericson und Vasks, ja, die atonalen Chöre aus dem Wiener Arbeiterliederbuch schaffen, wäre viel zu tun gewesen. Es langt immerhin für Dissonanteres, Kraftvolleres in sehr überschaubaren Dosen! Von den eigentlich hervorragenden Chören IST aber mehr zu erwarten. Aus den Schuhen haute es mich, dass z.B. mein erster Singkreisdozent ein ganzes Konzert unter das Motto „Waternight“ Whitacres stellte. Aber was soll es: seine Insel, meine Insel!
@Dave:
Wie jetzt, in echt? DUUUUU hast mit DEEEEEM Eric Whiteacre zusammengarbeitet? Wirklich wahr?
@Alexander:
Danke für Dein Outing, welches mir beweist, dass ich in Fragen der Chormusik wohl etwas kompetenter bin als Du:
Ich habe 10 Semester Schulmusik und 12 Semester Gesang auf Diplom studiert. Ich bin seit 24 Chorleiter, teils angestellt mit durchgehender Verpflichtung, teils freiberuflich und projektbezogen. Nicht zuletzt bin ich seit 38 Jahren Chorsänger, davon nunmehr seit 10,5 Jahren festes Mitglied des Rundfunkchors Berlin, davor teils festangestellt, teils freiberuflich, teils freiwillig und ohne jede Bezahlung in Ensembles jedweder Couleur.
Neben der „normalen“ Schulmusikerausbildung, was Tonsatz usw. angeht, bin ich in Jazzarrangement ausgebildet, habe am Institut für Neue Musik an der MH Freiburg unterrichtet und war im Experimentalstudio des SWR tätig. Soweit grob zu meinem Background.
Das von Dir genannte Buch aus dem Helbling-Verlag liebe ich heiß und innig, es steht griffbereit neben mir im Regal. Wer jedoch glaubt, man werde durch dieses Opus in die Lage versetzt, Stücke im Stile Eric Whitacres zu schreiben, dem muss ich kraft meiner Erfahrung mitteilen: Alexander Strauch ist diesbezüglich ein Lügner!
Es ist zweifellos richtig, das E. W. hier größtenteils Musik geschaffen hat, die von einem durchschnittlichen Laienchor in mäßiger Qualität bewältigt werden kann. Allerdings, und dieser Aspekt ist mir hier – wenn wir hier schon einmal abseits der Satire sprechen – bisher zu kurz gekommen: Um die meisten Eric’s Stücke wirklich auf hohem Niveau zu präsentieren, sind so gut wie alle Laienchöre überfordert. Selbst ein Profichor wie der Rundfunkchor Berlin hat damit seine liebe Not.
Die Frage, ob „klitzeklein erweiterte Tonalität“ oder Atonalität nun höher zu bewerten sei, kann eben aus Sicht des Chorleiters bzw. eines professionellen Chores oder auch ambitionierten Laienchores nicht losgelöst von anderen Parametern betrachtet werden. So ist z. B. Weberns „Entflieht auf leichten Kähnen“ gemessen an den meisten Stücken Whitacres von den Anforderungen an einen Chorsänger insgesamt gesehen einfach nur Pillepalle …
Ich weiß, so mancher Chorleiter, vor allem in der Laien- und semiprofessionellen Chorszene, holt sich bei Webern gerne mal einen runter. In der Profichorszene weiß jedoch jeder um die aufführungstechnischen Schwierigkeiten der Musik Whitacres …
So what? Warum soll man mit einem ambitionierten Chor Webern aufführen, wenn die viel größere Herausforderung doch „Whitacre“ heißt? Das Verlassen von Tonalität mit einer Steigerung des Schwierigkeitsgrades für Chöre gleichzusetzen, heißt nicht viel mehr als ein Outing, dass man von Chormusik nur begrenzt Ahnung hat.
@ SB: Zu Lux Aurumque. Dies ist ja gemeinhin das meist aufgeführte Stück von Eric Whitacre. Sie werden mir es nicht glauben: als Gottesdienstmusik, also im liturgischen Gebrauch, entfaltet es eine klanglich sehr interessante Wirkung. Wie Whitacre in jenem Interview nach 4:00 sagt, würde er sehr gerne Filmmusik schreiben. D.h., er drückt seine Affinität zum basal dienenden Charakter von Musik aus. Sogesehen dient Lux Aurumque durchaus im sakralen Kontext. Als reine Konzertmusik wirft das Stück Probleme auf.
Es lohnt sich dazu einen Blick in das Blasorchesterarrangement zu werfen. Was mir sogar gefällt, ist der Verzicht auf Schlagwerk – wie würde da mancher Glocken, Vibrafon, Chimes, Crotales, etc. einsetzen. Zudem ist es im besten traditionellem Sinne an mancher Stelle sehr gut instrumentiert, s. Buchstabe B-D! Allerdings stimmt die Dramaturgie nicht, wenn man jetzt nicht die Bogenform von leise und Mittellage zu hoch, etwas lauter zurück zu leise und tiefer Lage betrachtet. Das macht es natürlich grundsätzlich konsumerabel, nimmt es den Hörer an der Hand des Gewohnten. D.h., dass Whitacre z.B. gleich zu Beginn eine Art je viertaktige sich wiederholende Periodizität setzt, in Takt 5-8 mit dem Dreitonsolo der Oboe, womit ja diese hübsche Sopranistin in der Virtual Choir Fassung eingespielt wird. Was ist daran nun kritikwürdig? Im Prinzip verschiesst Whitacre sofort sein ganzes Material aus der vier und drei Viertel dauernden Figur.
Statt daran zu bleiben, wie es z.B. sein Vorbild Arvo Pärt macht, wird das ängstliche Solo gebracht, das keine Fortsetzung findet. Ätherisches wird angerissen, aber nicht eingelöst. Sondern es wird sofort nach neuen Ideen gesucht! Takt 9-12 repliziert den Beginn, nun dynamisch angehoben. Dies wird aber nicht weiterverarbeitet, dafür kommt diese T. 13-16 jene Gesualdo-Allusion (ggf. Moro lasso). Anschliessend flüchtet Whitacre sich in eine Parsifalvorspielreminiszenz, natürlich im Gegensatz zu Wagner von Chromatik gereinigt, statt Gesualdo z.B. mit dem Bayreuther zu paaren, was sehr originell gewesen wäre. Ich gebe zu, ein Konjunktiv. Ich denke da sogar eher an den kirchenmusikalischen Duktus von Riz Ortolani in „La Primavera di Michelangelo“, um beim Film zu bleiben – übrigens gerade in ihrer Konventionalität dann eine gerade heraus ehrliche Filmmusik, ähnlich dem Landsmann Ennio Morricone. Aber das mag wohl insgesamt ein anderes Niveau als Whitacre sein.
Für mich liegt der eigentlich Anfang des Stückes nun bei Buchstabe E/T. 36 ff.! Das Vier-Drei-Viertelgrundmotiv wird hier „in nuce“, mit wunderbar schlichter Instrumentation offen gezeigt, wird die zweitaktige Periodizität aus 2+2 in ein 3+1 aufgebrochen, nach Takt 11 der Dreierteil des Motivs in drei kurze Viertelschläge mit drei genauso interpolierten Pausen diminuiert. Hier ist Whitacre so nah am Reduktionismus Pärts (nicht an dessen Glockenstil!), wie sonst selten. Hätte er mutig damit begonnen, statt mit Aufbau mit Zerlegung, wäre ein ggf. anstrengenderes Stück, aber auch wohl richtiges „Werk“ daraus geworden. Immerhin bemüht Whitacre ja Mozart und Beethoven als seine musikalische Initiation, freut sich z.B. hoffentlich nicht nur am Schlusschor von Beethovens Neunter. Wenn schon ein Bezug zu den Klassikern apostrophiert wird, wäre es wünschenswert, dem auch zu folgen. Denn das Potential hätte Whitacre dazu wohl schon. Ist es also die Angst vor harter, direkter Arbeit am Notentext jenseits von textlicher Erstinspiration? Was rechtfertigt also sonst das Verschwinden hinter den Errungenschaften der Tradition? Warum nicht Mut aufbringen und doch Tugenden wie Pärt riskieren?
Ein tonales Oeuvre wie Whitacre pflegte übrigens der unlängst verstorbene Peter Kiesewetter. Allerdings kostete er traditionelle Meisterschaft wie Reduktion auf höchster Ebene aus. Wie wäre es, liebe ChorsängerInnen, ChorleiterInnen und Ausbilder, wenn Ihr Konzerte eher nach dessen Musik benennen würdet? Liebe/r BMueller, da wäre was zum ausgraben – aber dies kostet eben Mühe, ist das erstmal nicht so hip. Aber die Frucht ist eine, als ob man Poulenc und Martin endlich mal wieder geschafft hat…
@ Dave: Ich habe Chormusik mit der Muttermilch aufgesogen! Du magst zwar als Berufssänger im Rundfunkkonzertchor täglich mehr mit der Materie zu tun haben, ich stamme aus solch einem Elternhause. Zudem erhielt ich immerhin selbst als Komponist Unterricht beim Kreuzchorchef Kreile, dirigiere seit meinem 19. Lebensjahr Chöre, arrangiere in dem Bereich. Ausserdem: Was für ein Problem hast Du, dass ein Komponist, einer der sich für einen der Neuen Musik hält, über Chormusik spricht? Die gelahrten Herren Chorleiter, wie Du, sind manchmal auch nicht vor Arroganz gefeit. Wenn Ihr uns „Neutönern“ immer gleich die Kompetenz latent infrage stellt, uns als Spinner seht, dann ist manches noch mehr klar. Zudem möchte ich es mir erlauben darauf hinzuweisen, dass ich es mir mit meiner Chorarbeit wahrlich nicht einfach mache. Steig‘ mal vom semiprofessionellen Thron herab, wo Du noch nicht mal richtig auf dem sitzt!
Ja. liebe den Helbing – mir bereitete der nur in kompositorischer Hinsicht Kopfschmerzen.
Es ist natürlich immer leicht zu sagen, ein Webern, das ist ja nur so ein Feigenblatt. Und Tonales, wie das von Whitacre, sei ja so viel schwerer. Natürlich ist es IMMER schwierig, Musik adäquat aufzuführen, gerade Tonales, was ja der „common sense“ der musikalischen Prägung ist und somit auch einfacher hörende Menschen da Fehler entdecken können oder pauschal sich leisten können zu sagen, dass der eine besser, der andere irgendwie nicht so hervorragend sang. Letztlich verfolgst Du mit dieser Aussage das von mir an die Wand gemalte Klischee, dass sich all die Halbprofis mal mehr anstrengen sollten. Denn wenn Ihr Euch nicht hin und wieder ein wenig mehr als nur mit perfekter Diktion, Tongebung und Intonation aus dem Fenster lehnen würdet, wäre mehr gewonnen.
Aber meidet uns deutsche E-Komponisten wie der Teufel das Weihwasser, erklärt uns für inkompetent – dann hat es natürlich gar keinen Sinn sich über Whitacre aufzuregen. Ich sagte ja schon: der weidet nur ab, was Ihr mit einiger Mühe zwar hegt, aber so Ihr auch nicht richtig profitiert, Ihr den Immitanten imitiert. Das ist jetzt recht humorfrei gemeint. Also – was ist mit Leuten wie Kiesewetter? Oder funktioniert die Chorszene nur nach cool, in und out?!
@Alexander: Immer wieder schön, wenn man einen Satiriker dazu bringt, Schwarz-Weiß-Zeichnen bei anderen anzuprangern, und das auch noch mit einer gehörigen Portion Emotionalität! Danke dafür!
So, ich denke, wir sind bei N.N. angekommen. Nun können wir anfangen zu diskutieren:
Ich für meinen Teil und der Großteil der deutschen Berufschorszene meiden deutsche E-Komponisten mitnichten. Ich habe einige Jahre sehr oft im SWR-Vokalensemble mitgewirkt, und ich glaube, es gibt wenige Vokalensembles, die mehr deutsche E-Komponisten aufführen. Selbst in einem vom musikalischen Repertoire eher konservativ ausgerichteten Ensemble wie dem Rundfunkchor Berlin habe ich noch genügend mir bis dato unbekannte deutsche „Neutöner“ kennenlernen dürfen.
Die Frage, die ich mir jedoch regelmäßig stelle, ist: Warum legen von eben diesen „Neutönern“ ein signifikant hoher Prozentsatz ein aus meiner Sicht inakzeptabel arrogantes Verhalten an den Tag, wenn es um die Beurteilung der Werke von Kollegen wie E. W. geht?
Nur dass wir uns nicht falsch verstehen: Ich selbst finde auch vieles von dem, was ich in den letzten 25 Jahren singen durfte, und das nach 1970 komponiert wurde, um einiges interessanter als das, was E. W. geschrieben hat. Aber mit welcher Legitimation dürfte ich es wagen, meinen persönlichen Geschmack über den der kompletten Laien- und semiprofessionellen Chorszene Deutschlands zu stellen? Im 21. Jahrhundert noch zu so zu tun, als gäbe es ästhetische Kriterien, die nennenswert über die klassische Konditionierung innerhalb einer spezifischen sozialen Peergroup hinausgingen, dafür wäre selbst der Begriff „Elfenbeinturm“ von der Assoziation zum Wert des genannten Materials her zu hoch gegriffen …
Ein wahres und wichtiges Thema sprichst Du allerdings an, das würde ich gerne aufgreifen: Was glaubst Du wohl, warum man den von Dir hochgeloblen Kiesewetter so gut wie gar nicht, degegen den von Dir wenig geschätzten Whitacre so oft aufführt? Das Geheimnis, welches keines ist, heißt „Marketing“! Warum finde ich, selbst wenn ich „Peter Kiesewetter“ explizit bei Google eingebe, erst als 18. Treffer einen Hinweis auf Noten von ihm (und muss dann, um ein Werk von ihm kennenzulernen, gleich min. 20 Exemplare bestellen … *fg*)?
Ein uraltes Sprichwort lautet: „Klappern gehört zum Handwerk.“ Dieses Klappern beherrschen allerdings relativ wenige deutsche Neutöner wirklich gut (eine rühmliche Ausnahme davon ist bspw. Johannes Kreidler). Jammern dagegen, vor allem in Form von Bashing vermeintlich „minderwertiger“ Kollegen, scheint vielen sehr leicht zu fallen …
… und genau das finde ich widerlich und prangere ich an!
Werter Dave! Wir sollten die Ebenen nicht verwischen. SWR-Vokalensemble, Vokalsolisten Stuttgart, das sind der hiesigen Szene bekannten Spezialisten Neuer Musik für Chöre. Dir sollte klar sein, dass Du dies mir nicht erklären musst. Und ich gebe zu, dass Du mich einen Kommentar weiter oben auf die Palme brachtest. Ist ja auch mal gut, um die Sachlage, mein Umfeld z.B., abzuklären. Allerdings kommt eben meine Auseinandersetzung mit Chormusik und dem Phänomen E.W. nicht aus dem Nichts einer Unerfahrenheit, die man mir zumutet, wenn man unter dem Artikel den Autor A.S. nur als Komponist liest. Als solcher befasse ich mich allerdings wiederum in erster Linie mit den im Badblog angerissenen Themen.
Hübsch finde ich, wie schnell Du, das auch hier nichts Neues, beim „Jammern-Vorwurf“ anlangst. Ich sehe mich hier weniger als Jammerlappen, denn schlicht als Kritiker, als Nervensäge. Zudem denke ich, dass es sehr wohl berechtigt ist, das Gebaren von Teilen unserer Halbprofi-Chorszene mal zu hinterfragen. Immerhin nehmen diese ja auch in Anspruch, Neue Musik zu machen, sich dafür fördern zu lassen, CDs in Fachpostillen besprechen zu lassen, nicht nur in denen des Chorlebens, eben auch in der NMZ, NZfM, im Rundfunk. Damit stellt man sich sehr wohl der Öffentlichkeit und kann sich nicht immer hinter dem schützenden Mantel der Chortreffen verbergen.
Und dieses Chorleben! Es ist wahrlich sehr lebendig, es bringt Spass, musikalisches Niveau und Begegnung mit sich. Es ist aber auch ein Unterfangen mit viel Konkurrenz, Erfolgsdruck, hohen Erwartungen, harschen Getuschel, also nicht immer so Friede-auf-Erden-mäßig, wie all die Verbandsnachrichten uns Glauben machen wollen. Dort ist auch v.a. der vorne, der das von Dir besagte Marketing trefflich anwendet, auch mal seine Ellenbogen einsetzt, ein hohes Mass an Selbstbewusstsein hochhält. Letztlich nicht anders, als auch im Bereich der Neuen Musik, der Literatur, etc. Und das ist durchaus öfters zudem noch besser organisiert und institutionalisiert als z.B. ein Festival der Neuen Musik, da ja oft Menschen mit einer soliden kaufmännischen Ausbildung oder dergleichen über Singen und Verbandsarbeit plötzlich musikalische Sachwalter werden. Das ist genauso harte Arbeit, wie ein Festival eben Neuer Musik, dass dann aber doch immer ins Wackeln geraten kann, wenn das Personal in der Mehrheit doch künstlerischer Herkunft ist.
Wie gut die Chorszene, gerade die der künstlerischen Halbprofis, reagiert, zeigen die ersten Kommentierer genau hier: Der eine hat mit Kulturmanagement und Vereinsarbeit eines Chores zu tun, der gerade eine Whitacre-CD herausbrachte, der andere ist ein hochprofessioneller Manager und Vernetzer der süddeutschen Chorszene. Beide wohl sehr gute Vertreter ihres Metiers, die gute Arbeit leisten. Die Reaktionen der richtigen E.W.-Fans kommen erst jetzt allmählich zum Vorschein, abgesehen z.B. von Twitter und Facebook.
Also, warum sollte ich E.W. nicht kritisieren dürfen, wo doch selbst eine in ihren Belangen genauso kritisierende und mobilisierende Szene ihn pflegt, wie die trotz der Nasen in den selbstorganisierten Neue Musik-Festivals meine Szene gerne auch kritisierend und mobilisierend unterwegs ist? Ich habe ja schon den Eindruck, dass E.W. ein grundguter und netter Mensch sein mag. Das verbunden mit seiner Musik und dem Hype, den er selbst auslöst, den andere um ihn betreiben, nicht im Bereich z.B. des Jazz-Gesangs oder irgendeiner anderer Chornische, nein, sondern genau in der Chorecke, die sich selbst als Bewahrer und Hervorbringer Neuer Musik oder einfach nur klassisch-moderner Kunstmusik, macht ihn sehr wohl zum Brennpunkt auch für einen Blogger, der sich zudem Komponist nennt.
Als Blogger UND Komponist frage ich mich immer, ob es wirklich erlaubt ist, kritisch, auch durchaus polemisch zu sein. Da sind nicht nur die Chorszene, auch Freunde und Kollegen sind da mal schnell eingeschnappt! Die man nicht kennt unterstellen sofort Neid, die man kennt, erst den tiefen Fall, um dann auch mit Neid nachzulegen. Also – lieber Schweigen? Das tat ich z.B. nach einigen Sachen Anfang November, wo ich selbst erstmal überlegen musste, ob diese Unterstellungen zuträfen. Taten sie aber nicht, bzw. liess ich das doch bewusster durchschimmern, als es Dir und manchen hier immer auffallen mag – man gönne mir eben auch meine Kryptologie.
In Bezug auf E.W. empfinde ich wahrlich keinen Neid, verfolge ich ja sowieso eine andere Musik. Was mich aber umtreibt, ist sein Konsum durch unsere Chorszene, das in weiten Teilen total Unkritische im Umgang damit. Natürlich mag es sehr angenehm sein, z.B. mit E.W. direkt zusammenarbeiten zu dürfen. Allerdings ist das natürlich auch wieder Business – Dein Rundfunk wird ihn schon gut entlohnt haben, derweil man andere Komponisten zwar einlädt, aber noch lange bei einer Wiederaufführung über Hotel und Übernachtung finanziert. Also ein wenig mehr Langsamkeit im Hype wäre auch nicht von schlechten Eltern.
Wenn ich Kommentare in anderen Foren lese, dann geht es gleich um das Wohl und Wehe des Erfolgs, wird mit TED, Grammy, etc., auch sein Verkaufserfolg argumentiert, damit er legitimiert. Eine Distanz zu ihm wird dann noch schwerer, wenn man ihm zusammenarbeitete. Wobei, einer liess sich irgendwo darüber aus, dass er ihn kennenlernte und ich gar nicht so falsch läge, er „rather second the opinion of the blog“. Also ist das Ganze hier und da, wo auch immer sehr zweischneidig. Wie ich ja schrieb, auch wenn ich gleich auf die Magie überging, die seine SängerInnen zum reihenweisen Umkippen brächte, ist sein Dirigieren schon eindrucksvoll, auch wenn ich eben einen anderen Weg suche, eher aus der Orchesterleitung heraus. Ich gebe zudem zu, Waternight, speziell das Video dazu, nur polemisch anzusehen. Aber bin nur ich der Einzige, der diesen darin Kitsch sieht?!? Möge E.W. noch weiter komponieren, v.a. dirigieren und erfolgreich sein. Möge aber auch unsere liebe Chorszene Augen und Ohren ein wenig mehr aufsperren. Wie gesagt: warum dieser immense Aufwand, der Experimentelleres ausschliesst? Und apropos: Wenn Du schon Kreidler erwähnst: Singt doch mal ein Werk von ihm, sollte er das schreiben wollen, aber eben durchaus in der Avanciertheit wie seine letzten Darmstadt- und Donaueschingenstücke…