Brief an die Leser 1: Natürliche Auslese?

Liebe Baddies,

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Ihr habt eurem Namen alle Ehre gemacht – tatsächlich ist der Bad Boy beschämt und muß zugeben, dass er diesen Namen nicht mehr verdient, denn so richtig „bad“ sind natürlich nur Kommentatoren, die sich gegenseitig Schläge androhen, wenn etwas geäußert wird, was ihnen nicht gefällt. Oder die ständig mit der Demokratiekeule wedeln und das Recht auf freie Meinung beschwören, um dann jeden niederzumachen, der eine andere als sie selber äußert. Das ist natürlich ganz hipper Style, Respect!

Andererseits ist der Bad Boy gerührt darüber, dass trotz der stets gar nicht unterschwellig geäußerten Vermutung, hier würde irgendwie manipuliert oder Meinungsmache betrieben werden, fleissig weiter diskutiert wird. Und auch immer wieder mit sehr interessanten Beiträgen. Die Vorstellung, dass die gesammelte NMZ-Redaktion den ganzen Tag im Internet verbringt, und dort unter falschem Namen Kommentare zur Aufhetzung reinstellt – glaubt ihr das im Ernst? Ich kann euch versprechen, dass ihr schon seid einiger Zeit komplett unter euch seid – den Fehler, selber einen vorsichtigen Kommentar unter den Kommentaren abzugeben, werde ich nicht mehr begehen, denn es erzeugt einen Feedbackloop, der einem sofort in die Ohren pfeift. Von jetzt an spreche ich nur hier, wie es sich für einen „Weblog“ (=Internettagebuch, das ist nämlich eigentlich ein Blog, was glaube ich einige noch nicht verstanden haben) gehört. Hiermit versprochen: Ich mische mich in eure Kommentare garantiert nicht ein, auch nicht unter Alibi. Das überlasse ich lieber den Kommentatoren von der „Schlägerfront“.

Ich mache aber nicht den Fehler, eure Kommentare zu ignorieren, nein, ich lese jeden einzelnen sorgfältig durch, auch wenn es manchmal mühsam ist, als jemand der seit mindestens 20 Jahren sowohl als Konzertveranstalter wie auch als Pianist tagaus tagein damit beschäftigt ist, möglichst viele verschiedene Musiken ganz und gar zuzulassen oder überhaupt erst zur Aufführung zu bringen, das Gegenteil behauptet zu lesen. Aber man kann nicht alles im Leben haben.

Dass viele von euch einen heiligen Zorn hegen, habe ich inzwischen bemerkt, und wenn ihr meint, ich würde da jetzt beschwichtigend rüberwuscheln, täuscht ihr euch. Ich finde das sogar äußerst bemerkenswert, denn es bestätigt in vielerlei Hinsicht meinen Eindruck von der momentanen Szene. Der Aggressionspegel hat zugenommen, das ist eindeutig – und sogar die von Theo Geißler einmal der Vergessenheit entrissenen Darmstadtbeschimpfungen von heute berühmt-etablierten und höchst satten Komponisten kommen da nicht ganz heran (Leser des Darmstadt-Blogs von Arno erinnern sich).

Und da dies nach wie vor auch ein Forum für diese Diskussion sein soll, möchte ich in unregelmäßigen Abständen auf diese Themen reagieren, quasi als Brief an die Leser, an euch.

Ein häufig angesprochenes Thema war neben der Ämteranhäufung von Peter Hanser-Strecker (von Freunden wie Feinden übrigens liebevoll Hansi-Strecki genannt) die Sorge, dass es sich bei der Neuen Musik-Szene immer mehr um ein inzestuöses Häuflein von „Machern“ handelt, die ihren Lieblingen stets Aufträge zuschieben und darüber dann auch noch Kritiken schreiben (so ungefähr wie in dem kürzlichen Verriss meines Schlagzeugkonzerts „Industrial“ in der NMZ, einer Zeitschrift von der viele von euch vermuten, dass sie mir untertänigst zu Diensten sei – oder gar umgekehrt?).

Zuerst einmal fällt mir da mein Standardargument ein – tatsächlich gibt es dieses Problem in der Szene, aber in gewisser Weise ist es unmöglich, dass es nicht auftritt. Wie in jeder kleinen Szene (und unsere Szene ist SEHR klein und wird kleiner) ist es absolut unmöglich, sich NICHT irgendwann kennenzulernen. Wenn man sich aber dann kennengelernt hat, ist es nicht mehr so ganz leicht, sich zu „entkennen“. Oft vergisst man dann dabei, wie man sich kennengelernt hat.  Was von außen oft wie Vetternwirtschaft aussieht, ist nichts weiter als die Tatsache, dass zwei Personen sich auf durchaus professionellem Wege und durch die Wertschätzung einer Arbeit kennengelernt haben und sich halt nun weiterhin kennen. Und sich dennoch weiterhin für andere interessieren, Wunder über Wunder – ja, das gibt es!

Um ein Beispiel zu nennen: unser Kollege Peter Köszeghy ist sowohl mir als auch zum Beispiel Johannes Hildebrandt bekannt (beide schätze ich menschlich wie fachlich sehr). Ich habe Peter allein durch eine Aufführung seines Stückes in Weimar kennengelernt und seitdem zu ihm und seiner Musik Kontakt gehalten. Auch bei Johannes ist das so, und er wird Peter auf ähnliche Weise kennengelernt haben. Wenn nun Johannes Peter zu seinem Festival in Weimar einlädt (was er ja regelmäßig tut) – so kann diese Regelmäßigkeit von außen gesehen definitiv als „Vetternwirtschaft“ diffamiert werden, vor allem für jemanden, der eben NICHT nach Weimar eingeladen wird, und dort Übles vermutet. Letztlich ist es aber eine Bekanntschaft, die erst einmal durch Musik entstanden ist (das nehme ich zumindest jetzt einfach mal an). Sollen sich die beiden nun künstlich entzweien und jedesmal Siezen wenn sie sich treffen? Das wäre ja eine Farce…

In meinen nun auch schon einigen Jahren in diesem Beruf gibt es nur ganz wenige Kollegen allein in Deutschland, die ich noch NICHT getroffen habe. Sind das alles meine Kumpels? Ganz sicher nicht, aber jeder von ihnen könnte zu einem „zu“ guten Kumpel stilisiert werden, wenn mir jemand böses nachsagen wollte. Ich habe auch schon gehört ich sei schwul oder ein gepuschter Henzeschüler, als ich meinen ersten Biennaleauftrag hatte, noch Jahre später mußte ich mir Fragen anhören, wie Henze denn als Lehrer gewesen sei, dabei hatte ich keine einzige Stunde bei ihm und bekam den Auftrag damals nur, weil er junge Münchener Komponisten für sein Puppenopernrojekt suchte und irgendjemand mich mal empfohlen hatte. So kann es auch gehen, und so geht es meistens.

Erinnert ihr euch an den Namen Herbert Willi? Das war mal so ein Fall von ECHTER Gepuschtheit, tatsächlich versuchte damals Hansi-Strecki mit aller Macht, uns diesen Komponisten wie warmes Brot anzubieten, und zwar mittels all seiner Ämter und Pöstchen. Das Experiment ging definitiv nach hinten los, vor allem bei Schott London sorgte der Name Willi für große Heiterkeit, denn dort heisst „Willy“ noch etwas ganz anderes…Das ist soweit ich weiß das letzte Mal, das Hansi Strecki das versucht hat, heute hängt sich Schott an den Erfolg von Kollegen wie Jörg Widmann einfach dran (und ja, dessen Erfolg hat tatsächlich damit zu tun, daß er auch was kann, obwohl es da auch hartnäckige Gerüchte gibt). Henze erzählte mir mal, dass Schott in der ganzen Zeit wo er als Komponist bei ihnen unter Vertrag war, keine einzige Aufführung für ihn an Land gezogen hat, alles war Frucht seiner eigenen Arbeit. Ich glaube ihm. Ähnliches kann ich über meine relativ kurze Zeit bei Schott berichten (die ist gottseidank schon ziemlich lange vorbei, auch wenn einige von euch das Gegenteil glauben), und ich las damals entweder gar nichts oder nur mäkelndes über meine Arbeit in der Neuen Zeitschrift für Musik, von Protektionismus keine Spur.

Ich sage das euch nicht, um euch zu belehren oder das Problem kleinzureden. Ich betone noch einmal, dass ich eure Frustrationen sehr, sehr ernst nehme. Und sicherlich wird es Situationen geben, wo man sich ausgeschlossen fühlt, ich kenne diese selber sehr gut, wie jeder andere auch.

Einer der Gründe warum ich immer wieder gerne die Sprache auf eine ÄSTHETISCHE Diskussion bringen möchte ist ganz einfach der, dass sich die obigen „Vetternwirtschaft“-Argumente sehr leicht aushebeln und als Geplärre von Beleidigten darstellen lassen. Das mache nicht ich, aber andere werden es machen. Ästhetische Diskussion dagegen ist schwieriger, aber auch lohnender. Aber anscheinend können wir noch nicht zu diesem Punkt kommen, weil es eben DOCH Ausgrenzung gibt, und zwar eine ästhetische. Das klang bei einigen an – und ich gebe euch recht! Wenn auch das Problem der Vetternwirtschaft m.A. nach nicht das Hauptproblem ist,  die ästhetische Ausgrenzung ist es. Und die findet, wie ihr es richtig beschreibt, bei den Radiosendern, bei den Festivals, etc. statt. Und vielleicht auch in der Berichterstattung.

Ich werde nie vergessen – Johannes wird sich daran erinnern – wie der ja durchaus kluge Reinhard Schulz einmal vollkommen hilflos bei einer Diskussion über Ost-Komponisten in Weimar herumsaß, da er nichts, aber auch absolut nichts über dieses Thema wusste. Es war ihm selber peinlich, aber warum ist das so? Vor allem, wenn es da so interessante Musik gibt?

Wenn ihr sagt, dass gerade im Osten, fern von großzügiger Förderung, viel Interessantes gedeiht, so glaube ich euch das, auch, weil ich diesen Eindruck selber habe. Obwohl ihr natürlich auch aufpassen müsst, euch nicht zu verklären, aber dazu seid ihr sicherlich klug genug.

Doch was machen wir aus dieser Tatsache, was bringt die Zukunft? Ich glaube es ist ein falscher Weg, allein eine umfassendere musikalische Bildung zu fördern, die speziell Neue Musik erklärt,  auch wenn das natürlich wünschenswert wäre. Mal ehrlich: Habt ihr euch selber als Schüler allein für die Sachen interessiert, die euch eure Lehrer vorgesetzt haben? War es nicht tatsächlich genau umgekehrt, dass genau die Sachen, die einem der Lehrer anpries und ständig durchnehmen liess einen zunehmend abtörnten und annervten, wogegen man die eigenen Entdeckungen viel spannender fand? Ich glaube nicht, dass es irgendeinem von uns gut tun würde, wären wir auf dem Pflichtlehrplan – einen Autoren wie Heinrich Böll hat das Vorhandensein in quasi jedem Deutschlesebuch mehr geschadet als genützt – wer liest heute gerne Heinrich Böll? Freiwillig? Hätte mein Musiklehrer mir ständig Ligeti und Zimmermann vorgespielt, erklärt und erläutert, es hätte mir diese Komponisten eher entfremdet als näher gebracht. Ich fand es ehrlich gesagt ganz gut, dass er mit spiessigem Scheiss ankam, gegen den ich schön rebellieren konnte…

Und ich sage euch etwas Grausames: Ihr habt recht, wenn ihr euch über schwindende Förderungen und zunehmende Randständigkeit empört. Aber die schreckliche Wahrheit ist: es wird sich nicht verbessern. Nicht in den nächsten 100 Jahren. Garantiert. Im Grunde hat der langsame Verfall der Neuen Musikszene schon lange begonnen, und es ist eindeutig kein Verfall des vorhandenen Talents, sondern ein Verfall der Strukturen (darüber wird in Zukunft hier noch viel geschrieben werden, da bin ich sicher). Das Talent seid ihr, und der Verfallsprozess hat nichts, aber auch rein gar nichs mit der Qualität eurer, unserer Arbeit zu tun. Dieser Verfall ist ebenso unaufhaltsam wie ungerecht. Niemand wird plötzlich sagen – hey, wir werden jetzt neue Möglichkeiten gerade für EUCH  Komponisten schaffen. Es wird nicht passieren. Die Gründe dafür sind vielfältig, nicht alles entspringt einem kapitalistischen Komplott des Mittelmasses (schließlich kamen  entscheidende Impulse für die Neue Musik in den 70er Jahren vor allem aus Amerika, einem der kapitalistischsten Länder überhaupt). Aber die Situation wird – da hilft auch ein Schönreden der Verantwortlichen nichts – nicht besser werden. Insgeheim wissen es auch alle, auch ein Rainer Pöllmann, der mir neulich über den Mund fuhr mit dem Argument „Diese Diskussion ist doch schon längst abgeschlossen“.

Nun gibt es 2 Möglichkeiten, mit diesem Verfall umzugehen. Die erste ist: man resigniert, wird bissig, Stichwort „Hetzwerk Neue Musik“. Als ein mit mir befreundeter Komponist neulich Nikolaus A. Huber die ernsthafte Frage stellte, wie man denn man mit dem Problem der Vermittlung Neuer Musik heute umgehen sollte, antwortete Huber ihm  böse und aggressiv:  „Ihr Jungen Komponisten seid doch alle komplett verblödet und nur noch Promenadenmischungen“. Und hiermit habe ich den Inhalt seiner Mail noch eher untertrieben. Hinter den Kulissen der Siemens-Preisverleihung war zu hören, dass Klaus Huber (nicht zu verwechseln, obwohl…eh wurscht!) extrem ungehalten über die Tatsache war, dass ja noch andere, junge Komponisten in der selben Zeremonie wie er einen (wesentlich kleineren) Preis bekommen sollten. „Die kann man ja auch am Nachmittag getrennt abhandeln“ war sein Kommentar.

Das, liebe Freunde, ist die „Souveränität “ der „alten“ Neue Musik Szene gegenüber euch, dem Nachwuchs. Natürlich gibt es auch löbliche Ausnahmen, die sich kollegial verhalten, aber es ist schon bemerkenswert, dass zwei so hochgerühmte Altkomponisten so unsouverän und mißgünstig gegenüber dem Nachwuchs auftreten. Und das wird nicht besser werden – jeder versucht seine Schäfchen ins Trockene zu bringen.

Was die zweite Möglichkeit ist? Natürlich es den „Alten“ nicht nachzumachen. Solidarisch sein. Neue Wege beschreiten. Fußballett und Fußballoratorium per se sind keine Lösung (habe ich übrigens auch nie behauptet), aber diese Möglichkeiten NICHT zu nutzen, um einmal ein völlig anderes Publikum zu erreichen, ist die viel größere Sünde. Nutzt die Gunst der Stunde – vieles bricht zusammen, aber gleichzeitig bricht auch vieles auf und neue Öffnungen sind zu sehen. Überwindet Selbstreferentielles und Verquastheit. Das ist kein Verbot von mir, sondern ein Wunsch – denn wenn es uns gelänge, die vielen guten Ideen Neuer Musik aus dem eigenen Sumpf herauszutragen, ins Offene hinaus, so vieles wäre gewonnen. Vieles an den Strukturen ist an der momentanen Misere schuld, und ich persönlich möchte mit jungen Komponisten heute nicht tauschen. Aber wir können auch selber etwas tun, müssen uns selber an die Nase fassen.

Dass wir alle faszinierende Musik machen wollen, davon gehe ich mal aus. Aber wir haben uns eine Umgebung geschaffen, in der es tatsächlich den Effekt der „Kaisers Neue Kleider“ gibt, nämlich dass etwas das absolut alle, wenn sie ehrlich sind, in ihrem Innersten zutiefst langweilig finden, aus rein intellektuellen Gründen für gut befunden wird. Lügt mich nicht an, ihr habt das alle schon erlebt. Man traut sich nicht zu sagen, dass man das 4-stündige Streichquartett von Morton Feldman TATSÄCHLICH bis zuletzt unglaublich langweilig fand und nicht in einen anderen Bewusstseinszustand übertrat, wie viele schwärmerisch behaupten. Aber man hat Angst, es zu äußern, weil man sonst für „antiintellektuell“ gehalten wird.  In der Bildenden Kunst hat man übrigens schon lange die Phase überwunden, in der man nur noch abstrahiert hat, es keine Diskussion von z.B. Schönheitsempfindung gab (ich weiß, ein schwieriges Thema, aber absolut diskussionswürdig – Ist unsere Musik noch schön? Dass etwas hochanspruchsvoll aber dennoch betörend schön sein kann, das haben uns doch vergangene Epochen zur Genüge vorgemacht? Und ja, selbstverständlich gibt es auch unglaublich tolle und faszinierende HÄSSLICHE Musik, aber wie kann sich diese Musik noch absetzen, wenn Schönheit, Inspiriertheit, überbordende Phantasie ÜBERHAUPT keine Kriterien mehr sind?).

Genau über diese Dinge würde ich gerne mehr hören – nicht, weil mich neue Dogmen interessieren, sondern weil ich die alten Dogmen überwinden will. Legt mir nicht ständig irgendeinen Quatsch in den Mund, ich sei ja eigentlich ein Spießer usw. Ich bin nicht derjenige, der igendetwas verbietet. Dafür bin ich viel zu neugierig auf ALLE Arten von Musik. Aber ich wünsche mir auch, dass eure, dass unsere Musik wieder eine Chance hat.

Für diese Diskussion war das „Neue Musik Bingo“ von Arno eine wunderbare Vorlage, denn jeder muß zugeben, dass er den Nagel mit vielem auf den Kopf getroffen hat.

Aber ich will gar nicht mit so einer ernsten Note enden – wenn ihr mal wirklich lachen wollt, so zieht euch dieses Video des Schott-Verlags rein (apropos Hansi Strecki) – das ist quasi eine Selbstdekonstruktion, aber unfreiwillig:

(Ich verspreche euch – ihr lacht euch kaputt!)

Bleibt sauber, Freunde, ich hoffe auf Euch,

Euer Bad Boy (Moritz Eggert)

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14 Antworten

  1. Der Russe sagt:

    So positiv dieser Blog-Beitrag auch nach dem unschönen Anfang im Mittelteil klingt, gen Ende wird es wieder beklemmend.

    Also Feldman. Feldmans „Piano and String Quartet“ (immerhin 80 Minuten lang) höre ich sehr gerne und immer wieder (wenn auch ohne Übertritt in irgendeinen Bewusstseinszustand). Und da bin ich jetzt ein Heuchler oder Lügner?

    Und dann kommt das Wort „Schönheitsempfinden“. Wer bestimmt denn was schön und was hässlich ist? Ich persönlich habe keinerlei Interesse an Kategorien, die andere aufstellen. Machen wir etwas noch ein Namedropping. Ferneyhough finde ich sehr schön. Jemand anders mag das anders sehen. Na und? Wer will mir diesen Genuss denn jetzt wegnehmen?

    Ich ziehe mal den Vergleich zur Attraktion für das andere (oder, je nach dem, das gleiche) Geschlecht. Da sind die Geschmäcker so verschieden, was der eine hässlich findet, ist für den anderen schön. Das ist eine unüberwindbare Tatsache. Und nicht anders sehe ich das mit der Musik.

    Und es bringt mich wieder zurück zu der Diskussionsinsel mit Andreas Heck:

    Was bringt uns das alles und wie werden die Konsequenzen gezogen?

    .

  2. Kunstgorilla sagt:

    Was soll man hierzu sagen. Wie soll man mit solchen Menschen vernünftig diskutieren, die gleich bei der ersten deftigen Widerrede rumheulen und sich verkriechen? Herr Eggert hat von den Teilnehmern in diesem Blog in Wirklichkeit einen der miesesten Diskussionsstile an den Tag gelegt. Wenn man das noch mal betrachten will. Seine „Logik“ ist subtil unfair und einfach nur schwachsinnig: Verallgemeinerung, Dinge gleich auf die ganze „Szene“ beziehen, Dinge über den Kamm scheren plus Weichspüler, Nebelkerzen werfen, anderen Gedanken oder Ansichten unterstellen, ja fast Verleumdung, und sich die Welt schön reden. Da braucht man sich nicht wundern, wenn einige Leuten das mal als Anlaß für Gegenfeuer erachten.

  3. Kunstgorilla sagt:

    Schaut euch einfach das hier mal an, dann versteht ihr.

  4. sickorski sagt:

    „Moritz will dich als seinen Freund hinzufügen.“

  5. Erik Janson sagt:

    Hallo Moritz, hallo Blogger,

    also, ich verstehe überhaupt nicht, warum hier nun wieder
    neuer Wein in alten Schläuchen vergossen wird mit diesem
    „Brief an die Leser. Natürliche Auslese?“ vom 16.5.

    Eine neue Nebelkerze am Nachthimmel, denke ich mir da.

    Was hat das für eine Funktion außer dass der Eröffnungsblogger von „Das Ende ist der Anfang“ hier subtil seine persönlichen Befindlichkeiten ausposaunt
    (Beleidigtsein über die „Schlägertruppe“ die über ihn herfalle…etc.).
    Und dass die Kritiker weiter zumeist leider über einen Kamm geschert werden als destruktive Träumer, die sich nicht mit dem Status Quo oder den negativen Entwicklungen gefälligst abfinden sollten.

    Wie ich hier angegangen, was mir alles verdreht und unterstellt wurde, dazu äußer ich mich schon gar nicht mehr. Lest im Blog „Das Ende ist der Anfang“ nochmal nach, wer es noch nicht weiß. Das habe ich mittlerweile verwunden und denke lieber an was Schönes.

    In vielen Punkten muss ich Kunstgorilla und dem „Russen“ hier aber leider Recht geben, was auch diese an Moritz „Leserbrief“ kritisieren.

    Und. traurig genug, dass negative Tendenzen zunächst polemisch und vernebelnd weg diskutiert wurden: Nun wird auf einmal von Moritz Eggert auch noch so getan, als seien Dinge wie Vitamin B, Vetternwirtschaft etwas, das mit „Freundschaften“ und einem Sich-Kennenlernen etc. zu tun habe bzw, zu legitimieren sei. Und es wird noch versucht, die Kritiker dieses Phänomens als Beispiele dafür an zu führen.

    Also, ich denke z.B. Pèter Koeszeghy ist sicher nicht deswegen oft in Weimar, weil Johannes K. Hildebrand ihn kennt, sondern weil seine Musik dies rechtfertigt.

    Und dann werden auch noch von Moritz so Thesen aufgestellt die uns beweisen/sagen wollen:

    „Aber die schreckliche Wahrheit ist: es wird sich nicht verbessern. Nicht in den nächsten 100 Jahren. Garantiert. “ (ZITAT ENDE)

    Wer bestimmt das denn?
    Klingt ja fast so, Moritz, als wollest Du nun das Buch „Das Ende ist der Anfang“ zu klappen. Deckel zu!

    Dieses ganze Gequatsche vom Ende der Kunst, von Endzeitstimmungen ist doch so alt wie die Tatsache, dass Kunst immer wieder Wege gefunden hat, diese These lügen zu strafen.

    UNd dann liest man auf einmal auch wieder solche Töne von Moritz (an deren Authentizität und Wahrheitsgehalt man aber sehr zweifeln muss in Anbetracht des sonst von ihm Gesagten – gut, ich unterstelle, lieber Moritz:
    es sollte nett und „tröstend“ an die angeblich „Frustrierten“ gemeint sein):

    Ich zitiere:
    „Ich sage das euch nicht, um euch zu belehren oder das Problem kleinzureden. Ich betone noch einmal, dass ich eure Frustrationen sehr, sehr ernst nehme. Und sicherlich wird es Situationen geben, wo man sich ausgeschlossen fühlt, ich kenne diese selber sehr gut, wie jeder andere auch.“ (Moritz Eggert 16.5.ZITAT ENDE)

    Na prima! Muss schon sagen: Moritz, Du kannst ja gerne Deine Meinungen zum Blog haben und das meiste an Strukturdiskurs für sinnlos erachten, weil angeblich „der Drops schon gelutscht“ sei…Und Du kannst dies auch ruhig nun in heiligen EPISTELN à la Apostel in die Blog-Community verkünden.
    Aber ob dies die Menschheit und Neue Musikszene in DIESEM
    Stil weiter hilft, das darf doch sehr bezweifelt werden.

    Und – MOritz – selbst wenn Du RECHT HÄTTEST – dass sich angeblich in den nächsten 100 Jahren nichts verbessert oder ändert – wie auch immer. Dann TUN WIR doch wenigstens was für IN 150 JAHREN!

    Also, wer sich allein schon anmaßt, zu sagen, was in den nächsten 100 Jahren ist und wo gewisse Entwicklungen in unserer Neue Musik und anderer Musikkultur hin gehen, ob sie so bleiben wie JETZT (wo z.B. diese Finanzkrise auch nicht 100 Jahre vorher, ja nicht mal 10 Jahre vorher vorherzusehen war!). Na: derjenige hat schon – gelinde gesagt – ein sehr gesundes Selbstbewusstsein. Das grenzt doch schon an Hybris, welche die neoliberalen Status-Quo-Anbeter zementieren soll.

    Gut, dann können wir auch gleich sagen: „2029 herum streift Apophys die Erdumlaufbahn (ausgerechnet ein paar Jahre bevor meine wenigen Rentenanlagen ausgezahlt würden, so´n Ärger aber auch!). Es hat also keinen Sinn noch irgendwas für Klimaschutz zu tun, weil wir alle vielleicht in 100 Jahren nicht mehr sind.“
    Lasst uns doch gleich alle einpacken…

    TOLL diese Einstellung: Status Quo mit Fatalismus
    bzw. dem Ich weiß-es-ändert-sich-in-den-nächsten 100 Jahren nichts zementieren.

    Na denn – jetzt aber endgültig –
    Allen eine gute Nacht, aber nur zum Schlafen,
    um morgen auf zu wachen und weiter zu machen…

    Erik Janson

  6. Köszeghy Peter sagt:

    Lieber Moritz,

    da du mich mit deinem etwas verdrehtes, „beispiel“ zum zugzwang aufforderst, werde ich mein Zug hiermit eröffnen. Ich denke, rechtfertigen wäre total fehl am Platze. Aber Klarstellen ist wichtig:
    1.,Ich wurde dieses Jahr das erste mal mit meinem Performance nach Weimar eingeladen. Dass ich in den letzten Jahren immer wieder in Weimar gespielt wurde, hat damit zu tun, dass die Musiker (z.B. Carin Levine, das Aeolian Trio, das Blockflötentrio lestrois en bloc) einige Stücke von mir in ihrem Repertoire haben/hatten. Also somit kann es genauso passieren, dass bestimmte Ensembles vielleicht meine Stücke das bei Einem oder Anderem Festival auch spielen und/oder spielen werden. Dieses damit zu erklären, ich wäre mit Johannes Hildebrandt gut befreundet – wozu ich nur sage, ich bin mit Herr Hildebrandt nicht mehr oder weniger befreundet, als mit Herr Eggert!) – ist für mich ziemlich – sorry wegen der Ausdruck -„billig“, und es erzeugt eine Art „Anfangen von Matsch herumschmeissen in der Gegend“. Substanzlos und Billig.
    2., Zum Substanz Deiner Aussage betreffend: Alle Komponisten haben ihre eigene kleine Netzwerke, und das ist gut so. Das habe ich NIE als schlecht oder falsch beschrieben, geschweige denn angegrifen. Das wirkliche Problem ist wenn diese Netzwerke „überhand“ nehmen, und nicht mehr darauf geschaut wird, was der Komponist für Qualitäten hat. Und das sind leider gerade bei den „Star“ Komponistchen (um einige Namen zu nennen z.B. Poppe, Newski, Anre) mittlerweile selbstständigkeiten, dass sie durch ihre Beziehungen an den sogennannten Mächtigen – da sie bei Den oder bei Den studierten, oder weil sie Den oder Den kennen – an ihre Aufträge kommen. Und das was sie dann „abliefern“ – kann sonstwie Anfänglich ja noch so interessant gewesen sein, was sie Anfänglich ihrer Karriere komponierten – nicht mehr im Gleichgewicht steht damit, was sie dadurch dann weiterhin bekommen. Ich sage nicht, dass diese „Sternchen“ schlechte Musik schreiben – ja, es sind einige Sachen sehr interessant. Aber es wird eine Art „Fetischismus“ erzeugt, dass, wenn sie was schreiben (nur durch ihren NAmen!) das auch immer gut sein „muss“. Und da sie in Netzwerke feststecken, wird jede zeug von denen „abgerotzt“. DANN sind Netzwerke, die du im Zusammenhang mit Himdebrandt und mir gebracht hast – was wie gesagt verdeht auch noch ist (!) – eigentlich nur noch „Tyrannereien“, die den Weg des wirklich autonomen und vielleicht doch viel interessantere Komponisten versperren.
    3., das Problem diese „netzwerke“ ist, das 80% nicht auf die Qualitäten, sondern auf die Namen geschaut wird – von wo kommt er, wo war gespielt, bei wem studierte er : also, wenn du eine tolle sogennante „referenzenliste“ hast, kriegst du alles – das muss ich so brutal sagen – im Hintern geschoben. Tja. Und dann wird beschwert, es gäbe keine junge Komponist, der sich aus dem Fenster lehnt. Aber, nur deswegen, weil das NUR und AUSSSCHLIEßLICH in den eigenen Reihen gesucht wird. Das übriggebliebene 20% sind die, die dann Glück haben oder vielleicht doch etwas interessantes geschrieben haben, was wirklich neue Wege zeigt.
    Summa Summarum: Vielfalt ist da, Komponisten die „Eier“ haben (um mit dem Wort von Herr „Russe“ zu leben) sind da, nicht Angepasste sind da, Komponisten, die Ideen haben und nicht in den eigenen Suppe kochen sind da. Nur das Forum fehlt, wo sie sich beweisen können. Und da kommt natürlich nicht im Frage, man solle sich an das Publikum ranpassen. Man soll einfach Konsekvenz bleiben und Gerade.
    Herzlichen Gruss,
    Peter

    ps.: alles andere, was du geschrieben hast, brauche ich nicht antworten. Hat Herr Janson und die Anderen schon einiges kommentiert. Da kann ich mich nur anschliessen.

  7. Der Russe sagt:

    Da Eggert behauptet, er würde jeden einzelnen Beitrag „sorfältig durchlesen“, muss ja das, was er schreibt, bewusstes Lügen und Verdrehen sein. z.B. kehrt Eggert hervor, das Schläge angedroht wurden – dabei handelt es sich nur um wenige Zeilen eines einzigen Trolls, die auch noch gegen Herrn Köszhegy gerichtet waren. So werden alle Diskutanten in einen „Schlägerfront“-Topf geworfen, und das ist an wiederwärtigkeit und verdrehung und falschheit kaum zu überbieten.

    Irgendwie schlau, diese Art. Denn was von Eggert behauptet wird, können und wollen die meisten nicht nachprüfen. denn nicht viele haben Zeit und Muße, jeden einzelnen Kommentar zu lesen und im Gedächtnis zu behalten.

    So kann man dann nach Aussen hin schön den beabsichtigten Schein waren.

  8. Kunstgorilla sagt:

    …und der Hahn bespritzt jetzt die ganze Zeit den Blog, so dass Artikel mit ungemütlichen Kommentaren nach hinten rutschen, wo sie kein Neuankömmling mehr sieht.

  9. Erik Janson sagt:

    Hallo Russe, Kunstgorilla, Liebe Community,

    ja, dass das mit den Verdrehungen und dem IN den-Topf-Werfen
    so viele offensichtlich merken und dass weitere Beispiele dazu genannt werden. Das kann schon mal weiter optimistisch stimmen.

    Also: immer zum Anfang zurück scrollen.

  10. peh sagt:

    @kunstgorilla: jetzt bin ich durchschaut. kannst gern auch mal bei mir, ganz gemütlich bitte, kommentieren, dann nehme ich dich mit, ganz nach oben auf den stapel!

  11. sickorski sagt:

    ROFL, jetzt bettelt der Hahn schon um Comments für seine Blog-Einträge, die kein Schwein interessieren …

  12. Johannes K. Hildebrandt sagt:

    lieber moritz und der rest of best,

    also von diesem „natürliche-auslese-brief“ bin ich irritiert und frage mich zunehmend ernsthaft, was das hier alles soll. zunächst mal muss ich eine behauptung richtig stellen und ich bitte dich, moritz, das zur kenntnis zu nehmen. du spricht von einer SEHR kleinen szene der neuen musik. ist sie klein? nein. sie ist sehr groß. sie ist ästhetisch extrem vielschichtig. das problem – die verschiedenen ästhetischen richtungen suchen sich (leider) immer wieder einzelne plattformen zur präsentation, die du moritz anscheinend auch so wahrnimmst – einzeln und nicht komplex – schade. die einzelnen plattformen sind teilweise tatsächlich sehr klein, aber in der summe ist die neue musik heute so vielschichtig und groß, wie nie zuvor. weiter behauptest du, dass die szene kleiner wird. das ist falsch. hier empfehle ich dir die publikation „freie ensembles für neue musik in deutschland“ – erschienen bei schott, hier wird die entwicklung der ensembleszene in den letzten jahren ausführlich beleuchtet, lies das mal bitte, kannst ja über deine neuen erkenntnisse berichten. ich frage mich ernsthaft, wie du solche unsinnigen dinge behaupten kannst und was du damit bezweckst. ich war gerade ein paar tage unterwegs und hatte ein konzert in berlin. die musiker waren voll begeistert von den stücken und wollen auch in zukunft weiter zusammen spielen, ein ensemble gründen. das ist doch wundervoll. bei jugend musiziert gibt es kein pflichtstück neue musik mehr. das ist vielleicht bedauerlich, aber in thüringen gibt es dennoch einen sonderpreis für die interpretation eines zeitgenössischen werkes. als einer der juroren für diese kategorie muss ich sagen, dass es faszinierend ist, wie viele schüler teilnehmen, auf welchem hohen niveau und vor allem mit welcher selbstverständlichkeit die schüler das tun. vielleicht wird demnächst ein landesjugendensemble für neue musik gegründet. warum sollte ich also frustriert sein? vielleicht bist du frustriert, ich nicht, weil die szene wächst. frust ist bei den „großen“ angesagt, weil es plötzlich viele kleine neue initiativen, ensembles, komponisten gibt, die sich vernetzen, austauschen, sich auch noch herumsprechen und am ende vielleicht sogar noch erfolg haben und natürlich und zu recht eine teil des großen förderkuchens beanspruchen. damit kommen die „großen“ nicht mehr klar, mauern sich in ihren alten strukturen ein und die presse ist hoffnungslos überfordert.
    du gehst auch auf musikalische bildung ein. solltest du meinen beitrag hier oder anderswo gelesen haben, hast du scheinbar nicht verstanden, was ich meine. es geht mir darum, dass die ausbildung vor allem der pädagogen verbessert werden muss, damit sie in der lage sind, schülern neue musik als ein musikalisches, lebendiges angebot unserer zeit zu zeigen. es ist ohne zweifel klar, dass nicht alle schüler hell begeistert darauf abfahren, müssen, sollen sie auch nicht, aber – auch wenn du es dir scheinbar nicht vorstellen kannst – manche schon. sage mir bitte moritz, wie soll ein mensch herausfinden, ob ihm neue musik zusagt oder nicht, wenn sie ihm gänzlich vorenthalten oder schlecht präsentiert wird? wenn dir der zugang zu feldman oder den hubers schwer fällt, akzeptiere ich das. mir geht das vielleicht ähnlich, aber manche finden es geil. mach doch bitte mal einen konstruktiven vorschlag zum thema bildung. du sprichst von einem „falschen weg“ – was ist deiner meinung nach der richtige weg? mich interessiert, was, ob und wie du da denkst.
    jetzt kommt der kracher deines beitrags. du behauptest (ernsthaft??????), dass es nur ganz wenige kollegen in deutschland (allein in deutschland – auch das noch!!) gibt, die du noch nicht getroffen hast – sag mal – meinst du das ernsthaft oder überschätzt du dich da nicht ein ganz klein wenig. wahrlich ich sage dir, du kennst nur einen bruchteil, einen kleinen teil einer unglaublich vielschichtigen berufsszene, die sich ständig in veränderung befindet und wenn du wirklich ernsthaft meinst, dass du schon fast alle getroffen hast – entschuldige bitte – aber dann tust du mir leid, denn das würde bedeuten, dass du in einer sehr, sehr kleinen welt lebst. das kann ich nicht glauben. wenn sich jemand anmaßt, alle oder auch nur fast alle getroffen zu haben, dann ist er größenwahnsinnig oder hält sich mindestens für gott. komm doch bitte wieder runter zu uns.
    nun noch eine anmerkung zu den inzestuösen häuflein. wie du richtig bemerkt hast, war peter köszeghy schon mehrfach bei den weimarer frühjahrstagen, übrigens du selber auch. das hat verschiedene gründe, wie z.b. schon von peter erwähnt, weil es tatsächlich ensembles gibt, die stücke von ihm im repertoire haben und sie freiwillig spielen möchten. eine sache muss ich aber richtig stellen. es gab bisher 2 komponisten, denen es gelungen ist, in das finale der beiden kompositionswettbewerbe (kammermusik und orchester) zu gelangen. peter hat das geschafft und somit muss ich die verantwortung für seine wiederholte festivalpräsenz auch mit der jury der kompositionswettbewerbe teilen. das bitte ich doch zur kenntnis zu nehmen. anscheinend scheint peter nicht ganz unbegabt zu sein. und verdammt, auch erik janson war schon hier, aber ebenfalls durch den kompositionswettbewerb. und – lieber moritz – bei den jurysitzungen der wettbewerbe in weimar sind übrigens keine laptops zugelassen, damit man mal schnell im netz schauen kann, welcher komponist sich hinter einem titel verbirgt, wie ich es als juror schon einmal mit großem befremden an anderem orte erleben musste – das ergibt nicht gerade eine natürliche auslese, um zum titel zurückzukehren ….. das 10-jährige jubiläum in weimar in diesem jahr hat uns natürlich auch dazu bewegt mal zurück zu schauen – insgesamt standen etwa 300 verschiedene komponisten und 200 uraufführungen auf dem programm. ja – und ich bin ein anhänger der praxis komponisten nicht nur einmal einzuladen. warum? weil ich es besonders bei jungen oder jung gebliebenen komponisten interessant finde, zu sehen, ob und wie sie sich entwickeln, verändern, es gibt auch komponisten mit einem ästhetisch sehr großem werkspektrum. dabei ist es völlig egal, ob ich den komponisten persönlich toll finde oder nicht, es geht vielmehr darum, dass ich den komponisten oder das werk in das programm nehme, weil ich es im sinne einer in weimar gewollten ästhetischen vielfalt für notwendig erachte. im vergangenen jahr habe ich in donaueschingen die aufführungen und performance von dror feiler erlebt. nach dem abschlußkonzert habe ich dann meine meinung dazu – wie viele andere – mit buh-rufen artikuliert, ein anderer teil des publikums war begeistert. für mich stand fest – den will ich in weimar haben und so gab es dieses jahr eine feiler ua bei uns, weil ich komponisten und werke schätze, die reaktionen provozieren. mein persönlicher musikgeschmack steht da nicht zur debatte, weil das festival nicht das hildebrandt-festival sein soll. und eine performance von peter köszeghy (die ich selber teilweise für grenzwertig finde) tut das auch, also reaktionen herausfordern. und es gibt natürlich komponisten, deren musik ich persönlich sehr schätze, wie z.b. lothar voigtländer. also lade ich ihn gerne wiederholt ein, aber auch aus einem anderen grund – weil ich weiß, dass er in weimar einen echten fanblock hat und das konzert dann entsprechend besucht ist. mir macht es großen spaß, auch mal konzertprogramme extrem differenziert zusammen zu stellen – z.b. ein sehr traditionelles klaviertrio und danach ein elektroakustisches stück, gefolgt von einem stück für klavier und live-elektronik, in dem plötzlich jazzig-loungige klänge überraschen und danach ein extrem komplexes neue-musik-klaviertrio. es sind dann übrigens immer die typischen hardcore-neue-musik-konzertbesucher, die völlig irritiert sind, da kommt dann – „also das stück von x war ja ganz toll, aber dieses stück von y gehört doch nicht in ein neue musik festival“. doch sage ich, es gehört da rein. lieber moritz, was meinst du, was ich mir damals, als du mit dem hämmerklavier in weimar warst, für sprüche anhören musste – „das hat doch nichts mit neuer musik zu tun …“ oder ähnliches. nun könnte jemand einem solchen programmix beliebigkeit unterstellen. es ist vielmehr ein spiegel heutiger, ästhetisch vielseitiger musik. es ist das, was meiner meinung nach die neue musik braucht, mehr offenheit, mehr mut und vor allem mehr respekt und kenntnisnahme untereinander. ja – respekt, echten und keinen gespielten respekt. wenn ich ein konzert mache mit ausschließlich elektroakustischer musik, kommen besucher, die ich nicht in einem instrumentalen konzert sehe – oder umgekehrt ist es genauso usw. es sind genau diese kleinen minimalplattformen, die ich oben erwähnte und die tatsächlich den eindruck vermitteln, dass die neue-musik-szene eine sehr kleine ist, die es zu verbinden gilt. die resonanz, die wir hier dafür erhalten, bestätigt uns darin. und – lieber moritz – dann wirst du sehen, dass wir nicht kleiner, sondern größer werden.

    grüße
    Johannes K. Hildebrandt

  13. wechselstrom sagt:

    Guten Morgen Kommentatoren und Innen,

    Ein Blick auf den Begründungszusammenhang sagt eigentlich alles:
    Dass „Neue Musik“ als Kampfbegriff ausgedient hat, wurde in anderem Zusammenhang schon festgestellt. Deshalb das Ende einzuläuten ist nicht zwingend, wie M.Eggert uns einreden will. Und selbst wenn, kann ein Neuanfang seinen Begründungszusammenhang NICHT in Fußballetten finden. Das ist reine Anbiederung an herrschende Politik, die hier internalisiert wird (Und Eggert schreibt es ja ganz deutlich):

    „Aber die schreckliche Wahrheit ist: es wird sich nicht verbessern. Nicht in den nächsten 100 Jahren. Garantiert. „

    Hinter einem Polizeiaufgebot zum Opernball zu gehen und sein armseliges Komponisten-Honorar auch noch dafür schmälern zu lassen, weil man unbedingt zuschauen will, wie der Wiener Opernintendant die Netrebko fickt – das kann es nicht sein.
    Ein 4-stündiges Streichquartett kann nur der glaubhaft zur Diskussion stellen, der sich von der Mitwirkung bei ätzenden 4-stündigen Opernball-Fernsehübertragungen fernhält.

    Der Wille zu einem Neuanfang lässt sich aus den Blogbeiträgen jedenfalls NICHT herauslesen (sobald er in den Kommentaren auftritt, wird er zugemüllt (hi, mehrlicht) ).
    Fußballett versus Darmstadt? Ist DAS euere Leitdifferenz für Neues?
    Dann doch eher:
    Fußtritte versus Fußballette.

    Schönen Tag noch
    wünscht
    wechselstrom

  14. wechselstrom sagt:

    kurzer Nachtrag zum Thema Kinderstube (ich glaube Hildebrandt hat das mal eingefordert):

    Ein befreundeter Komponist (hat auch schon in Donaueschingen gut gepunktet etc.) vertrat kürzlich folgende These:
    Ein Komponist hat nur ein etwa 10-jähriges Zeitfenster und zwar zwischen 50 und 60.
    Bis 50 geht er noch als Jungkomponist/Newcomer durch und ab 60 muss er zu den Altmeistern gehören, sonst ist Essig.

    Da mag was Wahres dran sein – kommt es doch aus dem Munde eines intimen Kenners der Szene.

    Eine Adoleszenzphase von 50 Jahren ??? Raus aus den Windeln!!!

    fordert
    wechselstrom