Stimme aus dem Öff-Öff

Liebe Baddies,
Ohne den Donaueschingen-Blog hier groß unterbrechen zu wollen: heute flatterte mir ein Schreiben des Deutschen Musikrates ins Haus, das doch eure Aufmerksamkeit verdient. In diesem Schreiben informiert Martin-Maria Krüger (Präsident des Musikrats) über einen wahrscheinlich bisher noch nie dagewesenen Vorgang: Der Musikrat hat eine Klage gegen den Bund eingereicht (die jetzt dem Verwaltungsgericht Köln vorliegt). Kurz umrissen geht es um folgendes:
Nach der Insolvenz des Musikrats vor einigen Jahren (ihr erinnert euch) wurde nach der Neukonstituierung eine Rücklage von insgesamt 710.000,-EUR gebildet. Jeder der jemals mit einer größeren Organisation zu tun hat weiß, dass solche Rücklagen nötig sind – schließlich muß man ja beständig den Spagat zwischen dem in Vorleistung gehen (zum Beispiel Honorare, Aufträge, Projekte) und dem steten Zittern um die Mittel aus der öffentlichen Hand bewältigen (von denen man oft erst im letzten Moment weiß, wie hoch sie eigentlich ausfallen werden). Nun hat der Bund die Bildung solcher Rücklagen moniert und hat die Finanzierung des Musikrats um 445.667,-EUR gekürzt (nach Gegenrechnung der Rücklagen). Dies ist natürlich ein ebenso dramatischer Vorgang wie die vor kurzem in den Kommentaren angesprochene Kürzung des eclat-Festivals, vielleicht noch dramatischer, da der Musikrat einfach DIE überregionale Organisation für das Musikleben in Deutschland darstellt, vergleichbar mit zum Beispiel dem Finnish Music Information Centre in Finnland oder der Stichting Gaudeamus in Holland.
Die Klage gegen diesen Beschluss ist also eine Art Rettungsakt – Martin-Maria Krüger moniert nicht ganz zu Unrecht in seinem Schreiben, dass zum Beispiel wissenschaftliche Institutionen durchaus solche Rücklagen bilden dürfen ohne deswegen gleich gekürzt zu werden, wogegen es in der Kultur (z.B. Opernhäuser, Theater, etc.) üblich ist, immer auf einen „0“-Etat hinzuarbeiten, d.h. auf jeden Fall immer alles auszugeben und keine Rücklagen zu bilden, damit man im nächsten Jahr nicht gekürzt werden kann. Daraus resultieren viele skurrile Geschichten – so schuf zum Beispiel ein bekanntes Bayerisches Theater kurz vor Saisonende völlig unnötig echtes Silberbesteck als Requisite an, nur um ja auch an Saisonende auch alles ausgegeben zu haben – denn Sparsamkeit wird von der öffentlichen Hand grundsätzlich mit Kürzung bestraft, denn „man hat es ja dann nicht nötig“.
Diese ganzen Vorgänge sind symptomatisch für unser Kulturleben, in der auf der einen Seite sinnlos Geld für die absurdesten Sachen rausgefeuert wird (um auf jeden Fall einen vorhandenen Etat auszunutzen und zu verbrauchen), anderswo aber aus Geldmangel fast nichts mehr möglich ist und man um jeden Cent betteln muß. Würde es jemandem gelingen, hier den gordischen Knoten zu zerschlagen und Gelder sinnvoller zu verteilen wäre zum Beispiel gerade in der Neuen Musik viel mehr möglich als im Moment, wo momentan eine Hiobsbotschaft die nächste jagt.
Auf jeden Fall darf man auf den Ausgang dieser Klage gespannt sein – ich muß zugeben, dass ich hier auf der Seite des Musikrats stehe, denn ich halte es für wesentlich intelligenter solche Rücklagen zu bilden: nur damit ist eine kontinuierliche Arbeit gewährleistet (die gerade im pädagogischen Bereich, für den der Musikrat ja sehr stark steht, das wichtigste ist).

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Hiermit endet mein Einschub – back to Arno Luecker and his amazing Donaueschingen-Blog.

Den Originalbrief von Krüger könnt ihr auf meiner Homepage sehen…

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3 Antworten

  1. Ach Moritz, was Du als Donaueschingen-Blog-unterbrechende „News“ proklamierst, stand schon vor drei Tagen im KIZ, unserem kleinen Nachrichtendienst. Einfach mal raus aus dem verdienten eigenen Schildkröten-Panzer – und auf die sicherlich primitiv-normale nmz-Website gehen. Da gibts übrigends auch feine neue Videos…
    rät: Theo
    geissler@nmz.de

  2. eggy sagt:

    Ich bin beschämt und ziehe mich wieder in mein Schildkrötenhäusle zurück. Allerdings mögen es 1,2 Leute bei mir gelesen haben, die es bei EUCH nicht gelesen haben.

  3. …bitte, lieber Moritz, bleib hier an der Sonne. Das war meinerseits doch nur ein plumper Guerilla-Marketing-Versuch an sicherlich ungeeigneter Stelle…
    Herzlich: Theo