Kultur als Ware
Die immer wieder hierzulande aufflammende Diskussion über die Notwendigkeit oder Unnötigkeit von kultureller Förderung durch den Staat (momentan zugespitzt durch das Buch „Kulturinfarkt„) kennt im Grunde zwei grundsätzliche Lager. Auf der einen Seite sind die eifrigen Verteidiger kultureller Werte, die verzweifelt versuchen, die reiche kulturelle Landschaft unseres Landes um jeden Preis zu bewahren. Auf der anderen Seite sind die Pragmatiker, die Kosten/Nutzen-Rechnungen aufstellen und die Kulturlandschaft für zu aufgebläht und überfinanziert halten. Beide Seiten führen eine Diskussion darüber, wie „wertvoll“ Kunst für unsere Gesellschaft ist, und wie viel sie uns kosten bzw. nicht kosten sollte.
Bei all diesen Diskussionen gibt es aber ein kapitales Mißverständnis: Kultur kann weder in ihrem Wert noch in ihrem Nicht-Wert bemessen werden, beide Kategorien greifen nicht. Die Bedeutung von Kultur besteht gerade darin, dass sie außerhalb solcher Kriterien steht. Kultur ist ein elementarer Teil des menschlichen Zusammenlebens, vielleicht sogar der Teil, der uns überhaupt zu Menschen macht, der unser Leben mit Sinn und Inhalt erfüllt. Kultur in jeder Form ist eng mit allen Belangen des Lebens verbunden: ohne Kultur keine Sprache, ohne Kultur keine Identität, ohne Kultur keine geistige Entwicklung. Über die Notwendigkeit von Kultur zu diskutieren ist also genauso, als ob man über die Notwendigkeit von medizinischer Versorgung oder individuellem Glück diskutiert – man kann nie zu viel davon haben, nur zu wenig.
Das Missverständnis liegt darin, dass Kultur als eine Art „Ware“ verstanden wird, die sich nach den Gesetzen des Marktes zu richten hat. Wollen viele Leute z.B. ein Theaterstück sehen, legitimiert es sich in der Interpretation der Kritiker von zuviel Kulturförderung als „gut“, da es nach den Gesetzen des Marktes ein „Erfolg“ ist. In dieser Definition konkurriert Hochkultur also mit Popularkultur, ein Vergleich der aber oft hinkt, da es zwar sehr wohl Hochkultur gibt, die sich auch einer breiten Masse vermitteln lässt, aber eben auch welche, bei der dies nie gelingen kann, egal wie sehr man sich bemühen würde.
Wollen dagegen nur wenige Leute davon wissen, kommt schnell der Vorwurf der „überflüssigen“ Elitenkultur. Tatsächlich sagt aber beides – Breitenwirkung wie auch Minderheitenansprache rein gar nichts über den Wert oder den wahren „Erfolg“ von Kunst aus, denn die Grundeigenschaft von Kunst ist, dass sie nicht nach den Wertmaßstäben eines Marktes bemessen werden kann, sondern ihr eigener ideeller Wert ist. Weder wird etwas wahrhaftiger, wenn es von möglichst vielen Menschen toll gefunden wird, noch wird es unwichtiger, wenn sich nur relativ wenige Menschen damit beschäftigen. Leider verführt dieses Argument die elitäre Kultur oft dazu, sich genau so zu geben, wie es ihr vorgeworfen wird: nämlich undurchdringlich und abgehoben, ohne auch nur im Geringsten zu versuchen, sich verständlich zu machen. Wirklich gute Kunst ist aber für jedermann zugänglich, sofern er es denn will.
Es ist fraglich, wie viel der antiken griechischen Bevölkerung tatsächlich etwas von den komplexen philosophischen Diskussionen z.B. eines Platon oder Sokrates direkt mitbekommen hat – hätte es damals Fernsehen gegeben, wären die Einschaltquoten dieser Diskutierclubs sicherlich wesentlich geringer gewesen als die von Sportveranstaltungen, genau wie heute also. Sie waren ein kompletter Luxus, fanden auf abgeschiedenem Privatgelände mit wenig Publikum statt, nach heutigen Maßstäben überflüssig und dekadent, nach religiös-fundamentalistischen Maßstäben vielleicht sogar sündhaft wegen der Zelebrierung der Knabenliebe. Es ging um Kunst, Ethik und die Rolle des Individuums in einer Gesellschaft. Man diskutierte um des Diskutierens willen.
Nichtsdestotrotz hat das Denken dieser kleinen „Elite“ die gesamte Welt über Jahrtausende geprägt – von den Errungenschaften dieser ersten Diskussionen über Kultur, Staatsformen und dialektisches Denken profitieren bis heute auch Menschen, die sich nie in ihrem Leben direkt damit beschäftigen würden, einfach weil die Strahlkraft dieser Ideen so andauernd ist und die heutige Lebenswirklichkeit mitgeformt hat. Aber auch weil diese Ideen sich mitteilen wollten, und dies über einen langen Zeitraum hinweg.
Die Marktkriterien werden erst seit relativ kurzer Zeit auf Kultur angewendet, und zwar ungefähr seit der Industrialisierung und der Entstehung eines weltweit vernetzten, miteinander konkurrierenden Finanzsystems. Auf einen Großteil der Kunstgeschichte treffen sie nicht im geringsten zu. Kunst war in ihrer Geschichte schon alles mögliche: Selbstzweck, Repräsentation, Eitelkeit, Ausdruck religiöser Ideen, Zeichen der Macht, Luxus, Notwendigkeit, verzweifelter Aufschrei, Dekadenz, geistiges Gewissen, kulturelles Gedächtnis, Ethos, Moral, Reaktion, Avantgarde, politisch motiviert, Weltflucht, Weltzugewandtheit.
Aber nur ganz selten war Kunst allein Handelsware.
Gewiss: Kultur musste immer ermöglicht werden, sie brauchte besondere Umstände. Und seit es Geld gibt, kostet Kunst auch genau dieses. Schon die ersten Höhlengemälde unserer Vorfahren entstanden nicht aus dem Nichts, sondern erfüllten vermutlich kultische und soziale Tauschfunktionen. Und ja, die Ermöglichung von Kultur spielt immer eine Rolle, sie entsteht nur selten im luftleeren Raum – Kultur sucht sich im Laufe der Jahrhunderte die unterschiedlichsten Gelegenheiten, die unterschiedlichsten Orte, funktioniert unter den unterschiedlichsten Umständen. Ein Karlheinz Stockhausen wird zu Lebzeiten weltweit gefeiert, ein Conlon Nancarrow komponiert vollkommen unbekannt in einem kleinen Studio in Mexiko – kulturell einflussreich sind sie am Ende gleichermaßen, es gibt keinen Unterschied, noch nicht einmal eine Kategorie, nach der man den einen höher, den anderen niedriger bewerten könnte, den am Ende bleiben nur die Ideen, die sie in die Welt gebracht haben. Wie diese sich Bahn gebrochen haben, ist dann letztlich unerheblich.
Die Formen der Ermöglichung von Kultur werden sich immer ändern, und die momentane Diskussion ist vielleicht Teil dieses Prozesses. Aber die Entscheidung über die Relevanz und die Nichtrelevanz von Dingen sollte nie leichtfertig und hastig geschehen, sondern stets wohlüberlegt und vor allem zuerst einmal unabhängig von Einschaltquoten und Verkaufszahlen. Ein Fernsehsender, der plötzlich ein breiteres Publikum anspricht, ist damit nicht automatisch besser geworden sondern einfach nur ein Fernsehsender, der ein breiteres Publikum anspricht. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, und die ständige Vermischung von diesen Kategorien sollte so schnell wie möglich aus unserem Denken verschwinden. Natürlich, auch in extrem kulturfeindlicher Umgebung wird sich Kultur auf die eine oder andere Weise artikulieren, denn Kultur korrespondiert immer mit menschlichen Befindlichkeiten, mit Emotionen und Visionen. Einzelne Grashalme in einer Wüste machen aber noch keinen Garten, und das ist das Entscheidende.
Was wir in diesem Land an Kultur haben, ist ein blühender Garten. In diesem Garten gibt es viel Wildwuchs, sicherlich auch Überflüssiges. Ein Garten muss regelmäßig gegossen und gepflegt werden. Nicht alles kan gleichmäßig begossen werden, daher entsteht immer Konkurrenz und Unzufriedenheit. Der eine bekommt mehr, der andere weniger, und am nächsten Tag ist es vielleicht andersherum. Nicht alle Früchte des Gartens sind gleichermaßen beliebt – kaum vorstellbar, dass zum Beispiel Werke wie Goethes „Faust“ oder Beethovens 9. Symphonie entstanden wären, hätten sie mit „like“ und „dislike“-buttons oder harten Verkaufszahlen konkurrieren müssen. Auf den Gehalt, nicht nur auf die Beliebtheit kommt es an, entscheidend ist es aber, dass es den Garten, die Möglichkeit des Gartens gibt.
Ich kann es den ganzen Kulturmanagern nicht verdenken – tagaus, tagein haben sie nur damit zu tun, die Früchte des Gartens anzupreisen, sie nach ihrem Wert zu bemessen, sie zu katalogisieren, zu wiegen und zu verschachern. Diese Tätigkeit verführt sie dazu, die Früchte des Gartens als eine Ware zu verstehen, deren Wert bemessbar ist.
Aber der Garten ist der Garten. Und er wächst, weil die Umstände hierzulande besonders gut dafür sind, und darüber sollten wir sehr froh sein.
Und das Paradoxe an unserer Situation erkennen: Je kulturfreundlicher die äußeren Bedingungen sind, desto kulturfeindlicher wird unser Denken.
Oder: wir sparen nicht, weil wir müssen, sondern weil wir denken, dass wir es müssen.
Und darin liegt das ganze Problem.
Moritz Eggert
Komponist
Dieser Satz trifft ins Herz einer Beunruhigung, die mich schon seit langem umtreibt. Und vermutlich nicht nur mich. Immer wieder erwische ich mich beim nostalgischen Zurückwünschen in kulturfeindlichere, sprich: intolerantere Zeiten (die 1950er Jahre beispielsweise), um den „heroischen“ Wert von Kultur wieder (stärker) empfinden zu können. Ein feiges, durchschaubares Manöver – Eskapismus reinsten Wassers. Schließlich können wir uns doch nicht wirklich wünschen, zur Zonen-Gabi zu werden, die sich vor lauter Sehnsucht nach Bananen eine Gurke andrehen lässt, oder?
Die kulturfreundlichsten Menschen, die mir je begegnet sind, waren Free-Jazz-Fans – in der DDR der 80er Jahre. Die ästhetische „Wildheit“ dieser Musik war ihnen Sinn- und Vorbild einer gesellschaftlichen Freiheit, die sie nie erfahren hatten – so erschien es mir zumindest damals. Nach verlässlicher Aussage eines brandenburgischen Bekannten ließ der Besucherzuspruch bei Free-Jazz-Events im Osten Deutschlands nach der „Wende“ dann rasch drastisch nach.
Einzig unser neuer BuPrä spricht heute noch ganz pathetisch von Freiheit. Kein Wunder.
Wenn Kunst und Kultur anfängt ihre eigene Freiheit behaupten und „verteidigen“ zu müssen, ist ein Zeichen dafür, wie unfrei und demagog die Gesellschaft selbst ist, weil sie für die Kunst und die Kultur seine Freiräume nicht mehr zulässt – ob Ideell (wie im Kommunismus das war) , ob Finanziell (wie im Raubkapitalismus ist). Wann lernt die Menschheit endlich, daß Ideale von schönen Künste nur Etwas bewerten kann, was wir Menschen sowieso nie in Erfahrung bringen werden können solange wir leben, wer und was dieses „Etwas“ ist? Daher: ich finde Dein blogbeitrag trifft den Nagel auf dem Kopf Moritz: KULTUR ist nicht käuflich. Das sollten allerdings auch die vielen vielen vielen Kulturwissenschaftler und Kulturmanager endlich kapieren – sie haben ihre Jobs durch uns – mittlerweile glaube ich, eher sie solte man abschafen durch einen Finanz“hirn“schlag. Weil sie ja letztenendes Nichts tun. Nur auf unseren Rücken wie Blutsauger herumhängen. Und aber dann noch vorschreiben, was wir zu tun haben. Sehr sehr Paradox….
Und welche Lösung bietest du an, jenseits der Formulierung der „äußeren Bedingungen“, wie auch immer sie aussehen mögen?
Ich finde es schade das in deinem eigentlich interessanten Gedankengang Grauzonen miteinander vermischt werden.
zB hatten die von dir erwähnten Griechen nahezu ausnahmslos hohe politische Ämter inne, sie selbst waren Teil des „Staates“ der den Rahmen für seine Kultur geschaffen hat.
Antike Theaterfestspiele waren in großen Teilen Pflichtveranstaltungen (!) für die Polis, und standen im Dienste eines der Götter.
Da wäre ich gespannt was bei uns passieren würde, wenn hohe Staatsmänner mal tatsächlich anfingen sich aktiv und spürbar in die Kultur einzumischen, womöglich noch ein militärischer General, wie bei den Griechen ebenfalls der Fall.
Mich stört an der ganzen Diskussion der stetige und überall spürbare Blick zurück. Zurück auf Strukturen, zurück auf Pfründe, zurück auf Argumente.
Schaut doch bitte nach vorn, liebe Kulturkämpfer, tut uns allen den Gefallen und entwickelt Utopien aus dem „Jetzt“ heraus, nicht aus dem was schon war. Unser „Jetzt“ ist strukturell, ideell und ökonomisch etwas was es noch nie gegeben hat! Das ist eine Chance! Nutzt sie doch bitte, in dem ihr versucht diese einmalige Möglichkeit zu sehen, und für euch zu erobern, und schaut nicht ständig zurück. Da gibt es nichts zu holen.
Zwei Seelen … mein Bauch ist natürlich nur allzu bereit, dem Eggertschen Plädoyer zuzustimmen, gleichzeitig ist mein Kopf sehr skeptisch, was die Art und Weise der Argumentation angeht:
Letztendlich fordert die demokratische Gesellschaft nur ihr bis zum bitteren Ende fortgedachtes Recht ein, alles, aber auch wirklich alles per Mehrheitsvotum entscheiden zu können. Jetzt sind wir, die wir uns gerne in der gesellschaftlichen Vorreiterrolle, sozial und politisch engagiert sehen, in der Not, erklären zu müssen, warum der Wille der Mehrheit nicht für die Kunst gelten soll. Warum es notwendig sein soll, für eine kleine Gruppe, die sich ja sowieso für was Besseres hält, Subventionen zu verbraten (ich zitiere hier sozusagen einen „idealen“ Durchschnittsbürger). Dem kommt man mit so bescheidenen Argumenten wie „Kunst ist aber keine Ware“ nicht bei. Kunst wird als Ware behandelt, das ist die Realität, und ich vermisse praktikable Lösungsvorschläge für dieses Dilemma. Den Kulturmanagern die Pest an den Hals zu wünschen mag sich ja irgendwie radikal anhören, ist aber in letzter Konsequenz nur heimelig-bequem. Schuld sind immer nur die anderen. Mag sein, von mir aus. Aber tun kann man ja selbst etwas. Etwa, indem man sich und seine Kunst dem bürgerlich institutionalisierten Betrieb konsequent entzieht, sozusagen in den „Untergrund“ geht. Indem man eben nicht mehr in der Abhängigkeit verharrt, als Berufskomponist sich durchzuschlagen, sondern einen „vernünftigen“ Beruf nebenher ausübt. Indem man nicht mehr für große Sinfonieorchester komponiert, oder für kommunale Opernhäuser. Die Zeiten sind vorbei. Genauso, wie die Zeit der Hofmusikkapellen irgendwann vorbei war, oder die Zeit der Minnesänger oder die Zeit des Trumscheits oder oder oder…
Ich bin manchmal ernsthaft verwundert, wie erzkonservativ die Szene ist, wenn es um ihre Institutionen (deren Wohltaten ohnehin nur die wenigsten erreichen) geht. Und wie naiv, sobald sie in die politisch-finanzwirtschaftlichen Diskurse hineingezogen wird oder sich hineinbegibt.
Goljadkin
Da kann ich vieles unterschreiben im Text von Moritz, aber um eine Erkenntnis kommen wir nicht herum, wie man es auch dreht und wendet: Kunst ist nicht nur eine geistige Größe, sondern auch eine Ware. Sie hat diesen Doppelcharakter als ideeller Gegenstand, dessen Wert sich nach dem ganz individuellen Empfinden dessen bemisst, der von ihr innerlich angesprochen wird, und als Tauschwert, der durch den gesellschaftlichen Kreislauf, also durch den Markt (bzw. Besucherziffern etc.) bestimmt wird. Dieser Widerspruch war vielleicht bei Platon noch nicht vorhanden, weil die Gesellschaftsform eine andere war, aber in den entwickelten Tauschgesellschaften (und nicht nur im modernen Kapitalismus) gehört er zum ABC der gesellschaftlichen Kommunikation und bestimmt damit auch den Austausch geistiger Dinge, die damit zu „kulturellen Gütern“ bzw. Waren werden.
Die Frage ist deshalb nicht, wie kann man den Warenwert dieser kulturellen Güter bekämpfen oder negieren, denn das ist objektiv nicht möglich, sondern: Wie kann dieses stets prekäre Verhältnis gestaltet werden, dass die ideellen Werte nicht Schaden leiden? Und dann: Wie kann man denen, die über die Budgets wachen, klar machen, dass Kultur eben auch noch etwas anderes ist als ein Haushaltposten? Da sind wir wieder bei den kulturpolitischen Diskussionen über „Abschaffung“ etc. Wenn bei jenen Entscheidungsträgern jede kulturelle Intelligenz abgestorben sein sollte, was hoffentlich nicht zutrifft, wird es natürlich schwierig.
Die viel beklagte „kulturelle Inkompetenz“ von Geldverwaltern scheint mir ein Indiz zu sein für das, was ich als die grundlegende Problematik der heutigen Situation betrachte: die Tatsache, dass die kulturellen oder ideellen Werte, die es zu verteidigen gilt, selbst an Konturen verloren haben. Dieses Phänomen ist bekanntlich nicht nur bei den „Bürokraten“, sondern auch bei den „Produzenten“ gelegentlich anzutreffen. Wenn man nicht mehr richtig weiß, welches eigentlich die Ideen sind, für die man kämpfen will, wird die Verteidigung verdammt schwer. (Auf die neue Musik bezogen: Geht es um „das Material“ und um Veranstalterkapazitäten, um dieses Material vorzuzeigen, oder um den Geist, der sich darin artikulieren sollte?)
Herrscht hier ein Bewusstseinsdefizit, so tendiert eine „Verteidigung der Kultur“ leider ziemlich schnell zu einer Verteidigung der materiellen Privilegien derer, die mit und in dieser Kultur ihr Auskommen haben. Das ist verständlich, aber nicht problemlösend. Es schafft zudem diesen schalen Beigeschmack, der manchen Protesten gegen den Kulturabbau anhaftet – der Eindruck entsteht, als ob hier eine Lobby von Beteiligten pro domo spreche. Weil aber hinter dieser Lobby nur kleinere oder größere Minderheiten stecken, können die Big Players à la ARD relativ leicht darüber hinwegsehen – der Protest „versendet sich“ irgendwann einmal, und die Öffentlichkeit wendet sich wieder Günter Jauch zu.
So ist es leider. Aber man darf den Elan nicht verlieren und braucht substanzielle Argumente. „Die Kunst“ mag vielleicht vorübergehend in einen Zustand der finanziellen Unterversorgung geraten, aber sie wird nicht untergehen, denn kreative Köpfe werden immer wieder neue Ideen hervorbringen.
nun, paar Gedanken zum „Absonderungen“ von @Gast und von @Goljadkin: Herr „Gast“, Sie schreiben über die o.G. Griechen so, als Sie hätten damals alles miterlebt. Jeder weiß, daß die Geschichte immer nach Möglichkeit so auslegbar ist, wie man diese eben „philosophisch“ braucht. Genauso gestrickt ist Ihre Argumentation damit.
Und zu „Herrn“ Goljadkin, dessen Sätze mich teilweise zum Kochen brachten. U.A. dieser Satz:
„Den Kulturmanagern die Pest an den Hals zu wünschen mag sich ja irgendwie radikal anhören, ist aber in letzter Konsequenz nur heimelig-bequem. Schuld sind immer nur die anderen.“
Aus welchem Kultur“schaffenden“ besteht denn die „Markt“ und wie baut sich die Hierarchie in der auf – speziell in unserer „Markt“? Wo sind die schaffende Künstler in dieser Hierarchie platziert? Bauen wir doch eine Pyramide vor unseren geistigen Augen auf: ganz unten tummeln die Komponisten herum (die eigentlich die ganze Kunst ja „schaffen“), danach kommen Verleger, Gema, darüber Kulturwissentschaftler und darüber in der Spitze Kulturmanager und Organisatoren und Kuratoren von Konzerten und Festivals. Die oberste „Spitze“ beeinflusst längst diese ganze „Markt“, sie erzeugen durch ihre „Kulturpolitik“ daß die „Szene“ ausschließlich in ihren eigenen Süppchen kocht und genau das ist das Problem: weil sie selbst dann lauthals „Kulturinfarkt“ schreien, die sie selbst verursachten/verursachen. Wie sie das tun, komme noch später dazu. Sprechen wir doch aus: Ein schaffender Künstler (also z.B. ein Komponist) nur aus eigener Kraft, egal wie Qualitativ, Innovativ die/derjenige arbeitet, wird sie/er kaum in diesem Kultursystem schaffen, „nach oben“ zu kommen. Der Weg ist versperrt von Verleger (die Komponisten mit Managment Vertrag zuwinken), Manager (die für die schaffender Künstler kaum was, desto mehr aber für die „Markt“ tun), Kulturwissenschaftler (die immer alles besser wissen, wie etwas komponiert werden sollte, selbst aber keine Noten schreiben können). Diese 3 Kasten des Kultursystems sind die, die angeblich Alle besser wissen, was für die „Markt“ und für die „Kunst“ generell gut wäre. Sie „schreiben“ ja vor, was Qualitativ und Innovativ sein sollte – im Maße ihren eigenen und des der Kapitalmarkt Erwartungen und Vorstellungen. Der schaffende Künstler wird letztenendes nur „abgemelkt“, bestennfalls solange „durchgeknetet“, bis er selber glaubt, dass das, was er schafft, gut wäre, weil er von der „Markt“ aufgeputscht worden ist.
Wer sind die Personen, die die Festivals programmieren? Sind das Komponisten? Ist es nicht auf dessen Leute Mist gewachsen, dass Festivals nicht mehr ernst genommen und teilweise (außer der Szene selbst) lächerliche Spinnereien „angeschaut“ werden? In diesem Sinne zu sagen, „Schuld sind immer die anderen“ ist einfach Strohmannstaktik, was von den Wesentlichen Problemen ableiten will Herr Goljadkin. Aus der Wirtschaft kennt man diese etwas „übehebliche Autoritäre und besserwisserische“ Argumentation: „Schuld sind immer die anderen“. Nein. Schuld sind , die, die diese Mißstände erzeugt durch ihre Sippenhaften und Verklüngelten Art haben. Und da sind die schaffene Künstler glaube ich eher in „Minderzahl.“ Daher möchte ich sagen: es geht nicht um Schuldzuweisungen. Es geht um Tatsachen, die man, wenn man das Kultursystem durchleuchtet, auch wenn man dumm ist, leicht herausfindet: Manager machen etwas „kaputt“ dann aber schreien lauthals, es sollte abgeschafft werden.
Aber diese Heuschreckenmentalität: erst möglichst vieles unter die Nagel reißen, dann „miss-wirtschaften“ und dann einfach „verschwinden“ – möglichst noch eine gute „abfindung“ kassieren – kennt man ja aus der Wirtschaft, aus der Politik ja auch. Manager von Banken haben es ja in der letze Zeit offen „bewiesen“, dass es so „super“ geht.
Und wenn dann aber einen Komponisten gesagt wird: „Sie haben ja keine Lösung, Sie reden nur“ etc etc etc – da möchte ich nun dazu nur sagen, es ist auch nicht deren Aufgabe, Mißstände, die durch u.A. hauptsächlich durch Kulturmanager entstanden sind, aufzuräumen. Trotzdem: sie tuen das. Gerade dadurch, daß Sie so ein Text wie Moritz Eggert, schreiben.
Die Lösung heißt eigentlich ganz bekannt: Demokratie und „FREIE“ Kulturmarkt und Politik. – Dies letztere gibt es leider nur Gedacht – aber nicht Gemacht.
„Herr“ Koeszeghy (warum Sie mir das „Herr“ nur in Anführungsstrichelchen gönnen, ist mir unklar…):
Wenn Sie mal kurz durchgeschnauft haben und sich meine Absonderungen nochmal durchlesen (sofern Ihre kardiologische Verfaßtheit dies zuläßt), dann würden Sie vielleicht feststellen, daß es gar keinen Grund gibt, ob meiner Sätze vor Wut zu kochen. Es ist ja nicht so, daß ich das Problem nicht sehen würde, im Gegenteil, ich empfinde die Ungerechtigkeiten des Systems wohl genauso sehr wie Sie. Aber: Sie und ich und Eggert und die anderen werden wohl kaum durchsetzen können, daß all die Kulturmanager, -vermittler, -entscheider usw. plötzlich ihre Jobs aufgeben und die Schaffenden an die „Hebel“ lassen. Das wird nicht geschehen. Deshalb sind Ihre Tiraden, wiewohl nachvollziehbar, letztendlich so gut wie in den Wind gesprochen. Meine Gedanken gehen eher in die Richtung, wie wir (die Schaffenden) endlich wieder aus einer Position des Reagierens in eine Stellung gelangen können, in der wir agieren, in der wir „vorne“ sind, in der wir unsere Vorstellung von Verteilungsgerechtigkeit (ein häßlicher Begriff, aber sei’s drum) umsetzen können. Und nach meiner Ansicht kann und wird dies nicht innerhalb des aktuellen Systems geschehen. Sie beschreiben mit Ihrer „Kulturpyramide“ ja bloß die Möglichkeit (oder vielmehr Unmöglichkeit), im Kulturbetrieb Karriere zu machen. Darüber kann man sich natürlich stunden-, tage-, oder von mir aus auch ein Leben lang aufregen. Was ist dadurch gewonnen? Wem ist damit geholfen? Noch nicht mal einem selbst.
Zu einem, der im Weg steht, gehört immer auch einer, der sich den Weg versperren läßt, der partout diesen versperrten Weg beschreiten will und gar nicht sieht oder sehen will, daß es einen beinahe zugewachsenen Nebenpfad gibt, der auf den ersten Blick vielleicht unbegehbar erscheint, sich aber im Nachhinein als der landschaftlich reizvollere herausstellt.
Apropos „Absonderungen“:
Goljadkin
Herr Goljadkin (diesmal doch mit „richtigem“ Herr – verzeihen Sie, wenn Jemand es nicht traut mit richtigen Namen seine „Absonderungen“ hier zu tun, nehme ich mir selbstverständlich die Freiheit, die Bezeichnung „Herr“ nur anzudeuten.)
Nach dem genauen Durchlesen Ihrer Reaktion kommt man ja doch auf dem Punkt Ihnen sagen zu müssen: Sie drehen sich doch einfach im Kreis und wissen selbst nicht warum Sie hierbei sind – wahrscheinlich sich unbedingt behaupten zu müssen, vor der grosse Menge von Leuten, die hier diese Absonderungen von Ihnen lesen, oder vielleicht wollen Sie einfach ihre „arrogante aufgesetzte Autorität“ (wovon in Deutschland ja in der Geschichte schon genug gab) vorzeigen – anderswie kann nicht ich Ihren im Kreis drehenden Gedanken und dessen Styl (was kein Styl ist) deuten. Es tut mir Ihnen sehr leid. Dass Sie dann nun mit den arroganten, überheblichen Stil, die Sie hier oben äussern dies Alles tuen müssen, macht mich eher enttäuscht – eigentlich habe ich gedacht, Sie wären einer diesen typischen „Kulturmanager“(Ihre Absonderungen würden ja darauf deuten), die sich wie Fisch im Aquarium wohl fühlen, weil sie ja selbst das Wasser für sich selbst aus Absonderungen Ihren eigenen Körpers „erzeugen“. Desto mehr bin ich enttäuschter aus Ihren Wörter herauszulesen, dass sie ja – wahrscheinlich – selbst „Komponist“ sind.
Entschuldigen Sie, dass ich Sie damit belästige: ich möchte Sie ja gerne von oben zitieren:
„ich vermisse praktikable Lösungsvorschläge für dieses Dilemma.“ WO sind denn Ihre Vorschläge???
Und zu meinem „Absonderungen“ betreffend des „freien“ Marktes: sie glauben es im allen ernstes, diese sogenannte „Kulturmarkt“ ist frei??? Sie stimmen einerseits zu, was ich darüber schrieb. Das ist nun doch etwas widersprüchlich….
Also, vielleicht sind Sie doch etwas Konstruktiver in Ihren nächsten Kommentar.
Mit „“““besten“““ grüssen.
Es betrübt mich, Herr Koeszeghy, Sie so zornig zu sehen. was hab‘ ich nur getan, mir Ihren heiligen Zorn verdient zu haben? Was es auch war, ich nehme alles zurück und sage das, was Sie auch sagen. Damit sollte es dann aber auch gut sein. Freunde?
Natürlich tut es mir auch außerordentlich leid, Sie als Komponist enttäuscht zu haben. Das ist nun in der Tat ein nicht wiedergutzumachender Ausrutscher von meiner Seite. Sie können darauf zählen, daß ich mir Ihre Enttäuschung zu Herzen nehmen werde, vielleicht bete ich nachher noch ein paar Ave Maria, im Knieen, möglicherweise (aber da überlege ich nochmal) auch auf einem Nagelbett, um die Schmerzhaftigkeit Ihrer Enttäuschung auch selbst nachzuempfinden.
Goljadkin (der Abgesonderte)
Gut gut Herr Goljadkin. Sie sollten aber Enttäuschung nicht mit Zorn vertauschen. Zorn mit scharfen Paprika klingt schon a bissle anders, als hier oben. Aber da Sie ja gottseidank Humor haben, ist ja doch alles auf dem besten Wege, die Gedanken und das Gespräch zu glätten – um wieder den Vernunft zu folgen.
Koeszeghy (der Pseudo-Zornige)
eine kleine Bemerkung noch – ich kann`s mir nicht vergreifen: : es ist schon ziemlich erschreckend, diese infantile aufgesetze Arroganz was Sie Herr Goljadkin so „darauf“ haben. Suchen Sie eigentlich Befriedigung in diesem Blog, was sie wo anders nicht bekommen, oder möchten Sie – wie man`s merkt – systematisch über das Thema, was sehr wichtig ist „ableiten“ und „abgleiten“? Niemals schrieb ich, Sie sollten mir in irgendeiner Weise „nachplappern“ und „zustimmen“ was ich schrieb. Ich habe es mir nur eher gewünscht, wie es zwischen normalen Menschen das sein sollte, daß wir über das Thema konstruktiv unterhalten – was Sie erschein nach nicht können. Leider ist man in unseren „Szene“ daran gewöhnt, solche infantile Denkweisen, die wie Ihre sind anhören zu müssen und diese überhebliche, etwas psychotische Arroganz, die alles ironisieren versucht, jedoch psychoanalytisch Gesehen nur den schlechten Kindheit oder Erziehung zu verdanken ist, anhören und in unserem Fall lesen zu müssen.
Also zurückblättern bitte, und lesen Sie doch nochmal alles durch.
Vielleicht sagen Sie doch mal endlich, wie Ihre „Gedanken“ sind über den Satz, den Sie SELBST hier oben schrieben bei einer Ihren so geistreichen Kommentaren:
“ich vermisse praktikable Lösungsvorschläge für dieses Dilemma.”
Also, kommt von Ihnen noch was, oder sind Sie außchliesslich in „Ironie“ versunken?
Ich verwahre mich, Herr „Koeszeghy“, aufs Entschiedenste gegen „die“ Unterstellung, ich hätte „Humor“ „.“ Oder ich „würde“ alles nur „i“ronisieren. „“
@ Max Nyffeler:
Ja, die braucht’s tatsächlich, aber wo sind sie bzw. wie könnten sie überhaupt aussehen? Wie kann man einen von den vielgescholtenen Kulturmanagern oder Festivalleitern oder Rundfunkintendanten zu der Einsicht bewegen, daß er nicht mit einer x-beliebigen Ware handelt, sondern daß er mit etwas handelt, das eigentlich unverhandelbar ist (oder sein sollte). Den Handel bekommen wir nicht raus, das ist eben der Preis dafür, sich in einer demokratischen Gesellschaft frei mit seinen Kunstäußerungen entfalten zu dürfen (und Herrn Koeszeghy zum Trotz: frei sind wir alle in den Entscheidungen, die uns selbst betreffen; komponieren kann ich, was ich will, keine Jury der Welt kann mich davon abhalten, aber wenn ich natürlich unbedingt ein 150köpfiges Orchester für meine Musik brauche und / oder eine Infrastruktur, die nur von größeren Institutionen bereitgestellt werden kann, dann begebe ich mich in eine Abhängigkeit, und dessen muß ich mir bewußt sein). Um die Anfangsfrage nochmal aufzugreifen: Gibt es überhaupt substantielle Argumente, mit denen der Kulturabbau (auch so ein technokratischer Begriff, klingt immer nach Uranabbau) verhindert oder wenigstens abgemildert oder zum Mindesten hinausgezögert werden kann? Ich zweifle ernsthaft daran, lasse mich aber gerne eines Besseren belehren. Daß die Kunst nicht untergehen wird, daran wiederum habe ich keinerlei Zweifel.
Interessant finde ich auch die (neulich schon einmal kurz von Moritz Eggert angerissene) Frage, weshalb die ganze Problematik in der zeitgenössischen Literaturszene (also Prosa) kaum eine Rolle spielt. Klar gibt es da auch das Wegsterben von kleinen Buchhandlungen, kleinen Verlagen, die Konzentration auf einige wenige Big Player, das E-Book etc. etc., aber den Grad an Hysterie wie in unserer Szene hat die Diskussion dort nicht erreicht (zumindest habe ich das so wahrgenommen). Hinzu kommt, daß der Innovationsdruck im literarischen Betrieb viel weniger ausgeprägt ist als im neue-musikalischen. Warum ist das so? Sind Schriftsteller mit ihrem Betrieb zufrieden? Haben sie kein Problembewußtsein? Sind sie zu doof, das alles wahrzunehmen? Oder können sie das alles einfach abhaken, wenn sie einen Roman über die Zustände des Betriebs geschrieben haben?
Fragend
Goljadkin
Zwischenbemerkung zur Literaturszene: ich finde unsere Szene mit der Literaturszene zu vergleichen ist etwas unglücklich gewählt. Es darf nicht eines vergessen werden: Literaren brauchen keine Interpreten, die die Bücher für Anderen vorlesen – wenn, dann tuen sie das vielleicht selber, oder eben sind die Veranstaltungen, wo Bücher/Gedichte vorgetragen werden, ebenso nicht vergleichbar mit einem Konzert, wo eben ein 150 köpfiges Orchester ein Musikstück aufführt. Daher, denke ich, beim Literaturbetrieb beschränkt sich der Handel einzig auf das Objekt (Buch) und dessen Verbreitung und die Werbung dafür. Die Natur des Handels in der Literaturszene ist also eine völlig Andere, da die „Zwischenstation“ Interpret ja völlig wegfällt, somit sind die Verteilung die beim Handel mit Literatur erwirtschaftete Gelder ein ganz Anderer als bei der Musik: bei der Letzteren müssen die Musiker, der Ort selbst (Konzerthäuser und Konzertorte sind ja wesentlich kostspieliger) und alle anderen Beteiligten die mit diesen beiden Sachen überhaupt zu tun haben (Tontechniker, Orchesterwarte etc etc etc) auch auf ihre Kosten kommen. So die Frage zu stellen, Literaren hätten kein Problembewusstsein — die beiden Gebiete haben (den Handel betreffend) kaum ein gemeinsamen Nenner…
Stimmt schon, Schriftsteller brauchen keine Interpreten (wie konnte ich das vergessen?), aber die Mechanismen der beiden Betriebe sind, was die Karrieremöglichkeiten angeht, doch recht ähnlich: Wettbewerbe, Verlage, Festivals. Und gehandelt wird in beiden Fällen ein geistiges Produkt: Nur weil das Buch als solches ein physisches Objekt ist, heißt das ja noch lange nicht, daß der Inhalt auf eine andere Weise gehandelt wird als Musik (wobei eine CD oder mp3-Datei ja im Grunde genauso handelbar ist wie ein Buch).
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Reaktion der beiden Betriebe auf die Möglichkeiten der elektronischen Verbreitung ihrer Erzeugnisse: Die Musikindustrie populärer Ausprägung hat den Anschluß verschlafen und sich dann mit Zähnen und Klauen dagegen gewehrt, als klar wurde, daß die Leute keine CDs mehr wollen (DRM, Abmahnungen etc.). Der Musikbetrieb, sagen wir mal, klassischer Ausprägung hat alles komplett verpennt bzw. sich an die Popindustrie drangehängt. Kein Schwein hat sich dafür interessiert, z.B. ein Medienformat durchzusetzen, das in qualitativer Hinsicht auch klassischer Musik gerecht wird. Wie reagieren die Printmedien auf die technischen Möglichkeiten? Sie bieten Apps für Handys an, E-Book-Reader usw. usw. Da kann man jetzt drüber stöhnen und gleich wieder den Untergang des Abendlandes herbeireden, aber ehrlich gesagt erreicht das Gejammere darüber noch nicht mal Don Quichotte-Niveau.
Noch ein Problem, was den Warenwert oder -unwert der Kunst und speziell der Neuen Musik angeht: Man kommt ja nicht umhin, festzustellen, daß in der Popmusik der Warenwert ihres Produktes (=Popsongs) mittlerweile beinahe unhinterfragt zur Basis des ganzen Systems geworden ist (oder schon immer war?). Die Neue Musik gerät also, wenn sie ihr Selbstverständnis als nichthandelbarer Wert verteidigt, sozusagen in doppelte Opposition: zur marktwirtschaftlichen Gesellschaft und zu ihrer „häßlichen“ Schwester, der Popmusik. Ständig muß man erklären, daß man eigentlich ja schon was wertvolleres macht als der Kollege am Drumcomputer oder DJ-Pult, aber man will ja auch nicht überheblich rüberkommen, und das was der Kollege macht ist natürlich auch irgendwie wertvoll, aber Kunst ist trotzdem noch wertvoller, nur in Geld läßt sich das nicht ausdrücken, weil der Kollege verdient ja mindestens das zehnfache, komische Sache, obwohl er ja (das denkt man dann am besten nur noch) eigentlich Schrott produziert.
Nein, Herr Koeszeghy, ich habe keine Lösungen, sondern nur eine ganze Menge Fragen. Und vielleicht eine ganz schwache Idee davon, was ich selbst (in meiner ganz persönlichen, nicht-übertragbaren Position) tun kann, um dem ganzen Kuddelmuddel zu entkommen.
Goljadkin
Nachtrag:
Nach außen hin wird ja im Zusammenhang mit der Internet-Download / -Streaming-Debatte immer mit dem Begriff des „geistigen Eigentums“ operiert, der ja einen ganz klaren, in Geld ausdrückbaren Warenwert beinhaltet. Vielleicht sollte man sich erstmal darüber klar werden, wie man den Leuten begreiflich machen kann, daß der Künstler als solcher natürlich Geld braucht für sein armseliges Leben, daß aber seine Erzeugnisse trotzdem keine Waren im merkantilen Sinn sind.
Daß es bei Literaren beim Handel um ein physisches Objekt geht, ist gerade der ausschlaggebende Punkt wodurch man die riesigen Unterschiede zwischen zeitgenössische Musik und zwischen Literatur begründen und beschreiben kann: der Marktwert eines Komponisten wird nicht an Objekten wie CD oder mp3 oder sonstigen Mediales und Medien gemessen. Das ist einfach falsch. Die Marktwert eines Komponisten wird an seine Live Aufführungen gemessen. Daran ändert auch das Computer/Internet, als Medien auch nichts. Nichts bei einem Literaren. Also da haben Sie Herr Goljadkin dnke ich diese ganz Wichtige Teil des Ganzen außer Gespräch gelassen. Und genau drum geht es ja bei den ganzen „Kulturkürzungen“ – bei Kürzungen solcher Art in der Musikkultur wird dadurch, dass Orchester und Festivals geschlossen werden, schon einfach DIE MÖGLICHKEIT für das Podium eines Künstlers wie einen Komponist, gestrichen – was bei Literaren nicht der Fall wäre: sie können weiterhin ihre Bücher, als Objekt auf die Markt werfen und damit Handeln. Das ist also eine riesige Unterschied – somit sind die Karrieremöglichkeiten völlig unterschiedlich.
Geistige Eigentum ist sicherlich nicht käuflich. Was Sie darüber gerade schrieben, bzw woraus Sie hinauswollen ist für mich ganz nachvollziehbar. Ich denke eine Lösung wäre, wenn Komponisten (Künstler) eine Art „Grundeinkommen“ hätten, damit würde sich das ganze Problem lösen. Ich glaubte es oft gehört zu haben, es gäbe ein bestimmtes Land in Europa, wo dies der Fall ist. Der Wettbewerb, was durch diese sogenannte „frei demokratische“ Markt (was leider keine ist, nur gesagt ist das, das sie so wäre) erzeugt wird, bzw. dessen „Härte“, ist vergleichbar mit dem Wirschaftswettbewerb zwischen Banken oder irgendwelche Firmen: er erzeugt und unterstützt letztenendes nicht die gute, menschliche Zwischenbeziehungen, sondern umgekehrt: sie macht nur Feindseeligkeiten und unnötigen Kampf zwischen den Künstler selbst (Was wiederum die Markt selbst bzw. dessen obersten Vertretern, wie Manager etc nur zur Hände kommt, weil die ganzen Künstler ja erst mit sowas beschäftigen – also eine Art indirekte Gehirnwäsche wäre das ja) – und dadurch ist es auch kaum möglich, eine gemeinsam für Künstler etwas für die Kunst zu erreichen. Solange bis Komponisten das nicht kapieren, wird immer mehr, immer frecher und grosszügiger gekürzt. Weil jeder Einzeln ausschließlich seine/ihre Rechte auf Verdienen durch seine eigene „geistige Eigentum“ besteht und alles tut um zu diesen materiellen Verdienst zu kommen – und da wären wir bei den Phänomenen „Schleimereien“, „Hinterkriechereien“, „Opportunismus“, „Ellbogenmentalität“ etc gelandet. (Welche in Deutschland immer schon eine grosse Tradition waren – denken Sie an das Buch „Der Untertan“ von Heinrich Mann)…
Nachtrag – ein Vergleich mit „Fussball“ im Sinne der „Kulturinfarkt“:
Ähnlich wäre es, von sagen wir 200 Fussballstadien circa 100 zu schliessen, jedoch für diese 100 Stadien ca 400 Mannschaften zu haben, bei den alle gute Fussballer sind. Was würde denn in Deutschland in soein Fall passieren? (Man muss ja nicht lange nachdenken: mindestens 2/3 der 400 Fussballer würde ins Ausland verschwinden – somit bliebe Deutschland ein „Schurkenstaat“, was den Fussball betreffen würde). Und ich befürchte, genau das wird hier passieren, wenn Kuturinfarkt eintritt. Deutschland wird danach in 10 Jahren ein „Schurkenstaat“ – was die Musikkultur betrifft…..
Ich muss widersprechen.
@ „Goljadkin“: …daß der Künstler als solcher natürlich Geld braucht für sein armseliges Leben, daß aber seine Erzeugnisse trotzdem keine Waren im merkantilen Sinn sind.“
Doch auch künstlerische Erzeugnisse sind Waren. Sie werden auf dem Markt gehandelt wie jedes andere Produkt, nur ist dieser Markt, was die Musik angeht, hierzulande in der Regel durch Subventionen gepolstert, damit ein Musikwerk nicht vollkommen der kalten ökonomischen Realität ausgesetzt ist. In der bildenden Kunst ist es aber völlig anders: Das Kunstwerk ist ein Marktobjekt, das gnadenlos als wertsteigernde Ware gehandelt wird, und entsprechend stark sind dort die ästhetischen Kriterien vom Markt bestimmt. (Anzumerken wäre: In der neuen Musik gibt es so etwas wie einen subventionierten Festival-Markt, der die Wertkritierien ebenfalls stark mitbestimmt.)
Kunstwerke sind aber nicht NUR Waren, sondern im Ursprung und vom Anspruch ihres Autors her eben auch geistige Phänomene. Unter diesem Aspekt lassen sie sich tatsächlich nicht handeln, und ihr Wert ist nicht oder nur subjektiv messbar.
Dieser Zwiespalt lässt sich grundsätzlich nicht auflösen, so schön es auch wäre. Und das sollte man stets im Bewusstsein behalten. Endlösung nicht in Sicht. Den ewigen Frieden bzw. die Auflösung aller Widersprüche kann es zwar als Inhalt eines Kunstwerks geben, aber nicht in der gesellschaftlichen Existenz von Kunst und überhaupt von Geist. Sobald der Geist in die materielle Welt eintritt, tritt dieser Grundwiderspruch in Kraft. Das ist ja genau das Thema von Schönbergs „Moses und Aron“. (Vgl. auch George Steiner: „Von realer Gegenwart“, Hanser 1990).
Deshalb sind alle Versuche, „gute Kunst“ zu erzeugen bzw. am Leben zu erhalten, indem man die Künster sozial absichert, Wunschdenken. Man sollte diese beiden Bereiche getrennt halten: die gewerkschaftliche Domäne und die Domäne des ästhetischen Diskurses.
Was würde geschehen, wenn die „Musikproduktion“ (d.h. das Komponieren) durch ein soziales Gesetz dem Markt entzogen würde, etwa in Form eines Grundlohns für Komponisten? Es gäbe zuallererst einen gewaltigen Ansturm auf den Beruf des Komponisten, der wie bei den Rechtsanwälten, Ärzten etc. staatlich geschützt werden müsste (nach welchen Kriterien?). Als zweites würden sich die Archivkeller mit unaufgeführten Kompositionen füllen. Das war genau die Erfahrung in Holland, wo die staatliche „Donemus-Stiftung“ – schöner Name – vor Jahrzehnten alles aufkaufte, was aufs Notenpapier gebracht wurde. Wie könnten die Veranstalter verpflichtet werden, all diese „Werke“ aufzuführen, wie könnte das Publikum verpflichtet werden, sie alle anzuhören? E-Musik-Zwangskonzerte für Schüler, Taxifahrer und Immigranten? Es eröffnen sich groteske Perspektiven à la Nordkorea.
@ Peter Koeszeghi: „Geistiges Eigentum ist sicherlich nicht käuflich.“
Doch, wie alles Eigentum ist auch geistiges Eigentum käuflich und verkäuflich (siehe oben), wenn auch hierzulande nur mittelbar, indem das Copyright nicht veräußert, sondern nur vermarktet werden kann (von Verlagen, Veranstaltern, Agenturen, Medien). Der Begriff der Vermarktung sagt ja eigentlich schon alles. Das gilt auch für die sog. neue Musik; sie genießt zwar gewisse Subventionsvorteile, hat aber keinen „Heiligenstatus“ in der ökonomischen Welt.
Es ist vermutlich schwer für einen Komponisten, das zu erkennen und erst recht, es zu billigen. Bewegt er sich doch von seinem Selbstverständnis her gedanklich in einer ideellen Sphäre. Deswegen erliegt er der Versuchung, seine ideellen Kategorien auf die reale Welt der Ökonomie zu übertragen. Doch es wäre wichtig (wen auch vermutlich für einen Künstler nicht einfach), diese beiden Welten auseinanderzuhalten, denn sonst läuft man immer wieder gegen dieselbe Wand.
Lieber Herr Nyffeler, das Problem ist – finde ich – Sie sehen es mit Augen aus dem jetzigen System herausschauend und begeben Sie sich nicht in die Freiheit, diese in die Runde geworfene Idee „Grundeinkommen“ als Ansatzpunkt zu sehen. Sie haben schon den Keim dieser Idee einfach dadurch zu Nichte gemacht, dass Sie einfach die Idee selbst gleich mit etwas, was nicht funktioniert/e (Holland) verglichen haben und gleich daraus Entschlüsse fällten, die Alle NUR im Konjunktiv stehen. Andererseits projizieren Sie durch den Vergleich „Nord Korea“ sofort eine negativen Beigeschmack, was mit der Idee selbst nichts zu tun hat: Sie haben die Idee selbst gleich quasi weitergeredet. Und darum ging es nicht, das wollte ich nicht damit sagen.
Ich bin ziemlich sicher, dass wenn es eine Art „Grundeinkommen“ vernünftig wäre – wovon keiner Komponist leben sollte, weil diese Unsummen wären!! – sondern nur als „Ausgangspunkt“ da wäre, um ein menschlicheres Leben für einen Künstler zuzulassen (es gibt einige Kollegen die ich gut kenne, einige leben aus Harz 4, einige unterrichten für Hungerlöhne in Musikschulen – also so gesehen und böse gemeint haben sie schon durch Harz4 eine Art „Grundeinkommen“ als solche etc) um damit denen die Grundlage zu schaffen, um in den Wettbewerb des Marktes überhaupt mitmachen zu können. Es geht NICHT darum, wie Sie es irgendwie zwischen Ihren Zeilen herausblicken lassen, dass dadurch eine Art „Kommunismus“ geschaffen wird. Das Problem ist, wenn die Kunst gewisse Grundlagen wirtschaftlich entzogen werden, existiert diese nur noch als Underground – das was dann bleibt ist die Markt für die Elite. Vielleicht ist es aber auch so, dass die Crem de la Crem der Szene, der Elfenbeinturm es ja garnicht will, dass MEHRERE ANDERE Komponisten in diesen Wettbewerb oder Markt oder Kuturwirtschaft oder wie auch immer sich hineinmoggeln – sie möchte ja ihre schon „erworbene“ Reichtümer und Stellungen nicht „teilen“ gescheite denn verlieren. Lieber gehen sie unter (siehe SWR etc etc…). Daher wird alles nur inszeniert – um alles möglich noch soweit wie möglich hinauszögern vor dem Kollaps.
Ein grosses Problem in meinem Augen ist: die KUNST wird an die Markt, an die Handel und an das vorhandene System einfach angepasst: dadurch verliert sie ihre Vielfalt. Es fehlt das Gleichgewicht zwischen Kunst und Markt – die Markt hat ein viel grösseren Gewicht, als das Subjekt, wofür sie überhaupt da ist. So verliert die Kunst selbst die treibende, die innovative Kraft, und bleibt eine vor sich hinmuffelnde angepasste Irgendetwas. Die Markt selbst hat die Augen zu – weil es ja NUR um Profit geht. Die Kunst hält die Augen auf: allerdings versucht die Markt (Kulturinfarkt) eine schwarze Schleier vor diese Augen zu nageln, statt vielleicht doch in die Augen der Kunst zu schauen, was denn da drin steckt…
Übrigens – ich kenne mich leider mit diesen „System“ in Holland aus. Aber eine Zwischenfrage doch: sind denn in Holland die Ärzte, die Anwälte etc Ansturm gelaufen, weil sie auch ein Grundeinkommen wollten??? Künstler sind keine Dienstleister. Das ist ein Punkt, den Sie vergessen.
Nachtrag: eine Art „Grundeinkommen“ sollte natürlich auch reguliert werden. Nicht Jeder, der mal eine Note aufgekrätzelt, sollte sowas bekommen, und es sollte auch an gewisse Regeln gebunden werden, wie bei einem Stipendium o.Ä. Und es wäre auch nicht „unbegrenzt“ in der Zeit, bzw, wenn Einer gut im Geschäft ist, hätte er kein Anrecht mehr darauf, weil er ja quasi Abgesichert ist. Etc etc etc. Aber auch, wenn Einer nichts an der Markt tut, sollte auch nichts von der „Sozialen“ Seite bekommen. Um ein gesundes Gleichgewicht zu schaffen zwischen Kunst und Markt. ((Ich denke gerade an die Finnen, die haben ein interessantes System, was die Komponisten betrifft…) Sowas zu entwerfen wäre natürlich erstmal eine Menge Arbeit. Aber von Vorne herein zu sagen, es wäre Quatsch, finde ich nicht richtig.
Irgendwie, Herr Koeszeghy, kommt mir Ihre zuletzt skizzierte Version des Grundeinkommens ziemlich bekannt vor: ist das nicht, in anderen Worten, exakt das System, das wir im Augenblick haben? In dem das Grundeinkommen einiger weniger durchaus gesichert ist, durch Kompositionsaufträge, Stipendien, GEMA usw. Und der breite Rest vor sich hin darbt. Wie wäre denn die Jury besetzt, die das Grundeinkommen genehmigt oder ablehnt? Mit Komponisten? Oder (Gott bewahre) Kulturmanagern, Intendanten, Festivalleitern? Gar Politikern? Ich sehe nicht, wie damit auch nur ein Problem gelöst wäre. Ganz davon abgesehen, daß Sie wohl einige Schwierigkeiten hätten, so eine Gesetzesvorlage durch irgendein Parlament zu bringen, es sei denn, es gibt eine geheime, sehr einflußreiche Künstlerlobby, die bis jetzt aber noch mit keinerlei Erfolgen an die Öffentlichkeit getreten ist. Wie wollen Sie denn den Politikern dort erklären, daß sie nicht nur keinen einzigen Cent weniger für Kultur ausgeben wolen (regen Sie sich bloß nicht auf, das ist der Teil daran, den ich ja noch mittragen würde), sondern im Gegenteil für eine sehr kleine gesellschaftliche Gruppierung auch noch einen erheblichen Posten im Etat zusätzlich schaffen wollen? Ich stelle mir das irgendwie surreal-grotesk vor. Als Kunstaktion vielleicht durchaus mal anzudenken. Aber als ernsthafter Lösungsvorschlag wohl eher nicht.
Wenn überhaupt Grundeinkommen, dann für alle, und vor allem: absolut bedingungslos. Aber auch das wird wohl eine (zugegebenermaßen schöne) Utopie bleiben.
Goljadkin
Lieber Herr Goljadkin,
ob Sie es glauben oder nicht, ich wüßte nicht, wer auch vorhat, so eine Art von Grundeinkommen „durchzubekommen“. Und genau in der Art und Weise, wie ich vorhin beschrieben habe. (Aber irgendwie habe ich ein bisschen das Gefühl, Sie verbinden mich sehr fälschlicher Weise mit irgendwelche Komponistenlobbys von irgendwelchen Vereinen geschweige denn Verbänden. Es würde mich sehr freuen, Sie würde diese etwas versteckte „Vorurteile“ aus dem Spiel lassen. Ich bin unabhängig. Danke voraus.)
Nehmen Sie meine „Vorstellungen“ eher als Ansatz für etwas, bzw für eine Richtung, in welcher nicht gleich Alle Türchen und Fenster zugeklappt werden sollten und von Vorne herein gesagt werden sollte: „Nein, das ist unmöglich“, sondern eben einen möglichen Weg – der natürlich völlig unausgereift ist. Wie dieser Weg funktionieren sollte: nun, das ist als Komponist nicht meine Aufgabe zu entwerfen. Jedoch Einige redeten am Anfang diesen Blogs darüber, wie die Szene wäre. Mit Ihren Worten, die ich einfach hier hineinkopiere von oben :
„Ich bin manchmal ernsthaft verwundert, wie erzkonservativ die Szene ist…….“
Daher: wenn zu einer Idee gleich aber gesagt wird: Nein, das ist Unmöglich etc, ist es in meinem Augen auch nur „erzkonservativ“, wonach ja Gedanken und Ideen ja nur in eine Bestimmte Richtung bzw. Vorstellung stattfinden dürften gelenkt und Ideen, Gedanken, die da nicht hineinpassen, werden von Vorne herein zur Nichte gemacht: eine Art Demagogie letzenendes.
Ich nehme und nahm mir die Freiheit diese (ich geb Ihnen recht) etwas spekulativen Gedanken Ansatzweise in die Runde zu schmeissen, weil diese Idee eine interessante Möglichkeit wäre. Was die Ausführbarkeit und die Realisation betrifft: tja. Da sollten sich sicherlich einige Zusammenschließen und wie Sie schon schrieben, eine starke Lobby bilden – ob das in Deutschland überhaupt machbar ist (ich meine mit sich Zusammenschließen) befürchte ich eher: nicht. Weil es leider immer noch 2 Parteien hier im Deutschland gibt. Die eine des Ihre und die andere, worüber Sie hier oben Andeutungen machten. Allerdings bitte gut merken: ich stehe außerhalb diesen beiden „Kreisen“. (Gottseidank). Ich gebe Ihnen auch recht, es wird (gerade in Deutschland) sehr schwierig und ich kann auch überhaupt nicht vorstellen, wie mit der Jurorum etc sein sollte, die über die Vergabe entscheiden soll. Leider ist und war der deutsche Charakter immer schon eine ziemlich Egoistische und Opportunistische. (Ausser vielleicht vor dem 2.Weltkrieg und das wissen wir ja genau, worauf das hinauslief). In diesem Lande ist es sehr ausgeprägt, den eigenen Vorrang und den eigenen Habe über allen Anderen in den Vordergrund zu stellen. Sowas, wie Solidarität (ich hasse dieses Wort, weil es von „links“ so verpestet leider ist) gibt es in diesem Land eher Wenig, als zu Viel. Daher ja: Sie haben sicherlich recht. Hier würde sowas glaube ich nicht funktionieren. In der Schweiz, oder Finnland, oder Österreichs vielleicht, ja…..
Herr Goljadkin, ich habe ihre Zeilen etwas missgedeutet – also vergessen sie einige Zeilen, die ich vorhin schrieb….
Allerdings, ich finde nicht, dass die skizzierte Version des „Grundeinkommens“ zur Zeit genau so wäre. Was Sie beschreiben, ist wahrlich „wahr“ – leider: eine grosse Teil darbt sich vor sich in, während Andere Aufträge haben bis zum Ersticken.
ABER:
genau das versuchte ich die ganze Zeit zu erklären (Sie haben dasübersehen, nehme ich an): weil die Markt und die Kunst selbst nicht im Gleichgewicht sind in ihrer Tun, bzw. Für die Markt ja ausschliesslich um d. Profit geht, entsteht diese Schieflage. Diese Schieflage IST gerade den „Kapitalismus“ zu verdanken, weil die Kunst ja nur vor sich hinmuffelt und nur noch dafür da ist, die Bedürfnisse der Markt zu erfüllen und befriedigen….
Lieber Herr Koeszeghy,
über den Satz: „Weil es leider immer noch 2 Parteien hier im Deutschland gibt. Die eine des Ihre und die andere, worüber Sie hier oben Andeutungen machten.“ mußte ich dann doch herzlich lachen. Mich würde wirklich sehr interessieren, welcher Partei ich denn da angehören soll. Ich habe nun wirklich (als Komponist) so wenig zu verlieren, daß mir Ihr Vorwurf beinahe schon wie eine ungerechtfertigte Belobigung vorkommen muß… Aber lassen wir das, reden wir, wie von Ihnen angemahnt, streng sachbezogen:
Ihren Grundgehalts-Vorschlag, den Sie nun wieder Stück für Stück kleiner machen, während er weiter oben noch „die Lösung“ war, fand ich ja gar nicht so übel, wenn da nicht Ihr Nachtrag gewesen wäre. Sie wollen also allen Ernstes Ihr finanzielles Schicksal und das Ihrer Kollegen von den Leuten abhängig machen, die Sie unter anderem für die ganze Misere als Schuldige (oder sagen wir lieber: Verantwortliche) ausgemacht zu haben glauben. Mit der Begründung, es sei ja gar nicht Ihre Aufgabe, als Komponist an der Ausarbeitung von irgendwelchen Sozialplänen mitzuwirken. Da haben Sie recht, das ist nicht Ihre und nicht meine Aufgabe. Sehr wohl aber ist es unsere Aufgabe, nach künstlerischen Lösungen zu suchen. Dem Dilemma zwischen „brotloser“ Kunst und „unser täglich Brot gib uns heute“ kann man nicht durch den Ruf nach einer besseren Sozialgesetzgebung entkommen. Kann ja keine Lösung sein, eine Abhängigkeit durch eine andere, beinahe gleich geartete zu ersetzen (wobei ich nicht so naiv bin zu glauben, es sei ein Kunstbetrieb ohne Abhängigkeiten möglich). Für mich sieht ein möglicher Lösungsweg eher so aus (wahrscheinlich ist er gar nicht weniger spekulativ und mit Sicherheit noch weniger durchdacht als Ihrer, nur kann man ihn sozusagen auch in Eigenregie und -verantwortung begehen): Abschaffung des Studiengangs Komposition an den Hochschulen, Rückkehr zum Privatunterricht, stattdessen Erlernung und Ausübung irgendeines möglichst musikfernen Brotberufs, Komposition für befreundete, persönlich bekannte Musiker unter direkter Beteiligung an den Aufführungserlösen (auf die man dann aber auch gar nicht angewiesen wäre). Im alleridealsten Idealfall auch Zusammenschluss mit anderen Komponisten zur Ausrichtung kleinerer „Festivals“. Eine gewisse Deprofessionalisierung oder auch eine Neue arte povera, wenn Sie so wollen. Erstens hätte das (wenn der Komponist auch mal selbst „in die Tasten“ greifen müßte) enorme (nach meinem Dafürhalten wünschenswerte) ästhetische Auswirkungen, zweitens wäre man in künstlerischer Hinsicht absolut frei von gewissen Karrierevorgaben. Und man hätte die Chance, sozusagen an der Graswurzel der Gesellschaft zu arbeiten (haben Sie mal ein hardcore-Neue-Musik-Konzert in einem 500-Seelen-Dorf am Arsch der Welt gemacht? Es lohnt sich …).
Goljadkin
Lieber Herr Goljadkin,
Sie missdeuten aber etwas mächtigst: ich habe die „Grundeinkommen“ Lösung auf keinem Fall kleiner gemacht. Ich bin weiterhin darüber ganz überzeugt, dass das eine ideale Lösung für (nicht Alle) aber für sehr Viele Probleme wäre. Als Komponist habe ich auch überhaupt nichts zu verlieren – ähnlich wie Sie. Anders als Sie, verstecke ich mich jedoch nicht hinter einen Pseudonym, als meine eigene „Doppelgänger“ . Also, das verstehe ich nun ehrlichgesagt überhaupt nicht, weil es ein Wiederspruch höchster Stufe ist: Sie haben als (Komponist) nichts zu verlieren – haben aber einen Namen, den Sie nicht offen nennen. Haben Sie denn Angst? Und wenn, Warum? Und von Wem?
Nun, was Sie schreiben, als sachbezogener Beitrag ist doch nichts anderes, als Rückkehr zum tiefsten Mittelalter mit einem tiefkapitalistischen Anfärbung. Das sind 10 Schritte nach hinten. Warum? Das ist in dieser Stelle völlig überflüssig zu erklären: man soll einfach Ihre Zeilen nochmal durchlesen. Sie versuchen eine „Stunde 0“ zu beschreiben, wo alles eine Rückkehr ins bestenfalls 19. Jahrhundert beschreibt. Also, sorry. Das, was sie da beschreiben, ist sicher alles andere, als innovative und nach Vorne zeigende „Lösung“.
Nachtrag:
und dazu noch, Sie schreiben ganz oben in eines Ihren geistreichen Kommentaren:
„Ich bin manchmal ernsthaft verwundert, wie erzkonservativ die Szene ist…“
Wie würden Sie sich denn benennen? Ultra-erz-erzkonservativ????
Ja, aber mit menschlichem Antlitz.
Ja, wie Sie schon zu erkennen die Güte hatten, ist daran meine verkorkste Kindheit schuld. Ich habe einfach Angst vor Eigennamen. Vor allem vor meinem eigenen.
Goljadkin (in Gemeinschaftsarbeit mit P. Koeszeghy)
Goljadkin Sie haben wirklich Esprit, das gefällt uns sehr. Ihre Idee der nuove musiche della arte povera sei höchst reizend, dennoch doch undurchführbar-die meisten Einwohner des Neue-Musik Parallel-Universums empfinden in sog. Förderungerechtigkeit kein strukturelles sondern eher ein personelles Problem. Zaun OK, nur falsche Seite.
Lieber Herr Goljadkin,
zum Abschluss – ich beende unseren Dialog, da der nur meine Zeit mittlerweile verschwendet:
der doofster Mensch sieht, wenn die geistigen Ergüsse Ihrerseits durchliest, dass Sie – wie ich schon schrieb und befürchtete – wahrscheinlich hier im Blog doch nur Befriedigung suchen, die sie wo Anders nicht bekommen. Sie haben erschein nach ein pathologisches Problem.
Jegliche Kommentar noch zu Ihren – sage ich jetzt nun doch so, wie am Anfang – Absonderungen ist völlig überflüssig. Sie haben sich schon sowieso lächerlich gemacht.
Also, in diesem Sinne – alles Gute Ihnen, und vielleicht besuchen Sie doch mal einem Arzt.
Lieber Herr Koeszeghy,
daß Sie unseren Wirrwarr an hin- und hergeworfenen Gedanken als „Dialog“ bezeichnen, finde ich ja sehr nett. Einen Termin beim Arzt, dem besten, den ich hier in der Gegend auftreiben konnte, habe ich bereits ausgemacht. Ich hoffe wirklich, er kann mir helfen.
Ansonsten mußte ich heute das hier lesen:
http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/0,1518,822399,00.html
Hört sich doch schön an. Ist ja alles gar nicht so schlimm, da kommt ein netter Herr vorbei, der sogar zwei (!) Vorstellungen besucht, und früher Metal-Konzerte ausgerichtet hat und macht halt ein paar Vorschläge, was denn besser laufen könnte. Ganz unverbindlich, freundschaftlich. Alle haben sich lieb. Da verstehe einer die Aufregung dieser „Kulturleute“ …
Goljadkin