entschuldigung, darf ich ihre wand bemalen?

Wir haben schon einige Albernheiten auf Bühnen erlebt. Von saufenden Indianerhäuptlingen über Wetterforscher bis hin zu hässlichen Zwergen, die sich mit einfachsten Tricks ausbremsen lassen, beinahe wie der Rabe in der Fabel La Fontaines, der es erstaunlicherweise noch nicht auf die Bühne geschafft hat. Und das obwohl – anders als an manchen Schauspielhäusern – nicht schon nach zwei Wochen das neueste Zeitgeiststück präsentiert wird und die Themen der Opern sich daher immer noch mit Vorliebe aus der Kommode volkstümlicher Überlieferungen oder dem fossilen Rohstoff der antiken Mythen speisen und sich mit der Kraft archetypischer Konstellationen auftanken.

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Jetzt wird alles anders. In London machte das gute alte Royal Opera House zuletzt bereits mit ihrer Titten-Sex-und-Geld-und-Drogen-Show ANNA NICOLE selbst in Boulevardblättern von sich reden. Nun zieht die English National Opera nach und ist drauf und dran einen neuen Hit zu landen. Zumindest im Internet, mit einer viralen Marketing-Campagne für die „twoboysopera“ von Nico Muhly (Musik) und Craig Lucas (Libretto). Es scheint um die Gefahren des „Online-Lebens“ zu gehen. Wie man diese Gefährdungen und Konflikte auf der Szene, untermalt von Minimal Music, darstellt, bleibt abzuwarten. Zu einem lustigen Videoclip hat es bereits gelangt!

http://www.youtube.com/watch?v=aDycZH0CA4I

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Musikjournalist, Dramaturg

3 Antworten

  1. olehuebner sagt:

    nicht uninteressant, wie ich finde. ganz unabhängig von diesen zwei konkreten beispielen bzw. ihrer qualität, ist es doch wichtig, die realität auf die bühne zu bringen. was soll ich mit einer oper nach einer vorlage von, ööhm, z.b. schiller? (in „spiderman“, nr. 1 glaube ich, gibt es so eine schöne szene, die freundin von diesem typen der dann spiderman wird ist schriftstellerin und hat gerade den bombenerfolg mit so einer schnulze mit englischem adel im 18. jahrhundert und absurd-geschwollener sprache sowie klamotten vom haus- und hofcomposi- …. ähm, -schneider. käme das wirklich mal als „neues stück“ an irgendeinem großen haus würde es wahrscheinlich als das weltfremdeste, was jemals in einem theater zu sehen war, gefeiert werden). also, wenn schon oper nach (weltlich-)literarischer vorlage, dann doch bitte von einem zeitgenossen, oder nicht? aber am attraktivsten ist es doch, die alltagssprache direkt auf die bühne zu bringen. wenn sich auf der straße mädchen gegenseitig mit „bitch“ anreden und jungs deine-mudda-witze erzählen, dann sollen sie das auch auf der bühne tun, und nicht den rosenkavaliergentleman raushängen lassen. lieber den macho, denn den trifft man auch vor jeder haustür. quasi eine konsequente fortführung der einbeziehung der „akustischen realität“ (früher musique concréte, heute etwa sampling) auf die „thematische realität“, wenn es um opern oder themen- (oder handlungs-)gebundenes musiktheater geht. größte konsensthemen (also nicht konsens im sinne von „das tut den wenigsten weh“ sondern „damit haben die meisten täglich zu tun“) sind dabei natürlich, s.o., sex, drogen und geld(-probleme). wenn kunst schon nicht die welt verbessern kann, dann soll sie bitte wenigstens nicht betäuben, sondern auch die realität menschlichen (zusammen-)lebens im spannungsfeld sozialer unterschiede, kapitalismus, hedonismus, telekommunikation, reizüberflutung, sexisierung, facebookisierung, technologie und katastrophen auf die bühne bringen. sehr sehr gerne satirisch und humorvoll und BITTE nicht in frack und kutsche.
    ansonsten fällt mir dazu noch ein: „Die Bild-Zeitung beschimpfte seine Oper „Die Schnecke“ (Libretto und Regie: Hans Neuenfels) als „Porno-Oper“.“ (aus der biographie des bad-boy).
    in diesem sinne, holde damen, werte herren
    oh

  2. eggy sagt:

    den Clip finde ich lustig, aber warum plätschert die Musik dazu so harmlos muzakartig im Hintergrund dahin? Da bisher alles, was ich von Herrn Muhly bisher gehört habe so klingt, fürchte ich mich ein bisserl vor dieser Oper. Aber vielleicht grundlos (und er überrascht alle), gut ist das Thema auf jeden Fall und ich vermute wir werden mehr solcher Opern in Zukunft sehen…

  3. peh sagt:

    Gavin Plumley weiß inzwischen mehr über die „2boysopera“
    http://entartetemusik.blogspot.com/2011/06/batter-whose-heart.html