Ferienkurse in Darmstadt – Flaute in 2012?
Es ist erstaunlich, wie wenig man gerade von den diesjährigen Darmstädter Ferienkursen vernimmt. Mitblogger Hahn kündigte die Ferienkurse in einem kleinen Beitrag an. Sonst absolute Friedhofsruhe!! Auf Facebook stolpert man über Wortspiele, so dass es z.B. in Darmstadt eine Darmstrasse gäbe. Mancher postet weiter „Ui, Freu – Darmstadt :)“. Oder Konzerte dort werden angekündigt, als sei es eine x-beliebige Aufführung. So hagelt es kaum Klicks auf den Gefällt-mir-Buttons, nur so zahlreich wie bei jeder anderen Veranstaltung. Das sind natürlich abseitige Massstäbe.
Dennoch frage ich mich, ob die Darmstädter Ferienkurse wirklich die Bedeutung haben, den Nimbus ausstrahlen, den man ihnen sonst zuschrieb? Eigentlich stellt man sich grössere Kontroversen vor. Aber nichts dergleichen! Fast wünscht man sich vergangene Direktionen zurück, wo man Alles und Jeden bekritteln konnte! Ich höre mich schon wie Mosebach an. Ein wenig mehr Blasphemiesteinchen wären dennoch hübsch. Oder ist dies das Ergebnis all dieser Unkenrufe und Kritiken, dass sich auf den Kursen einiges zu ändern habe? Und schneller als gedacht hat sich wohl Vieles dort verändert. Nachdem den Ferienkursen allerdings jahrelang schon die Diskurshoheit mächtig abhanden kam, blieb der Kampf gegen die Mühlen der Organisation, wie Arno Lücker ihn durchgefochten hatte.
Das Internationale Musikinstitut ist selbst auf Facebook vertreten und bewirbt dort die Ferienkurse. Statt allerdings die neuesten und abgründigsten Statements der Komponistendiskurse zu posten, die dann ähnlich Rabatz auslösen, wie jede Meldung des Gemadialogs auf FB, werden eindrucksvolle Bildchen in hübsche Alben hochgeladen und manche Konzertkritik verlinkt, als sei es eines der 1000 normalen kleinen Festivals für Neue Musik. Die sollen auch bitte sehr schön mit jeder PR-tauglichen Meldung Tamtam machen, damit sie nicht durch die öffentliche Hand hinfort rationalisiert werden! Darmstadt sollte da aber mehr anbieten als hübscher Freizeitvertreib von Praktikantinnen zu sein. Als Daheimgebliebener wünscht man sich mehr Infos. Dafür quälen uns Meldungen über die Preisträger der Staubach Honoraria oder welches Ensemble wen auswählte und spielt. Die Ferienkurse also ein normales Festival wie alle anderen auch? Ein Wettbewerbsbetrieb wie all jene ebenfalls? Wo sind die ästhetische Hauer? Wo hängt der apodiktische Hammer?
Aber business as usual! Ob man nun nach Royaumont, ans Ircam oder zu anderen Kursen pilgert, man begegnet sowieso ständig den gleichen Dozenten: Ferneyhough, Rihm, Tsangaris, Spahlinger, Mahnkopf, etc. Es ist wie eine besonders grosse Meisterklassenwaschmaschine: Wer aufgrund der Pensionierung jener Dozenten nicht mehr bei ihnen studieren kann oder nicht die Gnade der Aufnahme in die Kompositionsklasse schaffte, darf jetzt gegen geballte Gage und viel Glück, einzeln besprochen zu werden, die heiligen Strahlen auf sich scheinen lassen. Wie man hört, musste Rihm aus gesundheitlichen Gründen abreisen. Da könnte man doch Reliquienverehrung vor den Taschentüchern des Meisters anbieten? Aber das junge Komponistenvolk ist ja viel weniger extatisch als die Kommentatoren auf dem o.g. Gemadialog. Vielleicht hat ja die eine oder der andere einen Platz für die Münchner Sommerakademie für Neue Musik ergattert. So könnte man auf jenem Wege eine Rihmbegegnung nachholen. Was Rihm als Person und Komponist jetzt nicht schmälern soll, so sehr seine Omnipräsenz und Förderlaune mir manchmal aufstoßen mögen. Bleibt nur zu hoffen, dass sich viele junge Komponisten und Musikerinnen begegnen, Kontakte aufnehmen können. So gleicht dies mehr einer Startup-Messe für angehende Profis mit Schwerpunkt Neue Musik.
Die Berichte aber, wer wem welches Konzert lärmend verbuhte oder mit Bananenschalen auf andere KollegInenn zielte, das wird Legende bleiben. Könnte man nicht mal diese Skandale performativ als Reenactment nachstellen? Wohl zu musiktheatral! Kein Wunder, dass man eher Anno Schreiers Opern und Detlev Glanerts neue Solaris-Oper auf den Bregenzer Festspielen bespricht als die Ferienkurse. Und wie schallend die Ohrfeige gegen die Münchener Biennale, wo vor vielen Jahren Solaris recht eindrücklich von Michael Obst mithilfe des Ircam veropert wurde. Immerhin ging Glanerts Karriere auch von der Biennale aus. Die Weihestätten der Neuen Musik betreffend herrscht aber schweigen und Stille. Skandal! Skandälchen! Sandälchen! Der grösste Skandal scheint wohl mein gähnender Artikel hier zu bleiben. Also, auf nach Darmstadt, bevor die Ferienkurse 2012 verstummen. Aber ich muss noch die Dynamik meines Quartetts verfeinern, so lege ich mich lieber in die heimeligen Isarauen!!
Komponist*in
Alexander, vergiss nicht, zuallererst sind es Ferien, dann Kurse.
Nicht nur sauber, sondern rein.
Bei Wolle das Weichspülprogramm wählen und den Schleudergang de-avantgardisieren
Dazu fällt mir BAP´S Kölschrock-Oldie ein
„Isch jonn so unwahrscheinlich jehr mit Dir in Dr. Waschsalon“
Ich konzentrier mich ansonsten heuer aufs Komponieren und auf Balkonien.
Schönen Sommer Badboys ;-)