Wie man Mädchen zum 21. Geburtstag gratuliert
Liebe Jasmin,
ich wünsche dir zu deinem 18. Geburtstag alles erdenklich Gute.
Endlich gehörst du zu den Großen und darfst „mitmachen“.
Des Weiteren darfst du uneingeschränkt Geschlechtsverkehr haben. Das ist doch toll!
Kennst du mich noch, mh?
Ich bin der Onkel Arno.
Und inzwischen bin ich reich und berühmt.
Jeder kennt mich! (Also, ist klar, außer dir. Ähem.)
Du wirst deinen Kindergeburtstag ja bestimmt entsprechend feiern, mit Alkopops, Flatratesaufen und Gewaltvideos auf dem Handy – wie ihr jungen „Dinger“ das eben so macht.
Falls du Samstagabend feierst und dann Sonntag, so gegen 06.04 Uhr ins Bett gehst, kannst du ja das Radio einschalten. Denn da kannst du mich hören. Auf 92,4 – wie ich geistliche Musik ansage. Um 10 Uhr wird dann zum Gottesdienst umgeschaltet.
Ich wünsche dir Gottes Segen und ein glückliches neues Lebensjahr. Und hoffe, du findest in unserem Herrn Jesus, unseren Retter, einen guten Freund, der für dich immer ansprechbar ist.
Herzlich,
der Arno
Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.
Lieber Herr Lücker,
glauben Sie wirklich, dass heute ALLE Jugendliche so UNZÜCHTIG und VERROHT sind und sich SINNLOS und OHNE GRÜNDE an Drogen vergehen? Nur weil man im Fernsehen mal von paar „Flatrate“-Fällen berichtet?
Wir leben doch in einer intakten Gesellschaft, in der alles prima ist. In unserem Herrn Jesus (oder im GOD CHANEL) hätten doch viele der ausschweifenden Jugendlichen ihren Retter.
Wenn, dann empfehle ich Ihnen, der lieben „Jasmin“ zu sagen, dass sie gefälligst um neune Uhr im Bett liegen soll, wie sich das für 21-jährige Kinder gehört.
Und es gibt dann vor dem Einschlafen auch keinen Lollipop mehr…
Radio Vatikan liest hier bestimmt hört mit und wird sich sicherlich bei Ihrem Programmchef über dieses seltsame Posting beschweren. Dann dürfen Sie bestimmt keine geistliche Musik mehr ansagen.
Lieber Herr Lücker,
wunderbar, daß man Sie sonntags in aller Frühe hören könnte.
Sollte Ihre Nichte doch wochentags feiern und die Trink-Flatrate noch nicht ihre volle Wirkung entfaltet haben, dann kann sie ja statt in der Disco abzutanzen auf Bayern 2 das „Concerto Bavarese“ höre; nicht etwas auf bayerischen HipHop oder Techno abzurocken ist damit gemeint: nein, das ist die akustische Latenightshow der Komponisten des südlichsten europäischen Freistaats. Da es meist E-Musik ist, bis auf die Walzer von Hr. Sommerlatte, wird hier nicht in E oder U unterschieden, sd. schön nach den „Volksstämmen“ des Landes: unkommentiert sind die Bayern in und um München gemeint, mit „Komponisten aus Franken“ die Damen und Herren nördlich des Weißwurstäquators. Also, mag dies für Ihre Nichte eine vergleichsweise frühe Nachtzeit sein, quasi ein schlapper Nachmittag, ist dies für uns samt Franken südlich des Bratwurstäquators (Main) doch alles weiß Gott nicht weiß und Wurst, ich weiß nicht… ahh, nur Wurst. Vor wenigen Jahren oder Äonen konnte man das liebe Concerto Bavarese wenigstens um 14 Uhr statt zum heutigen Tiefschlaf während des damaligen Mittagsschlafes laufen lassen. Eine Neue Musik ohne E und U, nur eben „Ethnien“, fast schon ein Goldenes Zeitalter und uns ein Goldenes Kalb, aber eben nur uns Komponisten. Sonst für den Rest der Nischen-Nischen-Nischni-Nowgorod-Welt ein Nichts. Winterschlaf der Neuen Musik im bajuwarischen Äther, eingelegt im Äther einer Laborkonserve, aber im Tode nicht mal ätherisch…. Sollte Ihre Nichte Futurama lieben und wird man uns 2222 vielleicht dann aus dem Winterschlaf erwecken, dann kann man uns vielleicht neben Mammuts im paläontologischen Sammlungen besichtigen… Bayern, ach Deutschland, ein Wintermärchen der Neuen Musik!! So jetzt ist es Null Uhr, gleich beginnt mein Concerto Bavarese. Ach ja, es ist ja Sonntagmorgen, dann eben eine Bayerisch Créme als Schlummerschleckerei….
@querstand: Das war die treffendste Beschreibung von „Concerto Bavarese“ bzw. „Komponisten aus Franken“ , die ich je gelesen habe, fast schon reine Poesie und sich für einen Gastblog sehr empfehlend…
sehr geehrter herr Lücker,
in der Headline: 21. Geburtstag, im Lauftext: 18. Geburtstag
wie ist das in Bayern/Franken z.Zt. mit der Volljährigkeit … ethnische Unterschiede?
Was mich aber viel mehr interessiert – ähem rein phänomenologisch: wie schaut eingeschränkter Geschlechtsverkehr aus?
Das Timing ist jedenfalls perfekt:
Für die Bayerische Creme wird in meinem Rezeptbuch eine 6-Stündige Verweildauer im Kühlschrank empfohlen: also Null Uhr: Creme anrühren . 6uhr früh: zu geistlicher Musik Geschlechtsverkehr haben – uups genießen – uups bayerische creme – uups
wechselstrom
Das Concerto Bavarese hätte ich gerne gehört, leider verpasst.
Aber es gelüstet mich, jetzt mal Admin:
[Bleiben Sie beim Thema, Herr „querstand“: Concerto Bavarese, was hat das zu tun mit „Wie man Mädchen zum 21. Geburtstag gratuliert?“ ODER erläutern Sie hier bitten den Zusammenhang, sodass es nicht nur Sie und Herr Lücker oder einige Eingeweihte verstehen]
SETZEN SIE ein Thema, Herr Lücker, auf das man bitte bierernst, „mporalistisch“ und „demokratiefeindlich“ antworten kann und das man humorlos kritisieren oder zu dem man nur humorlos Stellung nehmen kann].
Liebe Grüße,
@ erik janson
Lieber Erik Janson,
ganz humorfrei: Hr. Lücker könnte es hier um Werte und Wahrnehmung gehen. Welche Werte?
– Verantwortung des Einzelnen gegenüber der Gesamtgesellschaft:
Endlich gehörst du zu den Großen und darfst “mitmachen”.
– Sexuelle Selbstbestimmung:
Des Weiteren darfst du uneingeschränkt Geschlechtsverkehr haben.
– Ehre Deine Familie
Jeder kennt mich! (Also, ist klar, außer dir. Ähem.)
– Schaffe, Schaffe, Haislebaue (= Arbeit, Arbeit, Haus errichten), also sich eine rechtschaffene Arbeit suchen, fleissig arbeiten und schön Bausparverträge abschließen
Und inzwischen bin ich reich und berühmt.
– Freiheit der Person, die Freiheit des Nächsten beachten
Du wirst deinen Kindergeburtstag ja bestimmt entsprechend feiern, mit Alkopops, Flatratesaufen und Gewaltvideos auf dem Handy – wie ihr jungen “Dinger” das eben so macht.
– Rechtschaffene Menschen haben immer einen Glauben
Und hoffe, du findest in unserem Herrn Jesus, unseren Retter, einen guten Freund, der für dich immer ansprechbar ist.
– Wir leben in einem Kulturstaat
Falls du Samstagabend feierst und dann Sonntag, so gegen 06.04 Uhr ins Bett gehst, kannst du ja das Radio einschalten.
Oder eben ganz depressiv: Was wollen wir eigentlich als Kulturschaffende (=Werte Schaffende, Bewahrende, Hinterfragende) noch in einer Gesellschaft erreichen, in der Werte im vollkommen expressiv emphatischen Sinne überhaupt keine Rolle mehr spielen? Erreichen wir überhaupt noch jemand oder ersticken wir an unserer Selbstreferentialität? Gaukeln wir uns mit „ich werde zumindest von meinen Freunden verstanden“, „ich schreibe für meine Musikfreunde“, „Frau Müller vom Brotladen hat heute nacht ein Stück von mir im Radio gehört“ und dergleichen nicht eine Eigenwahrnehmung vor, die in dieser aufgeklärten Welt eine der Religion ähnliche Heimeligkeit sich selbst vorspiegelt, ohne daß ausser uns irgendwer in diesen Spiegel sehen kann/möchte? Ist unser ganzer materialorientierter Schreibkram überhaupt aufklärerisch, also kapierbar, hörbar, wo doch unter Aufklärung eher das mit dem Geschlecht oder Warnung vor Schweinegrippe und Gammelfleisch verstanden wird?
Ist der Beruf eines Komponisten heute überhaupt noch ein „ehrbares“ Handwerk, also wieder jenseits unserer Selbstwahrnehmung (manche Blogger hier halten uns ja für reine GEMA-Abzocker (falscher Thread hier…)? Wer kennt nicht diese endlosen Erklärungen zu Fragen a la: „Ach, Sie komponieren – spielen Sie auch ein Instrument?“
Nun – ich wollte Lückers Nichte nur eine Höralternative im Bereich unserer Musikreligionssekte „Neue Musik“, Konfession „bayrisch“ (jawoll, ohne „e“, eigentl. sogar „bairisch“) aufzeigen (schönes aufklärerisches Verb). Und eigentlich: das wahre Geheimnis an Musik ist nicht die Frage, wie klingt sie, sondern wie schmeckt sie. Nach dem Motto: Instrumentieren ist wie ein Dessert zubereiten. A propos (ich schweife ab): Mein Prof. Bose meinte immer zum Instrumentieren:“Schreiben Sie dem Fagottisten immer die Töne in die Noten, die den Gesichtsausdruck hervorbringen, den SIE sehen wollen)… Das wäre doch mal ein Blog-Thema…
Und nun auch noch Dan Brown:
@ wechselstrom: Vielleicht meint es Lücker spektral: 21. Oberton (auf C als Grundton das um ca. 30 cent zu Tiefe F) minus 18. Oberton (Es, die Mollterz in der Obertonreihe statt Untertonreihe 5. Unteron…) ist gleich 3. Oberton. Also die Quinte, besser Oberquinte zum Grundton… wie hieß das… ha: die Dominante… Also Hr. Lücker möchte eigentlich seine Nichte dominieren oder sie als Domina? Blödsinn: hier steckt die tiefe Trauer einer zart aufblühenden Komponistenexistenz: Herr Lücker wäre froh, wenn statt Enthemmung Beherrschung die Geburtstagsfete beherrschen würde… nein falsch: überhaupt die einer sorgenfreien Bürgerlichkeit entgegenprostende Nichte seiner mal gedenke und er in Notzeiten drei Wünsche bei ihr frei habe:
– höre einmal meine Musik,
– zahle einmal schön brav GEMA (wieder falscher Thread…) bei Deinem öffentlichen Bürgerfest zum Sechzigsten,
– wenn Du schon meine Musik weder hörst noch singst, gedenke nicht nur des gelifteten Schlagersängergesichts sondern auch des Komponisten, Arrangeurs, etc.
Jetzt habe ich meine „Bairisch Créme“ ganz solistisch mir um den Mund geschmiert!!
das mit der „bayerischen creme“,“bayrisch“ und bairisch“ lässt mir keine Ruhe – deshalb habe ich im Internet recherchiert und stoße auf den „Bayerischen Rundfunk“ – na, da hätte man selbst darauf kommen können – den br (sprich: brrrr) hat es schon vor dem Internetzeitalter gegeben.
Auch das vielgerühmte Wikipedia schreibt besagte Creme wie den Rundfunk, also mit e nach Ypsilon.
Nocheinmal gegoogelt mit ohne „e“ stoße ich auf: bayrisch-lernen.de wobei die Lektionen von Jean-Pierre Bierbichler und Angelique Wildmoser entwickelt wurden – hmm ob der Jan-Pierre was mit dem bekannten Schauspieler zu tun hat?
Aber: zwei französische Vornamen!! – was will uns das sagen??
Ich wittere Verschwörung!!! – sollte querstand (sic!) dahinterstecken , dass man den Bayern das „e“ nicht mehr gönnt und dazu das Ypsilon, dieses kraftstrotzende linguistisch-semiotische Männlichkeitssymbol, auch noch zu einem „i“ transformiert/transponiert/transkastriert?
Irgendwie komme ich nicht weiter.
Ich begebe mich zum Bücherschrank und greife in Richtung Kochbuchregal … hmm Apicius, (Liquamen) — — — JA! (fast hätte ich „heureka“ gesagt) Escoffier!!! Sofort zurück zum Internet – Wikipedia —
—-
Jöööö „Pfirsich Melba“, gewidmet der Sängerin Nellie Melba —- wie schööööön
Für alle Genießer: Im „Plachutta“ (der ist hier in Wien für seine Rindfleischküche (Tafelspitz) bekannt) gibt es eine wunderbare Topfencreme (hmm „Topfen“ –> Wikipedia…) und für alle, die es wirklich deftig wollen ein Nudelrezept mit 23 (in Worten: dreiundzwanzig) Eyern (sprich: Eier) pro Kilo Mehl –
Guten Appetit der Schlemmer-Gemeinde
wechselstrom
Morgen Blogger,
Hallo Admin (LETZTMALS),
dass Sie sich nicht (weiter) zu Moderation provozieren lassen im Sinne von einzelnen Blogger-Meinungen, Dinge hier – partei ergreifend o.ä. – zu kommentieren, das ist Ihnen hoch an zu rechnen. Insofern pfeife ich mich selbst zurück und schreibe hier nicht mehr @ Admin, verprochen, solange ich nicht durch leicht Unklares oder im Raum Stehedes (gegenüber der Blog-Community) dazu herausgefordert werde. Klar ist natürlich: wenn verfassungsfeindliche oder grob persönlich beleidigende Dinge hier gebloggt werden oder offene Verleumdungen, internet Mobbing o.ä. statt findet. Dann sollte der ADMIN ggf. eingreifen. Allerdings hab ich mich ja bzgl, persönlicher Angriffe von anonymen Bloggern gegen mich, die total daneben waren und unter die Gürtellinie gingen, in der Vergangenheit wie jetzt auch selbst verteidigen können und habe von Natur aus ein dickes Fell.
Drum kann ich auch (@ Zukunftsforscher)
ihre nicht gerade faire Unterstellung (von wegen Wechselstrom = rüpelhaft und er gehöre hier von allen ignoriert) überhaupt nicht nachvollziehen. Denn 1. ist dies ein sehr intelligenter und humorvoller Mensch, der hier von Anfang an dabei ist und 2. sehen Sie, was er für gut gemeinte und tolle „Cool Down-Videos“ von Youtube hier hinein bloggt. Bleibt da noch meine Kritik, Herr Zukunftsforscher, an Ihrer folgenden widersprüchlichen Ansichten:
1. Sie schreiben oben:
“ wer den rechtsfreien raum im internet geisselt aber selber sich in dem medium derart rüpelhaft aufführt, kann nicht mehr ernst genommen.“ ZITAT ENDE]
Dazu meine Meinung:
a) Rüpelhaftes Benehmen konnte ich bei Wechselstrom wie gesagt nicht fest stellen. Stellen Sie sich vor: ich kritisiere ebenso scharf den rechtsfreien Raum im Internet. Und wer hier von wem ernst genommen wird oder nicht, das können Sie sich zwar WÜNSCHEN aber bestimmt nicht hier definieren oder kontrollieren.
b) Ihre Äußerung impliziert anscheinend durch das übertriebene Wort „geisseln“ im Zusammenhang mit dem Ausdruck „rechtsfreier Raum“, dass Sie das Problem des rechtsfreien Raumes im Internet (der aber dadurch potentiell immer zu einem Raum für Rechtswidrigkeiten und damit GEWALT werden kann (nämlich in Form von Benachteiligung/Leerausgehen von Künstlern bei Musiknutzungen durch Betreiber oder User ohne dass die das WOLLEN(dem zugestimmt haben oder gar davon wissen). Und man denke nur an Dinge wie Kinderpornographie, Gewaltvideos etc., dies sind alles auch Problematiken des sogenannten „rechtsfreien Raumes“ Internet. Daher gilt es die Rechtsfreiheiten im Internet sehr wohl zu geisseln und abzustellen. Und das sind alles Dinge, die würde bestimmt auch Ihre Claudia Roth auch so sehen).
Dass Sie aber diese virtuelle Gewaltproblematiken (auch Piraterie gehört dazu, wenngleich dies immer wieder verharmlost wird) offenbar kaum sehen bzw. dass für Sie das Problem des noch weitgehend fehlenden Urheberrechtsschutzes in diesem „rechtstfreien“ Raum für Sie dann im Vergleich zu den „Geisselungen“ von deren Kritikern offenbar eine „Bagatelle“ ist. Ziemlich bedenklich.
Und dann rufen Sie nach angesehenen Parlamentarierinnen, wie Claudia Roth, bzw. verteidigen diese hier gegen nicht ernst gemeinte Bloggings, die Sie aber als „persönliche Angriffe auf Frau Roth“ interpretieren bzw. künstlich hochstilisieren. Wie passt das zusammen, frage ich mich?
2. Auch Ihren zweiten Absatz in Ihrem Posting, Herr Zukunftsforscher, kann ich inhaltlich wie musiksäthetisch nicht zu stimmen (bezogen auf s.o. 2. Absatz):
Denn:
a) sie tun gerade so, als würden hier die alle Komponisten (außer querstand (alias Alexander Strauch) und Herr Kreidler, NICHT die Gegensätze in Gesellschaft und Zukunftsaussichten in Ihrer Musik zum Ausdruck bringen. Dagegen möchte ich mich verwehren: viele Komponisten, auch ich, auch die im E.-Bereich unterwegs sind TUN dies bereits sehr wohl, nur: vielleicht kennen Sie deren Werk und Musik noch nicht.
Eher übrigens sollte die soziale und ästhetische Gegenwart m.E. Ein Thema für das alltägliche Komponieren sein, denn die Zukunft ist m.E. eine Schimäre; sie ist stets ungreifbar, ungewiss und wurde/ bzw. wird in ihrer Bedeutung für das Leben/die Lebenskunst immer über-bewertet in Form von medial inszenierten Traum-Maschinerien z.B. und der ewigen uns vorgesetzen Sonntagsfrage: „Was würden Sie tun, wenn Sie morgen „reich“ und „glücklich“ wären etc, pepe).
b) Sie fragen rhetorisch, Herr „Zukunftsforscher“ (ZITAT):
“ sind das alles nur ökonomische probleme, und keine ästhetischen? ich glaube kaum. herr kreidler hat es bravourös vorgemacht, (ZITAT ENDE).
Dazu sage ich: NICHT jedes ökonomische Problem ist auch ein besonders interessantes oder die GEsellschaft zum kritische NACHDENKEN bringendes „ästhetisches Problem“. IM Gegenteil sollte sich durch eine zunehmende Ästhetisierung und Sensibilisierung der Menschen
Musik ist – aber nicht nur! – von jeher „Erbauung
Denn z.B. die Vertonung von DAX-Kursen o.ä. oder Werke, die
Das alles interessiert mich nicht die Bohne.
Wir haben es in der Welt nicht nur mit „homini oeconimici“ zu tun (wo die Künstler in Zukunft nur der Musikindustrie und Konsummaschinerie zuarbeiten sollen) auch nicht, wenn das von manchen Philosophen und Sozialwissenschaftlern gern den Leuten so verkauft wird.
Zum Schluss noch zu Ihrer Definition von „Konservativität“ und Ihrer Idealisierung von Herrn Kreidler:
Wissen Sie: Komponisten können auch Werte-konservativ und trotzdem musikalisch-ästhetisch progressiv sein. Manche werden aber dann leider als „musikalisch gestrig“ abgestempelt oder als „Elfenbeinturmler“ o.ä. in die Schublade gesteckt (wie ja hier im Blog schon geschehen).
Und umgekehrt: Andererseits können Komponisten auch (was ich kritisch sehe) musikalisch/ästhetisch konservativ sein aber überall propagieren oder suggerieren, dass sie damit VOLL auf dem „Zukunftstrend“ liegen und behaupten: „meine Musik ist die Musik der Zukunft“…
Also nochmals: Komponisten können auch „ökonomische Themen“ als spannend für ihren ästhetischen Umgang mit Gesellschaftlicher Realität sehen, aber auch reflekiert und kritisch, und nicht alle Komponisten müssen da in Herrn Kreidler das „bravouröse Vorbild“ sehen. Herr Kreidler hat hier ja schon schön ignorant rein posaunt, dass er andere, die dies nicht auf affirmative Weise tun wollen, sondern halt kritischer, anscheinend für nicht ernst zu nehmend hält. Beispielsweise verkündete er ja hier zu meinen Bloggings pauschal, dass er auf den „Janson“-Quatsch nicht eingehe und dass „ihr“ (Kreidler-Fans) dafür „hoffentlich Verständnis“ habt…. Darauf lege ich dann auch keinen gesteigerten Wert, mit ihm dann weiter ernsthaft zu debattieren. Denn wieso sollte ich das dann noch tun. Hat dann sowieso keinen Sinn.
Aber: dann sind es also immer angeblich die Creative-Common-GEGNER die „Ignoranten“ oder Komponisten, die eben kritischer mit der Problematiken wie Filesharing, Piraterie und dem Thema Internet als rechtsfreier Raum, Lockerung des Urheberrechtsschutz oder Infragestellung von GEMA-Sätzen für KLeinveranstalter etc. umgehen.
Komische Auslegung, Herr Zukunftsforscher.
@ Rhizome/Admin: ich finde, Rhizome wuchern nicht nur „unter den Fußnägeln“ sondern es ist gerade die Eigenschaft derselben, dass sie überall wuchern können, andocken können, verschwinden können, Dinge überspringen können und … schwupps wieder auftauchen können.
Einige Blogger, die auch anderer Ansichten sind als die „Creativ Commons-Fans, haben sich hier längst aus diesem Blog endgültig verabschiedet. Fragt Euch mal WARUM? Bestimmt nicht, weil Ihr „Recht“ habt oder weil in Eurer Art „Zukunftsforschung“ dann das Seelenheil der Menschheit liegt, sondern weil es reine Zeitverschwendung ist, mit Leuten zu debattieren die sowieso: die Darstellungen des Gegenübers Verdrehen, Pauschalisieren, oder Dinge glatt bügeln, immer wieder vom Thema ablenken (aber bitte nur da, wo „unbequeme Leute“ bloggen).
@ Lieber querstand, Liebe Blogger
Du scheinst Arno Lücker persönlich zu kennen (da Du jeden seiner Sätze genau analysierst bzw. dafür eine Deutung angibst unterstellst (DAS und DAS könnte Lücker damit MEINEN) bzw. Du scheinst ja hinter die „ironische Komplexität“ seiner Texte zu steigen, die ICH im Übrigen auch nicht schlecht finde. Da steckt ja eine kunstvolle Meta-Ebene (unsere geliebte Meta-Ebene der Ohnmacht m.E.) dahinter, bzw, sie sind poetisch – das ist richtig.
Aber selbst wenn Arno LÜcker auch eine am – TEILWEISEN kulturellen Werteverfall (ich sag ja AUCH nicht dass alles „schlecht“ oder „hoffnungslos“ ist – im Ggeenteil!)- „leidende, zarte Komponistenexistenz“ ist, die von den „jungen Alkopops trinkenden Dingern“ „geknudellt“ werden will (wie auch ich armer „Fanatiker kritischer Theorien“ oder „Adornismen“ oder „moralinsauren Avandgarde-Fanatikerbewegung“).
Selbst dann ist die Frage (hier lesen noch andere mit, außer uns ironisch und hochintellektuell nach WEGEN suchenden E.-Komponisten (ob wir nun resigierend, fragend, zynisch oder humorvoll oder wie auch immer hier bloggen): Kommt man da mit nur Ironien, Sarkasmen, Zynismen oder poetischen Themensprüngen etc. weiter? Vielleicht…kann ja sein, aber ich glaub nicht so recht dran.
Und ich stelle ja fest, dass Arno Lückers Bloggings zwar genial sein mögen, dass sich aber daraufhin – ich finde leider! – nur WENIGE Kommentatoren, die NICHT aus unserem Metier sind, einloggen bzw. wenn dann oft nur „Insider“ oder Leute, die „Arno“ anscheinend persönlich kennen.
Denn es hat mir sehr wohl oft den Anschein, dass dieser Blog zuweilen was Hermetisches, Endzeit-mäßiges, Depressives, Unversönliches (aber auch manchmal Allzu-Versöhnliches und „Toleranz“ falsch Verstenendes (Mangel an Streitkultur) etc. an sich hat und eine Art Chat unter Komponisten (Freunden oder angeblich „Feinden“…) ist, drum hatte ich ja auch hier mehrmals Lust endgültig auszusteigen.
2. @ „Materialfetischismus ist Schuld?“ oder „WIR (wer ist wir?/ Pluralismus in der Neuen Musik) müssen uns nicht „wundern“ …-Theorie…
WORAN liegt es, dass unser Komponieren bzw. wir immer weniger wahrgenommen werden (außer bei Freunden, Bekannten oder in unseren „Zirkeln“). Liegt das wirklich NUR am viel bescholtenen „Materialfetischismus“ der von einigen unterstellt wird (meist gar nicht von HÖRERN, die wirklich Offenheit entgegen bringen sondern von der Komponistenzunft selbst). (Und da wären wir wieder am Anfang, das wurde schon hier diskutiert, auch ohne Ergebnis bzw. einzelne, die da kritischerer Meinung sind wurden von einigen hier destruktiv bloggenden Leuten leider aus dem Blog geekelt bzw. wollen ihre Zeit lieber Sinnvollerem (Komponieren) widmen).
Nein: auf die innere Haltung, auf Seele kommt es beim Komponieren an. Also: Ich komponiere erst mal das, was in mir nun mal drin ist, und dann HOFFE ich, dass Gesellschaft (auch irgendwann die „jungen Dinger“) mit meiner Musik was anfangen kann (igitt, ich schäme mich, wenn ich an das Wort „Material“ auch nur denke.)
Also: ich mache exclusive Angebote halt erst mal für WENIGE Leute, bzw, weiß, dass das nicht direkt jeder „kapieren“ wird und dessen bin ich mir bewusst.
Denn: GEHT es bei Musik ÜBERHAUPT um „Verstehbarkeit“?
Oder „Kapierbarkeit“?
Was ist „Verstehen“. WAS soll man „verstehen“?
Geht es denn um „Verstehen“ von Popmusik?
Geht es nur um „Kapieren“, wenn wir Musik hören?
Das finde ich nicht, und genau DAS ist Teil unseres Problems, dass wir uns in dieser Hinsicht selbst „geisseln“.
Problem ist: auf ästhetischer Ebene/Sensibilisierung von Wahrnehmung etc. wird es für uns immer SCHWERER, Menschen zu erreichen, das stimmt. Aber das liegt bestimmt NICHT NUR an uns oder daran dass „böse Avandgardler“ oder auch innermusikalisch denkende Komponisten die „(N)eue Musik“ „ins Abseits“ gefahren hätten…
Sondern das hat vielfältige und differenziertere und komplexere Ursachen, die eben in der GESAMTGESELLSCHAFT und nicht NUR (nur zu Anteilen!) an „uns“ liegen…
>Und soll man deswegen zynisch, resignativ oder sonstwie sagen/oder hier rein bloggen: „Weg mit uns, weg mit den Werten, oder: Ästhetische Fragen, Fragen der Ökonomie UNTERORDNEN? Oder soll man sagen: dann müssen wir halt ergeben auf einen anderen Zug (den der Ökonomie der Aufmerksamkeit oder des homo (compositor) oeconomicus heißt: so und so komponieren, DAMIT man „Erfolg“ hat, alles für überall für Lau frei geben u.a. Tendenzen) auf springen?
Das ist bestimmt nicht die Lösung.
Dieses ewige zynische „Uns braucht ja eh keiner, also
verkaufen wir uns/ brauchen auch keinen Urhebberechtsschutz mehr (oder immer weniger), resignieren und schreiben wieder nur C-Dur – STATT „verstecktem (eben gebrochenem) C-Dur – oder entwerfen nun eine Art neuen „sakro“-Pop der Neuen Musik“ etc. (Und C-Dur, das mein ich natürlich nicht reduziert auf Harmonik sondern auf alle möglichen Parameter der Musik). Das hilft uns AUCH nicht weiter, oder wenn: dann nur kurzfristig (schneller Erfolg – episodenhaft). DAS ist es, was ich mit meinen Kritiken im Kern immer wieder sagen wollte.
5. Und meine Meinung ist bzgl. Stichwort „Aufklärung“:
WIR müssen nicht „missionieren“ oder „vermitteln“ in einem Sinn des „Verstanden-Werden-Wollens“,indem wir z.B.
so und so komponieren. Denn so wird es m.E, nicht funktionieren. Jeder Kreativer Akt ist ein FREIER Akt.
Und z.B.: Warum gab es in den 70ern noch Progressive Rock bzw. hoch-spannende Rock-Pop und musikalisch-ästhetische UND mehr soziale Annäherungen zwischen Rock/Jazz und E.-Musik. Lag das etwa daran, dass sich Stockhausen z.B. an Miles Davis oder an Pop o.ä. angebiedert hat oder hat das nicht andere Ursachen/Umstände gehabt? Und warum gibt es das Phänomen HEUTE – es gibt die Richtungen noch aber WENIGER davon und vor allem nicht mehr in der Breite – Warum gibt es so was HEUTE GAR NICHT mehr, bzw. kommt derzeit niemals in die „CHarts“?
Hendrix – eine Woodstock-Legende?
NEIN! Hendrix will comes back! Fuck Mainstream! Fuck the Future and the Futurolologists BUT too fuck „no future“… Football is coming home! (aber ich bin KEIN Bayern-Fan, sorry: Borussia Mönchengladbach).
Und ich finde: die Menschen (gerade auch Jugendliche!!!) sind ja gar nicht so, dass sie immer „abgeholt werden wollen“ wo sie z.B. gerade stehen oder bei Ihren „Geschmäckern“ etc.
Die Frage ist sogar: Halten nicht eher Komponisten, die krampfhaft aufs „Kapiert-werden-wollen“ achten oder sich danach SEHNEN
Das hemmt unheimlich bei der Kreativität, finde ich.
Und ich spiele ein Instrument, bringe das sogar vielen der „jungen Dinger“ bei. Nur bin ich für einige wenige arme Kleinveranstalter, in deren Schussfeld ich ungewollt geraten bin, bei denen Schülerbands Alkopop-trinkend für Lau auftreten, jemand der sie indirekt mit „ausbeutet“ und sowieso immer nur Recht haben will und aus seinem „Egoismus“ heraus argumentiert, weil er aus dem riesigen GEMA-Topf reichlich „verdient“
(ja, ich will auch reich werden, wie alle anderen auch, und schön will ich in der ZUKUNFT sein, nur darin liegt der Sinn des Lebens…so vedorben sind auch schon „wir“ E.-Komponisten).
Es wird sich alles (gerade weil Musik ja ZEITKUNST ist, lieber Alexander), auch alles die ZEIT entscheiden. Und IN der Zeit sind wir, die ZEIT „HABEN“ wir also nicht. Deshalb WERDEN wir erst (frei nach Blochs: ich BIN aber ich HABE mich nicht, deshalb WERDEN wir erst). Auch wenn (angesichts der Technisierung und Medialisierung immer mehr Menschen glauben… und da scheint auch ein ästhetisches Hauptproblem zu liegen). Bzw. WAS ist ZEIT? Oder: WAS ist „Zukunft“? WIE GESTALTEN wir unseren UMGANG MIT ZEIT?
Das ist zu lang, Herr Janson, das ist viel zu lang.
@ erik janson
nur ganz kurz: den arno lücker kenne ich nicht persönlich… ich habe nur eine exegese versucht. grds. sehe ich diese exegese aber nicht als anleitung, da mir persönl. zu depressiv, wert- und weltverloren. ich werde morgen ausführlich antworten. ich denke, dass im prinzip alle kritische und weiterführende beschäftigung der musik mit den lebenserscheinungen des hier und heute einsetzen kann, wenn das zeitliche bzw. die als zeit benennbaren und meßbaren probleme heraus gearbeitet sind. dann ist neben gema-lebenshilfe auch ästhetik möglich. und da will ich morgen ansetzen.
@ arno lücker
wie haben sie nun eigentl. ihren geburtstagsgruß genau gemeint? aber das etwas platte nicht genau erklärende, dennoch erratische macht lust auf eigenes grübeln.
@ s.b.
erik jansons statements sind wahrlich lang… aber papier wie blogs sind geduldig – jedem seine zeit. im zweifelsfalle erhöhe ich die vorlesefunktion meines rechners.
@ Community,
manches MUSS ich mir hier auch nicht mehr antun, da es eine so lange Beschäftigung gar nicht wert ist.
Das ist wohl WAHR.
Klinke mich aus.
Gute nacht.
Auch von der Bühne aus sieht man als Komponist nicht immer den Gesichtsausdruck beim Publikum, den man sich vorstellt.
Und selbst im klassischen Theater ist ein seliger Gesichtsausdruck nicht notwendigerweise mit seelischer Entzückung/Verrückung gekoppelt …
Hier erinnere ich mich an den Bericht über ein interessantes psychologisches Experiment:
Leute sollten auf einer Skala von 1-10 die Witzigkeit von Karikaturen beurteilen .
Die Karikaturen waren für alle TeilnehmerInnen die selben.
Die eine Gruppe sollte bei der Beurteilung einen Bleistift zwischen den Zähnen halten und die Anderen einen Bleistift zwischen den Lippen.
Resultat: Die Leute mit dem Bleistift zwischen den Zähnen beurteilten die Karikaturen viel positiver (also fanden diese witziger) als die Anderen.
Klar, woher das kommt: mit Bleistift zwischen den Zähnen grinst man, während man mit Bleistift zwischen den Lippen skeptisch dreinschaut.
Bleistifte als Eintrittskarten – ist das eine Lösung?
wechselstrom
@ querstand, morgen Leute,
Prof. von Bose scheint ja echt Humor zu haben, querstand.
Ein spannender Aspekt, das Visuelle bzw. alle Sinne in die Musizierpraxis (zumal aus Komponisten-Sicht) mal ein zu beziehen! KLasse!:
Das motiviert mich z.B. weiterhin MEHRKLÄNGE für Fagottisten zu schreiben, auch mal dann, wenn ich ein Orchesterstück schreibe den Fagottisten/dem Fagottist
auch ungewohnte Kost vor zu setzen. (Die schmeckt nämlich garnicht schlecht: in den allseits gezeigten KOCHSENDUNGEN).
Bei vielen Mehrkklängen z.B., stellte ich fest, schaut ein Fagottist vom Gesichtsausdruck her mit einer Mischung aus Konzentriertheit, Humor und Neugier drein. Konzentriertheit (das Augen-Aufschlagen und die manchmal leicht gerunzelte Stirn, aber NICHT aus „Genervtheit“ sondern um Ansatz und Resonanzräume zu regulieren, gepaart mit der Konzentration beim Abgleichen zwischen Ansatz und Klangvorstellung bzw. Kontrolle des Mehrklangs durch die Ohren.
Humor/Neugier: je nach Lippenstellung und Ansatz der freundliche Gesichtsausdruck: ein Lächeln (ohne Zähne-Zeigen natürlich).
Oder SEHE ICH den Gesichtsausdruck dann nur so und interpretiere es so? Eine spannende frage.
Naja jedenfalls habe ich desweiteren für mich die Erfahrung gemacht (ich frage immer Musiker, wenn ich z.B. „ungewöhnlichere Spieltechniken“ verwende (wenn es für den Musiker noch relativ oder ganz neu ist), ob ihnen das gefällt, ob sie das gern machen/üben und ob sie musikalisch an der und der Stelle einen Sinn darin sehen oder – ganz ohne Ironie gemeint!).
UNd bisher haben sie mir alle geantwortet: es machte ihnen Spaß die neuen Klänge zu entdecken und eine neue Herausvorderung zu haben.
Und nochmal allgemein zum Thema „MIMIK und deren Interpretationen“. Da fällt mir ein: Gesichtsausdrücke (wie auch Worte) sind ja manchmal schwerer zu interpretieren und zu begreifen als Töne.
@ S.B. (sind Sie Hr. Bhagwati?)
@ all: jetzt wird es noch länger…
@ erik janson
Wie soll man die Zukunft der Musik, besonders der Neuen Musik beantworten?
In Worten eigentlich unmöglich, es sei denn, ein kluger Kopf faßt neuartige Entwicklungen der letzten Jahre zusammen und daraus ein Manifest. Ein(e) Harry/Sissy Potter des 21. Jahrhunderts, am Besten aus Fernost: Glückskekse für Alle!
Ein Rückblick: neben der Loslösung Debussys vom „Wagnérisme“ und der „Emanzipation der Dissonanz“ durch die Neue Wiener Schule gab es damals viele individuelle Wege der sich immer schneller vorantastenden Befreiung von den „Fesseln der Tonalität“, mal traditionsverbundener, mal radikaler. Aber eben immer individuell, zwar mit viel ästhetischem Gerangel nach aussen – man denke an die Schlägereien in Paris und Wien anläßlich der Uraufführungen des „Sacre“ Strawinskys und der „Altenberglieder“ Bergs. Bezeichnend für den damaligen Zustand war die Zusammenfassung der autodidaktischen Erfahrungen der Dur-Moll-Harmonik Schönbergs in seiner „Harmonielehre“ (1911) oder Busonis „Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst“ (1907). Beide Schriften weisen in die Zukunft, beschreiben Möglichkeiten, fassen Tradition und neue Strömungen zusammen. Natürlich fordern sie den Fortschritt, überlassen dem Benutzer aber das Auffinden des eigenen, individuellen Weges. Erstaunlich für eine Epoche, in der man sonst für Kriege und Umstürze mächtig aufrüstete.
Nach dem ersten Weltkrieg sieht die Situation ganz anders aus. Jetzt spalten sich die Stränge der weiteren musikalischen Entwicklung radikaler denn je zuvor auf. Einerseits bleiben viele der Tonalität verpflichtet, andere kehren über den Neoklassizismus zu ihr zurück. Durchaus auch als Gruppe, wie z.B. jene „Groupe des Six“, weniger von innen heraus manifestiert als durch Jean Cocteau von aussen, aber doch im Zusammenhang, mit Freiraum für jeden Einzelnen.
Schönberg zieht den Kreis des „noch Möglichen“ durch seine Formulierung der 12-Tontechnik (spätestens 1924) viel enger, auch wenn er selbst dadurch eigentlich Freiräume im Bereich der unendlichen Kombinationsmöglichkeiten des Chromas eröffnen wollte. Der Individualismus der Herren Schönberg, Berg und Webern sei hier unbestritten! In der Wahrnehmung nach aussen erfolgte hier eine Abgrenzung zur Tradition, in einer Schärfe ideologisierend, wie es dem gewalttätigen Aufprall der damals kommunistischen, kapitalistischen, nationalistischen und faschistischen Ideologien entsprach. Wie gesagt, v.a. Allem in der Wahrnehmung nach aussen. Was aber eher dem Bild geschuldet war, daß die viel individualistischere Phase vor dem 1. Weltkrieg von den traditionsbrechenden „Atonalen“ erzeugte, als die Konsolidierungstendenzen der 12-Tontechnik. Wie im Neoklassizismus waren ja auch bei der „Neuen Wiener Schule“ Suiten, Sonaten, etc. wieder möglich. Mit der jenseits des Komponierens verbalen Formulierung der 12-Tontechnik war aber endlich eine Angriffsfläche geboten, die man stärker bekämpfen konnte als die „nur“ komponierte Musik. In dieser Zeit der sich immer gewaltsamer bekriegenden „-ismen“ konnte das einen den Kopf kosten, sobald ein „-ismus“ die Oberhand gewann, wie dann ab 1939 die Nationalsozialisten. Im Prinzip ist ja jeder am Leben von seiner Kunst gehindert worden, der sich fortschrittlich zwischen 1900 und 1930 in Worten und Schriften geäußert hatte. Wer sich nur in Tönen fortschrittlich gezeigt hatte und nicht direkt z.B. dem Schönbergkreis zuordbar war, hatte eine gewisse Chance in dieser Horrorepoche in Deutschland weiterhin aufgeführt zu werden. Man sieht das ja z.B. an Paul Hindemith und Harald Genzmer: Hindemith hoffte ja sogar trotz der fast vorausnehmenden Bücherverbrennungsszene in seiner Oper „Mathis der Maler“ doch noch nach 1933 in Deutschland eine Chance mit seinem Stil zu haben, beim neuen Regime damit anzukommen, ausgerechnet er, der ja in den „roaring twenties“ als Bürgerschreck par excellence galt. Er mußte gehen, um weiter arbeiten zu können. Der Stil seines Kollegen Genzmer ähnelt dem Hindemiths doch ziemlich: er aber durfte bleiben. Hindemith hatte wie Schönberg auch eine neue Kompositionstechnik definiert, zwar nie so radikal, aber eben auch eine musiktheoretische „Steilvorlage“ geliefert. Natürlich wurde Schönberg letztlich v.a. als Jude diskriminiert, infolge dessen auch sein nicht-jüdisches Umfeld. Der Traditionsbruch und dessen Verschriftlichung und die radikaliserte Wahrnehmung hat dies mitbestimmend verschärft. Hätte Berg seinen Stil abgemildert, hätte er vielleicht wieder Aufführungschancen gehabt. Gott sei Dank galt er aber z.B. mit der Wahl von Wedekindschen Stoffen („Lulu“!) als inkommensurabel. Damit hat er ja viel deutlicher Stellung zur Moderne bezogen, als Anton Webern mit seinen feinsten Konstrukten.
Spannend wird es nun nach der Befreiung 1945! Es ist erstaunlich, wie schnell Neoklassizismus, Schönberg und Berg für Stockhausen, Boulez & Co. für die Bildung einer neuen Ästhetik abgearbeitet waren. Dabei hätten ja gerade Schönbergs Schriften und das soziale Engagement der Werke Bergs Stoff für einige Dezennien geboten. Letzterem fühlte sich z.B. Hans Werner Henze immer wieder verbunden, lange bevor auch Boulez, Nono, etc. nicht nur passive Verehrer Bergs waren, sondern nach der seriellen Webernrezeption ihn auch aktiv wieder in ihre kompositorische Reflexion einbezogen. Warum aber diese intensive Auseinandersetzung mit Webern? Klar, sein Werke ist in sich abgeschlossener, konsequenter als das Schönbergs und Bergs. Wobei solch eine Abgeschlossenheit viel weniger Anknüpfungspunkte liefert als die Offenheit eines schwer eindeutig einordbares Oeuvre. Ich habe den Eindruck, daß man damals aber geadezu eschatologisch auf den „Mahdi“ der Neuen Musik hoffte und in der Konsequenz Weberns den „Messias“ fand. Wie o.g., war die Verschärfung der fortschrittlichen Ästhetiken der Zeit vor dem 2. Weltkrieg wohl v.a. der äusseren Wahrnehmung geschuldet, die damals nicht anders konnte, als zu ideologisieren. Damit hätte eigentlich nach den Fatalitäten des 2. Weltkriegs seitens der Kunst Schluß sein sollen.
Nun wurde aber fast alle Neue Musik am Nadelöhr „Webern“ und in dessen Folge am „Serialismus“ gemessen. Musik, die fern jedes Faschismus oder sonstigen Traditionsdünkels entstand, war aber in ihrer Webernferne auch gleich verfemt, wenn man an Henze oder durchaus andersgeartete serielle Musik wie den Xenakis der „Metastaseis“ und Cage der „Music of Changes“ denkt. Nun, gehalten haben sich alle diese Komponisten und Strömungen. Der Riß nach der kurzen Gemeinschaft der ersten Darmstädter Ferienkurse war aber nun stärker als es die Gegensätze zwischen „12-Ton-Musik“, „Futurismus“, „Neoklassizismus“, etc. nach dem 1. Weltkrieg und vor 1933 je gewesen sind. Von diesen verlor zwar mancher seine Unschuld durch Anbandelung mit den Faschisten. Die Traditionslinien aus der „Neuen Wiener Schule“ sind darüber aber weitestgehend erhaben. Dennoch eine sture Gegensätzlichkeit und Bekriegerei, als würde man wieder in den Gräben des 1. Weltkriegs schiessen.
Nun, auch 1968, Postmoderne, Esoterik, Mauerfall und 9/11 haben „Darmstadt“ mürber werden lassen. Auch fanden neue Aufspaltungen statt in „Lachenmänner- und frauen“, „Spektralisten“, „Neue Einfache“, „Neue Komplexe“, etc. Gott sei Dank reden die Anhänger dieser Lager auch wieder miteinander. Auch war das Fegefeuer der frühen Fünfziger vielleicht notwendig für den Umbruch der Tonsprache. Es entstand ja auch so etwas wie ein Internationalismus des Serialismus und aller ihm folgenden Strömungen, so daß die Färbung der Probleme der „Neue-Musik-Tradition“ immer noch germano- bzw. eurozentristisch ist. Die Lösung könnten vielleicht im Internationalismus liegen. Der birgt aber wiederum eklatant die Gefahr der Negierung der eigenen aussereuropäischen Tradition. Was aber bis heute nur ansatzweise aufgeklärt wurde, ist der latente Antisemitismus den Webern z.B. gegenüber Eduard Steuermann, einem seiner treuesten Interpreten während der Nazizeit, äußerte. Heute würde sofort ein Aufschrei durch alle Blogs hallen, wenn dies bekannt würde. Sogesehen ist es vielleicht ganz gut, daß die positiven Seiten Weberns, wie z.B. die totale Materialdurchdringung in den Fünfzigern fast abschließend rezipiert worden ist. Ebenfalls würde sofort der Vorwurf von Homphobie im Raume stehen, wenn Nono und Stockhausen eine Aufführung Henzes ostentativ verließen. Andererseits: wenn die Protagonisten der „Schulen“ schon wieder milder geworden sind, schiessen deren Schüler ganz im Stile des Serialismus immer noch wüst um sich. Da klingelt leider das „Antischlammschlachttelefon“ viel zu selten.
Was bleibt uns nun heute? Wie eben gesagt, wir reden wieder eher untereinander, als es die miteinander Lehrer taten. Dennoch sind manche grausige Rituale nach wie vor gang und gäbe. Der Widerstreit der Ideologien ist heute nur noch ein Kampf der Nachbarinnen um die bessere Sonne für die Wäscheleine, kein Kampf mehr um „einen Platz an der Sonne“ im imperialistischen Sinne. D.h., Musik entsteht heute nicht mehr aus dem Streit um das „bessere System“. Dennoch beharren einige auf dem absoluten Materialismus der Serialität, als hätte sich das nicht einfach überlebt. Andere aber haben von Materialdurchdringung noch nie was gehört bzw. betreiben das Ausplündern verschiedener Kompositionsweisen wie das geschmacklose Einrichten einer Wohnung mit Baumarktmaterialien. Auch der ewig rezitierte Toleranzspruch, es gäbe nur gute oder schlechte Musik geht nicht mehr. Das andere, vielleicht sogar wirklich bessere, konsequentere (vielleicht ist Webern der Beste?) ist dann nur nominell schlecht. Man kann natürlich sagen, es läge immer im Augenwinkel des Betrachters. Das ist aber auch nur vorgetäuschte Akzepktanz.
Alle diese Schubladen helfen nicht weiter. Um den Kreis zu schließen. Die Hoffnung auf den Meister, der uns eine Lösung vorgibt, ist eine Krux, von der wir uns entschieden und bewußt abwenden sollten, was unsereins schon allein aufgrund der allgemeinen Orientierungslosigkeit vollzieht. Vielmehr sollte man noch stärker dem Individualismus huldigen, den die ersten Manifeste der Neuen Musik vor dem 1. Weltkrieg trotz aller Rufe zum unbedingten Fortschritt offenließen oder nicht beantworten konnten. Diese Antworten brauchen wir nicht! Es läuft immer wieder auf die permanente Selbstbefragung raus, was das wichtigste Erbe der Webernschen Tradition bleiben wird. Dabei ist nun aber die Selbsteinsicht vonnöten, die einem über den Tellerrand der Neuen Musik Nische-Nische-Nische blicken läßt, in der man – nun ohne Streit mit der anderen Nische – festsitzt. Man kann es sich da bequem einrichten, Musik nur für sich selbst schreiben und das als permanente Selbstbefragung verstehen. Im Sinne der bisher gelebten Tradition ist das auch richtig und kann im Sinne der verfassungsmäßigen Freiheit der Kunst immer richtig bleiben. Diese Verfassung kennt aber auch den Artikel 14, Absatz 2: „Eigentum verpflichtet. Es soll sogleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Das kann nun von unseren GEMA-Anarchisten so verstanden werden, daß Alles rechtsfrei sein soll. Ich möchte da nun einen ganz anderen Bezug zum Urheberrecht herstellen. Wir wollen Alle letztlich Herren und Damen unseres Urheberrechts sein. Dieses Recht verpflichtet uns aber ganz unromantisch, ganz im Gegensatz zum „l’art pour l’art“ statt der nur der persönlichen Innenwelt bei der permanenten Selbstbefragung unbedingt die Resonanz unseres Schaffens in Bezug auf die Außenwelt miteinzubeziehen. Zwar gestattet uns das BGB mit dem Eigentum ganz nach Belieben zu verfahren (§ 903 Satz1 BGB). Darin ist aber auch die Einschränkung der Beliebigkeit genannt, nämlich „soweit nicht das Gesetz oder die Rechte Dritter entgegenstehen“. Und wenn wir die Freiheit der Kunst in Bezug mit den Freiheiten und Pflichen am Eigentum des Grundgesetzes nach Artikel 14 subsummieren, sind wir plötzlich sehr wohl der Allgemeinheit verpflichtet. Natürlich wird auch unser ureigenes Persönlickeitsrecht der Selbstentfaltung nach Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz garantiert. Aber auch hier mit dem Vorbehalt des Gesetzes. Ich weiß, es ist vollkommen absurd die Frage der Zukunft der Musik von Gesetzesseite her zu betrachten, da wir allemal durch die Freiheit der Kunst machen können, was wir wollen. Dennoch könnten wir von der Seite her den pflichtgemäßen Einbezug der Allgemeinheit im Wege der permanenten Selbstbefragung zum Manifest erheben. Man würde den wichtigsten Teil des Erbes der Neuen Musik, nämlich die aufklärerische Haltung zu Material und dem Umgang mit diesem herüberretten und könnte sich endlich aus der Selbstverpflichtung zur Nischen-Nischen-Nischenverteidigung befreien, da diese Burgmentalität ja vor Allem der von der Postmoderne gepredigten positiven Orientierungslosigkeit geschuldet ist. Wenn wir die Allgemeinheit also wieder mitdenken müssen, können wir im Gegenzug auch wieder zu Recht diese für uns einfordern und einnehmen. Nur so als Witz: man könnte ganz im Sinne einer Kunst im Öffentlichen Raume aus Parametern der Querung einer Straße durch Menschen deren Lieblingsmusiken zu einer entweder wunderbaren Harmonie oder unglaublich aggressiven Kakophonie komponieren oder Beides verknüpfen. Sowas macht uns die Musikelektronik schon andauernd vor. Natürlich kann man sich auch auf den rein technischen Vorgang stürzen und eine komplexistische Dekonstruktion schaffen. Nur wird das außer uns niemand kümmern und auch in 100 Jahren nicht. Wenn wir aber es schaffen würden, möglichst viele Facetten einzubeziehen, hätten wir eine Musik der Zukunft. Wir haben seit der Moderne die Mittel, Alles konstruieren zu können, wie haben seit Jahren verfassungsmäßig wie postmodern die Möglichkeit zu tun, was wir wollen. Wir haben aber auch immer mehr die Verpflichtung nicht nur uns, sondern die Gesellschaft als Hörerschaft wiedereinzubeziehen. Wir reden – wie o.g. – l wieder untereinander. Sprechen wir durch unsere Musik auch zu allen Menschen, ob sie uns nun ganz oder nur halb oder gar nicht verstehen, aber laßt es uns tun!
@ erik janson
Gesichtsausdruck: wenn die Musiker Alle so gucken müssten wie unsere mit unseren Namen verbundenen Logos hier im Blog…
Nein, ich denke, daß es von Bose da einfach an der Verantwortlichkeit des Komponisten für seinen Klang geht. Und dazu gehört eben auch, in welcher Verfassung der Musiker das Notat spielt. D.h. natürlich, daß ein komponist rundum für die Psyche seiner Interpreten zuständig ist. Sollte der Interpret aber ganz im Sinne des Komponisten spielen wollen, wird er natürlich die Psyche des Komponisten ergründen wollen. Oder er identifiziert sich letztlich nicht mit dessen Musik und schaltet auf Kerngeschäft und gehobene Professionalität. Vor einigen Jahren hätte er noch laut geflucht.
Nun klingt u.U. alle Musik im professionalisierten Rahmen besser denn je, aber die Substanz interessiert nicht. Deshalb hilft mir diese Augenmusik durchaus. Wobei ich gerne eine schwitzenden Musicus vor mir habe, da es mir immer um Emphase und Pathos geht, welche nicht nur komponiert sein sollen, sondern auch augenscheinlich werden müssen. Da schwingt eben auch eine große Vorliebe für das Theatrale der Oper mit. Als Pimpf sah ich ständig meine Eltern auf der Bühne schwitzen. Nun, das prägte für immer, auch wenn es dann meistens die engen Kostüme und heissen Schweinwerfer waren.
Den Musiker direkt zu befragen, ist natürlich der Beste weg. Der Versuch der Kunst sich mit dem Fagottisten irrational schon vor dessen Spiel als Notenverantwortlicher zu identifizieren ist natürlich eher meines. Nun, daß der sich mit meinem „Zeug“ dann im Einklang befindet, habe ich schon öfters erlebt. Muß meist noch der Initialfunke auf das Publikum überspringen. Auch die sollen bei mir schwitzen. Ich will das wirklich!! Aber für mich heißt eben dies Einbezug der Allgemeinheit: nicht denken, das die denken könnten, sd. bedenken, wie die aussehen könnten, wenn sie meine Musik hören. Wenn sie dann durch mein Fegefeuer durch sind, habe ich vielleicht was erreicht oder sie fegen aus dem Saal… Manche kommen aber immer öfter immer zahlreicher immer wieder… soviel zum Thema „Selbstüberschätzung“ ;-)
@ querstand,
zu Deinem kurzen Blogging „S.B., sind Sie Herr Bhagwati?“
Nein, Alexander, das glaube ich nicht. Mit Sandeep Bhagwati hatte ich mal ein sehr angenehmes Gespräch zu einem Indien-Projekt „Spuren Indiens“. Da war er noch in Berlin, ist nun in Montreal, soviel ich weiß. Er ist ein sehr sympathischer, offener Mensch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er hier zu meinen Beiträgen, die – zugegeben – manchmal was lang sind – einfach mal reinbloggt „zu lang“. Denn eigentlich ist so eine Äußerung „zu lang“ dann auch redundant. Sowas braucht man eigentlich nicht bloggen.
B) Vorschlag nochmal allgemein: ich würde dafür plädieren, dass hier mehr und mehr unter richtigem Namen bloggen (wie ich das auch schon früher vorschlug). Aber das muss jeder selbst wissen. Aber a) ersparte uns das Mutmassungen „wer könnte wer sein“? und b) wäre das ein wesentlicher Beitrag zu Transparenz
und offene (quasi virtuelle) „eye to eye“-Kommunikation.
@ alle
Mir ging heute nochmals der Gedanke „nur für sich selbst komponieren/für die Allgemeinheit schreibe“ durch den Kopf. Natürlich muß ich das Komponieren, was ich von mir selbst hören will. Ich spüre in mir aber auch den Drang, daß dies UNBEDINGT von anderen Menschen gehört werden soll, ja ich wünsche mir tatsächlich, daß es ALLE hören sollen. Sonst kann es im Kopf bleiben und fröhlich solipsistisch mit den Synapsen Ringelreihen tanzen.
Ich stelle einfach fest, daß dieser Wille zur Mitteilung an de Rest der Welt immer eine zu geringe Rolle spielt, die meisten KollegInnen ziehen sich auf den Standpunkt zurück, erstmal nur für sich schreiben zu wollen. Da ist aber die Gleichzeitigkeit beider Absichten gefordert: es muß hinaus, damit es die Mitmenschen auch hören können.
Interessant ist dabei wieder: wenn man selbige KollegInnen fragt, ob sie denn ihre eigene Musik sich ab und an auch mal anhören, wird diese Lust auf die eigene Musik immer negiert. Wobei im Einzelgespräch dann schon mal zugegeben wird, daß man jetzt doch öfters ein eigenes Stück anhörte, man sich aber immer für diese „Eitelkeit“ entschuldigt.
Ach wie viel Scheren der Selbstzensur haben wir heute im Hirn! Ein Robert Schumann soll ja gegen Ende seines Lebens in Endenich immer wieder in lichteren Momenten festgestellt haben, daß die Musik in seinem Kopf kein Ende findet, Alles raus müßte. Daß er diese Gedanken nicht mehr zu Papier bringen konnte, hat ihn gänzlich verzweifeln lassen.
Lieber hat man heute das Bild von den letzten Tagen Hans Rotts, dem genialischen Brucknerschüler und Vorausdenker der Sinfonie, wie Mahler sie dann weiterführte. In der Wiener Irrenanstalt soll er etliche seiner Stücke sogar zu Klopapier degradiert haben. Wenn uns also unsere Stücke so peinlich sind, wie private Momente auf dem Abort…
Dann doch lieber Schumann!!
Schreibt Alle auf, was Euch aufschreibenswert erscheint. Schreibt es aber nicht nur für Euch auf, sondern macht es für Alle, was Ihr nicht vergessen solltet! Und traut Euch, Eure eigenen Stücke anzuhören und nicht wie Stiefkinder zu verstoßen. Daß man in neuen Stücken vieles anders machen würde, ist ja ganz normal. Aber wenn Ihr wollt, daß man Euch draußen hört, lauscht in Euch hinein, posaunt es aus und frönt Eurem eigenem Echo.
Gute Nacht!
@ erik janson, S.B.
Daß es sich wirklich um Sandeep handeln würde, denke ich auch nicht. Ich halte S.B. für Sarah Brightman, oder S elbst B edienung? A la Geschäftsmodeller bei der GEMA?!? Wüste Mutmaßung gegenüber einer anonymen Anmaßung. Bin ja selbst anonym hier zuerst hereingeplatzt und wurde gleich zum Parteimitglied der Grünen erklärt.
@querstand:
was an den Ausführungen auffällt, vor allem gegen Ende zu, ist ein oft gehörtes „zurück zu …“ diesmal: „zurück zum Publikum“.
Vielleicht auch ein „zurück zu mehr Kommunikation“ untereinander sowie zum Publikum.
Das impliziert, dass man beim Komponieren die vermeintlichen Wünsche des Publikums mit einbezieht, also im Sinne von: “ was könnte der Zuhörer davon halten, was könnte passen“.
Das machen wir übrigens bei jeder Kommunikation: Einfaches Beispiel: Zwei Leute treffen sich um 7.00 Uhr beim Bäcker, sagt der eine „Guten Morgen“, hat der Andere die Wahl zwar alles mögliche darauf zu antworten, aber er weiß auch, dass der Erstere eine Erwartung einer Antwort hat, die auf das „Guten Morgen“ sinnhaft Bezug nimmt, und er weiß auch, dass alles, was jetzt gesagt wird, auf das „Guten Morgen“ bezogen werden wird.
Ein „Gute Nacht“ als Antwort ist zwar möglich, und ergibt auch einen Sinnbezug ist wird aber weniger erwartet als ein „Guten Tag“ oder ein „mir geht´s heute gar nicht gut“.
Der Künstler steht vor einer ähnlichen Situation aber mit der Schwierigkeit, dass er im Schaffen seines Werkes oft mit sich selbst kommuniziert (das geht ja noch), und er muss es auch schaffen, dass das Kunstwerk dann, wenn es fertig ist, aus sich selbst heraus vermitteln kann, dass es ein Kunstwerk ist, und dass es sich somit von den alltäglichen Dingen unterscheidet.
Das Schnitzwerk, die Skulptur muss aus sich selbst heraus vermitteln, dass es Kunst ist, also etwas, was sich von einem beliebigen Stück Holz, das ja auch manchmal sehr schöne, seltene (!) und interessante Formen annimmt, unterscheidet.
Die Kommunikation mit sich selbst lässt sich relativ einfach beschreiben: Als Beispiel der Maler vor der leeren Leinwand. Angenommen er rätselt, ob er zunächst einen Punkt oder einen Strich malen soll, und er malt dann einen Punkt, so wird die Anschlussfrage sicher sein: „Was passt zu diesem Punkt“ und eben nicht: „Was passt zu diesem Strich“
Bei der Vermittlung des Kunstwerkes als Kunstwerk ist es schon etwas komplexer:
Vielfache Lösung: man macht einen Rahmen drum herum und grenzt dadurch das Ölgemälde von der Tapete (dem Alltäglichen) ab. Aber auch hier die Frage: welcher Rahmen passt zu welchem Bild – und jetzt wird es, gerade bezogen auf die heutige Situation der Kunst extrem schwierig – ich möchte sagen, dass eben auf dieses Problem die Moderne noch keine wirklich schlüssigen Antworten gefunden hat.
Schauen wir uns an, wie das Verhältnis von Rahmen und Bild früher gehandhabt wurde, so fällt auf, dass beispw. in der Barockzeit das heute vielgeschmähte Ornament, das ja damals auch wesentlicher Bestandteil war, seine Fortsetzung und auch Verselbständigung in den Elementen des Rahmens fand. Dieses Prinzip findet man so vielfach, dass es sich unter anderen ästhetischen Bedingungen bis in unsere heutige Zeit fortsetzt.
Es ist der Grund warum wir einen geschörkelten Rahmen als zum Barockbild passend empfinden, während wir einen glatten Rahmen eher dem abstrakten Bild zuordnen, und es ist auffällig, dass der Rahmen um eine Fotografie immer bevorzugt weiss ist, als Sinnbild der Summe aller Lichtfarben und wenn er andersfarbig ist, dann zumindest monochrom.
Der Rahmen hat also eben nicht nur eine Abgrenzungsfunktion, denn dann würde er sich eben auch vom Bild abgrenzen und sich somit verselbständigen, der Rahmen hat eben auch eine Vermittlungsfunktion.
Der Rahmen ist für viele Ausdrucksformen heutiger Kunst keine, als probates Mittel angesehene Lösung mehr, ich möchte aber darauf hinweisen, dass der Begriff Rahmen in einem übertragenen Sinn auch heute vielfach noch gilt: So benötigt ein Kunstwerk von Josef Beuys eben den RAHMEN DES MUSEUMS, nicht allein zum Schutz des Kunstwerks, das ist eine Funktion, sondern auch als Rahmen, um viele seiner Werke vom alltäglichen abzugrenzen und eben zu vermitteln dass es sich um Kunst handelt. Der abfällig gemeinte Begriff Museumskunst hat hier seinen Ursprung.
Und es ist die Tragik vieler Protagonisten, dass sich ihr politisch-künstlerisches Wollen im Sinn von Öffnung, Erschließung neuer Möglichkeiten, Zugang für Alle etc. oft nur im KORSETT EINES INSTITUTIELLEN RAHMENS (und der heißt in der Malerei Kassel und in der Musik Darmstadt) vermitteln kann. Beuys hat das übrigens sehr früh erkannt und versucht, in der Schaffung der „Sozialen Plastik“, worunter er auch die Mitbegründung der Partei „Die Grünen“ verstand, einen Weg nach draußen zu finden.
Meine Frage, und jetzt komme ich wieder auf die Thematik von querstand zurück: geht diese Vermittlung auch außerhalb eines musealen/institutionellen Umfeldes, und: müssen wir bei der Schaffung eines Kunstwerkes den Rahmen gleich mitdenken, oder kann es auch eine Kunstausübung geben, die die vermittelnden Elemente aus den Inhalten heraus neu entwickeln kann.
wechselstrom
Liebe Kollegen,
Da gehe ich heute morgen an den Computer und finde lauter wirklich hervorragende Beiträge und Denkanstösse von euch – Vielen Dank dafür, so habe ich mir das mal beim Gründen des Blogs vorgestellt…
Zu den letzten Beiträgen könnte man sehr viel schreiben (und ich hoffe, dass dies auch noch geschieht, denn das wäre die Sache wirklich wert), aber ich finde gerade die Gedanken über die Funktion des Rahmens und des situativen Kontextes einer Aufführung einen interessanten Faden. Aus vielen Gesprächen mit Kollegen weiß ich, dass im Grunde das sogenannte „Festivalschaulaufen“ für die meisten ein Horror ist, auch wenn es natürlich eine Überlebensnotwendigkeit ist. Alle träumen davon, aus diesem „Rahmen“ auch einmal auszubrechen, denn jedes Festival gebiert auch seinen eigenen Substil, bzw. das, was dort, aber auch NUR dort „gefragt“ ist.
Wir würden alle lügen wenn wir behaupten, dass wir davon vollkommen unbeeinflusst sind. Es ist wahrscheinlich unmöglich, einen Donaueschingen-Auftrag zu bekommen, und nicht eine gewisse Vorgeschichte mitzudenken und darauf zu reagieren.
Ich habe schon oft geschrieben, dass dieser spezielle „Festivalrahmen“ aber immer weniger mit der Wirklichkeit zu tun hat, sondern seine eigenen Gesetze generiert, die sich nicht mehr an einem „Draussen“ abreiben, sondern nur noch an der eigenen, manchmal fast überheblich vergrösserten Geschichtlichkeit. Daher kann ich querstand nur zustimmen, wenn er von einer „Verpflichtung“ spricht, diesen Rahmen zunehmend zu verlassen – das hat dann schon fast etwas Politisches.
Es wurden einige Analogien zur Bildenden Kunst gezogen, die ich sehr interessant finde. Im Moment bin ich im Gespräch mit einem befreundeten Bildenden Künstler und versuche ihn zu bewegen, mal die Sicht auf die Moderne aus den Augen eines Künstlers hier darzulegen, denn uns allen tut es immer wieder ganz gut, in die anderen Künste zu schauen (und es tut uns gut, wenn diese von außen auf uns schauen). Manche Probleme sind dort ähnlich wie bei uns, manch anderes an dem wir uns sinnlos abreiben ist dort schon längst überwunden. Vielleicht kennt ihr auch Künstler, Autoren, Filmemacher die Lust haben, hier etwas zu ihrer eigenen Genresituation etwas zu sagen?
(P.S: Ob „S.B.“ Sandeep ist – nun, ich bin mit Sandeep gut befreundet und er weiß von diesem Blog – möglich ist alles!)
@ eggy
der Begriff „Rahmen“ ist im Zusammenhang mit Kunstausübung wenig beliebt. Er vermittelt vom Wort her das Eingeschränkte, Eingesperrtsein – wiewohl ich glaube, dass Veranstalter Neuer Musik in Ihrem Pressetext, ohne es unpassend zu finden, Sätze wie: „Im Rahmen des Festivalschwerpunktes „Fickt Beethoven“ kommen Werke von M. Eggert zur Uraufführung“ schreiben.
Rahmen im Sinne von Gerüst, Blickpunkt und Erkennungswerkzeug bringt die Sache näher.
Ich möchte noch einmal zu obigem Thema „Wie man Mädchen zum 21. Geburtstag gratuliert“ kommen, und auch etwas abschweifen in die Pädagogik . .. Viele hier werden ihr Geld mit Unterrichtsstunden verdienen, sei es an Hochschulen („Juhuu, habe es geschafft – steht mir auch zu bei meinem Können“) oder an Städtischen Musikschuleinrichtungen („Ich Genie muss mich mit den Proleten herumschlagen“) oder als Privatlehrer („der Trottel hat wieder nicht eingezahlt“) -, und da kommt man als Kunsterzieher mit dem Begriff Freiheit in Kontakt, denn Freiheit ist ja die Mutter der Kunst, oder, wie Schiller meinte, Kunst ist die Tochter der Freiheit.
Wie geht man im Erziehungsbereich damit um – na klar: das Programm heißt: ERZIEHUNG ZUR FREIHEIT!
Klingt gut: Erziehung zur Mutterschaft, die dann Kunstwerke gebären kann – oder so ähnlich …….
Und weil das so gut klingt, kann man sich jedes weitere Nachdenken ersparen.
Es ist klar, dass es sich bei „Erziehung zur Freiheit“, will man dieses Programm wirklich durchziehen, um die brutalste Disziplinarmaßnahme handelt. Denn während im klassischen Lehrer-Schüler-Verhältnis (oder auch Professor-Student-Verhältnis) klar ist, wer die Gewalt (durch Prüfungen beispielsweise) ausübt, und die andere Seite (also der Schüler/Student) Kräfte der Gegengewalt und Gegenwehr aufbauen konnte, sind im Programm der Freiheits-Erziehung dem Schüler/Studenten die Waffen aus der Hand geschlagen, denn jedes Aufbegehren, jede Gegenrede wird zugleich zum Ausdruck von Unfreiheit umgemünzt.
Ja, wie dann weiter mit der Kunst und der Freiheit im Erziehungsbereich (vulgo: Lehrbetrieb).
Mein Vorschlag: „Verführung zur Freiheit“ – ist doch viel netter – klingt wie der Onkel Lücker mit dem Lollipop – jetzt kommt es nur noch darauf an, zu ermitteln, ab welchem Lebensalter verführt werden darf.
wechselstrom
p.s: neben dem bekannten Schiller-Zitat (übrigens aus den Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen) gibt es eine Reihe anderer Kunstzitate, z.B.
A. Döblin: Kunst ist und bleibt eine seltene Sache
@ eggy, wechselstrom
Immer diese Lektürehinweise… höchstwahrscheinlich blättern jetzt alle Blogger bei Döblin und tummeln sich deswegen hier nicht mehr. Oder unser Admin ist im Urlaub?
Nun, Maria Himmelfahrt, dieses Jahr auch ein Samsatg, wie alle die schönen „Brückentage“, nutzte ich, um mal der Frage des Rahmens nachzugehen. Bei meiner streng-katholischen „tour de prière“ durch Münchner Barock-Kirchen bzw. was von diesen nach dem letzten Weltkrieg übrigblieb, hatte ich so manchen netten Eindruck. Ach, was heißt „Gebetstour“. Natürlich gab es bei der Affenhitze der letzten Tage nur drei Alternativen:
1.) kaltes Bad in der Isar – vollkommen überlaufen an den entsprechenden Einstiegsstellen.
2.) klimatisiertes, dunkles Multiplex-Kion, da wirkte das Programm zu abschreckend.
3.) Kirchenbesuche – kostenlos und das Gefühl, was für die kulturelle Bildung unternommen zu haben.
Für mich kam also nur 3.) in Frage, ganz im Sinne eines Besichtigungsprogrammes des Transbalkonienurlaubs.
Der Weg führte mich auf dem Radl (=Fahrrad) zur „Rokokperle“ der Stadt, zur Asamkirche. Dort fand ich auch den ersten Rahmen. Ein rotgerahmtes Schild mit der Aufschrift:“chiuso per ferie“, falsch, das widerfährt einem nur zu „ferr’agosto“ in Parma. (Gab es da nicht einen Film, soeben, der von einem Mann erzählte, der zu jener Mittaugustzeit die Großmamas italienischer Familien versorgte? Wenn, lief der aber nur im AUtorenfilmkino, ohn Klimaanlage, also für mich am 15. August vollkommen indiskutabel…) Natürlich stand da „Geschlossen wegen Renovierungsarbeiten“. Arme Touristen! Sogar ein Turm der Frauenkirche ist eingerüstet, da geht ja nur noch abhängen im Hofbräuhaus am Platzl. Oder das „Chiuso-per-ferie“ Radiofestival der Kulturwellen der ARD: der Großteil der Republik lauscht gleichgeschaltet an ihrem Volksempfängern Festivalübertragungen und Hörspielklassiker. Bayern klinkt sich da meist mal wieder ganz freistaatlich-selbstbewußt aus, in bester Rosa-von-Praunheim oder Scheibenwischer-Zensur. Natürlich hat man eigene, bessere Konzertmitschnitte und funkt die regional über den Äther. Was andere nicht mithören können, kann ja im Sinne der staatstragenden Geheimdipomatie nur besser als der Rest der BRD sein… Aber was dresche ich da auf den BR ein, die SZ „funkt“ ja seit Jahren schon ähnlich, und zwar ganzjährig: alle halten München für Provinz, am ehesten unsere linksliberale Süddeutsche. So berichtet sie in ihrem Kulturteil nicht mehr über Münchner Kulturereignisse, es sei denn, natürlich, die Opernfestspiele oder dgl. Selbst die Musikbiennale schafft es über den Lokalteil der SZ („Münchner Kultur“) nicht mehr hinaus. Liest man Morgenpost oder Frankfurter Rundschau, weiß man sofort was Hinz und Kunz dort nach langen Kämpfen mit Bürokratie und Sponsoren mal wieder an tollen Neue-Musikereignissen der Vor-Ort-Szene gibt, aus dem Millionendorf liest man aber nichts, hört nichts… Also auch so ein „Rahmen“.
Aber ich wollte ja von meinen Kirchenbesuchen berichten.
Weiter ging es zum „Alten Peter“, irgendwann mal barockisiert worden, und natürlich nur noch als Rekonstruktion zu sehen. Die Fresken dort also „wohlgerahmt“, langweilig nett, weniger schlimm, als die Rekonstruktionspinseleien der Dresdner Frauenkirche. Den schönsten „Rahmen“ hat aber die Ganz-Skelett-Reliquie der Hl. Maudita: der ganze Körper ist mit feinen Goldfäden umwickelt, die wiederum Halbedelsteine fixieren. Was für ein Aufwand mit einer heilsverheissenden Figur, die höchstwahrscheinlich dann doch nur ein einfacher Mensch, gar nicht jene Heilige, gewesen ist. Irgendwie erinnerte mich dieser Rahmen an die postmortalen Übersteigerungen, die unsere Komponistevorfahren erlebten. Haydns Schädel z.B., all die angeblichen Mozartköpfe… Ob mal einer von uns in 1000 Jahren in einem IRCAM oder ZKM als edelsteinbesetzte Reliquie verehrt werden wird, ohne daß man unsere Werke aufführt. Oder ist es dann doch der Nachbar aus der anderen Gruft? Oder wird man mein Macbook mit Goldfäden verzieren? Vor meinem Dahinscheiden sollte ich es nochmals chemisch reinigen, damit man ja keine DNS daran findet, die man dann klont. Mich nochmals als Schreiberling? Grausig! Ich bin ja jetzt schon so manchem zuviel. Also Abnehmen und Sagrotan auf den Monitor!!
Weiter ging es nach St. Anna im Lehel, auch rekonstruiert, auch mit Reliquien übersät, aber eben original mal Barock gewesen. Ha, und da fand ich meinen ersten Rahmen, von dem ich ja eigentlich sprechen will. Mich begeistert an den stuckgerahmten Fresken nämlich immer das Detail, das aus der gemalten Zweidimensionalität in die lebenswirkliche Dreidimensionalität hereinragt, wie eine heidnische Vergegenwärtigung des dargestellten göttlichen Ereignisses neben der in der katholischen Kommunion zelebrierten Transubstanzialität Gottes in der Hostie. Wie gesagt, ein heißer Tag, an dem meine Imagination etwas zur sehr aufwallte. Nun ragte hier aber von aussen ein Gegenstand in das Deckenfresko – Titel und Inhalt passé – hinein: eine Gipsfigur über dem Altarraum hält eine bayerische Fahne gegen die Decke. Die Spitze der Fahne und deren Schatten sind aber nicht echt, sondern gemalt. Das Äussere dringt ganz selbstverständlich in das Innere ein. So wie ich mir denke, daß die Aussenwelt immer auch uns Komponisten beeinflussen müßte. Es muß ja nicht gleich eine Lanze, wie diese Fahne sein. Da denkt man gleich wieder an den Gekreuzigten… Mancher Kollege, manche Kollegin (die vergessen wir ja so gerne…) könnte dies gleich wieder als Argument für seine freiheitlich-demokratische Nischen-Nischen-Webern-Adlatus-Innere-Emigrations-Mitleidens-Haltung offerieren, wenn man so böse von Aussen gespießt wird. Aber es geht ja gerade darum, dieses „Leiden“, wenn man es empfinden sollte, hinauszutragen und nicht in punktierten Septolen unter 3/4 Quintolen samt Mikrotontritonus und ppp bis ppppppp zu verhauchen, so daß es mal wieder keiner mitbekommt! Nein, schreit es heraus, damit Euch Alle hören und Euch vielleicht sogar verstehen!! Aber unsereins gehorcht ja lieber dem allgemeinen Rahmen der ästhetischen Ruhe, wie aufgewühlt die Werke auch sein mögen. Man bestaune nur mal all die Rahmenwerke bei Wettbewerben. Eben dies könnte man dann auch dem Kollegen Smutny vorhalten, daß sein Stuttgarter Preisstück vielleicht zu sehr dem Rahmen entsprach und somit als Weg des geringsten Jurywiderstandes zu deren frostigen Herzen hinfror. Das Problem ist eigentlich gar nicht der Inhalt all unserer Stücke, das Problem ist vielmehr, daß die Neue Musik fast nur noch „Rahmenstücke“ hervorbringt. Also, der Rahmen und nicht der Inhalt komponiert wird! Zwar jochte uns die tonale Tradition vor 100 Jahren noch so manches gerahmtes Schwergewicht auf. Dieser Rahmen wurde aber qua Inhalt gesprengt. Unsereins definiert aber nur noch den Rahmen des Inhalts des Rahmens. Und dort wo das Fresko, oder die Ölfarbe oder was auch immer sein sollte, gähnt uns Leere entgegen.
Was für ketzerische Gedanken… sofort betrat eine echte Gläubige, mit skeptischen Stirnfalten meiners angesichtig. Ich floh und hoffe nur, daß die gemalte Fahnenelanze nicht plötzlich echt wurde und aufgrund der geldmangelbedingten Rekonstruktionspfuschereien der fünfziger Jahre die skeptische Gläubige durchbohrte, was sie mir wohl an den Hals wünschte.
Nun kam ich endlich zu meiner echten Barockkirche, der Dreifaltigkeitskirche an der Pacellistraße, ganz nahe dem Bayerischen Hof, den man von der alljährlichen Sicherheitskonferenz kennt. Genauso abgesichert ist das Innere: ein Gitter hinter dem Eingang versperrt den Zugang zum Hauptraum. Da die Kirche aber so winzig ist, kann man mühelos in die Kuppel glotzen! Und was bietet sich da für ein Asamsches Wunderfresko. Züchtige Fleischmassen türmen sich gen Himmel. Am Rand, als am Stuckrahmen presst es die Sünder aus den Himmel, sogar so weit in den Raum rein, daß der untere Kuppelrand an einer Stelle mit einer Ausbuchtung die architektonische Ebenheit durchbricht, als ob der Mantel des Sünders in den Raum hineinhinge. An einem der Kuppelfenster streckt ein Drache seine Zunge in den dreidimensionalen Raum, auf einerm kleinen Tafel im Raum steckt ein Heiliger seine Hand verlängernd in den Raum aus dem Bilderrahmen heraus. So müßte es sein: größte innere Freude, tiefstes Leid der Psyche unserer Seelen aufbauen, konstruieren. Es aber herauslassen, egal ob Freude oder Trauer, daß uns die Außenwelt folgen kann und mitjubeln wie mitweinen kann. Und nicht immerm nur sagt: interessante Form, wichtiger Rahmen. Nein: unserer Ideen und Anliegen echt teilhaftig werden kann und nicht das ganze in stillosen Affronts der Ferienkurse endet oder man sich höflich nichts über die gespielten Stücke mitteilt. Wobei: da verletzen sich meist nur wenige gegenseitig, wenn es wenigstens mal wieder einige Hundert wären. Aber inzwischen kommen die ja nur noch, wenn Freikarten und Freibier gibt oder pädagogiscge Konzepte ziehen. Dann sollte man doch lieber diese Konzepte vertonen, wenn es unsere eigenen nicht selbständig schaffen.
Ach, und noch was: kulinarisch gedacht kommt „Rahmen“ ja nur mit der Vorsilbe „ent-“ vor, also entrahmen. Laßt uns die Rahmen abhängen, damit man das Bild wiedersieht oder mit sprühender Freude diese Rahmen durchdringen, ohne daß es aber nur zu Jurorengeplänkel oder Politikergedöhns über Förderungen kommt. Auch das ist nur ein Rahmen und nicht die zu erreichende Öffentlichkeit, die Allgemeinheit.
Nun schwankte ich voll Pathos in den nächsten Biergarten. Nein, ich hatte nur heiß geträumt in meiner allgemeinheitlichen, kühlen Sendlinger Hochparterre Genossenschaftsbude. Wie gemein! Und nicht mal aus meinem Bett konnte ich fallen, denn ich schlafe auf Matratzen am Boden, ganz rahmenlos…
@querstand
also das mit den verschachtelt-punktierten Quintolen-Septolen, incl. der 32-stel-Vorschlagnote auf das 4. Pausen-Triölchen hat auch einen praktischen
Grund:
Die MusikerInnen-Ausbildung ist heute so, dass gerade im Rhythmischen jede interpretatorische Freiheit/Fantasie völlig abhanden gekommen ist. D.h. schreibt man 4 Sechzehntel hintereinander, dann spielt der Musiker auch 4 Sechzehntel – WIE LANGWEILIG!
und dann noch das mit den Taktstrichen: wer hat diesen Schwachsinn erfunden, dass die erste Note im Takt betont wird – alle Musiker (und der Großteil der Komponisten auch noch), glauben heute an diesen Blödsinn, der jeder Grundlage entbehrt (außer gerade, und nur bei den Stücken, die ihre rhythmischen Impulse vom TaktWECHSEL beziehen, und die gibt es erst so richtig im 20. Jahrhundert)
wechselstrom