ARDITTIade?

vor zwei jahren gab es in donaueschingen die erste „ensembliade“ – klangforum wien, ensemble intercontemporain und ensemble modern spielten „um die wette“. mehrere werke des programms wurden jeweils von unterschiedlichen ensembles gespielt – und damit wurde erstmals auf einem uraufführungsfestival nicht nur „das werk“, sondern auch dessen interpretation zur diskussion gestellt.

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für den interessierten laien – wie auch manchen profi – der eine beethoven-sinfonie der kammerphilharmonie bremen oder der münchner philharmoniker wohl zu unterscheiden weiß, aber bei ensembles gleicher besetzung und gleichen renommees durchaus von einer sehr ähnlichen aufführung eines werkes neuer musik ausgegangen wäre, war das ergebnis überraschend. welchen großen einfluss die interpretation auf die rezeption einer uraufführung hat, wurde vielen erst bewusst, als sie die glühende intensität des klangforums unmittelbar mit dem gepflegten schönklang eines ensemble intercontemporain vergleichen konnte. (selbst maître boulez soll gesagt haben, dass sein ensemble im vergleich nicht das beste gewesen sei…)

es war das verdienst von armin köhler – (mit hilfe der ernst von siemens musikstiftung) – diesen sinnlichen interpretationsvergleich in donauschingen ermöglicht zu haben. der erfolg schrie nach fortsetzung und hier ist sie: in diesem jahr soll eine „quardittiade“ die streichquartettinterpretation zur diskussion stellen.

ardittiadeschon bei den wittener tagen waren die ardittis in den vergangenen jahren mit der präsenz eines neuen streichquartetts unmittelbar konfrontiert worden: mit dem JACK quartet aus den usa. mit interpretationen von kurtag und lachenmann hatten sich die vier jungs aus new york zunächst einen namen gemacht, ihre xenakis-einspielungen (bei mode), die sie anschließend gemacht haben, sind ein muss für jeden quartett-fan und sie bestechen nicht nur durch präzision und technisches können, sondern auch durch eine gewisse schmiegsamkeit des tonfalls, der den uraufführungswerken einen lange nicht gehörten individuellen sound verlieh.

es gibt kein prägenderes streichquartett für die musik der gegenwart als das arditti string quartet. die zahl seiner uraufführungen geht weit in die hunderte. und auch aus klassikern wie beethoven, bartok und janacek – wenn sie einmal auf dem programm stehen – kitzelt es die moderne heraus. prägend ist das quartett entsprechend für die rezeption der werke: wenn arditti string quartet bartok spielt, hört man arditti. wenn arditti ligeti spielt, hört man arditti. wenn arditti ferneyhough spielt, hört man arditti. es ist der segen und der fluch großer interpreten, dass sie alles, was ihnen in die hände fällt zu ihrer sache machen. (ob die callas nun tosca oder carmen singt: es ist callas, die singt.)

werden sich die „rolling stones der neuen musik“ also im vergleich mit anderen quartetten zu „interpretatorischen anpassungen“ hinreissen lassen? oder erneut den standard für uraufführungsinterpretationen setzen?

die ankündigung der „streichquartettiade“ mutet seltsam an. „quARDITTIade“ wirbt man auf der homepage von swr 2. die schreibweise lässt ein „arditti ade“ hervortreten. in baden württemberg meint ade meines wissens so etwas wie good bye. tendenziös finde ich so etwas, also ich muss schon sehr bitten! herr agent, übernehmen sie!

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Musikjournalist, Dramaturg