Worauf man bei Kompositionswettbewerben achten muss
Liebe Baddies,
Unser Buddy Benjamin Schweitzer hat eine Checklist für Kompositionswettbewerbe für den DKV gemacht, die vielleicht für einige von euch von Interesse sein kann. Gerade im Gebiet der Kompositionswettbewerbe wird in letzter Zeit ziemlich Schindluder getrieben und man muß schon manchmal sehr zwischen den Zeilen lesen, um nicht übers Ohr gehauen zu werden.
Hier also Benjamins Checklist:
„Wettbewerbe
Nachfolgende Liste ist das Ergebnis der Eindrücke, die eine Vielzahl unserer Mitglieder im Laufe der Zeit bei Kompositionswettwerben gewonnen haben. Die einzelnen Bedingungen indizieren diesen Eindruck. Sie müssen immer im Gesamtgefüge der negativen und auch der positiven Indizien betrachtet werden.
Blacklist/Checklist Kompositionswettbewerbe
1) Blacklist
(Von einer Teilnahme wird abgeraten, wenn eine oder mehrere dieser Bedingungen gestellt werden)
– Überhöhte Teilnahmegebühr (mehr als ca. 50 €), insbesondere im Verhältnis zum Preisgeld und zur dafür erbrachten Leistung
– Die Teilnahmegebühr muss auf besonders altmodische Weise entrichtet werden (z.B. per Postanweisung, etc.) und kostet den Teilnehmer noch zusätzlich Geld
– Komponist verpflichtet sich zur Komposition von weiteren Stücken, die quasi mit dem Preisgeld im voraus „abgegolten“ werden
– Unangemessen niedriges Preisgeld oder schwammige Formulierungen („bis zu x €“, „vorbehaltlich der Bewilligung“) – Vorsicht auch bei Fremdwährungen, viele Nullen sind nicht immer viel Geld!
– Zwangsinverlagnahme des prämierten Stückes, insbesondere durch obskure Verlage
– Preisgeld soll zugleich unbeschränkte Nutzungspauschale für das Werk durch den Veranstalter sein („total buy-out“) – insbesondere: unentgeltliche Aufführung (das bedeutet: keine GEMA, keine Materialgebühren!), Aufnahme, Veröffentlichung.
Wenn also die Bedingung sein sollte, sämtliche Rechte einem Auslober einzuräumen, dann ist diese Bedingung schon deswegen in der Regel nicht einhaltbar, wenn der Teilnehmer zuvor mit der GEMA oder einer anderen Verwertungsgesellschaft einen Wahrnehmungsvertrag (oder Berechtigungsvertrag) abgeschlossen hatte, worauf der jeweilige Teilnehmer bei einer Anmeldung zu einem Wettbewerb dann hinweisen sollte.
– Exklusive Aufführungsrechte sollen (über die Uraufführung hinaus) beim Veranstalter bleiben
– Eine Aufführung des potentiell preisgekrönten Werkes ist nicht vorgesehen oder nur dubios angekündigt (z.B. „Der Wettbewerb xxxx bemüht sich um eine Aufführung des preisgekrönten Werkes“)
2) Checklist
(Diese Bedingungen sollten genau geprüft und ins Verhältnis zur sonstigen Attraktivität des Wettbewerbs gesetzt werden)
– Verpflichtung zur Anwesenheit bei Preisverleihung ohne Übernahme der Reisekosten
– Einsendung einer großen Anzahl von Exemplaren des Werkes gefordert
– Keine Materialrücksendung (auch nicht gegen Rückporto bzw. trotz Teilnahmegebühr)
– Unangemessene oder alberne Einschränkungen bzw. Vorgaben bei Besetzungen und Thematik
– „Call for Scores“-Wettbewerb (Aufführung ohne Preisgeld), aber an Uraufführung geknüpft
– Jury wird nicht genannt oder besteht aus völlig unbekannten Persönlichkeiten
– Preisgeld wird an weitere Bedingungen geknüpft (Einstudierung des Werkes, Vorträge, etc.)“
Und wenn ihr mal Lust habt: erzählt doch mal von euren SCHLIMMSTEN Erfahrungen bei Kompositionswettbewerben. Hier wäre der richtige Ort, um mal so richtig über schwarze Schafe in diesem Gebiet offen zu sprechen und sie als Warnung für andere Kollegen anzuprangen. Ich persönlich hätte da gleich mehrere Geschichten auf Lager….
Euer Bad Boy
Moritz Eggert
Komponist
Hallo Moritz,
den „buddy“ laß ich dir mal durchgehen ;-), aber sei nicht zu bescheiden: etwa die Hälfte der Tips in der Liste stammt aus deinem Erfahrungsschatz, der in der Hinsicht vermutlich weitaus reicher ist als meiner und vor allem durch die Praxis erhärtet.
Ich lese mir die meisten Wettbewerbsausschreibungen ja nur durch und lege sie gähnend beiseite, weil schon auf dem Papier fast immer irgendein Haken dabei ist.
Schöne Grüße,
B.
Die Erfahrungen der Badlist kann ich nur teilen und die Thematisierung hier begrüßen. Auch ich nehme an Wettbewerben mit überhöhten Preisgeldern und Bedingungen wie oben aus Prinzip nicht teil.
Zu ergänzen meinerseits, dass vor allem mit italienischen und US-amerikanischen Wettbewerben/Ausschreibungen man gehäuft solche Erfahrungen macht (hohe Startgelder, keine Materialrücksendung, keine Jury-Nennungen, schwammige oder sogar gar keine In-Aussicht-Stellung, bzw. bis hin zu völliger INtransparenz.).
Man kann nur hoffen, dass immer mehr Komponisten diese Wettbewerbe ignorieren, wie „verlockend“ oder renommiert sie auf dem Papier auch klingen mögen, und auch wenn man sich an jeden Wettbewerbs-Strohalm klammert…
Problem ist: wo vorher schon fest steht, dass gekungelt wird (oder der Verdacht auf Grund der INtransparenzen sich aufdrängt), da kann man mit Blacklists oder Mundpropaganda (da bloß nicht mit machen!) auch nicht viel erreichen oder an der Mentalität der Ausschreibenden ändern. Denn diejenigen, die dort gepuscht werden, die werden natürlich teilnehmen.
Vielleicht sollte man mit der Badlist noch weiter gehen
und die Wettbewerbe beim Namen nennen sowie zu Boykotten aufrufen.
Fazit: auch hier wieder die Crux: ich glaube, das PROBLEM ist mittlerweilem längst ALLEN bekannt. Jeder von uns hat auch mit solchen Dingen schon Erfahrungen gemacht und sich darüber vielleicht geärgert etc.) Und es ist wie beim schon fest gestellten „Festivalschaulaufen“, „Vetternwirtschaften“ etc.):
Die Fragen, die sich stellen wären also eher:
WANN WIRD GEHANDELT?
WER FÜHLT SICH ANGESPROCHEN, VERANTWORTLICH, MIT-Verantwortlich?
WER ZIEHT SEINE KONSEQUENZ? (als Komponist und/oder als Ausschreibender von Wettbewerben/Organisation etc.)
Das muss jeder für sich selbst beantworten und vor seinem EIGENEN GEWISSEN (daher: Ernst Bloch et al, die ich an anderer Stelle in den Blogs zitierte/nannte)
Im Grunde sind es ja nicht nur die italienischen usw. Wettbewerbe, die höchst unseriös sind. Eigentlich gehören viele deutsche Wettbewerbe auch dazu (Stuttgart, Busoni-Preis etc.). Ich kann da nur zum googeln aufrufen. Man vergleiche 1.) Wer – sagen wir z. B. X – hat beim Wettbewerb A schon alles gewonnen? 2.) Wo hat X studiert – sagen wir bei Y? 3.) Und saß Y zufällig beim Wettbewerb A, bei dem X oder ganz viele Xe seit Jahren gewinnen, in der Jury?
@Erik Janson: Sie forderten die Nennung von Namen! Gut so! Man ergoogle sich mal „Hanspeter Kyburz“, „Wettbewerb“, „Jury“ oder so… und dann schaue man nach den Gewinnern, die – holla! – fast alle bei Kyburz studiert haben. Nein, sowas!!
Wenn man von der Tatsache absieht, daß natürlich allenthalben Korruption und Schwindel herrscht und die Freimaurer und die Illuminaten sowieso, muß man einfach mal sagen, daß der „Kompositionspreis der Landeshauptstadt Stuttgart“ eine der vorbildlichsten Wettbewerbssauschreibungen ist, die es in der Musikszene überhaupt gibt:
Keine Vorgaben hinsichtlich Alter des Komponisten, Besetzung, Aufgeführt- oder Verlegt-Sein des Werkes, keine Teilnahmegebühr, anstandslose Rücksendung der Unterlagen, man muß nur eine einzige anonymisierte Partiturkopie einschicken, und ein beachtliches Preisgeld winkt.
Entsprechend sind unter den Preisträgern der letzten Jahre eine Menge sehr respektabler Komponisten, denen man nicht unterschieben muß, daß sie nur durch Protektion da hingekommen sind, wo sie stehen, im Gegenteil. Und ein paar Überraschungssieger sind auch immer mal dazwischen.
Daß es dann auch die üblichen Verdächtigen gibt und auch einige Namen, von denen man davor und danach (zu Recht? zu Unrecht?) nie etwas gehört hat, hat halt mit dem Wesen von Wettbewerben zu tun, das ist bei Geigern oder Architekten auch nicht anders. Es wird ja keiner gezwungen, sich an sowas zu beteiligen.
Eigentlich ging es bei dem Beitrag von oben gerade NICHT darum, noch eine Steilvorlage zu liefern, damit jetzt zum 100sten Mal in diesem Blog über die böse Protektion geklaget wird und darüber, daß der gute Daniel Smutny schon wieder usw., sondern einfach um eine nüchterne Auflistung dessen, worauf man so achten sollte und womit einen Wettbewerbsveranstalter über den Tisch zu ziehen versuchen.
Ein Gleiches übrigens müßte man mal mit Konditionen von Kompositionsaufträgen machen. Zeit und Lust, Moritz? Ich bin dabei.
Schöne Grüße,
B.
@ Benjamit Schweitzer und Moritz,
Ich frage mich aber dann (wenn ich so die letzten Comments lese), warum wurde es dann ÜBERHAUPT rein gebloggt das Thema „Wettbewerbe“, wenn keine sog. „Steilvorlagen“ (zu was?) geliefert werden sollten….?
Nur um hier Kritikpunkte zu sammeln und dann wieder glatt zu bügeln? Oder
Denn, dass man auf die genannten Punkte achten muss (oder auch nicht, weil es kaum eine Rolle mehr spielt,
das wissen eigentlich die meisten, denke ich mal
Die Kriterien, nach denen Wettbewerbe eigentlich organiseirt werden MÜSSTEN, damit es transparenter oder gerechter oder wie auch immer zu geht, die sind – unterstelle ich mal – nahe zu ALLEN Beteiligten bekannt.
Summa Summarum: Es am besten halten wie z.B. ein Nikolaus Brass oder ein Kurtag et al: sich nicht um Wettbewerbe scheren, sein Ding machen. Wenn man mal was hin schickt: direkt wieder vergessen wem man was geschickt hat. Und bloß über nichts aufregen. Das schlägt nur aufs Gemüt und auf die Kreativität.
Wettbewerbe sind eigentlich das Kreativitäts-und Motivations-feindlichste, was man sich vorstellen kann.
Die echten Genies werden ENTDECKT…
Diejenigen, die renommierte Wettbewerbe gewinnen, gehören NICHt zu den „Genies“….
Buona notte,
Erik
@ N.B.
danke für den Hinweis: aber ich denke: gerade das Googeln nach Wettbewerben, Beziehungen (wer mit wem, wer wohl warum welchen Wettbewerb gewonnen hat, weil XY in der Jury saß).
Das sind eben alles Dinge, die uns alle lähmen bzw.
die von der eigentlichen SACHE, der Musik weg bringen
und nur Neid, Missgunst oder sonstiges erzeigen können.
Lasst uns in unser Schicksal fügen und damit abfinden,
dass es gleichere Leute als gleiche gibt.
@Erik: es gibt durchaus auch Komponisten, die nicht so bewandert in formalen Dingen sind, vor allem auch der kompositorische Nachwuchs, der vielleicht zum ersten Mal solche Wettbewerbe mitmacht. Und so eine übersichtliche Sammlung ist dann gerade hier sinnvoll, denn sie kann gut im Web gefunden werden. Danke also an Moritz & Benjamin
sonderbar. ich wundere mich. ich hab da dieses problem – mein ziemlich gutes gedächtnis, denn als ich die ersten zeilen dieser liste von benjamin gelesen hatte, musste ich sofort an das denken http://www.komponistenverband.de/content/view/295/112/
benjamin hat ja ganz bescheiden darauf hingewiesen, dass die hälfte der tips aus dem reichen erfahrungsschatz von moritz stammt. also wenn ich das hier lese, habe ich doch den eindruck, dass alles von moritz stammt, teilweise sogar wortwörtlich, nur etwas gekürzt. naja mir soll das egal sein. moritz hatte damals in seinem artikel sogar darum gebeten, schwarze schafe der redaktion des dkv zu melden. moritz bittet hier auch darum, benjamin nicht – wie nun, warum eigentlich nicht?
ich finde solche checklisten gefährlich, denn sie pauschalisieren. nehmen wir mal gleich den zu beginn genannten betrag von 50 euro (übrigens der gleiche betrag wie im artikel von moritz) oder die warnung vor wettbewerben aus dem oder dem land. mehrlicht hat richtiger weise auf junge und noch nicht so bewanderte komponisten verwiesen. genau die werden durch solche checklisten irritiert und gerüchte werden gestreut. wenn z.b. ein internationaler wettbewerb in sizilien ausgeschrieben wird und ein komponist im fall der auswahl für eine finalrunde mit aufführung des werkes 150 euro zahlen soll, schreckt das natürlich einen jungen komponisten, der die checkliste gelesen hat ab. dass der veranstalter allerdings im gegenzug die reisekosten nach sizilien und das hotel trägt, ist schon nicht mehr wichtig. und gleich zu beginn des textes rät benjamin ab, wenn nur eine …. entschuldigung, aber ich finde, es braucht schon eine individuellere und detailliertere betrachtung der dinge.
ich glaube auch, dass kein wettbewerb – auch nicht in stuttgart – vor „pannen“ sicher ist. mir ist selber schon einmal beim wettbewerb der weimarer frühjahrstage so etwas passiert. ein juror setzte sich sehr engagiert für ein bestimmtes stück ein. beim öffnen der anonymen umschläge mit den adressen kam dann plötzlich – ach das ist ja ein schüler von mir – das hätte ich ja nie gedacht. peinlich. zum glück war es nur eine vorauswahl. für mich als veranstalter stand danach nur eins fest – der juror war das letzte mal dabei. bedenklich wird es natürlich dann – wie hier schon von e.b. erwähnt – wenn sich so etwas wiederholt. vielleicht hat ja auch der andrang bei bestimmten kompositionsprofessoren mit deren überpräsenz in jurys oder berufungskommissionen zu tun … es ist außerdem kaum zu verhindern, dass man als juror mal ein stück oder einen komponisten erkennt. nur das sollte man dann auch sagen und trotzdem eine objektive einschätzung geben – wenn man das kann – oder sich zu dem stück enthalten. das problem ist allgemein bekannt. die frage ist, welche konsequenz der veranstalter, der juror oder der komponist daraus zieht und ob es eine öffentlichkeit gibt, die das problem konkret hinterfragt und offen benennt. aber ohne namen wird das kaum möglich sein.
ich komme zurück zur checkliste. ich kann mich leider nicht der meinung von mehrlicht anschließen, der solche listen insbesondere für junge nachwuchskomponisten für sinnvoll hält. dafür sind sie schlicht zu pauschal. sollte so etwas nicht vielmehr inhalt eines kompositionsstudiums sein? sollte ein junger komponist nicht besser seinen lehrer um rat fragen, als sich irgendwelche tips aus dem (nicht immer korrekten) internet zu holen? ist es nicht auch an der zeit, einmal studieninhalte an deutschen hochschulen zu hinterfragen? welche informationen bekommen dort studenten zu kompositionswettbewerben? dazu sollte übrigens nicht nur gehören, welche wettbewerbe seriös oder nicht sind, sondern wie man sich bewirbt. ich wundere mich immer wieder wie viele komponisten abtörnende lose-blätter-sammlungen zu wettbewerben schicken, höchstens mit einer büroklammer zusammengehalten und die leider noch nicht die wundervolle erfindung einer einfachen ringbindung für 1,50 euro entdeckt haben usw.
übrigens – auch zu kompositionsaufträgen und honoraren gibt es schon erhebungen und richtlinien – kann man alles beim deutschen komponistenverband nachlesen. das gibt es alles schon. bitte nicht noch eine checkliste, um das sommerloch zu füllen. auftragskonditionen, honorare, wettbewerbe, bewerbungen, gema, urheberrecht u.a. – das müssen auch inhalte des kompositionsstudiums sein. leider ist die ausbildung genau in diesen bereichen an vielen (nicht allen) hochschulen als mangelhaft zu bezeichnen. aber um eine studie über solche dinge drücken sich irgendwie alle. vielleicht deshalb, weil man sich dann die frage stellen könnte, warum und wofür an mehr als 20 deutschen musikhochschulen überhaupt komponisten ausgebildet und jedes jahr in eine ungewisse zukunft entlassen werden.
Johannes K. Hildebrandt
Lieber Johannes,
Deine Kritik in allen Ehren und so Recht Du auch hast, dass die Kompositionsprofessoren da vielleicht doch auch etwas Aufklärungsarbeit leisten könnten – ich finde es schadet nicht, solche Informationen in immer wieder neu aufbereiteter Form an verschiedenen Stellen zu wiederholen – und leider sind ja auch nicht alle jungen Komponisten beim DKV oder bekommen dessen Publikationen mit, da ist das hier schonmal ein offeneres Forum das noch einmal Andere erreicht. Wie die GEMA wirklich genau funktioniert, wissen auch nur die Wenigsten, obwohl diese Info überall zugänglich ist, da muß man auch immer wieder Aufklärungsarbeit leisten, warum also nicht auch hier?
Natürlich kann ich Dir nur zustimmen, dass es am Besten wäre, dem DKV beizutreten, um solche Informationen regelmäßiger zu bekommen, das kann man allen nur raten!
Benjamins Version bezieht sich natürlich auch auf meinen schon etwas älteren Artikel, und hat demgegenüber den Vorteil, etwas konziser und übersichtlicher zu sein, während mein Artikel ja eher so ein Überblick ist.
Und das sogenannte Sommerloch ist genau der richtige Moment für so einen Artikel – genau dann nutzen ja viele die mehr verfügbare Zeit, um ihre Partituren überall rumzuschicken, praktischerweise sind auch besonders viele Einsendeschlüsse im September oder Oktober…Und mich würde schon interessieren, was so zu dem Thema zu erzählen ist – schon allein Dein Bericht aus eurem Wettbewerb bestätigt natürlich viele Vermutungen der Kollegen, man wird so etwas aber auch nie vollkommen verhindern können (ihr gebt ja euer Bestes dafür, aber wie sieht es woanders aus?), schliesslich gibt es so etwas überall. Aber darüber sprechen sollte man schon, vielleicht ist es hier leichter mal etwas zu erzählen, als jetzt speziell einen Brief an die NMZ oder den DKV zu schreiben.
Besonders interessieren mich negative Erfahrungen bei GEWONNENEN Wettbewerben, das sind nämlich eigentlich die schlimmsten. Mein Kollege Markus Schmitt war zum Beispiel mal bei einem Wettbewerb in Rom Preisträger, bei dem die Wettbewerbsteilnehmer letztlich ihre Preisgelder mit Polizeigewalt eintreiben mussten, sonst hätten sie sie nie bekommen. Das angekündigte „im Fernsehen übertragene“ Preisträgerkonzert fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einem kleinen Konzertsaal statt, bei dem immer die selben 2 Personen so gesetzt wurden, dass es nach mehr Publikum aussah, die Aufnahme war natürlich auch nicht fürs Fernsehen, etc.
So etwas kann einem auch ein Kompositionslehrer nicht vorher erzählen, denn das sind einfach Erfahrungsberichte (dieser spezielle Wettbewerb war zum Beispiel von der Ausschreibung her gar nicht so negativ auffällig, erst vor Ort stellte sich der Murks raus).
@Johannes – ich ging auch nicht davon aus, dass junge Komponisten solchen Gefahrenlisten blind vertrauen, sondern dass sie auch differenzieren können, z.B. wo eine Teilnahmegebühr sinnvoll erscheint. Dennoch sind gerade Anfänger dankbar, wenn sie einige Hinweise gerade bei den formellen Dingen bekommen. Von den Hochschulen (meine Erfahrung) gibt es da auch wirklich (noch) zu wenig Unterstützung. Es kann aber umgekehrt auch keinen „idealen“ oder „Standard“-Wettbewerb geben, da jeder Veranstalter, jede Stiftung etc. andere Prämissen hat. Also, ich finde die erneute Aufbereitung gut und denke und hoffe, das wird auch von Wettbewerbs-Debütanten mit Verstand gelesen.
Lieber Johannes,
etwas müde, bin den ganzen Tag in einer schönen alten Hansestadt herumgelatscht, aber rasch noch ein paar Antworten zu deiner Kritik an dem Beitrag.
Die Liste ist etwa halbe/halbe von Moritz und mir, und, ja, einiges basiert auf einem Artikel, den Moritz vor drei Jahren für die DKV-Zeitschrift geschrieben hat. Der entscheidende, und, wie ich finde, ganz sinnige Unterschied ist, daß ich versucht habe zu differenzieren, bei welchen Bedingungen man wirklich die Finger davon lassen sollte und wo man halt einfach nur selbst überlegen muß, ob die Beteiligung einem so wichtig ist, daß man bestimmte Konditionen akzeptiert.
Warum das alles jetzt nochmal? Weil ich mich immens über diese Bluthochdruck-und-Lübeck-Ausschreibung geärgert und daraufhin dem DKV vorgeschlagen habe, daß eine knappe Liste in jeder Ausgabe der Mitgliederzeitschrift zusammen mit der Veröffentlichung der Wettbewerbsausschreibungen abgedruckt wird. Der DKV-Justitiar hat das Ganze übrigens auch nochmal gegengelesen.
Allerdings sollte man die Breitenwirkung von Veröffentlichungen des Komponistenverbands nicht überschätzen, die von dir angesprochenen Texte sind auch auf der Internetseite des Verbandes nicht so leicht zu finden. Daher habe ich Moritz‘ Vorschlag zugestimmt, den Text auch hier nochmal abzudrucken. Wer darüber schon alles weiß, muß es ja nicht lesen.
Ganz konkret, weil du darauf eingingst: wenn da steht „- Überhöhte Teilnahmegebühr (mehr als ca. 50 €), insbesondere im Verhältnis zum Preisgeld und zur dafür erbrachten Leistung„, sehe ich nicht, wie das jemanden davon abhalten soll, sich an einem Wettbewerb zu beteiligen, wo er für 150 Euro Gebühr Reise und Übernachtung nach Sizilien bekommt. Ich hab mir schon was gedacht bei den Formulierungen. Natürlich ersetzt das alles nicht eigenes Denken.
Mit Sicherheit aber ist es mehr, als einem an den meisten Hochschulen zu dem Thema erzählt wird, und da gebe ich dir völlig recht: eine Diskussion darüber, inwieweit oder vielmehr -wenig einen die derzeitige Generation von Hochschulprofessoren auf die tatsächliche Praxis des Komponistenlebens vorbereitet, wäre notwendig und hier vielleicht auch nicht der schlechteste Ort dafür. Aber jetzt gehts ja erstmal um Jörg Widmann, das wird sicher noch eine Weile für Gesprächsstoff sorgen.
Schönes Wochenende noch,
B.
@ Eggy und Benjamin Schweitzer,
das, was ihr beide hier treibt ist nicht selbstreferentielles Geschrubbe (über das ihr euch vielleicht lustig macht) sondern selbstreferentielles Gewichse.
Da möchte sich Eggy selbst zitieren und, um Benjamin Schweitzer ins Gespräch zu bringen, schiebt er seinen eigenen Artikel in gekürzter Form diesem unter.
Das gibt B.S. wiederum die Gelegenheit einen Kommentar zu schreiben, in dem er sich von der Sache scheinbar distanziert, um der Öffentlichkeit seine „gähnende Coolness“ gegenüber Kompositionswettbewerben demonstrieren zu können.
Seine eigenen „Erfolge“ im Auswahlverfahren diverser Stipendiengeber verschweigt er.
In der Summe war das für beide eine typische win-win-Situation, erreicht über ein Täuschungsmanöver.
Das „Klüngeln“ der Juroren bei Kompositionswettbewerben funktioniert übrigens auf die gleiche Art.
Und so ist es auch nicht verwunderlich, wenn B.S. nicht zum 100sten Male etwas von böser Protektion hören will, ist er doch selbst ein Produkt eben dieser Protektion (diesmal ausgeübt in einem minder schweren Fall von Eggy)
Ihr seid doch alle nur schwule Cowboys.
Weiter Wichsen!
– wechselstrom –
Endlich mal ein luzider Beitrag von Wechselstrom.
Zur Rolle von Rihm und Widmann: Von Wolfgang Rihm habe ich, nachdem er stark begonnen hat, seit den frühen 90-er Jahren spätestens nichts von Bedeutung mehr gehört, nur substanzlose Bläschenbildung, die der Musikbetrieb für sein Schaumbad braucht. Und der Widmann ist einfach in seine Fußstapfen getreten, was sich obendrein ganz gut zusammenfügt, weil er mit Rihms neuesten Klarinettenkonzerten auf Tour geht.
Mal ganz ehrlich, Moritz: Wo ist da bitte schön etwas Befreiendes, einen Ländler zu zitieren? Ist die Darmstadt-Community für dich der musikalische Weltnabel? Finde ich eher zum Lachen, so eine Vorstellung. Das Ländlerzitat hat übrigens auch Walter Zimmermann gemacht, und zwar noch extensiver als Rihm, zum Teil strukturell konsequenter (diese Stücke finde ich denn auch überzeugend), zum Teil sehr langatamig und hölzern.
Liebster Wechselstrom,
Als heruntergekommener schwuler Cowboy freue ich mich immer wieder über Deine luziden Beiträge, so voller substanzvoller Bläschenbildung (im Gegensatz zu Wolfgang Rihm, siehe Arty Olli), dass es immer wieder eine Schau ist. Ich finde es toll, dass der berühmte Wiener Sprachwitz, das intellektuell anspruchsvolle Bonmot, die kluge Artikulation von interessanten Gedanken, ja überhaupt die großartige österreichische literarische Tradition im Sinne von Horvath, Bachmann, ach was sage ich, JOHANN LUDWIG DEINHARDSTEIN in all ihrer Leichtigkeit, Grazie und Schlagfertigkeit in Dir so lebendig ist.
„Weiter Wichsen!“ – einfach köstlich, da muß man erst mal drauf kommen auf so einen im wahrsten Sinne des Wortes spritzigen aber auch sublim entlarvenden Satz, einfach großartig!
Franzobel, der ja bald in Deiner hochwichtigen Galerie liest, reicht an solche geistige Grösse noch nicht ganz ran, richte ihm aber bitte dennoch schöne Grüsse aus, wir arbeiten ja gerade zusammen an einer „Bordellballade“,
Ganz herzlichst,
Dein
alter „Wichser“ (hihi, köstlich, einfach köstlich, bitte mehr davon),
Moritz
Hallo Moritz,
von Cowboy zu Cowboy empfehle ich:
Schöne Grüße,
B.
(Übrigens ist der gute Wechselstom aka Christoph Theiler auch mal Stuttgartpreisträger gewesen (1982 oder so), aber natürlich ganz ohne Protektion.)
http://www.angryalien.com/aa/brokebackbuns.asp
Lieber Eggy,
Den Franzobel hinten anzustellen, um mir Honig ums Maul zu schmieren lehne ich ab.
Sei froh, dass du so einen fabelhaften Autor als Librettisten gewonnen hast – das kann jeden, mich eingeschlossen, nur neidisch machen – und benutze ihn nicht, um hier komisch zu werden.
Also: Schöne Grüße werde ich ihm übermitteln, den Rest macht´s euch untereinander aus.
Wäre schön, wenn ihr die Bordellballade hier in Wien , bspw. im Konzerthaus oder noch besser, im Musikverein, oder am besten im Stephansdom (im Kirchenstyle komponiert mit Orgelbegleitung) zur UA brächtet – ich reserviere hiermit zwei Plätze – kurzer Hinweis über Datum und Ort auf der Liste (da kann man Eigenwerbung schlecht vorwerfen) wäre hilfreich.
Mit Dank für weitere Infos über das Projekt
– wechselstrom –
Übrigens: Selbstreferentialität, das ist allgemein bekannt, ist die Basisoperation für Bewusstseinsbildung eines Systems.
Über das System „Neue Musik“ und dessen Bewusstsein zu sprechen, geht nur über den Begriff der Selbst- (und folglich auch Fremd-)referentialität, und da bleibt es nicht aus, auch die Zirkelschlüsse/ Kurzschlüsse/ Klüngeleien/ (Cowboy-Lagerfeuer-Aktivitäten) etc. zu benennen, will man eine Analyse des Systems herbeiführen, die weitere Operationen und somit auch Einflussnahmen erlauben.
@ Benjamin Schweitzer: Über den Stuttgarter Kompositionspreis habe ich im Bad-Blog an anderer Stelle bereits Auskunft erteilt.
Ähem: Weiter googeln bzw. weiter googlen“
@ Moritz Eggert, @all,
Bravo Wechselstrom, was Du zum Thema Selbstreferentialität schreibst und zum Problem, wie man auf dieselbe reagieren/sie kritisieren kann OHNE
sich „außerhalb des Systems“ zu stellen.
Antwort: das geht zynischerweise nicht, ohne von denen, die DRIN sind excludiert zu werden.
@ Sprachstile („wichsen“ etc.): mal ganz ehrlich: das hier ist ein „Bad Blog“, und da sind auch mal andere als spätbürgerliche, Romantik-sehnsüchtige Ei-ta-tei-Sprachvarianten möglich und es können auch mal schlimme Wörtchen benutzt werden…
Und, lieber Moritz: auch ich habe vor gehabt, mit einem längeren Blogtext auf das Thema „Widmann“ und Rihm etc. und die Misere einer neoliberal-abgesettelten Szene ein zu gehen, habe aber dann diesen nicht abgepostet bzw. wieder gelöscht. Warum?
Ich habe gemerkt, dass mein Beitrag zu seriös, zu inhaltlich, zu substantiell war und dass ich mich hier nicht wieder einer ästhetischen und kulturpolitischen Glattbügelei und Relativierungen aussetzen wollte.
Zur Genüge wurden hier schon von so vielen Leuten kritische Dinge udn Perspektiven rein gepostet.
Es GEHT Euch (vielen hier) eigentlich kaum darum, substantiell über ästhetische oder kulturpolitische Problematiken ernsthaft (jeder jeden ernst nehmend) zu diskutieren, oder dass jeder mal für SICH Konsequenzen zieht für sein Schaffen/seine Einstellung, das ist mir seit längerem aufgefallen.
Sobald mal Substantielles rein kommt, die Diskussion ansatzweise mal auf den Punkt kommt, wird ENTWEDER
wieder alles „glatt moderiert“ oder aber es kommen
Provokationen, Beschimpfungen oder Trollbeiträge ins Spiel. Und schon ist man wieder beim ANFANGS bzw. ENDPUNKT des Diskurses.
Und: gegen Gepflegte Romantik und unter Moderne daher kommende Sehnsucht nach der Akzeptanz von Abonnementpublikum (aka Ländlerzitate etc.),
da hilft ja vielleicht wirklich, wenn wir „jungen Wilden“
mal anfangen, auch Bordell-Balladen (oder Furioso- und Fortefortissimo gebrüllte Wichsvorlagen zu komponieren. Warum nicht?
Wäre mal was anderes.
In der Kunst etc. und in anderen Richtungen ist das lange gang und gäbe. Nur die Musik ziert sich. Darüber können auch Titel wie „Ballack du GEILE Schnitte“ kaum darüber hinweg täuschen.
Auch ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, dass
hier zwar Raum für Kritik scheinbar gelassen wird.
Dass aber letzlich das BESTEHENDE und der STATUS QUO
(Festivalschaulaufen, die ewig prominenten Komponisten und deren kritiklose Verteidigung durch Musikjournaille und Mit-Profitierende Kollegen etc.) dann umso mehr wieder durch die Hintertür rehabilitiert wird.
Schönen Tag noch,
E.Janson
@ Blogger,
zum Thema: „Das SCHÖNE, WAHRE, GUTE oder
neoliberale Förderschienen …(wir fördern nur, was die Leute angesichts aller „Krisen“ „POSITIV“ stimmt –
also zum: weiter so…)
Mal die Folgende GLOSSE zur Diskussion:
http://www.nmz.de/online/wie-ich-einmal-dem-wahren-schoenen-und-guten-nachrichtlich-dienen-durfte
Angesichts dieser Perspektiven für uns. Da ist es für mich kein Wunder mehr, wenn hier immer wieder mit angezogener Handbremse gebloggt wird.
Wenn Erik der Meinung ist, dass in diesem Blog sowieso nichts Seriöses geäußert werden kann, warum postet er dann noch? Ich finde diese Haltung zutiefst demokratiefeindlich und Ausdruck des Selbstverständnisses der neuen bundesrepublikanischen Aristokratie, zu der man immer gerne dazugehören will. Von 100 Schuß (=Beiträgen) gehen nun einmal vielleicht 55 daneben, so ein Blog ist nun einmal kein Doktorandencolloquium, aber dafür hat das Blogformat andere große Vorteile, die nicht weniger zur Wahrheitsfindung beitragen. Zu Sokrates Zeiten gab es auch noch keine Universitäten und auch noch keinen Buchdruck, und trotzdem interessieren uns seine Dialoge heute immer noch, vielleicht auch gerade deshalb, weil es keine doppelten Böden und dreifachen Dächer im Diskurssystem gab. Das Gleiche möchte ich für den Musikbetrieb betonen: Am schönsten ist es immer, wenn man ganz von vorne bei rotem Sonnenaufgang um acht Uhr morgens mit Kaffee, Brötchen und einer Zigarette anfängt, will sagen, wenn es noch keine Konzertagenturen, dubiosen Manager, verkrampfte Verlagsscoute, die ihren mittelmäßigen Schrott unbedingt platziert haben wollen, gibt.
@Erik:
D.h. wenn z.B. Arno, Patrick oder auch ich (und natürlich nicht nur wir) kritische Artikel schreiben, dann ist das nur „scheinbar“ kritisch? Woran genau willst Du das festmachen? Und dass Diskussionen hier angeblich überhaupt nichts bewirken und auch keine gedanklichen Konsequenzen für die Beteiligten haben – ist das nicht einfach nur eine Behauptung? Ich kann Art-Olivers obigem Beitrag voll zustimmen.
Ein Diskussionsvorschlag: Lassen wir doch alle mal die redundanten Vermutugen weg, jemand wollte irgendwem ans Leder oder irgendwas glatt bügeln. Ich glaube über das Anfangschaos sind wir in diesem Blog langsam hinaus, man muß es nicht immer wieder künstlich heraufbeschwören. Dann könnten wir uns nämlich viel besser auf die wesentlichen Elemente der jeweiligen Beiträge konzentrieren und an der Weisheit der anderen mehr teilhaben (das meine ich jetzt nicht im Geringsten ironisch). Manchmal versteckt sich diese Weisheit aber hinter GROSSBUCHSTABEN und !!!!!!Ausrufezeichen!!!!!!!! und Wichsvorwürfen…schade, eigentlich.
Du schreibst:
…und ihn deswegen allen Ernstes nicht gepostet?
Aber dann bitte nicht über fehlendes Niveau schimpfen, oder?
@Art-Oliver: „[…] mittelmäßiger Schrott […]“. Ich verbitte mir diese subtile Anspielung auf unseren besten deutschen Musikverlag (in gewissen Kreisen auch „die gelbe Gefahr“ genannt…).
@ Sehr geehrter Herr Simon,
ich wüsste nicht, warum wir uns plötzlich mit Vornamen anreden sollen.
Und wenn ich mir so anschaue, was Sie in IHREM
eigenen Blog an wilden Theorien auf stellen
und da sogleich dann kritische Blogantworten/Beiträge
zu Ihren abstrusen, andere diffamierenden Blogeröffnungen einfach ab blocken, dann
frage ich mich, warum SIE hier ausgerechnet von
„Demokratiefeindlichkeit“ sprechen wollen.
Also bitte nicht mit zweierlei Maß messen oder im
eigenen Blog wenigstens Kritik zu lassen.
@Benjamin Schweitzer
Was ist sie denn, diese „tatsächliche Praxis des Komponistenlebens“?
Stefan (der noch studiert)
Lieber Stefan,
“tatsächliche Praxis des Komponistenlebens” war vielleicht ein bißchen pauschal formuliert. Es ging in dem Fall nicht um „alles, was einem Komponisten so begegnet“, sondern um denjenigen Bereich des Komponistenlebens, der nicht mit Kunst und feinen Klängen zu tun hat, sondern eher mit der täglichen Arbeit im Nicht-Künstlerischen, die zwar nervig, aber auch notwendig ist – jedenfalls dann, wenn man vorwiegend freischaffend tätig sein möchte.
Was ich damit meinte, ist, daß man an der Musikhochschule viel über Ästhetik und Kompositionstechnik und Musikgeschichte lernt und ob man den Triller von oben oder unten ansetzt etc. etc.
Was man sehr oft aber nicht lernt, ist, wo und wie man z.B. einen Förderantrag stellt, was in einen Auftrags- oder Verlagsvertrag reingehört und was nicht, daß und warum es wichtig ist, in die GEMA einzutreten und wie dieselbe funktioniert, und auch ganz generell, was man sich so für seine berufliche Perspektive an Strategien überlegen sollte: also, womit man als Komponist seinen Lebensunterhalt verdienen will und kann und wie man das anstellt.
Sehr viele Komponisten, die ich kenne, sind nach ihrem Studienabschluß in eine Phase ziemlicher Orientierungslosigkeit und oft auch existenzieller Not geraten, weil sie im geschützten Biotop der Musikhochschule wenig damit konfrontiert worden waren, daß man nicht automatisch mit Aufträgen und Aufführungen überschüttet wird, auch wenn man vielleicht immer die schönsten Spektralharmonien der ganzen Kompositionsklasse geschrieben hat.
Nun muß man dazu natürlich sagen, daß sich ein Künstler ständig irgendwie (neu) orientieren muß und Verunsicherung per se auch mal künstlerisch fruchtbar sein kann.
Und, ja, (ich komme Herrn Jansons Einwand zuvor), die materielle Seite des Komponistenlebens ist rein äußerlich, und man sollte nicht sein ganzes Tun und Trachten vor allem darauf richten, wo und wie man am Besten an die fettesten Fördertöpfe, Preisgelder und Stipendien herankommt.
Es hilft einem aber auch nicht weiter, wenn man in dieser Hinsicht so wenig Kenntnisse und Fähigkeiten entwickelt oder vermittelt bekommen hat, daß man hauptsächlich für die Schublade komponiert oder sogar gar nicht mehr, weil man von morgens bis abends damit befaßt ist, seine Brötchen mit irgendwas anderem zu verdienen. Es wird nämlich nur sehr selten ein Komponist „entdeckt“, sondern man muß sich schon auch selbst ein bißchen bemerkbar machen. Von zuviel Frust wird die Musik genausowenig besser wie von zuviel Erfolg.
Ich habe den Eindruck, daß viele Kompositionslehrer diese Fragen ausklammern und das Thema auch im Curriculum der Ausbildung keine oder nur eine sehr geringe Rolle spielt. Klar, wenn man seit 30 Jahren ordentlicher Professor ist, hat man selbst wenig Anlaß, sich über solche Sachen Gedanken zu machen. Dennoch sollte man aber zumindest in der Lage sein, sich in die Situation zu versetzen, die den eigenen Studenten nach dem Diplom blüht und die noch weniger rosig ist als vor 20, 30 Jahren. Die Konsequenz daraus wäre, eine Pflichtvorlesung zu all den obengenannten Themen (und noch einigen mehr) einzurichten. Sowas gibt es aber, soweit ich das überblicken kann, an den deutschen Musikhochschulen kaum.
Natürlich gibt es manche Professoren, die selbst sehr gut vernetzt sind und das auch zum Nutzen ihrer Schüler anwenden. Das ist, jedenfalls bis zu einem gewissen Grad, legitim und, so könnte man sagen, vielleicht sogar Teil ihrer pädagogischen Verantwortung – wenn ich von den Arbeiten meines Studenten überzeugt bin, sollte ich sein Fortkommen auch fördern. Aber man sollte ja als Lehrer dem Schüler eher beibringen, wie er die Dinge selbst macht, anstatt ihm alles vorzukauen.—
Das war jetzt wahrscheinlich sowohl weniger als auch mehr als nur eine Antwort auf deine Frage, aber hier sind ja eine Handvoll anderer Leute, die sicher auch noch was zur Praxis des Komponistenlebens ergänzen können.
Schöne Grüße,
B.
„Diese tatsächliche Praxis“ des Komponistenlebens?
Sie speist sich jedenfalls nicht nur aus dem Komponieren allein, soviel habe ich inzwischen schon gelernt. Leider!
Weil es einige Kollegen einfach nicht lassen können, mit ihrer falsch verstandenen Transzendentalität (=1. WIR – und niemand anderes – repräsentieren die Musik des 21. Jahrhunderts/siehe „Netzwerk Musik 21 e.V.“ etc. und haben damit einen Freifahrtschein dafür, über das 20. Jahrhundert weit hinaus zu sein, und: Weil 1. gilt, dürfen wir auch allen anderen Komponisten, die nicht zu unserer erlesenen Sekte dazugehören, die Existenzberechtigung absprechen und diese dann töten) gröbsten Unfug treiben.
das fände ich ja mal spannend aus komponistenperspektive zu lesen, wie man sich als jungerkomponistseiender bemerkbar macht. wenn das mit den schönsten spektralharmonien nicht klappt und nicht mit vielen weblogkommentaren…
Sehr geehrter Herr Simon,
mit Verlaub: ich glaube, da gehen Ihre Verschwörungstheorien mit Ihnen durch.
Sie scheinen ja tagein tagaus SEHR VIEL Zeit zu haben.
Hoffentlich kommen hier nicht junge Komponisten, die ERNSTHAFT Austausch und Erfahrungsgewinne hier im Blog suchen auf die Idee Ihre etwas eigenartigen Methoden der Erlangung von „Aufmerksamkeit“ nach zu eifern.
Liebe Kollegen,
um zum Urprung des Blogs zurückzukehrern, gebe ich hier die Nachricht des Wiener Wettbewerbsveranstalters Harmonia Classica bekannt, die mich dieser Tage erreichte. Möge jeder seine eigenen Schlüsse aus der Mitteilung ziehen:
„Der 7. Harmonia Classica Kompositionswettbewerb für Violine und Klavier mit dem Thema „Harmonie der Saiten“ hat viele wertvolle Kompositionen aus Österreich, Deutschland, Norwegen, Tschechien, Argentinien und Finnland hervorgebracht.
Es war nicht leicht für die drei Juroren, Prof. Gernot Winischhofer – Violinprofessor und Organisator des Ost-West-Musikfestes, Prof. Thomas Hlawatsch – Klavierprofessor an der Musikuniversität Wien und Alexander Blechinger, künstlerischer Leiter der Harmonia Classica unter den vielen guten Werken eine Reihenfolge festzulegen.
Die meisten Einsendungen spiegeln die große Bandbreite der schönen neuen Musik wieder und sind allesamt wert von einem erwartungsvollen Publikum gehört zu werden.
Sie haben den 10. Platz von 22 Einsendungen gemacht! Gratulation!
Die Harmonia Classica würde sich freuen, wenn auch Ihr Werk bei unserem Preisträgerkonzert, am 11. Mai 2011, 19.30 Uhr im Palais Palffy erklingen könnte. Denn wir wollen auch einen Publikumspreis vergeben, der mit 200 € , der Aufnahme des Werkes und einer CD-Produktion dotiert ist. Nützen Sie die Chance und machen Sie mit !
Was Sie tun müssen: Sie müssten 10 Karten zum Preis von 20 € bei uns kaufen, die Sie selbst verkaufen können. Wenn Sie auch eine Aufnahme wollen, kostet das ca. 5,20 € pro Minute des Werkes. Falls Sie auch auf der CD sein wollen, kostet das 38,50 € pro Minute, wobei Sie für jede Minute 7 CDs bekommen. Falls Sie den Publikumspreis gewinnen, haben Sie natürlich keine Kosten, bzw. werden Ihnen die Kosten für die 10 Karten rückerstattet.
Wir bitten Sie um Ihre Antwort bis spätestens 10. März, denn die Werbung muss bald hinaus.
Mit freundlichen Grüßen
……….“
@Willi: ….sowas dreistes habe ich noch nie in meinem Leben gehört. Das grenzt an ein Verbrechen eigentlich – unglaublich.
Eigentlich sollte wirklich darüber nachgedacht werden, einen „Blacklist“ zusammenzustellen, wo solche Sachen aufgelistet sind, um alle Kollegen von solchen dreistigkeiten zu warnen. Ich fasse es wirklich nicht, wie sowas überhaupt gemacht werden kann!!!
Pèter
@Willi: Da kann ich Peter nur zustimmen, das ist eine absolute Frechheit. Danke für dieses Zitat – es mag als ausdrückliche Warnung dienen!
Wo könnte man eine solche Blacklist, wie sie zu Recht gefordert wird, etablieren? Wir können natürlich hier im Blog eine Seite einrichten, aber vielleicht ist der DKV das bessere Medium? Auf jeden Fall fände ich es gut, wenn solche Machenschaften dezidiert angeprangert werden und negative Erfahrungsberichte gesammelt werden…
Moritz Eggert
Ach der DKV ;) Hier wird mehr gelesen – dank der fantastischen Beiträge und Kommentare.
Eine Art „Hell Of Competition“ – kann man als Kategorie anlegen und Stück für Stück füllen.
Zum genannten Wettbewerb, Geschäft ist Geschäft. Und wenn es Shit ist, oder Bullshit.
sprachlos!! die software fordert mehr: nochmals: sprachlos ob harmonia dingens cd-claqueure-unsinn!!!