Verzögerungstaktik (Marten aller Arten in Marzahn cont.)

Verzögerungstaktiken sind in der Politik wohlbekannt. Man kündigt etwas an, macht eine Zusage – am besten kurz vor einer Wahl oder auch einfach auch um einen Aufruhr in der Öffentlichkeit zu besänftigen – nur um dann die ganze Sache bequem zu „vergessen“, wenn der Sturm vorüber ist.
Denkt einfach an Berlusconi und sein Versprechen, die Müllberge von Neapel zu beseitigen. Soweit man sieht, gibt es die immer noch, nur dass Berlusconi bald selber draufliegt.
Oder denkt an Marzahn.

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Was haben wir hier gekämpft. Was haben vor allem die Mitglieder des Orchesters gekämpft. Es gab öffentliche Anhörungen, Artikel in großen Zeitungen. Prominente und bedeutende Persönlichkeiten wie Lachenmann und Henze haben öffentliche Briefe geschrieben und Stellung bezogen. Es gab erfolgreiche Konzerte zusammen mit den Berliner Philharmonikern. Überall gab es Solidarität und Unterstützung.
Der Druck auf die für die Kürzungen Verantwortlichen war immens, und sie mussten reagieren. Im Juni sagten sowohl die Bezirksbürgermeisterin wie auch der stellvertretende Bezirksbürgermeister von Marzahn öffentlich zu, dass die Kürzungen und die radikalen Eingriffe in die künstlerische Arbeit zurückgenommen werden sollen. Alles schien gerettet.

Nun schreibt Jobst Liebrecht, der Dirigent des JSO der Hans-Werner-Henze-Musikschule, folgendes:

Liebe Freunde,

dieses ist ein erneuter Hilferuf. Die Lage in Marzahn ist desaströs. Entgegen unser gesamten öffentlichen Protestkampagne und den darauf erfolgten öffentlichen Beteuerungen seitens der Bezirksbürgermeisterin und des stellvertretenden Bezirksbürgermeisters – zuletzt sagten sie mir in einem Gespräch Anfang Juni sogar noch zu, dass die Kürzungen beim JSO durch neue Mittelbereitstellungen unnötig seien und zurückgenommen werden sollen –
entgegen massiven öffentlichen Druck und Bezirksverordnetenbeschlüssen zu unseren Gunsten beharren die Amts- und Musikschulleitung ganz einfach auf den im April angesetzten Kürzungen und teilen mir erneut schriftlich mit, „Arbeitsaufwendungen, die über den konzeptionellen Rahmen per 1.4.11 hinausgehen einzustellen“. Sie beharren auf genau den unseligen Eingriffen – Konzertanzahl, Literatur, nahezu komplette Kürzung der Organisationsarbeit dh. auch Kürzung meiner Arbeitszeit dort- die unseren Proteststurm hervorgerufen haben. Ich bin ratlos.

Sprich: Ist die Aufmerksamkeit erst einmal verflogen, macht man einfach genau dasselbe wie vorher, in der Hoffnung, dass die Öffentlichkeit es inzwischen vergessen hat.
Aber wir werden nicht müde. Wir zeigen mit dem Finger auf die unsäglich bornierte und starrsinnige Amtsleitung und die Leitung der Hans-Werner-Henze-Musikschule, die sich aus – man muss es aussprechen – purer Eifersucht und Mißgunst, aus niedrigsten menschlichen Beweggründen ein höchst erfolgreiches Projekt zerstören möchten, in das zahllose junge Menschen ihr Herzblut gelegt haben. Nachdem sie die zwei Mitbegründer des Orchesters, Martina und Rainer Feldmann, auf unsägliche Weise aus ihren Jobs weggemobbt haben (man muss es aussprechen, und man kann es auch nicht anders nennen) ist der Musikschulleitung das Orchester als Symbol für erfolgreiche und herausragende Jugendarbeit weiterhin ein Dorn im Auge (anstatt dass sie – wie es bei jeder anderen Musikschule der Welt der Fall wäre – stolz darauf sind) , und natürlich auch Jobst Liebrecht und seine Mithelfer, die unter unwürdigster Bezahlung und mit großem persönlichen Engagement die Stellung gehalten haben, trotz beständiger Anfeindungen und in den Weg gelegten Hindernissen.

Die Zeit der Diplomatie ist vorbei – jetzt muss man wirklich Tacheles reden und fordern, dass eine solche Leitung, die selbst größtmögliche öffentliche Empörung, Vorgaben und direkte Anweisungen von Amtsseite ignoriert, um kleinlicher und komplett erbärmlicher Niedertracht zu frönen, ihr Amt auf der Stelle niederlegt. Schämt euch. Schämt euch für eure vollkommene Verkennung eines einmaligen pädagogischen Projektes, schämt euch für eure Lügen, eure billigen Intrigen und euren Hass. Man darf euch damit nicht durchkommen lassen.
Wir geben nicht auf.
Die nächste Wahl kommt bestimmt, und irgendwann wird der Müll weggeräumt. Auch in Marzahn.

Moritz Eggert

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4 Antworten

  1. querstand sagt:

    @eggy: Bravo, dieses „j’accuse“, dieses Michael Moor’sche „shame on you“! Was wurde nicht Aller unternommen, söhnten sich selbst geläufige Antithesen wie Lachenmann und Henze in derselben Zielrichtung aus.

    Der reinste Wahnsinn, wie Amts- und Musikleitung den politischen Willen ihrer Bezirksbürgermeister und Stadtverordneten ignoriert, wie sich mittlere und untere Verwaltung gegenüber Oberer Exekutive selbstermächtigt. Man hat fast den Eindruck, dass das Demokratieprinzip unwichtiger ist als die Selbstbindung der Verwaltung an Recht und Gesetz, ja selbst dagegen verstößt. Ob man eine Verfassungsklage, ggf. eine Popularklage, wenn es das in Berlin gibt, wagen sollte?

    Liest man die FR, kann man die Marzahner Musikschulverantwortlichen fast mit der ausser Rand und Band geratenen Pekinger Bezirksverwaltung verwechseln, die Ai Wei Wei entgegen der Pekinger Zentralmacht festnahm, statt einfach nur einschüchterte. Nun hat die Marzahner Politspitze immerhin die Stufe des Einschüchterns ihrer unteren Ebenen weit hinter sich gelassen, falls man dies überhaupt so vergleichen dürfte. Sie signalisierte Kompromisse, zu denen man ja bei für Alle einsehbarer Vernunft bereit ist.

    Die bornierte, menschenverachtende, selbstsüchtige und kleinkarierte Sturheit der unteren Verwaltung ist erschreckend, gehört sofort abgestellt! Und dies in einer Stadt, die besagten Ai Wei Wei wohl eine Zukunft sein wird! Da handelt im Verhaltensmuster, nur in diesem, niemand möchte Jobst inhaftieren, ausgerechnet in jenem Berlin eine Mini-Behörde wie Pekinger Lokalbonzen. Als ob die berühmte Berliner Mauer 50 Jahre nach ihrer Errichtung und bald 22 Schnapsjahre nach ihrem Fall ausgerechnet in Köpfen von Bezirksintellektuellen höher prangt als je real. Bitte sofort dieses Hornberger Schiessen gegen das JSO einstellen. Ein Vergleich mit Schiessbefehlen verbiete sich ja – aber irgendwer scheint den Einstellungs-UKAS noch nicht vernommen zu haben…

    Möge sich all dies als lästige Terminüberschneidung und Nichtwissen aufgrund von Urlaub, Krankheit und Sommerloch erweisen. Ansonsten möge die Amts- und Musikschulleitung noch vor dem Oktoberfest in das Loch der fünften Jahreszeit fallen. Wie gesagt, vor weniger als einem Jahr platzte das Leitungspersonal noch schier vor Stolz über das erfolgreiche JSO samt Leiter. Jetzt macht selbst der neiderische Mime einen besseren Eindruck. Bitte nicht weiter an diesem Allmachtsring feilen, sondern gemeinsam einen Masterplan für alle Belange finden!! Dann kann man auch diese Berliner-Chinesen-Vergleiche endlich aus dem Hirn husten. So hilft nicht mal alkibiadisches Niesen!

    Wie rasant hat sich doch seit meinen positiven persönlichen Eindrücken in der damals vorbildlichen Kooperation von Leitung und JSO Alles gewandelt. Damals holte mich die Leitung vom Airport ab, heute würde sie den Wachdienst rufen. Ich bin daran aber diesmal nicht Schuld, genauso wie ich es auch nicht im Falle des DZB-Präsidenten-Rücktritts bin. Bei soviel Zither und Marzahn im Blog kann man Marzahn-Hellersdorf jetzt erst Recht so ambitionierte Leute wie Jobst wünschen. Und viele Glasls, Hurts und Feldmänner für Zirpen und Zithern aller Arten!! Aber Kunst wie Bildung scheinen dort personae non grata zu sein…
    Alexander Strauch

  2. wechselstrom sagt:

    Eifersucht würde ich nicht als Begründung ins Auge fassen, denn diese ist geprägt von einer gewissen Liebe zu Thema, Objekt oder Person. Missgunst trifft es schon besser, grüner Neid, Kleinmut und Niederträchtigkeit finde ich die treffendsten Umschreibungen der Marzahner Musikschul-Verhältnisse.

    Allen Fällen verbindend ist ein eingeschränktes Selbstwertgefühl, und das entsteht nur durch permanent unbefriedigenden F… . Falls dieser im häuslichen Bereich nicht erfahrbar ist, sollte man professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.

    Ein sofortiger Rücktritt der Verantwortlichen ist jedoch das Mindeste, was Anstand und Sitte gebieten.

    -wechselstrom –

  3. Karin Eggert sagt:

    Hallo, ihr Lieben!
    Macht weiter so!!! Ich denke dabei an Moritz Eggert und vor
    allem an meine süße Schwester Bettina Koziol, Sängerin und Komponistin aus München, die in München versucht Fuß zu fassen, aber bereits international viele Erfolge erziehlt hat!
    Lasst euch nicht unterkriegen!!!

    Karin Eggert

  4. Erik Janson sagt:

    Gut, dass dieses Thema weiter hier frisch gehalten wird.

    Man wähnte schon, dass vielleicht die „Shame on you“-Verantwortlichen es erfolgreich schaffen, die Geschichte über das „Sommerloch“ aus zu sitzen und mit ihrer Ignorier- Ignoranznummer dann am Ende zu „siegen“. Aber das wird nicht gelingen.

    Da packt einen die Wut und das Entsetzen zugleich.
    Man sollte geschlossen die Musikschulleitung Marzahn zum Rücktritt auffordern, weiter die Politik aufmerksam machen, mit dem Finger auf die Missstände zeigen, weil anscheinend nicht an das Wohl der Jugendlichen und das Niveau eines ausgezeichneten Jugendorchesters gedacht wird sondern es primär um persönliche Genugtuung und Feden zu gehen scheint.

    Herr Liebrecht, halten Sie durch! möchte man da nur noch von Fern – ohnmächtig? – rufen. Und sollte es wirklich so kommen, dass dieses Orchester durch die Nicht-Revision der Kaputtsparmaßnahmen heraus geekelt wird (was offenbar das einzige Ziel ist), warum dann nicht (als allerletzter Schritt) sich einfach über die Anordnungen kleinkarierter Chefs hinweg setzen. Vielleich:t trotzdem die vollen, bisherien Zeiten in den betr. Räumen weiter Proben.

    Und: Enntäuschung macht sich bei mir breit über die Politik, auch/gerade roter/linker Couleur, die diesem Treiben entschiedener Einhalt gebieten müsste. Ich muss auch sagen, dass die Musikschulleitung in ihrem Despotismus und ihrer Sturheit (wider alle Vernunft und Demokratie und Denken an das Wohl der Kultur) schon allmählich Gadhafi und Assad-ähnliche Züge durch schimmern lässt, vermeintliche privat-häusliche „Unbefriedigtheiten“ (um mich meinem Vorgänger anzuschließen) hin oder her.

    Buona sera,