Imagekampagne!

Musikalische Verwertungsrechte sind dieser Tage unter Dauerbeschuss. Piratenpartei, Veranstalter, youtube – die Liste ist lang.

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Einerseits träumen z.B. die Piraten von einem Internet ohne Grenzen, in dem alles frei verfügbar ist (wobei sie letztlich vollkommen offen lassen, wie z.B. Künstler in Zukunft über das Internet Geld verdienen können), wollen aber natürlich als Politiker sehr wohl mehr als anständig bezahlt werden, und setzen sich trotz Bedenken der FDP (!), der Linken sowie des Bundes der Steuerzahler für höhere Politikerdiäten ein, zum Beispiel in NRW. Seltsam, aber so steht es geschrieben.

Und wogegen Veranstalter klaglos Unsummen für Versicherungen, Brandschutz, verschiedenste Betriebsgebühren, diverse Steuern, Reisekosten, Unterbringung sowie Künstlersozialkasse zahlen, scheinen ihnen die im Vergleich dazu wesentlich geringeren Summen für die GEMA stets ein Dorn im Auge, was alle paar Jahre in einer Onlinepetition resultiert. Ich habe für die schwierige finanzielle Situation der Veranstalter absolut Verständnis – Aber warum um Gottes Willen will man ausgerechnet bei einem der wenigen Posten auf dieser langen Liste von Veranstalterkosten zu sparen anfangen, der tatsächlich mit der dargebotenen Musik zu tun hat und den Komponisten und sehr oft auch damit den Interpreten zu gute kommt? Welchen Sinn macht das? Das ist doch ungefähr so, wie wenn man bei einem Buffet am Essen spart, und nein, der Vergleich hinkt nicht.

Das Image der GEMA ist also eher schlecht. Initiativen wie der GEMA-Musikautorenpreis oder diese neue Kampagne, bei der man Gratis-Wohnzimmerkonzerte von Künstlern wie H-Blockx, Schiller, Konstantin Wecker oder einem Autoren dieses Blogs gewinnen kann sind der beste Beweis dafür, dass man versucht, daran etwas zu ändern. Aber warum muss man das tun?

Um den alten Aufsichtsratsvorsitzenden der GEMA, Christian Bruhn zu zitieren: Der Bäcker nervt keinen mit der Tatsache, dass er für seine Brötchen Geld verlangt, warum wird also die GEMA dafür kritisiert, dass sie nichts weiter tut, als auch Geld für eine Dienstleistung – in diesem Fall Musik – zu verlangen? Ist beides nicht ein ganz normaler Tauschhandel, mit dem unsere Gesellschaft recht gut funktioniert? Warum ist also nach dem Willen der Piratenpartei z.B. das Aufkündigen dieser grundsätzlichen menschlichen Vereinbarung, die das Belohnen von Arbeit mit Geld vorsieht, eine erstrebenswerte Sache?

Neulich war ein Filmregisseur bei mir, der für einen Dokumentarfilm Musik von mir wünschte. Schnell stellte sich heraus, dass er damit Musik meinte, die ihn am besten nichts kosten, also verlagsfrei, rechtefrei und vor allem GEMA-frei sein sollte. Der Herr war sehr entrüstet, als ich ihm daraufhin sagte, ob er auch von seinem Kameramann erwarte, dass dieser umsonst filme, von seinem Cutter, dass dieser ihm den Film umsonst schneide und von seinem Tonmenschen, dass er ihm umsonst die Mikrophone hinhalte. „Natürlich nicht“ meinte er, aber wenn meine Musik Geld kosten würde, würde er sie eben einfach nicht verwenden und stattdessen rechtefreie Musik verwenden. Da es diese durchaus zu finden gibt, kam es dann auch so.

Wir haben uns einfach daran gewöhnt, dass es Musik größtenteils umsonst gibt. Was früher ein besonderes Erlebnis war: der Besuch eines Konzertes oder der Erwerb einer Grammophonplatte, immer kostete es Geld, und niemand wunderte sich darüber. Heute summen einem die Ohren vor lauter ungewollter Musik, und das eigentlich überall. Wie soll man dann das Besondere daran noch empfinden? Der gedankliche Umschwung begann nicht mit dem Grammophon sondern mit dem Radio, mit der Trennung des Geldes von den Inhalten. Schon 1923 (als zum Beispiel in Deutschland die Rundfunkgebühren eingeführt wurden) zahlte der „User“ (der damals noch nicht so hieß) eine abstrakte Summe für die Möglichkeit das Radio nach Belieben ein-und auszuschalten und die angebotenen Programme beliebig lang hören zu dürfen. In diesem Moment – mit einer der ersten „Pauschalgebühren“ (es machte nämlich keinen Unterschied, wie viel oder wie wenig man hörte, die Gebühr blieb immer gleich), verlor auch Musik zum ersten Mal an „Wert“. Zum ersten Mal in der Geschichte gab es keinen direkten Tauschhandel zwischen den „Machern“ und den „Usern“, sondern ein Radiosender strahlte ein Angebot aus, das aus den unterschiedlichsten Angeboten bestand, und dessen „Wert“ dadurch nicht mehr zu bestimmen war.

Wohin diese Entwicklung führte, wissen wir heute. Zum Beispiel zu krausen Argumentationen wie dieser, aus einem Anti-GEMA-Artikel hier entnommen.

In einem sind wir uns alle vollkommen einig: Der ideelle Wert von Musik ist riesig. Nur leben wir eben in einem System, das eine Umrechnung von ideellem Wert auch nur in Pfifferlinge oder gar “legal currency” bei Strafe nicht zulässt. Also muss der monetäre Wert von irgendwas (zB Musik) zwischen den Marktteilnehmern ausgehandelt werden. Und hier kommt wieder eure kommunistische Denkweise ins Spiel: Ihr glaubt tatsächlich, ihr könntet den Preis festsetzen und Punktbastaaus. Ja, nee. In der wirklichen Welt hat der Kunde immer recht. Und wenn der nicht mal gefragt wird, geht er eben woanders hin. Dorthin, wo es dasselbe (oder fast dasselbe) für weniger oder umsonst gibt.

Mal abgesehen davon, dass der zweite Satz vollkommener Quatsch ist (wo zum Teufel gibt es denn Strafandrohung für die Wertfestsetzung von „ideellen Werten“? Sind z.B. Ebay, Aktienhandel und der internationale Kunstmarkt irgendwo verboten? Ach stimmt, in Nordkorea…) und die GEMA nun wahrlich nicht kommunistisch sondern demokratisch agiert, mit freien Wahlen und Mitgliederabstimmungen über wirklich jeden Miniparagraphen, kann man den Kerngedanken dieses Statements so zusammenfassen: „Man kriegt das selbe auch umsonst anderswo, daher ist es Schwachsinn, dafür zu zahlen“.

Gut, kleines Beispiel: Am Flughafen liegen immer die Tageszeitungen umsonst aus, auch wenn sie direkt nebenan auch nochmal im Zeitschriftenladen verkauft werden. Klar, vielleicht bin ich blöd, wenn ich die Zeitung dann kaufe. Aber letztlich ist es vollkommen egal, ob ich blöd oder schlau bin – gekauft haben die Zeitungen nämlich die Fluggesellschaften, und zwar von den Verlagen, eine ehrliche Transaktion. Geld ging über den Tisch für den Gegenwert: Zeitung. Nach obiger Argumentation dürften die Zeitungsverlage aber nun gar nichts mehr für die Zeitungen verlangen, allein aus dem Grunde, dass sie auch umsonst angeboten werden. Und das obwohl für die Zeitungen, die jetzt umsonst sind, ganz brav Geld gezahlt wurde. Natürlich gäbe es dann keine Zeitungen mehr – aber so weit denken viele nicht. Auf das Internet übertragen muss man nur die Zeitungen unendlich illegal kopierbar machen, aber das Beispiel bleibt genauso gültig. Denn die verfügbar gemachten DVD-Filme z.B. waren irgendwann einmal auf einer DVD drauf, die dann auch mal jemand ganz normal gekauft hat.

Natürlich ist es nicht so, dass Musik an sich verschwinden würde, gäbe es keine GEMA, keine Rundfunkgebühren, keine Musikverlage, keine CD-Labels mehr. Es würde sich aber sehr wohl etwas ändern an der Qualität des Angebotenen, und die Auswirkung davon kann leicht theoretisch nachempfunden werden, wenn man sich zum Beispiel vorstellen würde, wie das amerikanische Fernsehen ohne die Bezahlsender HBO oder AMC aussehen würde, nämlich um ca. 90-95% seiner Qualität beraubt. Der Rest ist Werbung. Sehr viel Werbung. Sehr, sehr, sehr viel Werbung. Finanzierung durch das Herunterschrauben auf den niedrigsten gemeinsamen Nenner. Kaum noch Freiheit und Unabhängigkeit (jawohl: Künstler sind freier, wenn sie für ihre Arbeit gerecht entlohnt werden. Sie sind unfrei, wenn sie nur noch anonyme Lohnschreiber für gigantische Medienkonglomerate sind).

Die beste Imagekampagne für die GEMA fand jedoch hier statt, von vielen unbemerkt, und hat die PR-Abteilung der GEMA wahrscheinlich keinen Cent gekostet. Ist es nicht sympathisch, wenn Neonazis für die Verwendung von Musik in ihren Hetzvideos zur Kasse gebeten werden? Ich finde schon.

Denn auch Arschlöcher müssen einsehen, dass Musik ihren Wert hat.

Moritz Eggert

PS: Danke an Steffen Wick für den Pink-Panther-Tipp

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4 Antworten

  1. wechselstrom sagt:

    Super Artikel, und gute Analyse des „Werteverfalls“, lieber Moritz! – Ok, sind wir uns einig, haben wir erkannt —- Und wie weiter?

    Gesetze schaffen Rahmenbedingungen für Märkte – somit greifen sie auch in diese ein: Im realen Leben (und das ist auch das regionale) … sind die Verhältnisse kontrollierbar und mit Hürden belegt. Ich muss einen Freund haben, der die mich interessierende CD besitzt und kann sie nur mit erheblichen Zeitaufwand kopieren. Ich brauche einen Raum, um mein Gewerbe anzumelden … etc. Ob man das Internet mit gleichen Methoden kontrolleren kann, wie bspw.nationale Märkte oder Warenströme ist zweifelhaft. Im Prinzip geht es schon, ist jedoch z.Zt. nicht durchsetzbar, da die politischen Rahmenbedingungen dafür nicht erkennbar sind. Jeder Versuch eines Eingriffs in die Internetdatenströme steht sofort unter Verdacht von „Freiheitseinschränkung“. Restriktive Eingriffe, wie Sperren und Benutzer-Verfolgung etc. sind gesellschaftlich nur bei schlimmen Tatbeständen, wie Kinderpornographie durchsetzbar. — Andererseits ziehen die oft propagierten pädagogischen Maßnahmen, wie Bezahlung auf freiwilliger Basis, oder Einsicht in Notwendigkeiten auf Dauer auch nicht, und können allenfalls begleitend gute Dienste leisten.

    Man kann aber Dinge auch durch das Prinzip der „Besteuerung“ regulieren. Meine Idee dazu: Eine Lizenz-Roaming-Gebühr für das Datenstromaufkommen (das lässt sich nach Formaten .jpeg, .mp3, .mov etc. aufschlüsseln) erheben, und die Serverbetreiber (über die Netzknoten lässt sich das auch abrufen) dazu verpflichten, die Menge des Datenaufkommens den Verwertungsgesellschaften zu melden. Jedem User wird dann über seine Telefonrechnung der entsprechende Betrag abgebucht. Die Serverbetreiber müssten sich dann mit den Telefongesellschaften irgendwie einigen, und weden das auch marktmechanistisch tun. JAAA, wird man einwenden: Dann müsste auch für die privaten Urlaubsfotos und das rechtefreie Musiktück, das ich mir mit Music-Maker-One gebastelt habe bezahlt werden – aber, liebe Leute, das sollte doch kein Problem sein, wollen wir die kulturellen Grundlagen unserer Gesellschaft bewahren, oder? – Und im übrigen ist das ja das Prinzip der Besteuerung, dass auch der Fußgänger über sein Steueraufkommen die Straße und den Radweg mitfinanziert :-)))

  2. Erik Janson sagt:

    Ja, Moritz, sehr guter Artikel.

    Uns bleibt wohl nichts anderes übrig, als immer mal wieder auf diese Misere (schrumpfende Akzeptanz der Tatsache, dass Musik/Kunst einen WERT hat)hin zu weisen. Aufhalten können wir diese Lawine des Unverständnisses bei immer mehr Leuten fast nicht mehr. Es geht eigentlich nur noch um Schadensbegrenzungen und um das Hinauszögern der Katastrophe…Es geht darum, noch ein paar Jährchen sich selbst zu retten und dafür zu sorgen, dass man noch die OPTION hat, möglichst viel Zeit, die nicht für den blanken Lebensunterhalt mehr dienen muss, für sich zu retten für Kreativität.

    Ein Beispiel von mir aktuell: ein guter Freund von mir, mit dem ich ab und an musiziere seit einem guten Jahr, aber letztens immer intensiver(Improvisationen), der kennt einen Kinobesitzer, der schon mal Bands und einzelne Musiker etc. bei sich im Kino spielen lässt und nun wegen eines mögl. Auftrittes mit Improvisationen zu Videos nachgefragt hat. Der Besitzer lässt aber anscheinend Leute nur für umsonst bei sich spielen und könne nichts zahlen (habe so viele Kosten, sei Existenzgründer etc., da könne man doch noch (so mein Freund) Geld verlangen, dann werde er den Auftritt sicher wohl nicht machen). Und natürlich sage ich da auch ganz klar zu diesen Bedingungen: „njet“, klares NEIN, sogar zu einem Freund, auch wenn ich da – selbst zum Freundschaftspreis – vielleicht gerne mit gespielt hätte und weiß dass er nun bestimmt von mir enttäuscht ist, wenn ich´s nicht ohne Honorierung mache): Aber sobald ich öffentlich auftrete und jemand (auch wenn es ein Bekannter eines Freundes ist) davon – sei es auch nur Image-mäßig o.ä. profitiert (der Kinomann hat ja die Hütte voll, es werden Getränke konsumiert, die Leute bleiben noch länger, sogar nach der Vorstellung wegen des EVENTS, es kommen womögl. neue, andere Leute etc. – er hat UMSATZ!), da muss ihm die Musikleistung wenigstens ein bissel was WERT sein, egal ob nun die, die bei ihm spielen das eher hauptgeruflich, semiprofessionell oder nur als Amateure auftreten. Also, Du hast Recht, Moritz: alle Kosten scheinen für Kleinveranstalter selbstverständlich zu sein: vom Bierausschank bis zur Stromrechnung bis zu den Brötchen, die zum Fingerfood gereicht werden. Er zahlt im Supermarkt Geld für die Putzlappen, mit denen er seinen Laden vorher schrubbt, damit alles auf der Bühne – optisch – glänzt etc.: Nur die GEMA-Abrechnung, die Musik (die Hauptsache, weswegen dann seine Hütte voller wird) „stört“ dann als „Kostenfaktor“. Die Musiker des Abends
    dürfen sich allenfalls am Buffet selbst bedienen oder bekommen ein Freibier… Und dies noch, wo die GEMA ja gerade die Tarifstruktur nochmal zu Gunsten der Kleinveranstalter verbessert hat und dann das Aufkommen für die Komponisten (auch E.) dadurch auch wieder sinken wird.

    Es ist einfach so: Ohne Anerkennung KEINE Musik und PUNKT. Keine Diskussionen mehr, kein Ducken mehr, kein Sichabfinden mehr mit der Gratisgesellschaft. Ohne Förderung keine Kultur mehr. Dann lieber Schublade oder für immer schweigen, notfalls. Da kann ein Aufführungsort oder eine Sache noch so spannend sein.

    Es ist wirklich das Verständnis und die Sensibilität dafür, dass Kreativität AUCH einen Wert hat, verloren gegangen.(Und mein Freund, ein sehr sympathischer, aufgeschlossener, intelligenter Mensch, er arbeitet bei einem sehr gut situierten Großunternehmen und verdient bestimmt locker eine sechsstellige Summe pro Jahr:
    Er betreibt das Musizieren als Hobby, bzw. ist selbst nicht auf Geld aus dem Musikmachen angewiesen und kann diese „Freizeit“ locker investieren, die ich mir aber abzwacken muss, in der ich dann nicht komponieren oder Kontakte für mich pflegen, Büroarbeit etc. machen kann, um mich existentiell über Wasser zu halten als Künstler).

    Das Unverständnis dafür, dass man auch von Kunst/Musik was verdienen können muss bzw. zumindest die Freiheit/Wahlfreiheit dazu behalten muss wenigstens, oder dass Kreativleistungen und geistiges Eigentum wenigstens symbolisch entlohnt gehörten, wenn sie jemand andrem oder der Allgemeinheit zu Gute kommen; dieses Unverständnis besteht mittlerweile durch die gesamte Gesellschaft hindurch. Der Riss geht sogar durch Freundschaften, wie ich gerade erfahre. Das Berufsbild des Künstlers, der sich ausschließlich (oder übewiegend oder nur zu einem Teil) von seinem Schaffen ernähren muss, das ist ernsthaft in Gefahr sich aufzulösen.

    @ Moritz, Deiner Prognose:

    Natürlich ist es nicht so, dass Musik an sich verschwinden würde, gäbe es keine GEMA, keine Rundfunkgebühren, keine Musikverlage, keine CD-Labels mehr. Es würde sich aber sehr wohl etwas ändern an der Qualität des Angebotenen, und die Auswirkung davon kann leicht theoretisch nachempfunden werden, wenn man sich zum Beispiel vorstellen würde, wie das amerikanische Fernsehen ohne die Bezahlsender HBO oder AMC aussehen würde, nämlich um ca. 90-95% seiner Qualität beraubt. Der Rest ist Werbung. Sehr viel Werbung. Sehr, sehr, sehr viel Werbung. Finanzierung durch das Herunterschrauben auf den niedrigsten gemeinsamen Nenner. Kaum noch Freiheit und Unabhängigkeit (jawohl: Künstler sind freier, wenn sie für ihre Arbeit gerecht entlohnt werden. Sie sind unfrei, wenn sie nur noch anonyme Lohnschreiber für gigantische Medienkonglomerate sind).

    Moritz, das spricht mir aus der Seele. Du schreibst hier – noch – im Konjunktiv. Aber ich frage mich, ob wir nicht rasant schon auf den Zustand zu schlittern, dass Qualität und NICHT-Konserve schon excludiert und geradezu von allen unerwünscht sind und dass JETZT schon – auch in Deutschland – zu 90% nur noch „umsonst“ und quasi „Pornomusik-Konserve“ gilt. Man muss es leider so hart sagen.

    Das Modell, das Christoph oben vorschlägt mit der Steuerlösung, den Abgaben: es klingt so einleuchtend, so vielversprechend, wenn so was mal auf offene Ohren in Politik und Gesellschaft stoßen könnte, irgendwann…
    Die Piraten wiederum scheinen, tw. zumindest, wenigstens vom bedingungslosen Grundeinkommen zu träumen um damit so zu tun, dass Künstler so zumindest existentiell „aufgefangen“ werden könnten/würden von der Gesellschaft.
    Aber das kann in einer – ansonsten auf LEISTUNG und Kapitalismus bezogenen Kultur – nicht funktionieren.
    Und mich stört das „Bedingungslos“ (das ist auch eine Entwertung, für alle, die das dann beziehen würden (wenn es realisierbar wäre)): Künstler bekämen dann z.B. in für ihre eigentlichen LEISTUNGEN, die sie für die Gesellschaft bringen, nichts, d.h. sie bekommen keine Anerkennung gemessen daran, was sie tun, sondern jeder bekommt dasselbe zu geworfen zum blanken Existieren.

    Wie gesagt: QUALITÄT und Motivationen gehen dabei den Bach runter, es ist dann alles ein Einheitsbrei, es herrscht dann Monokultur: alles ist nur noch Hobby, alles ist nur noch beliebig; nichts Besonderes oder Wert zu schätzendes gibt es mehr, kein Unterschied mehr zwischen privatem Gebastele nur für sich im stillen Kämmerlein und kulturellen EREIGNISSEN. Genauso wie ja privater und öffentlicher Raum verschwommen sind (jeder inszeniert in der S-Bahn neben mir potentiell die Trennung von seiner Freundin, hoch dramatisch, dass alle dem öffentlichen Privat-Theater unfreiwillig beiwohnen können, das ganz KOSTENLOS!…). Das alles wiederum wird katastrophale Auswirkungen auf die Wahrnehmungsfähigkeit, die Sensibilität und auch auf Normen und Werte in unserer Gesellschaft haben. Weil alles immer weiter nivelliert, relativiert wird etc. Ist zwar altmodisch, sehr altmodisch und mega alt das Buch (Neil Postman), aber der Titel hat immer noch Gültigkeit und wird jetzt allmählich zur unumkehrbaren REALITÄT: „Wir amüsieren uns zu Tode“. ALLE wissen es längst, aber keiner tut was dagegen. Es ist eine Eigendynamik gegen die jeder, der als EINZELNER was sagt, ohnmächtig ist oder den Mund verboten bekommt oder aber dessen Warnungen bagatellisiert werden. Oder etwa doch nicht?

  3. Alexander Strauch sagt:

    @ eggy: Gut, dass Du die neue Petition gegen das vereinfachte Zweitarifsystem für Musikveranstalter wie z.B. Diskotheken aufgegriffen hast. Ich las da fröhlich die Kommentarspalten, die Aufreger. Hübsch war zu sehen, wie Alles zum Slogan verknüpft wird, was drei bis vier Buchstaben hat: GEMA, ACTA, GEZ. Man könnte noch drei Lettern umfassende Parteienkürzel anfügen, Versicherungen, und weiß ich was… Meine private Verschwörungstheorie: Die drei Parteien, die sich für Umordnung des Urheberrechts einsetzen und kritisch bis bashend die GEMA-Diskussionen begleiten haben sich nett aus der Affäre gezogen, ihre Namen länger als vier Buchstaben lang gestaltet bzw. durch Vereinigung von WASG und PDS sich ebenfalls aus der Protestsloganbildung manövriert: Die LINKE! Die GRÜNEN. Und am längsten die Urheberrechtsoberbasher: Die PIRATEN. Neben all den netten Kampagnen von Autorenhauskonzerten am Kamin-, Küchen- oder Lagerfeuer sollten wir einfach einen Schritt weiter gehen. Hier im Blog z.B. gibt es ja kein Schreibmaximum, so dass man über logo-ähnliche Abbreviaturen wirklich Raum gewönne. So soll es hier in Zukunft heissen: Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, Künstlersozialkasse, Deutscher Komponistenverband, Anti-Counterfeiting Trade Agreement, Allgemeine Ortskrankenkasse, Methode des Komponierens mit zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen, etcpp. bzw., also etcetera-pianissimo (irgendwas komisch) beziehungsweise und so fort…
    Wer abkürzt, erhält den hier dem Youtube-Fenster mit lügenhaften Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte Hinweis ähnlichen Moderationshinweis: Your comment is awaiting moderation…

    Ansonsten: Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte ist mit dem Bundesverband der Musikveranstalter ins Schiedsverfahren eingestiegen. Anscheinend sind die Tarife doch nochmals überdenkenswert, ist deren Präsentation mitunter auch ein Kommunikationsdesaster Genauso sollten sich die Mitbestimmungsmöglichkeiten ändern, die Unterscheidung von angeschlossen, ausserordentlich und ordentlich fallen. Es geht hier zwar um Vereinsrecht, bedenken wir aber zum Beispiel das Aktienrecht, kann der Einzelaktieninhaber genauso bei manchen Firmen in der Aktionärsversammlung auftauchen wie der multipersonale Mehrheitshalter.

    Das sage ich als Ausserordentlicher! Ich halte gar nichts von der Delegiertenlösung, ich möchte selbst in der Hauptversammlung anwesend sein können. Denn als Delegierter vertrete ich letztlich wieder nur eine politische aber nicht so sehr persönliche Haltung. Und nachdem es sich ja doch zum Teil bei der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte um eine kunstbetreffende Institution handelt, wäre es auch angebracht dem auktorialen Individualismus, der per se in Schaffen und Person verankert ist, Ausdruck zu verleihen. Mag ein ertragreiches Mitglied gerne ein höheres Stimmgewicht haben, seinem prozentualen Anteil am Verteilungsplan gemäß, mag das vom Wesen her weniger ertragreiche E-Mitglied einen Schutz geniessen und wer sonst immer gerne auch. Es herrsche aber zumindest im Sinne des aristotelischen Einheitstrias Gleichartigkeit, nicht unbedingt Gleichwertigkeit. Aber nachdem die Granden und nicht meinereins darüber zu befinden hat, ist das immer wieder utopisch. Dann müssen sich aber auch nicht Chefs von Interessenvertretungen beschweren, dass kaum E-Komponisten anwesend sind. Das sind sie tatsächlich nie ausreichend, aber wie viele dümpeln eben in den Gewässern der Angeschlossenheit statt Ordentlichkeit. So wie es jetzt ist, wird die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte allerdings nur ein Reaktions- und kein Aktionsmacher sein…

    Dies sage ich jetzt nicht als doch vermeintlicher Bannerträger der Angreifer! Dies sage ich als Künstler, der wie schon mal beschrieben, gerne im Gegensatz zum jetzigen Recht sogar Werke auf Ewigkeit unterbinden möchte. So gesehen ist das Pink Panther-Bonmot ganz hübsch! Wie wirkmächtiger, wenn der Autor dieses Liedes den Nationalisten schlichtweg die Nutzung verbieten dürfte. Das wäre die angemessene Lösung! Das jetzt erfolgte Ausstellen der Rechnung ist natürlich korrekt, da die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte jeden Nutzer lizenzieren muss. In diesem Fall sollte sie aber eine Busse in vielfacher Höhe eintreiben dürfen. Aber wen interessiert schon Moral, geschweigen denn politische. Eher den Politiker als den Musiker! Oder sollte ich mich doch täuschen?! Denkt mal nach!

  4. Eine sehr gute Artikel! Die zu kommentieren ist überflüssig. Die ist so gut, wie sie geschrieben wurde. Super Moritz!