Die Wahrheit über Napster und Co – ein Tatsachenbericht
Neulich bekam ich mal wieder Post von der GEMA, diesmal die „Verv. Rechte Ausland“, was so viel wie Musikverkäufe im Ausland bedeutet. Früher bedeutete das CD-Verkäufe und meistens schaute man dann auf ein paar traurige, maximal 2-stellige Zahlen. Da sieht man dann zum Beispiel, dass die letzte eigene WERGO-CD weltweit 11 mal über den Ladentisch ging, was natürlich kein Anlass zum Feiern ist. Oder doch, wenn man weiß, dass manche WERGO-CDs gar nicht verkauft werden, sondern nur geschenkt zu haben sind.
Diesmal bestand dieser GEMA-Brief aber zu meiner Überraschung aus gleich mehreren vollgedruckten Seiten. Und auf diesen Seiten tauchten Namen wie Napster, Listen.Com und Microsoft auf.
Holla, dachte ich mir, die jünsten Verträge der GEMA mit bestimmten Onlinemusikdiensten tragen endlich Wirkung. Voller Spannung ging ich also die Liste durch, denn hier ist tatsächlich zu sehen, wie oft bestimmte Stücke von mir über Onlinedienste wie Napster heruntergeladen wurden. Dabei hatte ein Stück die Nase vorn, nämlich „riff“ für 2 E-Gitarren von 2002, das ich damals für das hervorragende Gitarrenduo shraeng geschrieben hatte (Ralph Beerkircher und Frank Wingold). Dies überraschte mich, denn bei diesem Stück handelt es sich keineswegs um easy listening, sondern um ein relativ harsches Stück von knapp 25 Minuten Dauer das man nicht mal so schnell nebenbei hört. Früher hätte man so etwas auf einer LP alleine herausgegeben, und man hätte irgendwann in der Mitte die Platte umdrehen müssen. Erinnert ihr euch daran noch?
Als ich nun die tatsächlichen Downloadzahlen dieses Stückes anschaute, gingen mir die Augen über – das war etwas anderes als 11 Stück, die Downloads gingen in die Hunderte, ja Tausende. Das ist also die Zukunft, dachte ich mir: In den CD-Laden geht keiner mehr, die gibt es ja quasi auch nicht mehr, aber downloaden, das können sie, meine Fans. Und sogar ganz legal!
Ich machte mir aus Neugier die Mühe, alle Downloads dieses Stückes zusammenzuzählen. Am Ende kam ich auf eine erstaunliche Summe: 9857 mal! Nur für das 3. Quartal 2011 wohlgemerkt! Sensationell! Ich wähnte mich reich! Wenn all diese Menschen in ein Konzert von shraeng kämen, könnten sie die Münchener Philharmonie mindestens 3x bis auf den letzten Platz füllen.
Natürlich muss man hier klarstellen, dass man mit diesen Zahlen Lady Gaga keine Angst macht, aber für ein Stück zeitgenössischer Musik ist das wirklich nicht schlecht. Wäre das Stück in diesem Zeitraum als CD oder LP genauso oft verkauft worden, würde ich alle Klassikcharts anführen und könnte mir mehrere goldene Schallplatten an die Wand hängen. Aber leider werden Downloads nicht dem physischen Verkauf gleichgesetzt.
Liebe Leser, nun fragt ihr euch sicherlich, was der Bad Boy für diese unglaublichen Verkaufscoup von der GEMA bekommen hat. Damit ihr es selber nachrechnen könnt, habe ich euch die hochgeheimen Dokumente meiner GEMA-Abrechnung unten hochgeladen. Nehmt einen Taschenrechner und rechnet die ganzen Summen rechts zusammen, ja, die, die immer mit 0,0… anfangen, manche sogar unerklärlicherweise mit einem Minus davor (bekommt man von Napster etwas abgezogen, wenn nicht GENUG Downloads zusammenkommen? Sind die dann beleidigt?). Was kommt am Ende raus? Wie viel Geld bekam ich von der GEMA für die sensationellen 10.000 Downloads?
12,24,-EUR.
Ok, dafür bekomme ich in der Schweiz immerhin einen Cappuccino.
Schaut nicht auf Downloads herab – immerhin haben knapp 10.000 Menschen die Entscheidung getroffen, auf einen bezahlpflichtigen Link zu klicken, um sich ein 25-minütiges experimentelles Stück für 2-E-Gitarren und Effektgeräte herunterzuladen. Das ist jetzt nicht nichts. Machen wir aber mal ein Gedankenexperiment: Stellen wir uns einmal vor, ich müsste von diesen Downloads leben. Wie viel Downloads bräuchte ich in einem Quartal, um auf ein überlebenstaugliches Monatsgehalt von 2000,-EUR zu kommen? 4×2000 = 8000. 8000 durch 12,24 ist 653,6. 653,6 x 9857 Downloads ist….
6.266.013. Oder in Worten: Sechsmillionenzweihundertsechsundsechzigtausendunddreizehn.
Finnland hat ca. 5,4 Millionen Einwohner. Nehmen wir einmal an, die gesamte Bevölkerung Finnlands, Greise und Säuglinge eingeschlossen, würden sich spontan entscheiden, mein Stück „riff“ käuflich per Download zu erwerben, es würde mir immer noch nicht zum Überleben reichen. Ich müsste mindestens noch ganz Luxemburg, Monaco, Liechtenstein und Andorra von den Qualitäten meiner Musik überzeugen. Ach was, das würde auch nicht reichen. Selbst wenn die ganze Welt mein Stück runterladen würde, ein Erfolg, von dem Michael Jackson noch auf seinem Totenbett träumte, selbst wenn ich der König von Napster wäre, selbst wenn sogar Menschenaffen und intelligente Kakerlaken nichts anderes täten, als 3x täglich mein Stück gegen Geld herunterzuladen, ich käme immer noch auf relativ überschaubare Einkünfte.
Das, liebe Freunde, das ist die Wahrheit über Napster und co.
Moritz Eggert
Komponist
@ eggy,
ich will mich nicht gleich bei napster registrieren lassen; darum meine Frage: wieviel kostet denn der Download deines Songs dort? – und interessant wäre noch: da gibt es auch eine musik-flatrate für 7,50 – kann ich dann dein Werk Verhack-sampel-stückeln und es als eigene Nummer eintragen lassen?
Mal sehen, was die AKM mir demnächst zukommen lässt.
Apropos 12,24,- für einen Schweizer Cappuccino:
War unlängst in der Schweiz und wollte mehrfach meine E-mails per Mobil-Datenroaming herunterladen – leider brach die Verbindung immer wieder ab, obwohl ich direkte Sichtverbindung zum nächsten Handy-Masten hatte, so dass ich immer wieder Neuaufrufe starten musste – meine E-Mails habe ich kein einziges mal lesen können. Fast immer genauso war es bei meinem Versuch einen Wetterbericht abzufragen
Fazit: 1,10 Euro pro vergeblichen Aufruf – jedesmal wurden 3-5 kB-Datendownload auf einen 100-kB-Block hochgerechnet, ergibt einen Preis von 200-300 Euro pro Megabyte!
Bei Bedarf schicke ich dir den Einzelverbindungsnachweis – Eine Anzeige wegen gewerbsmäßigen Wuchers dieser Telekommunikationsfirma habe ich in Vorbereitung.
Grüße aus Wien
– wechselstrom –
LOL, 1,10€ das ist ja ein Schnäppchen! Ich habe einmal beim Umsteigen in Zürich Hbf ganz schnell auf Google maps geclickt, nur um zu checken, ob ein bestimmter Ort fußläufig erreichbar wäre. Dabei war ich schon extra vorsichtig, und es war eine Datenverbindung unter einer Minute, was der Einzelverbindungsnachweis bestätigte.
Dennoch wollte T-Mobile dafür 25€ haben, denn CH ist natürlich nicht EU.
Aber mein schriftlicher Protest und Verweis auf Wucher haben in der Tat eine Rückerstattung erwürgt!
Lieber Moritz,
ich komme auf 4.831.863 Downloads. Ein Quartal hat 3 und nicht 4 Monate, Du brauchst also nur 3×2000=6000 Euro.
Die Rechnung sieht dann so aus:
Für 12,24 EU brauchst Du 9857 Downloads
Für 1 Euro brauchst Du 9857:12,24 Downloads
Für 6000 Euro brauchst Du 9857:12,24×6000 Downloads
macht zusammen 4.831.862,75, aufgerundet 4.831.863 Downloads.
Auch das ist ja eine ganze Menge. Es lebe das Internet!
PS. Ein Depp (bzw. Mitglied der Piratenpartei), wer da noch von einer „Abzockerei der Gema“ spricht.
@ Harald Muenz
PhA! Das ist ja gar nichts.
die Österreichische T-Mobile ist da viel gefinkelter:
3 Anrufe, 1 seitenlanges Einschreiben, 5 e-Mails meinerseits, und jedes mal antwortet ein anderer „Sachbearbeiter“.
Natürlich gehen die geschickt den wunden Punkten und Argumenten aus dem Weg. Das ganze hin und her kann inzwischen die Grundlage für ein neues Hörspiel bilden.
Um es kurz zu machen: meine letzten Einwendungen gegenüber T-Mobile musste ich mit folgendem Schlusssatz garnieren:
„Falls diese Fragen zu kompliziert formuliert sind, um einer sachgerechten Bearbeitung zugeführt werden zu können, bitte ich im vorhinein um Entschuldigung.“
Mal sehen, was die antworten.
– wechselstrom – (über Kupferkabel)
@ all,
kleiner sidestep zum eigentlichen Thema: wie kommt der Komponist zu Geld.
Dass auch in der (wesentlich breiter diskutierten) Bildenden Kunst nicht alles rosig ist, muss hier nicht ausgeführt werden – trotzdem geht es denen, so glaube ich im Schnitt besser, als den zeitgenössischen Komponisten, die oft für einen warmen Händedruck arbeiten müssen.
Früh genug haben sich bildende Künstler hier zusammengetan, um dem drohenden Prekariat zu entgehen.
Natürlich funktioniert das auch nicht von alleine, sondern eine treibende Kraft, eine kommunikativ hervorragende Persönlichkeit muss dahinter stehen und aktiv werden, und wenn das, wie hier im Wiener Fall auch noch selbst ein Künstler ist, kann man nur von einem Glücksfall sprechen:
Lorenz Seidler hat jetzt ein neues Konzept für Verwertung moderner Kunst aufgelegt. Klar, nicht alles hat er selbst erfunden, ich finde aber seine Initiativen sehr anregend, vielleicht auch für ähnliche Bestrebungen unter Komponisten geeignet?-?-?
Wäre schön, aber, so wie ich meine Pappnasen kenne, ist das sehr schwer möglich – die Komponisten gönnen sich gegenseitig nicht einmal die Brotkrumen, die noch abfallen, und wehe, jemand streicht sich Butter auf seine Stulle (!) …
– wechselstrom –
p.s: der link:
http://metamart.at/
@ eggy: Danke des Postings Deiner Abrechnung! Am Ende hat die GEMA einfach schlecht verhandelt. Im Prinzip verursacht die Datenerhebung und deren Übermittlung bald mehr Kosten, als Du an Einnahmenbeteiligung bekommst. Sollte wirklich jemand jemals auf ein US-Monats-Grundeinkommen kommen wollen, so in etwa 1500 Dollar, die Zettelflut wäre exorbitant, so als würde jeder Keyboardklick eines Sachbearbeiters in seine Gehaltsabrechnung einfliessen. Ein vollkommen ungeeignetes Verfahren bei enorm geringem Ergebnis. Und das immerhin bei Bezahlservices! Wie wahnsinnig wird solch ein Abrechnungssystem erst bei Gratisservices wie youtube…
Dies schreit nach allseitiger Vereinfachung. Mit jetzigen Abrechnungsmitteln ist dem kaum noch beizukommen. V.a., wie soll man all diese Datenfluten wirklich kontrollieren? Ich fühle mich jetzt schon überfordert! Da mag man jetzt noch so ideologisch in absurdes Gut und Böse (Gema, yt, Napster, etc.) verfallen. Die Realität der Minieinnahmen, des Nachweiswahnsinns – wie soll das weitergehen? GEMA-Abrechnungen als kiloschweres Paket?!? Ich sehe die hier schon mehrfach erwähnten Augen der Geschäftsmodeller digitaler Art übergehen, wie sie Rechner losklicken lassen, nur um einen Lastwagen an Abrechnungen zu erhalten und auf das o.g. wie auch immer geartete Quartalseinkommen zu gelangen.
Also: Pauschalisierung ist angebracht, konkrete Abrechnung auf den Klick genau nur im Zweifelsfalle, um Kosten und Nutzen zu wahren. Und von wem bekommt man sein Geld? Am besten direkt, zumindest so direkt wie möglich, vom Endnutzer. Soll der nun aufwändige Gema-Anmeldeformulare über jeden seiner Klicke anfertigen? Blödsinn!! Es wird also zu drei Pools kommen:
– eine Flatrate für ihn als genereller Fahrschein zu kostenden wie kostenfreien urheberrechtsgebundenen Angeboten,
– direkte und immer noch geringe Kosten für kostenpflichtige Downloads direkt beim Anbieter, was jeder von uns auch selbst sein könnte,
– pauschale Einnahmen nach Gesamtklicks mit Kappungsobergrenzen (Geschäftsmodeller!) nach den Werbeeinnahmen kostenloser Anbieter und zwar dort auch in Gesamtheit! Nicht das das eine Angebot dort als werbefrei, das andere als wertvoll beworben dasteht.
Und genau für jene Umverteilung im sozialen Sinne kann die GEMA dann zuständig sein. Aber für reine, „wahre“ Zahlen, die Lastwägen pro Mitglied füllen könnten – dann müsste man sich was Neues einfallen lassen. Wenn die Wahrheit am Ende Wahnsinn heisst, nein Danke! Man denke nur z.B. an den daraus folgenden ökologisch schlechten Ruf…
Sage ich ganz grün und voller Sympathie für Endnutzer, Gemafreunde- und Gegner, Hardliner und Piraten!! Was soll das sinnlose Gezoffe…
Gruß,
Alexander Strauch
Nachtrag: So richtig super ist die Öko-Keule hier nicht zu schwingen. Geht es um reinen Konsum… Vielleicht verändert sich Profimusik immer mehr in eine Art Hobby! Schliesslich haben wir es vermehrt mit Menschen zu tun, die zwar fasziniert von Musik und Rechnern sind, sich aber freizeitlich v.a. damit befassen. Doch wehe, wenn sie mit ihrer eigenen, so eigen sie sein kann, Musik Erfolg haben. Plötzlich hackert und twitterst gegen einen, wenn man ausserhalb von Konzerten Geld für „seine Musik“ verlangt.
Ob man nun am ehesten Respekt bei Anonymous mit live gespielter Grasbüschelmusik einheimsen würde? Natürlich vollkommen kostenfrei auf yt angeboten, so dass man auf FB jede Einladung zu einem Waldevent mit „o super, wäre gerne dabei, wo es doch so nah ist, leider habe ich eine hinterradplatten und mein radlbauer ist im dschungelcamp“ oder „viel spass, habe leider waldallergie“ oder „danke, bin da grad an ’ner grossen sache dran, so musikfaschos und abzocker, boah“. Der älteste Absager wird nur sagen: „weisste nicht, dass diese büschel unter naturschutz stehen – pfui“!
Allerdings wird man nach all den „nativos“-Konzerten in München und Tirol eher sagen sehen:“waaaahnsinn – sind das nicht diese sich exorbitant, heimische pflanzen verdrängende südamerikanische killergräser!?“ Nett…
Sollte man jenseits all dieser Modelle hier ein wirklich neues Plattformmodell als absoluter Nerd in C++ kreieren können, ganz ohne Ableton und MaxMsp, gar pd, sollte man damit Erfolg haben, wird am Ende ein ödes Babelsbergfilmdokudrama darüber gemacht werden, alle Gemeinheiten, die man von sich gab, auf Leinwand zu sehen sein, die Gedissten als Helden samt Timberlake-Gastauftritt dastehen, man selbst sich wie ein Zuckerhut/-berg verbowlen wollen. Mein Gott, ist doch der ganze Gema-Anonymous-Yt-Öko-Apple-Konsum-Mist ein Jammertal!! Und nicht mal zurück zu den Anfängen geht noch…
Gruß,
A. Strauch – ganz heimisch, sich viele Fremdgräser menschlich wie pflanzlich wünschend – wo ist da der Unterschied in einer globalisierten Welt!?!?
Und was ist mit Flattr? Rohrkrepierer oder Next Big Thing? Immerhin, die „taz“ verdient schon einen Tausender im Monat damit, sagt Wikipedia… Ich probier’s grad mal aus :-)
Wenn sich jetzt noch irgendwer über die Verhandlungspraxis der GEMA aufregt, dann bitte die Musikautoren und Textdichter. Auch wenn man den Münchenern eigentlich keinen echten Vorwurf machen kann.
mal so gefragt: Ist es denn das Ziel seinen Lebensunterhalt nur aus Lizenzen zu finanzieren? Ausserdem ist das Augenwischerei, wenn du deine Rechnung hier anhand eines einzigen Songs aufmachst.
@Autor: sind das tatsächliche Kauf-Downloads (für nen Euro das Stück) oder sind das stream-Aufrufe bzw. im Abo inbegriffene Downloads?
Ich bin selbst bei Napster und kann sagen, dass ich meine momentanen Lieblingsstücke im Monat sicher 20 mal „klicke“.
So sehen die Künstler immerhin etwas Geld von mir – ist ja nicht so, dass ich neben Musik-CDs für Kauf-Downloads plötzlich noch zusätzliches Geld ausgeben könnte.
In diesem Fall relativieren sich Deine Zahlen nämlich ziemlich. Im anderen Fall ist es ganz mies verhandelt von der GEMA.
Da Napster eben vor allem als Flatrate funktioniert, haben eben nicht 10.000 Menschen auf einen bezahlpflichtigen Link geklickt. Als Napster-User kann man sich eben auch mal so durchklicken – das Monatsgeld ist ja schon geflossen und der Link als solcher eben nicht mehr „bezahlpflichtig“
Es ist auch sicher nicht überraschend, dass es genau diese Stück ist – wer nach diesem Titel sucht, hat mit großer Wahrscheinlichkeit etwas anderes gesucht und vermutet ggf. ein Cover. Vielleicht sogar Smoke on the Water :-) [erscheint auch in den Suchergebnissen] Also den 25minüter, der übrigens problemlos auf eine Schallplattenseite passen würde, werden die wenigsten in Gänze genossen haben …
@Steffen Peschel und @demmrink:
EHrlich gesgt habe ich das Gefühl, dass ihr ein bisschen am Thema vorbei argumentiert. Zunächst (@Peschel) ist es kein absurder Gedanke, als Komponist vom Komponieren leben zu wollen. Dann ist es auch im Grunde unerheblich, ob du die 4.6 Mio. Streamings mit einem Song oder einem ganzen Repertoire erreichen willst. Es ist trotzdem eine verdammt hohe Zahl an Klicks, die dabei rauskommt. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass STreaming-Abos den traditionellen Musikverkauf zunehmend kannibalisieren, kommt am Ende ein gepfeffertes Problem raus.
@demmrink
Es ist ebenfalls egal ob der Nutzer jetzt diesen Song gesucht hat oder etwas anderes. Das Abspielen des STreams ist eine Nutzung im Sinne des Tarifs und damit eben abrechnungspflichtig. Das eigentliche Problem ist die geringe Höhe der Vergütung pro Stream. Diese ist schlicht zu niedrig.
@Lukas
Da will ich gar nicht widersprechen, es mag scheinbar nicht den Kern treffen, aber wenn der Badman schreibt
ist das m.E. eine verzerrte Wahrnehmung, da das Nutzerverhalten bei Flatratediensten eben nicht gleichzusetzen ist mit den „tradierten“ Kaufmodellen. Zumindest glaube ich, dass das Reinhören im Plattenladen auch nicht vergütet wird – … und auch ich höre natürlich oft nur „rein“, was man eben nicht tun würde, wenn jeder Vorgang kostenpflichtig wäre. Daher ist der Gedanke, die Streams irgendwie mit Verkaufszahlen gleichzusetzen trügerisch …
Es ist nur eine Vermutung, aber ich denke, dass die Käufe bei Napster und co [man kann auch Titel kaufen, klar] auch anders/klarer vergütet werden.
Dass es von Seiten der Urheber ein Problem ist, mit diesen Modellen Geld zu verdienen ist mir schon klar. Und dass der Verwaltungsaufwand derzeit absurd ist, erschließt sich auch …
@demmrink
„Reinhören“ soll ja auch möglich sein. Ich wollte nur darauf hinaus, dass es im
Rahmen von Napster oder Spotify nicht möglich ist, „Reinhören“ von Hören zu unterscheiden. Wenn man bei den Tarifen eine Null hinterm Komma Streit hen würde, wären die Vergütungen sicher weniger unrealistisch, selbst wenn man dieses „Reinhören“ mit einpreist.
Dass digitale Nutzung bei der GEMA Trackgenau abgerechnet wird ist darüber hinaus eine wichtige und richtige Forderung. Zum einen ist das technisch nun wirklich kein Problem und zum anderen wird die Verteilung dadurch wesentlich gerechter. Besonders kleinere Künstler profitieren davon ungemein. Auch wenn böse Zungen das Gegenteil behaupten, aber die GEMA hat mittlerweile auch eine EDV ;)
Kann es sein, dass es hier nicht um Downloads, sondern um Streams geht? Napster Streaming bspw. So weit ich weiß, sind Listen.com und imeem (gehört mittlerweile zu MySpace) keine Dienste, bei denen Downloads angeboten werden.
Gruß, ryan
@Ryan
Ja es geht um Streams…
@ demmrink, markus, steffen petzel: Danke für die aufklärenden Worte. Ein normaler Komponist, der v.a. für Live-Aufführungen seiner Stücke schreibt, besonders wie E-Heinis, kann niemals alleine von seinen GEMA-Einnahmen leben. Fakt ist allerdings, dass bei all den „mal so für ’nen Freund“ geschriebenen Stücken die GEMA-Einnahme die einzige Bezahlung darstellt. Also vollkommener Irrwitz: GEMA ist max. ein sehr hohes Zubrot, i.d. Regel langt es für einen Mallorca-Nebensaison-Wochentrip. Und der Superlizenzenverdiener garniert damit sein Butterbrot mit Kaviar. Soviel, wenn man Musik als klassische Kunst auffasst, also für Live-Acts gedacht.
Produzierte ich für Funk, TV und Film, gar Werbung, könnte die GEMA eine gewichtigere Rolle spielen. Natürlich fliessen da auch direkte Honorare, das Haus am Starnberger See oder auch nur das Reihenhaus in Minden läßt sich erst mit den kontinuierlichen GEMA-Einnahmen abstottern.
Als E-Heini würde es mich auch exorbitant freuen, wenn sich meine Klickzahlen durch Fehlläufer erhöhten, die „nur so mal reinhören“. Aber da hat demmrink den Finger auf die Wunde gelegt: Beim CD-Kauf schnuppert man auch mal kurz rein, kostet ja auch gerne man 30-50 Euro, gerade E-Musik aller Art. Das mag dann hintenrum Werbung sein, wenn ich die CD erstmal nicht kaufe, später aber im Netz mehr Musik von jenem Künstler anhöre, gar kaufe. Dennoch wird keiner auf die Idee kommen, dieses Probehören sich vergüten zu lassen. Darauf zielt aber die gesamte Onlinemusikverrechnungsdebatte hin, nämlich das jeder Klick vergütet wird. Oder eine Unterscheidung zwischen werbefinanzierter und angeblicher kostenfreier Plattform getroffen wird. Ob das Stück aber dann einmal wirklich gehört wird, das spielt bei alldem keine Rolle. Mich als Schöpfer würde es momentan auch nicht tangieren, solange meine Musik nicht richtig im Netz verkauft oder getauscht wird. Wie ich schon einmal sagte, interessiert mich als Nutzer z.B. youtube zum Hineinstellen eigener Sachen, im Sinne von Aufmerksammachen. Mehr ist derzeit nicht. Wenn nun allerdings wirklich reihenweise Menschen das Zeug anhörten, dann würde ich mich über eine echte Lizenzeinnahme für echtes Anhören freuen. Jetzt aber spielt es weder für mich für den Rest eine Rolle, ob wirklich gehört wird und danach abzurechnen wäre. So gibt es nur Konstrukte nach Klicks oder Art der Bereitstellung.
Auf alle Fälle Danke für die Napster-Beschreibung…
Tja, und so stellt sich die Frage einer generellen Onlineflatrate für Urheber, die dann generell fällig würde, egal ob man dann im Netz weiters direkt Stücke kaufen ginge. Und das ist wohl mitunter das Hauptproblem der Kulturflatrate, dass sie das Tauschen und kostenlose Hören abdeckt, aber pauschal auch für iTunes, Napster und Co fällig würde. Aber was spräche wirklich gegen so eine Flat, als die allgemeine Unlust, Dinge im Netz ähnlich teuer zu bezahlen wie im Falle von CDs. Das Datenformat mp3 oder ogg, etc. kann da ja nicht das Hauptargument sein. Das Internet macht uns einfach sehr, sehr bequem. Ehrlich gesagt, beim CD-Kauf höre ich live länger beim Austestanhören hin als im Netz. Wobei dies oft hier auch öde vorgegeben ist, irgendein Einminüter mittement aus dem Stück. Allerdings wäre es auch unehrlich nicht zu gestehen, dass ich meine letzte CD vor über einem Jahr kaufte und seitdem über 100 Stücke im Netz erwarb…
Gruß,
A. Strauch
@querstand
Du bringst das ganz gut auf den Punkt.
Und mir ist auch klar, dass ich hier momentan die Konsumentenseite vertrete – was gar nicht bedeutet, dass ich einer „Kostenloskultur“ den Mund rede. Auch wenn das Problem der Umverteilung besteht – für digitale Inhalte halte ich die Kulturflarate die einzige sinnvolle Lösung. Für mich ist Napster (nutze es als Flatrate sicher schon 4 oder 5 Jahre) eben eine unglaublich Bereicherung, um Musik zu entdecken, gerade als Hörer jenseits des Mainstreams. Auch zu Zeiten, wo Napster als Tauschbörse im rechtsgrauen Raum operierte, war das Tolle daran der Umstand, dass man Dinge gefunden hat, die es eben nicht im Plattenladen nebenan gab – weniger, dass es umsonst war.
Die Statistiker mögen es gerne ausrechnen, was eine Kulturflatrate aller volljährigen Erwachsenen in Deutschland in Höhe von 10 Euro an Einnahmen ergäbe, die zur Umverteilung zur Verfügung stünden (haben sicher schon einige gemacht) – Mir ist schon klar, dass die Umverteilung eines der größten Probleme ist.
Zudem kann ich aus Nutzersicht durchaus nachvollziehen, dass die bisherigen Strategien der Musikindustrie beim Verkauf digitaler Inhalte nicht oder nur bedingt akzeptiert wurden. Ein Album zum Download zu einem ähnlichen Preis wie der Tonträger mit wesentlich größeren Restriktionen im Umgang mit den gekauften Inhalten (wenn man nicht Rechtsbruch begehen will)– davon wird ja seit einiger Zeit zum Glück schon wieder Abstand genommen, sprich DRM ist nicht mehr angesagt.
Die traditionellen Medien (CD, Schallplatte) legten durch ihre konkrete Form eine bestimmte wirtschaftliche Verwertung nahe. Die Vertriebswege über das Netz eben nicht mehr. Und es müssen nun mal Modelle gefunden werden, die dem Medium entsprechen. Oder anders, polemisch ausgedrückt – waren die Medien Platte, Tape und Co. vielleicht eine zeitgebundene Goldgrube, die mitnichten „naturgegeben“ ist? Klar will man aus Sicht der Musikindustrie und auch der Urheber nicht „zurück“ – aber welcher Zustand ist denn der Normalfall?
Irgendwie werde ich den Eindruck nicht los, dass hier Äpfel nicht nur mit Birnen, sondern sogar mit einem ganzen Gemischtwarenladen verglichen werden. Bei Microsoft bin ich mir jetzt nicht ganz sicher, aber bei Imeem, Napster und Listen.com handelt es sich doch um Streams, oder? Und dafür finde ich die Vergütung ehrlich gesagt ganz ordentlich. Der Autor schreibt ja selbst, dass es sich hierbei um einen anderweitig völlig unverkäuflichen Backkatalog-Track handelt. Und dafür dann zumindest 12 Euro pro Quartal kriegen? Für einen einzelnen, ansonsten völlig unverkäuflichen Song, der sonst garantiert nicht neu aufgelegt werden könnte und entweder gar nicht oder nur über Tauschbörsen zugänglich wäre – vollkommen ohne Promo? Top Sache würde ich sagen.
@demmrink, @Peschel, @Landes,
der Normalfall wäre, um es etwas deutsch-rockiger auszudrücken: für ehrliche Arbeit ehrliches Geld zu bekommen. Ein legitimer Wunsch, wie ich glaube.
Ob das Komponieren von der Allgemeinheit als „ehrliche Arbeit“ betrachtet wird, kann bezweifelt werden, wenn man im BadBlog liest:
oder:
Aber das ist natürlich die Welt von SonyGlobal und Co. und nicht die der Selbstvermarkter und Ich-AGs.
Es ist schon fast berauschend zu beobachten, wie Leute ihren Verstand völlig auf Unternehmenslinie trimmen, sobald sie dort auch nur einen Minijob haben. Und das völlig freiwillig, mit innerer Überzeugung und Liebe zum Detail.
– wechselstrom –
@wechselstrom
Ich habe nun keine Ahnung, was du bei meiner Frage liest, aber nur, um jetzt nicht falsch zitiert zu werden, möchte ich noch mal hervorheben, dass ich sehr wohl immer für die Wertschätzung unserer Arbeit kämpfe. Aus künstlerischer Sicht ist mir eine monetäre Wertschätzung aber zu auch zu wenig. Da fehlt mir eindeutig der Dialog, der Prozess, die Reibung. Ich sehe vor allem darin und damit die zukünftigen Wertschätzungsmodelle, auch monetär. Wobei ich natürlich auch zugeben muss, noch nicht den Masterplan bieten zu können, das auch alles und jeden berücksichtigt. Gerade für einen Komponisten ist es schwierig Dialog und Prozess mit einzubringen.
@wechselstrom
Kann ja sein, dass ich das missverstanden habe – aber ich denke nicht, dass ich meine Gedanken auf Unternehmenslinie trimme.
Und ja – für ehrlich Arbeit ehrliches Geld. Aber es ist eben die Frage, ob durch Dienste wie Napster und Co. der Urheber um den Lohn seiner Arbeit gebracht wird. – Das ist jetzt gar nicht als rein rhetorische Frage zu verstehen. Vielleicht ist es ja so. …
@ Steffen Peschel,
es ist die versteckte Unterstellung, die hinter Ihrer als Frage formulierten Aussage steht – das Unzulässige ist, dass hinter die Frage auch noch Werte gestellt werden.
Ihre Werte sind „mehr Diskursivität, mehr Prozess, mehr Reibung“ – wer will das schon verhindern wollen – und sie stellen diese anerkannten Kunst-Werte in einen Gegensatz zum Geldverdienen, so als würde der Wunsch nach Bezahlung etwas weniger Werthaftes in sich tragen und würde den nötigen Diskurs, Prozess und Reibung zur Seite schieben oder verhindern.
Das kann so aber nicht stehen bleiben – das ist schlichtweg falsch.
„Ist es denn das Ziel seinen Lebensunterhalt nur aus Lizenzen zu finanzieren?“
das war Ihre Frage, die im Raum stand – und darauf gibt es für einen Komponisten, dessen Kapital aus geistigem Eigentum besteht nur eine Antwort und die lautet: JA!
Vom diskursiv untermauertem Schultgeklopfe kann sich niemand etwas abbeißen. Es dient aber natürlich dazu, die Lizenzerträge zu verbessern – und so soll es auch sein.
– wechselstrom –
@ Steffen Peschel
Na, dem ist mit Sicherheit Abhilfe zu schaffen, indem du einfach umsonst arbeitest. Demnächst suchen wir Sterne-Restaurants auf und fordern dort Gratis-Essen, weil dem Sterne-Koch doch sicherlich eine bloß „monetäre Wertschätzung“ seiner Arbeit zu wenig ist.
Der Begriff der „monetären Wertschätzung“ ist hier das Problem. Er suggeriert, es handle sich dabei um eine freiwillig zu erbringende Leistung, nach dem Motto: Wenn’s gefällt, dann bitte am Ausgang was in den Klingelbeutel. Es handelt sich aber bei den 12,24 € für knapp 7000 Downloads nicht um ein Trinkgeld, sondern um die Entlohnung von geleisteter Arbeit. Selbst wenn es sich, wie von wechselstrom angemerkt, um unehrliche Arbeit handelt (Gaukler und so …), dann ist es trotzdem Arbeit, und Arbeit muß bezahlt werden. Und zwar anständig.
Den Rest deines Beitrages habe ich wegen akuter Worthülsenüberschwemmung nicht verstanden.
@wechselstrom:
Nee, 12 Euro pro Quartal sind eher nicht die Welt von SonyGlobal und Co ;)
Allerdings halte ich 12 Euro pro Quartal für einen einzigen Backkatalog-Track für besser als 0 Euro und keine Chance diesen Track auf legale Weise unter die Leute zu bringen. Wie geschrieben, hier handelt es sich ja auch um Streams. Da kann jemand einfach nur mal aud Interesse in den Song reingehört haben. Oder shared ihn über FB und Co und noch ein paar hundert Leute hören mal rein. Oder jemand gefällt der Song tatsächlich so gut, dass sie/er ihn über Jahre immer wieder hört. Und jedes mal gibt’s einen Minibetrag. Halte ich gegenüber den Möglichkeiten
a) den Track gar nicht erst irgendjemandem zugänglich machen zu können und
b) nur über Rapidshare, p2p, etc und gar kein Geld zu bekommen
erstmal für eine positive Entwicklung.
Zudem hindert es niemanden daran, sich bei Gefallen auch noch das ganze Album zu besorgen, insofern dieses verfügbar ist.
Leider begreifen weder SonyGlobal und Co, noch die Selbstvermarkter und Ich-AGs dies als Chance.
Jedenfalls drängt sich mir der Eindruck auf, wenn ich Artikel wie diesen lese, dass dieses Früher, von dem immer alle sprechen, mit jedem Tag noch ein besser wird.. ;) Vielleicht bin ich einfach noch ein bisschen zu jung, und hab diese gute alte Zeit in der anscheinend jeder kleine Indie-Musiker von seiner Musik total easy leben konnte, nie erlebt. Aber ich finde es schade, jede neue Entwicklung immer sofot im Keim ersticken zu wollen, weil’s früher ja mal anders war.
Im Übrigen möchte ich klar stellen, dass ich hier in keinster Weise Postitionen von Sony oder sonst irgend einem Unternehmen oder Interessengruppe vertrete, sondern nur für mich selbst spreche – als passionierter Musiker, der sich Haupt-freiberuflich so durchschlagen muss, weil’s zu mehr nicht reicht.
Mir liegt zudem fern, die harte, ehrliche Arbeit anderer Leute abwerten zu wollen – aber in dem Artikel steht eben, dass es sich bei dem beschriebenen Stück um 10 Jahre altes Backkatalogmaterial handelt und „keineswegs um easy listening, sondern um ein relativ harsches Stück von knapp 25 Minuten Dauer das man nicht mal so schnell nebenbei hört“. Wie geschrieben, unter diesen Umständen, sowie unter der Annahme, dass dafür auch seit 10 Jahren keine Promo mehr gemacht wurde, halte ich 12 Euro im Quartal für dieses eine Stück eben für ganz ordentlich – find ich toll, dass sowas mittlerweile möglich ist, vor allem wenn man bedenkt, dass diese Streaming-Dienste noch ganz am Anfang stehen.
@wechselstrom @Goljadkin
Ich wollte die „anerkannten Kunst-Werte“ nicht in einen Gegensatz zum Geldverdienen stellen. Viel mehr halte ich es für wichtig, herauszustellen, was den Künstler von der Maschine unterscheidet. Die reine Existenz eines Werkes bestimmt nicht (mehr). Erst der Bezug zum Mensch, zum Prozess, zum Dialog, erst wenn Reibung ensteht, hat das eine Chance. Lizenzen aber geben nichts von dem wieder, was Werke voneinander unterscheidet.
Du willst, dass der Sternekoch dich einlädt? Ich wette der macht das. Weil er dich kennen gelernt hat, dich und deine Werke. Weil er den Dialog schätzt, mit dir und den du über deine Kunst führst, und weil er sich ernst genommen fühlt er merkt, dass du eine eigene Meinung vertrittst aber auch offen ehrlich andere Ideen und Meinungen wertschätzt. Und du wirst das gleiche erleben bei vielen anderen, weil sie dich aber nicht alle bekochen können, werden sie dir Geld geben, quasi als universellen Tauschmittel.
Ich finde es hilft uns allen nicht, wenn wir uns belöffeln. Interessanter finde ich allemal sich offen und ehrlich zu begegnen und Dinge zu hinterfragen, wenn ich sie noch nicht verstanden habe.
@ Landes
Nun ja, Begriffe wie „Backkatalog“, „Track“ oder „Promo“ sind nun einmal die Sprachregelung von Sony et al. Und wenn man sich dieser Begriffe bedient, übernimmt man (sei’s auch unbewußt) die Denkweise, oder, um es mal mit einem altmodischen Begriff zu sagen: das Weltbild, das dahintersteht. Und das sieht so aus, daß nur Aktuelles (ach Gott, ein zehn Jahre altes Stück), das auch entsprechend „promoted“ wird, eine entsprechende Entlohung verdient. Alles andere ist Ramsch, von dem man froh sein muß, wenn ihn sich überhaupt noch jemand anhören will. Das ist ganz klar Kurzstrecken-Popindustrie-Denke.
@ Peschel
Daß GEMA-Gebühren nicht den „wahren“ Wert eines Kunstwerks wiedergeben, kann doch im Umkehrschluß nicht heißen, daß man deswegen auch mit lächerlich geringen Gebühren zufrieden ist. Weil man im Herzen weiß, daß das eigene Stück totaal künstlerisch wertvoll ist, soll man auf den gerechten Lohn verzichten?
Das wiederum ist Konsenskultursprech. Das hilft nun wirklich keinem, außer denen, die ihre Positionen mit aller Macht durchdrücken und dabei über Leichen gehen.
@Goljadkin:
Das ist Quatsch.
Natürlich verdient nicht nur Aktuelles Entlohnung, aber es ist wesentlich wahrscheinlicher, dass ein 3 1/2 Minuten Song, der aktuell im Radio läuft, dann auch gehört wird, als ein 10 Jahre altes 25 Minuten Stück. Damit treffe ich aber nicht ansatzweise eine Aussage über den „Wert“ des Werkes, das würde ich mir auch niemals anmaßen.
Und natürlich sollen Musiker fair für ihre Arbeit entlohnt werden, das bestreitet doch auch niemand. Ich halte es aber für einen Fehler bei einer Rechnung wie der oben angestellten keinen Unterschied zu machen zwischen Streamingangeboten und A la Carte Downloads. Das ist Tatsachenverdrehung. Und für einen noch viel größeren Fehler halte ich es, diese Streams dann hochzurechnen und zu behaupten, dass man unter einer gewissen Grenze von zig Milliarden jetzt als Musiker nicht mehr leben könnte. Denn erstens sind Streams jetzt nicht das einzige Einkommen, das ich als Musiker habe, sondern ein zusätzliches und zweitens funktionieren Streams anders als der Kauf einer CD oder eines Downloads – es wird zum Beispiel auch an jedem Stream mitverdient, wenn nur jemand mal eben kurz reinhört (wie früher mal im Plattenladen), oder es seinen Freunden zeigt (wie früher mal beim Tauschen von Tapes etc). Darin sehe ich in erster Linie einen Fortschritt und eine große Chance – und zwar weniger für Firmen wie Sony, die aufgrund ihrer Struktur tatsächlich nur von Kurzstrecke zu Kurzstrecke denken, sondern vielmehr für Indies mit einem gut sortierten Backkatalog. Qualität wird sich hier langfristig durchsetzen, eben gerade vor kurzlebigem Popkram, wie das Beispiel hier ja bestens beweist – und ich kann beim besten Willen nicht verstehen, wie man darin nicht auch eine Chance sehen kann oder will, sondern sich anscheinend lieber eine Zeit zurück wünscht, wo man von einer CD vielleicht mal 11 Stück auf dem internatonalen Markt verkaufen konnte, wenn man sie nicht gleich verschenken musste (auch das meine ich nicht wertend, das steht genau so einleitend im Text).
Daneben habe ich mich bemüht statt Anglizismen wie Track lieber Werk oder Stück zu verwenden, um mich viellicht etwas verständlicher auszudrücken – ich hoffe, ihr wisst das zu würdigen. Für Backkatalog fällt mir leider partout kein anderer Begriff ein, das muss dann aber wohl an der massiven Gehirnwäsche liegen, die mir mein Hauptauftraggeber im letzten Jahr nach über 10 Jahren ausschließlich Indieszene verpasst hat.. ;)
@ all: Wie hier jemand spricht, sei der Person unbenommen. Mag sich dahinter auch der Sony-Minijobber verbergen. Ich finde es erstmal grds. in Ordnung, wenn sich andere hier als üblich in die Kommentarspalten wagen. Letztlich zählt der Inhalt. Ich erinnere nur mal wieder an mein Auftauchen, als wechselstrom hier das Wahlbüro der Grünen in mir vermutete. Gut, ein wenig angegrünt mag meine Einstellung zu gewissen Themen sein. Aber diese oder jene Grundhaltung ist erstmal an sich nicht verwerflich, so sie nicht gegen die AGBs oder das GG verstösst.
Natürlich sprechen hier im Blog bzw. lesen auch mal Leute, die plötzlich Politik für ihr Festival, ihren promoteten Künstler betreiben, gegen die Fahne hoch haltende Anhänger Neuer Musik in Provinznestern und Bundeshauptstädten Wind machen. Die entlarven sich aber immer ziemlich schnell durch ihren Eintagsfliegenbeitrag oder sich recht schnell einstellenden Exzesse, die dann den Admin einschreiten lassen…
Um beim Thema zu bleiben: nach Popmusikmarketingmassstäben mag Eggerts Riff ein Altfall sein, den man schnellstmöglich verramschen sollte. Nach Massstäben der Neuen Musik im weitesten Sinne ist das Stück gar nicht so erfolglos. Immerhin spielt das Duo shraeng treu jenes Stück seit seiner Gründung. Ein netter Liveerfolg!
Und immerhin gibt es dieses Stück in verschiedener Form im Internet zu kaufen. Um sich nochmals ein Bild der drastischen Verzerrungen zu machen, hier ein paar Hinweise:
a) würde man das Stück z.B. auf einer durch den Deutschen Musikrat geförderten Wergo-CD, ein honoriges Neue Musik Label, kaufen, wäre ein Preis von knapp 19 Euro zu entrichten. Mit 25 min. Dauer würde das Stück ggf. die Hälfte der Gesamtspieldauer ausmachen. Sicher ist an der folgenden Dividiererei was falsch, egal: so betrachtet würde das Stück dem Käufer ca. 10 Euro kosten. Würde man nun die restl. Dauer auf ein Orchesterstück umlegen, ist diese Rechnung tatsächlich bizarr, da das Orchester wirklich teurer als ein E-Gitarren-Duo wäre. Auch egal! Immerhin ist der Mehrteil einer solchen CD immer drittfinanziert: das Orchester wäre ein öffentlich-rechtliches, die Bänder kämen von der ARD, Siemens hätte z.B. mitgestiftet, etcpp. So kann man Duo gegen Orchester durchaus gleichsetzen. Zurück: also, 10 Euro für einen Einkauf im CD-Laden. Im extremsten Fall werden 49 Hörer jene geöffnete CD probegehört haben, bis der 50. Hörer sie wirklich kauft. So könnte man sagen: das Probehören brachte 0,20 Euro mal 49 Hörer, also 9,80 Euro nur durch das Probehören. Um wieviel Stream-Probehörer braucht es Online mehr, um jenen Betrag zu erhalten, Kompletthörer falsch miteingerechnet!! In die Realität zurückübertragen hiesse dies: der letztendliche Käufer habe nur 0,20 Euro zu zahlen. Praktisch waren es doch 10 Euro, ja um 9 Euro sogar mehr…
b) Geht man nun auf iTunes erwirbt man für diese knapp 9 Euro einen ganzen Strauss Eggert (keinen Richard, nur einen Blumen-…). Mit ca. 1/3 Spieldauer wären immer noch 3 Euro fällig, aber Riff gibt’s nur mit dem Album zusammen!! Probehören gratis, ähnlicher Schmarrn wie oben.
Bei a+b) nicht zu vergessen: der Urheber bekommt natürlich nur einen relativ kleinen Anteil am Verkauf, allerdings auch ein wenig GEMA-Tantieme pro CD. Ist und bleibt es eine Neue-Musik-CD. D.h., zum Selbskostenpreis wird der Autor dem CD-Produzenten auch einige Exemplare abgekauft haben, die er meist zu PR-Zwecken verschenkt. Die Einnahme also insgesamt gering, aber innerhalb eines Quartals jedenfalls mehr als 12 Euro auf diesem Wege bei bescheidenen, realen Verkäufen von vllt. 50 CD’s, Alben auf iTunes. Ggf. kann man mich hier auch korrigieren, aber so ähnlich könnte es sein. Weiter!
c) Geht man nun zu amazon, gibt es das Stück einzeln für aufgerundet ca. 0,90 Euro zu kaufen, als Download. Also ca. 1/10 vom Kaufpreis der Laden-CD, ca. 1/3 vom iTunes-Albumteimpreis. Wobei sich iTunes und amazon als AAC/mp3 nicht so gewaltig in der Qualität unterscheiden dürften.
Gehen wir von der CD aus, wo das Stück knapp die Hälfte der Spielzeit ausmacht, dürfte die Datengrösse bei 200-300 MB liegen. Bei den Downloads wird die Datengrösse wohl so zwischen 25-50 MB schwanken, also um 1/10 schlechtere Qualität als bei einer CD. Das könnte die Preisunterschiede auch noch rechtfertigen.
Geht man nun davon aus, dass dem Hörer allerdings diese Datenmengen gemeinhin vollkommen Wurscht sind, der CD-Käufer sehr wohl das Stück auf seinen Rechner komprimiert kopieren wird, auf sein tragbares Abspielgerät, kann man diese Datendiskussion getrost ad acta legen. Der wahre Audiophile wird jetzt aufschreien, eine Mehrzahl dieser dürfte vllt. sogar eine kostenfreie PR-CD mit Autogramm des Autoren besitzen oder interessiert diese Tantiemen-Diskussion im Bezug auf den eigenen dickeren Geldbeutel weniger. Ich rede von den Damen und Herren der Neue-Musik-Upperclass. Einen wunderbaren Freak, der auch wirklich audiophil ist, zieht es genauso die Schuhe aus. Aber dieses Datenfrage, in die Tonne damit!
d) Und nun zu des Autoren Abdruck der GEMA-Rechnung: die grösste Merkwürdigkeit für mich sind die Abweichungen auf der letzten Seite, wenn Menge 397 0,68 Euro bringt, Menge 694 aber nur 0,39 Euro?!? Ein weiterer Ausdruck des GEMA-Absurdistans. Wie auch immer: 60% der Ausschüttung bekommt der Autor direkt, an iTunes- und CD-Verkauf dürfte er niemals so direkt gut beteiligt sein. Dennoch genügen beim echten Verkauf wesentlich geringere Mengen, um auf seine bescheidene Gage zu kommen. Bei den Streamlizenzen ist so oder so eine Riesenmenge erforderlich, um auf eine ähnliche Summe zu kommen. Und irgendwie hat der Flatratenutzer doch das Stück genauso in der Tasche wie der direkte Käufer.
Fazit: der Käufer ist der Dumme, der Napster-Flatratenutzer immerhin der Ehrliche, der Tauschbörsennutzer der Kluge, da er nur die Gebühr für seine Internetflatrate entrichten musste, die die anderen modernen Zeitgenossen genauso aufwenden.
Ja, der Autor bekommt bei den konservativen Wegen wie iTunes und CD immer noch zusätzlich ein GEMA-Quentchen. Die Produktion von Werk wie Aufnahme und deren Vertrieb ist damit im Neuen Musik Bereich noch nicht gedeckt, benötigt man die üblichen Subventionen.
Wirklich korrekt wäre es, wenn das Produkt im Direktverkauf vertrieben würde, der Urheber z.B. 20% von diesen Einnahmen bekäme und für alle Onlinegeschäfte eine Flatrate fällig würde, die dann umverteilt würde. Aktuell läuft aber zuviel Bizarres nebeneinander. Und für einen Neuen-Musik-Komponisten ist die GEMA doch immer wichtig, gerade weil seine direkte Arbeit meist mies bezahlt wird, er sich als Minijobber bei Sony verdingen muss. Nicht das seine Tätigkeit wertvoller als die eines U-Musikers wäre, einer Putzfrau. Aber auf deren Lohnniveau muss er erstmal kommen. Mag man seine Unverkäuflichkeit kritisieren, so kann man aber gleich jeden Arbeitnehmer mit mässiger Performance nach Hartz-IV entsorgen. Und so geschieht es mit der allgemeinen Wertschätzung von musikalischen Künstlertum allgemein. Letztlich kann dieses Neue Musik Lied auch jeder Indie-Freund anstimmen und so sind wir auch wieder bei Steffen Peschel angelangt. Oder allgemeiner: kann man das Internet ggf. heute auch noch umgehen oder es wirklich nur als Werbeplattform nutze, auf das richtiges Geld für richtige Aufführungen fliesst…
Gruß,
Alexander Strauch
@ Christoph Landes
Natürlich, ganz klar – es geht ja auch niemand, der der den Sound eines eggy-Ferraris hören möchte zu den SonyGlobal-Traktorenwerken, wenn diese auch anerkanntermaßen die weltweit besten Landwirtschafts-Maschinen erzeugen.
Etwas merkwürdig finde ich die, mit dem Begriff „Neue Medien“ verbundene blind-positive Geschichtsdeutung.
Die neuen Möglichkeiten des Computers und vor allem des Internets wurden doch zuallererst genutzt Napster&Co.
zu einem Raubzug zu verhelfen.
Napster hat zunächst nichts daran verdient, aber, so viel ich weiß, wurde sein Treiben nicht durch Justitia beendet, sondern durch „Ablöse“ seitens der Medienkonzerne (war damals nicht Bertelsmann federführend mit dabei?)
YouTube ist ja ein fast noch besseres Beispiel – Blöd, wie wir alle sind, haben wir teilweise selbst eigene Musik aufgeladen, also Content geschaffen, und wer hat dann die 1,5 Milliarden Dollar beim Verkauf von YouTube an Google in die Hand genommen? … ? Komponisten haben alle durch die Finger geschaut.
Die Frage ist dann: Sind die 11 Stück CDs, die Sie erwähnen, und die man heute maximal als Indie absetzen kann, eine Folge der Napster-SonyGlobal-YoutubeBertelsmann-Politik? Das würde bedeuten, dass die 12 Euro von Napster der Ersatz für die vormals gemachten höheren CD-Verkäufe wären, eben zu der Zeit, als sich das Risiko der CD-Produktion noch lohnte.
Oder ist es so, wie Sie es darstellen: Das Internet beschert uns gloriose Zusatzmöglichkeiten, und die 12 Euro sind ein zwar geringes, aber dennoch ohne Zusatzaufwand erwirtschaftetes Zubrot, zu den schon vorhandenen und weiter bestehenden millionenfachen CD-Verkäufen, das man nicht verschmähen sollte.
Fragen wir den SonyGlobal-Boss; ich bin ehrlich davon überzeugt, dass dieser die Wahheit kennt und auch sagt.
– wechselstrom –
Nachtrag:
Ach, wie haben wir uns alle gefreut, damals als der Napster-Gründer es schaffte, die Konzern-Bosse der größten Medienkonzerne an den Verhandlungstisch zu zwingen. (he-heeee)
Schlussfolgerung (leicht übertrieben und zugespitzt): Wenn es der neuen Technologie, den „Neuen Medien“ gelingt, selbst die Mächtigsten in die Knie zu zwingen, dann sind alle anderen nur noch kleine Würmchen, die beiläufig zertreten werden.
Haben wir durch die neuen Technologien mehr Freiheiten als früher?. Die Mächtigen können es sich immer irgendwie einrichten. Napster und SonyGlobal arbeiten wunderbar zusammen, und sind bald in einer unangreifbaren Top-win-win-Situation. Christoph Landes und andere müssen sich fügen/einfügen/vielleicht sogar zurecht biegen; MEHR als früher. Sie werden Content schaffen, den sie kostenlos aufladen in der Hoffnung auf die 12 Euro, und Napster wird dann zusammen mit SonyGlobal entscheiden, wo, wie, was gereiht wird.
– wechselstrom –
Bevor wir uns jetzt alle in Diskussionen um die 12 Euro, die hier als „die Wahrheit über Napster und Co“ zur Debatte stehen, verlieren, würde ich vorschlagen, fragen wir doch mal weitere Künstler, wie ihre Erfahrungen und vor allem ihre Abrechnungen aussehen.
In unserer Situation sollten wir vor allem die Frage stellen, wie das in anderen Ländern aussieht. Wir diskutieren hier nämlich nicht nur in einem Zustand, in dem a) der Vertriebskanal YouTube wegen fehlender Einigung über die Höhe der Lizenzen nicht zur Verfügung steht und b) in anderen Ländern eine ganz andere Masse an Nutzern dahintersteht.
Ob „Neue Medien“ uns nun gefallen oder nicht, Fakt ist: Wir haben dem hier in unserem Land nicht viel entgegen zu stellen. Bis auf soundcloud kommen alle wesentlichen und erfolgreichen Plattformen nicht aus dem Land der Dichter und Denker. Darin steckt in Endeffekt eine sehr große ökonomische Gefahr, weil die Gewinne auch nicht wieder in unsere Wirtschaftsgefüge und damit auch nicht wieder über Umwege an die hier lebenden Künstler zurückfließen. Ich meine damit nicht, dass wir uns abschotten sollten, sondern dass wir uns dessen bewusst werden müssen, dass wir Innovation, Ideen und Chancen nicht immer schon kaputttreten sollten, bevor sie überhaupt eine Chance hatten sich voll zu entfalten.
Ich würde ausserdem mal ins Rennen werfen, dass es schon immer die gab, die mit Musik soviel Geld verdient haben, dass sie ihren Lebensunterhalt damit bestreiten konnten und die, die es nicht geschafft haben. Das ist zwar noch mal eine andere Diskussion, aber ganz ungenannt will ich das nicht lassen.
Und damit kapituliert das Internet als DIE NEUE Chance:
Wenn Alles beim Alten bleibt, warum dann dieses bejubeln des Netzes, seiner neuen Vertriebswege? Wenn schon im „früher“ der Nur-Plattenläden nur das über den Ladentisch rollte, was Produzenten und Verkäufer vorauswählten, dann scheint es im „jetzt“ nicht anders zu sein. Nur dass nun eine „User“-Menge glaubt, sie würde den Verkäufern durch ihr Verhalten, angebl. oft so „alternativ“, „unabhängiger“, den Weg weisen, indem sie billiger bis kostenlos zum Shoppen surfen. Sie folgen doch nur den ausgetretenen, vorgelisteten Wegen? Sie tauschen v.a. abseits der Verkaufsportale, was in jenen ganz oben gelistet steht?
Es bleibt im Kunstbetrieb also mal wieder Alles beim Alten! Nicht so, dass dies hier immer wieder gesagt worden sei. Spannend aber, wie gerade im vorgeblich freiesten aller freien Berufszweige „Neue Medien“ nichts an den Verteil- und Konsumierstrukturen wirklich ändern. Man fühlt sich durch das Internet nur näher am Kuchen, ja es mag immerhin diese 12 Euro geben, mehr aber nicht! Das finanziert letztlich v.a. die eigenen Netzkosten, die Arbeitszeit, wenn überhaupt, die man am Rechner mit seiner Selbstvermarktung ins Netz investierte. Immerhin. Wobei das in Bezug auf Eggys Stück auch falsch sein mag – das tun ja z.T. Verlagspraktikanten, die dem Verlag aber auch zu teuer kommen. Also, als quasi-Verlagsfreier übernimmt man hier auch noch den Job eines Trainee, noch schlechter bezahlt, wie jeder Kunde beim Do-it-yourself-Hotelbuchen online den Job eines Reisbüroangestellten mitausübt.
Bleibt die Frage, ob das Netz somit dem sich selbstvermarktenden Kreativen v.a. von der eigentlichen kreativen Arbeit abhält? Oder doch nicht, aber eben nur für bescheidene 12 Euro Mehrwert im Quartal, die nicht mal die Kosten decken und unglaublich viel Zeit und Geduld rauben? Wie zeitsparend ist da doch das alte Antichambrieren, wie informativ in Bezug auf die wirklichen Beiseitinfos.
Nochmals zurück zum Alles bleibt so wie es war: erstaunlich, aber auch klar, wie sich die Berufsstrukturen im Kunstbereich bis heute nicht veränderten. Immer noch die Topverdiener, einige die ganz gut davon Leben können, aber keine Mittelklasse, dann unten nur Leute, die überhaupt nicht davon vegetieren können. Eben wie Anno dazumal, als wir noch nicht mal die Elektrizität besassen. Wie hat sich die übrige Berufswelt seitdem verändert, hat sich eine jetzt zwar wieder schrumpfende Mittelklasse herausgebildet, deren Arbeitswelt sich durch Rechner und Netz nochmals verfeinerte (auch verschärfte in puncto Kontrolle), tatsächlich allgemein kommerziellen Verkäufen neue Wege eröffnete. Für den Kreativen, den Künstler hat sich aber nichts geändert. Gut, er kann sich nun auch in Übersee präsentieren. Das nutzt ihm aber auch nicht viel. Denn er wird doch immer am ehesten erstmal dort wahrgenommen, wo er lokal, regional wirkt.
Sehen wir es noch kritischer: das Internet nutzt nur denen, die mit ihm noch billiger produzieren können und das dann eben global machen, s. deutschsprachige Callcenter in Bulgarien, s. Buchhaltung in Indien. Nur um sich das mal genau vor Augen zu halten: lädt eine grosse Münchner Firma ihre Ober-Buchhalter-Inder nach Bayern ein, werden die in Häusern einquartiert, wo tw. Umlandgemeinden ihre „besseren“ Wohnungslosen einquartieren, sich abmühende Ein-Euro-Wiedereinstiegsjobber. Das ist also die Relation: der Kreative hat Gott sei Dank ein Dach überm Kopf und ist ja zudem weltweit zuhause. Und er soll glücklich sein über den seine Ressourcen bindenden, zeitraubenden Applerechner-Arbeitsplatz und soviel erhalten, wie ein Eineurojobber, aber bitte ohne Beispringen des Jobcenters, das nur wieder Fragen stellen könnte. So bleibt‘ s beim Alten. Und die 12 Euro Frage wird bei solchen Kleinkram doch eine sehr prekäre, lebenswichtige!!
Gruß,
A. Strauch
@wechselstrom:
Leider drängt sich mir der Verdacht auf, dass ich allein aufgrund der Tatsache, meine Brötchen nicht ausschließlich mit Musik, sondern unter anderem auch bei einem multinationalem Musikverwerter zu verdienen, automatisch Feindbild bin und alle meine Aussagen nur in diesem Kontext gewertet werden. Das finde ich sehr schade.
Dennoch möchte ich klar stellen:
Von den 11 Stück CDs, die ich erwähne, spricht der Autor einleitend in dem Text, über den wir uns hier unterhalten – deshalb die Zahl. Einen weitergehenden Bezug kann und will ich nicht herstellen.
Wenn das so rüber kam, muss ich mich wohl falsch ausgedrückt haben.
Deswegen noch ein Versuch:
Was ich ganz bestimmt NICHT sage:
– dass ein 10 Jahre altes 25Minuten-Stück weniger wert ist als ein aktueller Popsong und deshalb nur minder vergütet werden sollte. Natürlich nicht. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit nicht sonderlich hoch, dass überhaupt jemand das 10 Jahre alte, aktuell nicht auf Tonträgern erhältliche und nicht beworbene Stück, zu hören bekommt.
– dass das Internet
ist (Zitat @querstand). Das Internet IST einfach nur und zwar eine globale Netzwerkstruktur zum Austausch von Daten. Das geht auch nicht mehr einfach so weg.
Was ich allerdings sage:
– der Artikel auf den wir uns hier beziehen, berichtet nicht, sondern verdreht Tatsachen, wenn er von der „Wahrheit über Napster und Co“ spricht und dann Downloads mit Streams gleichsetzt. Egal wie doof ich auch eins davon oder beides zusammen finden mag – es ist nicht dasselbe.
– dass der Artikel dadurch nicht richtiger wird, indem er diese als Download bezeichneten Streams hochrechnet und behauptet, man bräuchte davon so und so viele um als Musiker überhaupt noch überleben zu können. Natürlich wird das nicht funktionieren. Aus folgenden Gründen:
a) Streaming ist eine Technologie, die noch vollkommen in den Kinderschuhen steckt – das Potential ist bei weiterm noch nicht ausgereizt. Das liegt in meinen Augen unter anderem in Konvergenz (Streaming nicht nur am PC, sondern im Auto, am Fernseher, etc) und Monetarisierung von Bereichen wie Sharing und Prelistening (oder Geld verdienen mit Tausch und Probehören, falls meine Ausdrucksweise stören sollte). Zudem kam ich noch nie so nah an meine Fans ran, wie es dadurch theoretisch möglich wird („Hey, die Band, die du da gerade hörst spielt heute abend in der Stadt in der du gerade bist – sag doch am besten auch gleich all deinen Freunden Bescheid!“)
b) Ich verdiene Geld mit jedem einzelnen Stream (wenn auch einen verschwindent geringen Betrag). Das ist insbesondere interessant bei qualitativ hochwertigen, aber anderweitig nicht vermarktbaren Stücken (zu obskur, zu alt, zu wenig angesagt). Eine CD oder einen Download kaufe ich mir genau ein Mal.
c) Radio ist wohl am ehesten mit Streaming vergleichbar, auf jeden Fall eher als Downloads. Hier wird immer der Fehler gemacht, Download oder Stream, das ist doch alles Internet und somit eh irgendwie das gleiche. Falsch. Das Internet ist lediglich die zu Grunde liegende technische Infrastruktur. Von den Nutzungsgewohnheiten sind Streams eben wesentlich näher am Radio, Downloads am Einkauf im Plattenladen (wenn auch in beiden Fällen natürlich nicht dasselbe). Kein Mensch würde auf die Idee kommen zu sagen, dass man jetzt nur noch mit Radio Geld verdienen würde und bemängeln, dass es gerechnet auf den einzelnen Hörer so viel weniger ist, als wenn dieser sich jetzt das komplette Album gekauft hätte. Wäre ja auch absurd? Genau das wird hier aber gemacht.
Wo ich aber definitiv zustimme: Die Künstler sind hier im Moment die schwächsten in der Nahrungskette und auch ich finde es untragbar, wenn etwa YouTube und Co von der eingestellten Musik profitieren, andere mächtige Marktteilnehmer sich die Reste von der Beute sichern, beim Künstler aber so gut wie nichts ankommt.
Allerdings sehe ich das genau so wie @Steffen Peschel etwas weiter oben und könnte es auch nicht besser ausdrücken:
Ansonsten hatte ich mir eigentlich vorgenommen, dass ich mit niemandem mehr über das Internet diskutiere, der nicht wenigstens diesen halbstündigen Vortrag von Peter Kruse auf der letztjährigen Re:publica gesehen hat – Es macht sonst schlicht keinen Sinn. ;) http://www.youtube.com/watch?v=ryiuuUKQJy0
@ Christoph Landes,
Ich habe von den Folgen einer Politik gesprochen und zwar der Napster-SonyGlobal-Youtube-Bertelsmann-Politik. Hier nochmal die Gegenüberstellung:
Sind die 12 Euro ein Zubrot zu bereits vorhandenen Einnahmen oder sind sie der (marginale) Ersatz für vormalige (gute) Umsätze.
Das ist der springende Punkt, der zu ermitteln wäre. Und dann müsste man eruieren, was bisher (aus klassischen Vertriebswegen) lukriert wurde, wie sie sich im Laufe der letzten Jahre entwickelten, und wie die Einnahmen aus Streams und Downloads die ev. oder wirklich vorhandenen Umsatzeinbußen auffingen oder sogar übertrafen (???) …
Radio zahlt ganz nett – da kann man damit zufrieden sein – aus den Streams hab ich bis jetzt nichts nennenswertes erwirtschaftet …
Die Medienkonzerne stöhnen jedenfalls über Umsatzeinbußen auf dem CD-Markt … dennoch werden sie es sich auf Dauer schon richten, vor allem und später ev. ausschließlich über Napster&Co-Plattformen. Andere (alle) können da auch mitmachen, werden aber dann von SonyGlobal, Napster&Co. entsprechend so gereiht werden, dass sie schon nicht allzuviel vom großen Kuchen abbekommen können, außer Sie investieren in Werbemaßnahmen, die dann Napster erst mal einstreicht.
Vielleicht noch was zum Aspekt Neue Technik:
ich selbst bin ein glühender Fan und Interessent technischer Entwicklungen und Neuerungen.
„lediglich“, also unverheiratet ist die Technik allerdings nicht. Die aktuellen Diskussionen über den Daten-Schma-Fuh, den die Socialplattformen (Frazebook) anstellen, sollten uns da etwas hellhöriger machen. Google StreetView war ja auch so ein Brüller …
Klar, steht das alles im „Dienste“ des Konsumenten, der wir ja auch immer sind. Aber als Produzent sehe ich mich natürlicherweise in Konkurrenz auch mit SonyGlobal – man steht zwar mit seiner armseligen Bruchbude im Schatten des SonyTowers, aber man möchte nicht, dass einem diese Blechhütte auch noch weggezogen wird.
– wechselstrom –
napster ist hinterhältig wie nichts. die kleinen musiker. also ich meine die „insider“ musiker, machen auch verhältnis mäßig viele songs darüber wie napster sie „bestiehlt“… z.B. Nikitaman – es geht schon
was ich aber eigenltich sagen wollte. die sogenannte musik flatrate. kann man nur benutzen wenn man gerade im internet ist, man kann die musik nicht bearbeiten und zb auf dem handy brauch man auch internet um songs zu hören.. quasi wie… youtube? nur dass man bei youtube nicht den doppelten preis für 1 lied zahlen muss, nein man darf sich die meisten legal runterladen. in der werbung zu „unbegrenzter“ musik steht nämlich auch nicht, das man wenn man sich ein album was im einzelhandel 15euro kostet, runterladen will, sogar geld bezahlen muss.. und das nicht wenig. 33.99€! napster ist eine frechheit
Habt ihr auch schonmal daran gedacht, dass das zu 95% Leute sind, die sich den Song einmal anhören und weg damit? Wieviel sollen die denn zahlen?
Ich wär mir nicht mal sicher, ob diese Liste sich nicht auf downloads bezieht, sondern darauf, wie oft das Lied gehört wird. Ausserdem wenn ich die Browserversion von Napster nutze, speichert der das Lied nicht dauerhaft…
Von diesem Gesichtspunkt betrachtet könnt sich das also auch so rechnen:
Mir gefällt das lied 3 Monate lang und hör es mir im durchschnitt einmal am Tag an. Das sind dann ca 90xdiese Cent-Beträge für mich allein. Das fänd ich durchaus fair.
Wenn ich beispielsweise 10 Stunden am Tag Musik höre dann sind das im Monat ca. 300 Stunden. Ein Lied hat im Durchschnitt 3 Minuten. Sind also etwa 100 Lieder im Monat. Wenn ich also 10 Euro im Monat für so eine Flatrate hinlege, was ja auch nicht soo billig ist, dann sind das also etwa 10 cent pro Lied. Napster will was verdienen, die Gema auch also rechnet sich das ganze ziemlich rund.
Ich finde, wenn man nicht genau weiß, wie es hinter den Kulissen abläuft sollte man nicht allzu böse Thesen aufstellen…
viele Grüße
Oliver
ok, kleiner rechenfehler: 300 Stunden mit 3 minuten pro lied sind natürlich keine 100 Lieder sondern 100*60=6000 Lieder, was uns sagt, dass entweder die 10 Euro im Monat VIEL zu billig sind oder du mit den cents immer noch zuviel bekommst.
aber egal. Ich glaube einfach, Musik war lange teuer, weil es wenig Musiker gab, die bekannt wurden.
Nun gibt es das Internet und alle Musiker wollen bekannt werden. Der Kuchen wird in mehr Teile zerschnitten als vorher und jeder bekommt weniger. Ist doch klar oder?
Oli Milchmädchen hat gerechnet und seine These mit der eigenen Voraussetzung bewiesen – – so ein Schwachkopf –
Ist das Streaming nicht eher mit dem Radio vergleichbar? Wieviel Geld gibts denn von der Gema, wenn 10.000 Leute einen Titel einmal im Radio gehört haben? Würde mich wundern, wenn man dort schon mit 12 Euro raus geht.
Hi … wir haben schon zu oft berichtet, dass Künstler eine miese Bezahlung bekommen über diese Streamingdienste. Das hat sich 2011 und 2012 nicht geändert. Es ging auch ein paar Zahlen durch die Medien wonach für 54.000 Downloads / Streams Künstler nur magere 1837 Dollar bekommen haben ( is ne Ca. – Summe ). Fakt ist dass aktuell DEEZER und Rdio künstlerpauschalen vergeben und besondere Provisionsmodelle für Künstler. Letztendlich ist es verdienst der Künstler, dass es diese Streamingdienste gibt … die glanzzeiten für Künstler sind vorbei in denen man durch ein paar Songs berühmt und richtig krass reich wurden. Heute gibts medien like youtube! Youtube stars bekommen likes und Klickrates … spielen werbung ein und bekommen dadurch Kohle in Ihre Taschen … gute Songschreiber und Künstler haben da das Nachsehen, weil Ihnen das Talent zur Vermarktung fehlt … und auch die Lücke um als Stern auf einem YoutubeChannel hervorzustechen … ;) aber dennoch … ist die Bezahlung noch echt krass unter dem Niveau wo man sich es wünscht …
Chears!