unser song für anna

im gespräch mit meinem lieblingsjournalisten, markus schwering, der sich in der vergangenen woche einmal wieder dadurch hervorgetan hat, dass er alban berg in einem zeitungsartikel jegliches kompositorisches können im engeren sinne abgesprochen hat – ich zitiere: „Was aber fasziniert Boesch, wenn der kompositorische Aufbau im engeren Sinne nachrangig wird, an Bergs Oper? “ – dieser mein lieblingsmusikkritiker im kreislerschen sinne, der in den philharmonien allenthalben nach freakigen menschen ausschau hält – indiz für neue musik – und sich ansonsten am liebsten an „überörtlicher prominenz“ erquickt, dieser mensch, dem zu alban bergs wozzeck nur einfällt: überkomplex und weitgehend atonal, dieser mein lieblingskulturzeilenbefüller hat – ja, ja, ja – anna netrebko getroffen. ANNA NETREBKO. leider war erwin schrott daneben. weil sie gerade werbung machen müssen für ihr erstes gemeinsames konzert in köln, in der kölner philharmonie, begleitet vom gürzenich-orchester! doch sie singen nicht zusammen! weil es kein repertoire gibt, sagen sie. herr schwering springt kenntnisreich bei, indem er der immer dunkler gefärbten, dramatischen sopranistin empfiehlt, gemeinsam mit ihrem bariton-mann „la ci darem la mano“ aus mozarts don giovanni zu singen: ein stückchen für einen schlanken, leichtgängigen sopran, eine soubrette. galant antwortet sie, dass sie die rolle nicht mag. und dann fordert anna im interview dazu auf:

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NETREBKO: Aber wir fordern Komponisten auf, Duette für uns zu schreiben.

Wenn das mal keine Aufgabe ist. Komponisten aller Blogs vereinigt euch. Bitte schreibt der Anna und ihrem Mann ein paar schöne Duette. Damit sie nicht immer nur über Kindererziehung reden müssen. Und wenn Netrebko sie nicht singt. Dann eben ein Duett für die andere Anna. Anna Prohaska. Die ist noch nicht ganz so berühmt. Aber sie kennt Moritz Eggert.

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Musikjournalist, Dramaturg

10 Antworten

  1. wechselstrom sagt:

    @ all

    unbedingt den obenstehenden link „anna prohaska“ anklicken; dort sehr ihr Andreas Kern als Interviewer.
    Ein würdiger Nachfolger von Roger Willemsen, hat aber bei weitem noch nicht dessen Schmierigkeits-Niveau erreicht bzw. unterschritten.

    – wechselstrom –

  2. querstand sagt:

    Netrebko/Schrott: amüsant ist daran, dass Netrebko vor wenigen Jahren noch sprach, keinen lebendigen Komponisten zu kennen, Leben wie Werk. Jetzt sollen plötzlich Kohorten von Komponisten bereitstehen und antreten…mh, das klingt verdächtig: kann sie denn bereits deutsche Nummern singen? Das wäre der erste notwenidge Schritt ihrerseits, um bspw. endlich Lulu singen zu können. Dann könnte sie Schritt für Schritt an das 20. Jhd. rangehen. Was soll man da nur zuerst lernen? Die Melisande sollte man zumind. angesehen haben, die Marie, ja gut, gleich weiter zur Lulu. Was ist mit Zemlinsky und Schreker? Ein wenig fernen Klang und Kandaules sollte man auch ausprobiert haben. Strawinsky wäre doch für die Russin ein Einstieg, dürfte gesangstechnisch aber nichts Neueres bieten, abgesehen vom Spätwerk. Also gleich ran an Janacek, an Schostwkowitsch, an Busoni. Die netten Italiener lassen wir aus und springen da gleich zu Berio und Nono, über Sciarrino sofort zu Lachenmann. Ob Reimanns Opernrollen was für sie sind?

    Oder eine ganz andere Annäherung, Komponisten schreiben wieder für „richtige Sänger“? Schön wäre es, wenn die Hochglanzdiven öfters ihren Kopf in lebende Musik stecken würden: das sind dann Ausflüge ins Musical! So bedeutet Komponieren in diesem Falle kopieren alter Kamellen. Das mag zwar auch erst erlernt sein, bringt aber nicht zu viel. Wirklich gut vorstellen könnte ich mir allerdings lebendige Musik mit allen Zutaten Neuen-Musik-Designs, aber ggf. mal weniger Sprünge, geringerer Ambitus, rhythmische Vertracktheiten auch von solchen PR-Diven zu meistern.

    Blickt man nochmals auf Reimann, auf seine Sängerinnen, dann ist es doch wiederum erfreulich zu sehen, wer da Alles antrat, wie er Sängerinnen schulte, auch wenn seine Musik für manche anderen Sängerinnen wieder unsingbares Zeugs sein mag. Dennoch beeindruckt das namedropping, würde manche Person die Medien zieren, hätte es diese schon in den 70ern gegeben. So aber driftet die Hochglanzklassik, nicht die Hochkultur einerseits von der Klassik selbst immer weiter weg, andererseits auch von der lebenden Kompositionswelt. Man hätte nur eine veritable Chance für das „Sänger-Traumpaar“ Duette zu schreiben, wäre man schon selbst auf den Titelseiten von Bunte, Brigitte und Co. angekommen.

    Anläßlich so mancher Münchner Sängerinnen- und Sänger- wie Komponistenverhaltensweisen: nehmt die Person Reimann und seine Sänger zum Vorbild, bemüht Euch gegenseitig mal wieder etwas mehr… Wir schaffen es ja nicht mal in die hinteren Klatschspalten mit unseren Absagen und Verspätungen. So könnte man sich wieder mehr gegenseitig helfen und ernst nehmen und nicht seine Gedanken auf Hochglanzunfug verschwenden.

    Noch besser: ich freue mich auf die Sängerinnen und Sänger, mit denen man doch ganz natürlich Umgang pflegen kann, zu denen man selbst ganz normal ist. Ich würde so gern für Frau Prohaska…

    P.S.: Bedenkt man, dass Frau Netrebko mal mit Claus Guth zusammenarbeitete, der seine Anfänge auch bei der Adevantgarde hatte, wäre der Schritt zu lebendigen Komponisten doch ein sehr kleiner… Wer suchet, der findet! Wir würden ggf. gerne, jetzt liegt es an Netrebko/Schrott…

  3. wechselstrom sagt:

    @querstand,

    Ich würde so gern für Frau Prohaska…

    uups, jetzt habe ich mich verlesen:
    „Ich würde so gern mit Frau Prohaska …“ …
    Nach Freud ist das eine Meldung des Unterbewussten –
    und wenn das Unterbewusste bewusst wird, kommt das Individuum zu sich selbst; es schließt sich ab, dann, wenn es sich von sich selbst unterscheidet.

    Aber jetzt was ganz anderes, Stichwort Hochglanzmagazin, Bunte, Brigitte und Co.:
    War ja selbst mal da drin (ganzseitig), zwar nicht auf der Titelseite, und auch nicht, weil ich mit der Netrebko …, sondern auf Grund eines Kunstprojektes.

    Es kam eine sehr belesene Interviewerin extra von Hamburg nach Wien eingeflogen, das Interview dauerte 2 Stunden, danach besuchte man noch die gerade laufende Erwin Wurm-Ausstellung im Museumsquartier, ein netter Nachmittag.
    Zwei Wochen später kam ein Fotograf, und, nicht etwa mit einer Handy-Kamera, sondern mit vollem Equipement (er und sein Assistent mussten 3mal die Treppe hochlaufen), edelste Ausrüstung, wie sie nur in Profistudios vorzufinden ist. Fotosession dauerte auch 2 Stunden – und was das beste war: Der Fotograf bat mich, zwecks eigener Inspiration/Einstimmung und Findung eines geeigneten fotografischen Gestaltungsrahmens für das Portrait, eine CD mit meiner Musik einzulegen.

    Es ist klar, dass man bei diesem Aufwand und natürlich auch bei solch einem Künstler das Ergebnis der Recherche nicht auf Klopapier drucken kann.

    Beste Grüße aus Wien

    – wechselstrom –

  4. olehuebner sagt:

    mal im ernst – den aufruf sollte man wörtlich nehmen. ihr einfach mal stücke schicken, ihr und herrn schrott gewidmet. das wär doch was! und dann muss sie entweder alles singen oder sagen dass ihr alle diese wunderbaren rollen nicht gefallen.
    @erik janson, @all: man könnte auch einfach ein herrlich verpacktes, 5 kilo schweres notenpaket für sie zusammenstellen. schön mit geschenkpapierchen und schleife. dann sagt sie: „hach, erwin, lass uns doch heute mal 458 gramm musik singen! ein bisschen hübner, ein bisschen janson, ein bisschen kreidler, alles zwar voll schräg aber für uns komponiert!“ wäre das nicht schön. man kann das weiterspinnen: auf einmal sind wir alle auf hochglanzalben der deutschen grammophon vertreten, „la musica appassionata* [dickes netrebko-schrott-foto] (*contemporanea)“, die neue musik tritt ihren siegeszug an, die massen HÖREN neue musik, weil sie netrebko SEHEN wollen, die avantgarde siegt nicht auf militante, sondern auf geschickte und charmante art und weise – wäre das nicht TOLL?!?!?!? UND ALLES NUR WEIL FRAU NETREBKO NEBST HERRN SCHROTT KOMPONISTEN DAZU AUFGERUFEN HAT IHNEN DÜTTE ZU SCHREIBEN!!!!!!

  5. Erik Janson sagt:

    @ Ole
    „5 Kilo Partituren“, wie in Saarlouis die Presse erklärte?
    Naja, ich weiß nicht. Da hätte ich wenig Lust den Griffel für zu spitzen. Und Janson, Kreidler, Hübner im postmodernen Verschnitt und quasi „in einem Atemzug“ singen? Ich weiß nicht, was ich davon halten soll… Ole, wir beide, wie die meisten anderen können doch Kreidler nicht das Wasser reichen ;-)

  6. olehuebner sagt:

    naja, also, den postmodernen touch, der dann bei der interpretation zwangsläufig hinzukommt, kann man ja als kompositorisches mittel miteinbeziehen. da muss man sich gar keine mühe machen, durch allerlei feinheiten und kleinfitzeleien in der partitur die (post-)romantik durch den schlamm zu ziehen, nein, mein schreibt einfach irgendwas und bekommt die prise (post-)romantik durch die interpretin herself obendrauf. das ist als wenn man 16:17 in 23:27 in ner quintole in 38:39 schreibt und noch ein accelerando dazu und in der fußnote dann sagt: „natürlich ist dieser rhythmus nicht so ausführbar, wie er da steht, aber der interpret soll bitte so nah wie möglich herankommen.“ – ein spiel mit den grenzen (oder DER grenze, die ja bei gewissen leuten so um 1870 liegt) des interpreten. und wenn frau netrebko mein g+1/4“‘ so richtig schön molto appassionato à la dingsns, na, wie heißt er gleich, waaachner singt, dann kann ich das ja bewusst beim komponieren berücksichtigen. finde ich gar nicht so unattraktiv, die vorstellung, ihr was zu schreiben.

  7. Erik Janson sagt:

    @ Ole,

    dann fang mal an zu schreiben. Berichte uns dann, ob Anna das in Ihr Repertoire/Spielplan einbauen kann… ;-)
    … oder aber: paste hier die höfliche und charmante Absage-Mail hinein von ihrem Management, die dann davon handelt, wie beschäftigt sie mit andrem ist…

    Sorry: war jetzt nicht ganz nett von mir ( ;-) )Also: machst Du den „Vor-Tester“ für die tausenden Schlange-Stehenden „Neue Musik“-Komponisten, für die vielen „Möchtegern“- Rihms, -Pintschers oder -Ferneyhoughs, die dann folgen?

    Sonst müsste vielleicht ich das machen, oder am Ende
    macht es noch Kreidler.

    Immerhin: Du würdest in die Musikgeschichte ein gehen, und dass Dein Stück gut und erfolgreich würde, das trau ich Dir auch ehrlich zu.

    Greetings to all, Erik

  8. olehuebner sagt:

    @erik: hmmmm, okay, du scheinst die idee also nicht so gut zu finden. ist sie wahrscheinlich auch nicht ;-)))) johannes allerdings würde das wahrscheinlich ganz anders angehen und ihr einfach einen lkw mit 70.000 notenblättern schicken. das wäre richtig cool: anna will den kleinen finger, johannes gibt die ganze hand :)

  9. Erik Janson sagt:

    Nurso,Nachtrag:

    ich stelle gerade mit Freuden fest: Der ADMIN (?) hat, Dir Ole, hier als Erkennungsmerkmal ein ähnlich BISS iges Gesicht verpasst wie mir. ;-)

  10. Erik Janson sagt:

    @ Ole,

    bei den 70.000 Notenblättern ist dann nur die Preisfrage,
    wären es:
    a) leere Notenblätter, also 70.000 mal 4’33 oder 0’00“
    (wobei letzteres aber keine GEMA einbringt)
    b) geschredderte Notenblätter oder
    c) Notenblätter mit Mini-Zitaten

    Unter den richtig Tippenden könnte man für den Gewinner die Nominierung für den nächsten Nachwuchspreis der GEMA VERLOSEN. ;-)

    @

    scheinst die idee also nicht so gut zu finden.

    Kann man so nicht sagen, ich betrachte die Sache nur mit dem gegebenen Humor, wie alle.

    Buona notte,
    Erik