Neue Musik / Musikfeature / SoundArt: Die Radio-Woche vom 14.09. bis 20.09.2020

Radio Neue Musik. Montage: Hufner
Radio Neue Musik. Montage: Hufner

Neue Musik und Musikfeatures in der Kalenderwoche 38. Porträt des Musikethnologen Mantle Hood | „in extremis“ – Christophe Bertrand (I) | Im Corona-Blues | Drei ostdeutsche Komponisten erfahren die Deutsche Einheit | Stromlinie Reloaded | Nickelsdorfer Konfrontationen | Braucht Musik Vermittlung? | 75. Todestag von Anton Webern | Younghi Pagh-Paan | Klangspuren 2020 | Simon Steen-Andersen | Arvo Pärt | Die Kinderkompositionsklasse L’ ART POUR LART in Winsen an der Luhe.

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14.09.2020


23:00 bis 00:00 | rbbKultur
MUSIK DER GEGENWART mit Andreas Göbel

23:03 bis 00:00 | SWR 2
SWR2 JetztMusik: „Warten, bis auch wir etwas verstehen“ – Die Kinderkompositionsklasse L’ ART POUR LART in Winsen an der Luhe

Von Leonie Reineke. „Oft höre ich Leute sagen: ‘Kinder verstehen uns nicht.’ Ich glaube aber, es ist andersherum. Wir verstehen Kinder nicht. Umso spannender ist es, mit ihnen zu arbeiten und zu warten, bis auch wir etwas verstehen.“ – So der Komponist und Schlagzeuger Matthias Kaul (1949 – 2020). Seit 1999 unterrichteten er und Astrid Schmeling Kinder in Komposition. Komponieren meint hier aber mehr als Noten zu Papier zu bringen: Alles, was uns im Alltag umgibt, kann Musik sein – bis hin zum Summen des Eisschranks. Die SWR2 JetztMusik erinnert an den außergewöhnlichen Komponisten und Schlagzeuger Matthias Kaul.

23:03 – 24:00 | Ö1
Anton Webern als Dichter-Dilettant und Leitstern zeitgenössischer Musik. Aktuelle Webern-Perspektiven aus Anlass des 75. Todestages

Am 15. September 1945 wurde der Komponist Anton Webern in Mittersill von einem US-Soldaten versehentlich erschossen. Für die nachfolgenden Großen des 20. Jahrhunderts, von Mauricio Kagel bis Bernhard Lang und Klaus Huber, war seine Musik ein „Klima, das Chaos ordnete“, es war „gute Musik“, die die „Sehnsucht nach dem Horchenden“ weckte.

In der Vielfalt der aktuellen Perspektiven auf das Werk Weberns ist sein literarisch-kompositorisches Arbeiten einzigartig erkenntnisreich: Anhand des Schauspiels „Tot“, verfasst 1913 und erstmals 2009 veröffentlich, erkennt die in Cardiff lehrende Musikwissenschafterin Monika Hennemann den Schlüssel zu einer Lebenswende Weberns. Sie ergreift die Gelegenheit, im nur etwa 20 Minuten lang dauernden Drama, als Manuskript ein Leben lang bis zum Ende in Mittersill vom Autor mitgetragen, eine Entschlüsselung für Weberns Werk zu finden. Webern, als Dichter-Dilettant, ist Quelle der Erkenntnis für den Musik schaffenden Künstler. Gestaltung: Irene Suchy


15.09.2020


00:05 bis 01:00 | Deutschlandfunk Kultur
Neue Musik: Über das Üben – Einblicke in einen geschützten Raum

Von Friederike Kenneweg. Üben gehört zum Musikmachen dazu, so sehr, dass es sogar selbst zum Thema von Musik werden kann. Doch lässt sich das Private und Intime des Übungsprozesses wirklich auf der Bühne zeigen?

00:12 bis 02:00 | Bayern 2
Concerto bavarese: Bayerische Komponisten

Wilfried Hiller: „Pegasus 51“ (Wolfgang Haffner, Schlagzeug; Münchner Rundfunkorchester: Fabrizio Ventura); Nikolaus Glassl: Sonate (Michael Stern, Posaune; Nikolaus Glassl, Klavier); Max Beckschäfer: „Madrigali Veneziani“ (Franz Vitzthum, Countertenor; Quartett il capriccio); Robert Delanoff: „Die Zeit vergeht …“ (Zoltán Kovács, Klarinette; Eva Schieferstein, Klavier); Peter Schöbach: „Verwehte Blätter“ (Rose Bihler Shah, Mezzosopran; Martin Wolfrum, Klavier); Gloria Coates: Symphonie Nr. 7 (Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks: Olaf Henzold)

21:00 bis 22:00 | NDR Kultur
neue musik: Im Tempo der Natur – Zum 85. Geburtstag des estnischen Komponisten Arvo Pärt

Von Margarete Zander

22:05 bis 23:00 | BR-KLASSIK
Horizonte: Ikone der Avantgarde – Anton Webern als „Vaterfigur“ der Neuen Musik

Von Wolfgang Schicker. Am 15. September 1945 geht der Komponist Anton Webern zum Rauchen vor die Tür. Er stößt mit einem amerikanischen Soldaten zusammen, der sich bedroht fühlt und schießt. Wenige Jahre danach schreibt der junge französische Komponist Pierre Boulez: „Ich glaube, dass die Musik keine andere Entwicklung nehmen kann als die, welche Webern ihr gegeben hat.“ Eine Generation junger Komponisten verstand sich als Avantgarde, die nach der unmenschlichen Tyrannei des Nationalsozialismus und der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs ein Weiter-so in alten Traditionen und Denkmustern für unvorstellbar hielt. Ihre „Vaterfigur“ (György Ligeti) war Anton Webern – nicht etwa Arnold Schönberg, der Kopf der Zweiten Wiener Schule, der die Dodekaphonie als eine in die Zukunft weisende Kompositionstechnik entwickelt hatte. Die jungen Komponisten bewunderten an Webern insbesondere sein „konstruktives musikalisches Denken, das Primat der Struktur sowie eine Abneigung gegen Pathos“ (Ligeti). Angesichts der mit hohlem Pathos angereicherten Propaganda im „Dritten Reich“ eine verständliche Haltung. Doch handelte es sich um nichts anderes als ein großes Missverständnis, wie der Komponist und Pianist Steffen Schleiermacher meint, denn Webern selbst gab etwa seinen Variationen op. 27 Spielanweisungen wie „enthusiastisch“, „pathetisch“, „nachdenklich“ oder „elegisch“ bei. Gemeinsam mit Steffen Schleiermacher beleuchtet BR-KLASSIK Autor Wolfgang Schicker die Rolle Weberns als „Ikone der Avantgarde“, aber auch seinen Einfluss auf Komponisten der DDR, der USA und der Sowjetunion.

23:00 bis 00:00 | rbbKultur
MUSIK DER GEGENWART: Der Komponist Simon Steen-Andersen

Mit Andreas Göbel. Man könnte ihn einen „Gesamtkünstler“ nennen. Visuelles und Auditives, Szene, Elektronik, Konzeptionelles oder Licht gehen in seinen Werken oft überraschende Verbindungen ein. Auch die Körperlichkeit von Musik spielt für ihn eine große Rolle. „Ich sage eigentlich immer zu den Musikern, arrangiere Dich so, dass man möglichst sehen kann, was Du machst“, so der Komponist. An der Staatsoper Unter den Linden Berlin ist derzeit Simon Steen-Andersens Performance „Walk the Walk“ zu erleben.

23:03 – 24:00 | Ö1
Klangspuren 2020. Das Eröffnungskonzert mit dem Tiroler Symphonieorchester.

Unter dem Motto „Zeitzeichen“ nimmt das Festival Klangspuren Bezug auf das Schicksalsjahr 2020. Alle Konzerte werden von hochkarätigen, in Österreich lebenden Musiker/innen gespielt, und sollen „Zeugnis ablegen von der heimischen Spielstärke in allen Bereichen der zeitgenössischen Musik“, so Festivalleiter Reinhard Kager, der Abstand nehmen musste, von seinem eigentlich geplanten Festival der Begegnungen mit rund dreißig Musiker/innen aus außereuropäischen Ländern, – es soll 2021 stattfinden.

„Zeitzeichen“ ist ein Programm, das mit hoher Wahrscheinlichkeit umsetzbar sein wird, weil fast ausschließlich in Österreich lebende Musiker/innen, bei den Klangspuren spielen werden. Im Rahmen des Eröffnungskonzertes am 11. September dirigiert Titus Engel das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck im Silber Saal in Schwaz und hat Musik am Programm, die langsam immer mehr entschwinden wird und die mit Hannes Kerschbaumers „schiefer für Orchester“ beginnt. Eine Musik der Schichtungen, die an Sedimentüberlangerungen im Gestein erinnert.  Der Tiroler Geiger Martin Mumelter ist der Solist in Adriana Hölszkys „Apeiron, Konzert für Violine und Streicher“ ein Werk, das mit nur 17 Streichern auskommt und das als österreichische Erstaufführung zu hören ist. Gefolgt von Gerd Kührs Klangexperiment „Música pura. Fünf Sätze für Ensemble“ bei dem das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck auf nur mehr fünfzehn Musikerinnen reduziert wird. Gestaltung: Patrizia Jilg – Tirol


16.09.2020


00:12 bis 02:00 | Bayern 2
Concerto bavarese: Fränkische Komponisten

Franz Reizenstein: Violoncellokonzert G-Dur (Wen-Sinn Yang, Violoncello; Nürnberger Symphoniker: Ulrich Windfuhr); Richard Engelbrecht: Bläserquintett (Bläserquintett der Nürnberger Symphoniker); Edgar Bredow: Streichquartett – „Meditations“ (Bamberger Streichquartett); Klaus Hashagen: „Race II“ (Percussion Art Quartett); Werner Heider: „Gymnastik“ (Saxophonquartett Norbert Nagel)

21:15 bis 22:00 | NDR Kultur
Chormusik: Erwache, mein Herz! – Estnische Vokalmusik von Cyrillus Kreek

„The Suspended Harp of Babel“. Vox Clamantis / Ltg.: Jaan-Eik Tulve. Von Petra Rieß

23:03 bis 00:00 | SWR 2
SWR2 JetztMusik: Younghi Pagh-Paan – Produktion zum Großen Kunstpreis Berlin 2020

Ensemble KNM Berlin; Angela Postweiler (Sopran).

  • „MAN-NAM I“ für Klarinette, Violine, Viola und Violoncello
  • „ma-am / Mein Herz“ für Frauenstimme solo nach einem Gedicht von Chung-Chul
  • „U-MUL / Der Brunnen“ für 7 Instrumentalisten
  • „Mein Herz III“ Duo für Sopran und Viola nach einem Gedicht von H. C. Artmann
  • „Horizont auf hoher See“ für Streichquartett

Erstmal in seiner Geschichte ging der Große Kunstpreis der Berliner Akademie der Künste in der Sparte Musik an eine Frau: Die koreanische Komponistin Younghi Pagh-Paan wurde für ihr Lebenswerk ausgezeichnet – und dazu hätte es im Rahmen des Festivals MaerzMusik ein großes Festkonzert geben sollen. Corona-bedingt musste auch dieses Konzert ausfallen. Das Berliner Ensemble KNM hat die vorgesehenen Werke Younghi Pagh-Paans aber unterdessen eingespielt. Wir senden die aktuelle Produktion.

23:03 – 24:00 | Ö1
Rückblick, Vorschau und aktuelle Veröffentlichungen

Jeden Mittwoch präsentieren wir Ihnen ausgesuchte Veranstaltungstipps für die kommenden sieben Tage und die spannendsten Neuveröffentlichungen. Gestaltung: Marlene Schnedl


17.09.2020


00:05 bis 01:00 | Deutschlandfunk Kultur
Neue Musik

Gerd Zacher: „75 evenetu(ualitie)s“ für Orgel (1987), simultan gespielt zu einer Aufnahme von Juan Allende-Blins „Siebeneinhalb Dezennien“ für Klavier. „L’heure qu’il est“ für zwei Klaviere im Vierteltonabstand (1994). Matthias Geuting, Orgel; Juan Allende-Blin, Klavier. Klavierduo Tomas Bächli & Gertrud Schneider

00:12 bis 02:00 | Bayern 2
Concerto bavarese: Bayerische Komponisten

Robert Heger: Violinkonzert D-Dur (Erich Röhn, Violine; Bamberger Symphoniker: Robert Heger); Theodor Huber-Anderach: Sonate, op. 11 (Sebastian Ladwig, Violoncello; Rolf Maedel, Klavier); Peter Kiesewetter: „Shalah – Nirga“, op. 69 (Birgit Stolzenburg, Hackbrett; Michael Eberth, Hammerflügel); Gábor Péter Mezei: Stück Nr. 2 (Andreas Skouras, Cembalo)

22:05 bis 23:00 | BR-KLASSIK
Horizonte: Zum 75. Todestag des Komponisten Anton Webern

Anton Webern: „Der siebente Ring“, op. 3 (Christiane Oelze, Sopran; Eric Schneider, Klavier); Sechs Bagatellen, op. 9 (Gewandhaus-Quartett); Fünf Stücke, op. 10 (Ensemble Modern Orchestra: Enno Poppe); Streichtrio, op. 20 (ensemble recherche); Variationen, op. 27 (Alexander Lonquich, Klavier); Variationen, op. 30 (Cleveland Orchestra: Christoph von Dohnányi); Symphonie, op. 21 (London Symphony Orchestra: Pierre Boulez)

23:03 bis 00:00 | SWR 2
SWR2 Hörspiel-Studio: Die Enden der Parabel / Gravity’s Rainbow (1/12) (bis 2 Uhr) – Nach dem gleichnamigen Roman von Thomas Pynchon

Der 1973 erschienene Roman „Die Enden der Parabel“ des amerikanischen Schriftstellers Thomas Pynchon erzählt vom Ende des Zweiten Weltkriegs. Das Geschehen setzt ein beim Terror der V2-Nazi-Raketen auf London Ende 1944 und endet mit der deutschen Kapitulation im Mai und dem Atombombenabwurf im August 1945. Die 12-teilige SWR-Hörspielfassung beginnt wie der Roman in der letzten Adventswoche am 18.12.1944 in London. Der englische Geheimdienstchef Pirate Prentice erwacht aus dem Albtraum der Bombardierung Londons durch die V2-Raketten, die eine Evakuierung der Stadt erforderten …

23:03 – 24:00 | Ö1
Jazz und improvisierte Musik im Burgenland – Die Nickelsdorfer Konfrontationen in Zeiten von Corona (Teil 1)

Viele Festivals können wegen der Corona-Pandemie dieses Jahr gar nicht oder nicht in der gewohnten Form stattfinden, so auch die Nickelsdorfer Konfrontationen, die wir in den vergangenen Jahren in Zeit-Ton regelmäßig journalistisch begleitet haben. Ob und in welcher Form die anvisierte Verschiebung in den September klappen wird, steht zum Zeitpunkt der Drucklegung des monatlich erscheinenden Ö1 Magazins „gehört“ noch nicht fest. Sollte eine Verschiebung der Konzerte nicht möglich sein, werfen wir einen Blick in das reiche Archiv und präsentieren Ihnen Konzert-Highlights der vergangenen Jahre. Gestaltung: Heinrich Deisl


18.09.2020


00:05 bis 01:00 | Deutschlandfunk Kultur
Klangkunst: The Border of the Shadow – Von Halida Boughriet

Postproduktion, Tonbearbeitung: Quentin Balpe. Produktion: documenta14 / Deutschlandfunk Kultur 2017. Länge: 40’25

Geschichten der Migration von Afrika nach Europa, erzählt in Originalsprachen ohne Übersetzung. Aus dem Gestus der Stimmen und sparsam eingesetzten Geräuschen entfaltet sich eine Poetik des Exils.

Die Komposition beginnt mit einem Sprung, einer Lücke in der Zeit (Exil, Einwanderung, Generationenfolge, Zögern und Anhänglichkeiten, Menschenleere) und nimmt Bezug auf das Gegenwartsphänomen Migranten. Zufallsgeräusche treffen auf historisches Tonmaterial, Collagen sowie heterogen zusammengefügte Atmosphären und Register. Im Zentrum steht die Sprache und mit ihr das Zertrümmern von Deutungsrahmen, das Infragestellen von Strukturlogiken und das Bekenntnis zur Stimme kraft ihres historischen, mnemonischen und körperlichen Wesens.

„The Border of the Shadow“ war Teil des Radiokunst-Programms „Every Time A Ear di Soun“ von documenta14 und Deutschlandfunk Kultur.

Halida Boughriet, geboren 1980 in Paris, ist eine französisch-algerischen Künstlerin. Studium an der École nationale supérieure des beaux-arts de Paris und an der School of Visual Arts in New York City. Ein zentraler Aspekt ihrer poetischen/experimentellen Arbeiten ist die Allgegenwärtigkeit menschlicher Körper. Ihre Werke wurden in die Sammlungen des Centre Pompidou (Paris) und des Museums MAC/VAL (Vitry-sur-Seine) aufgenommen.

00:12 bis 02:00 | Bayern 2
Concerto bavarese: Fränkische Komponisten

Gerhard Deutschmann: Concertino (Hans-Dieter Bauer, Siegfried Schubert-Weber, Klavier); Rainer Brunn: „Sellanraa“ (Duo Stringendo); Siegfried Fink: Konzert (Dmitriy Nedelev, Perkussion; Thüringer Symphoniker Saalfeld-Rudolstadt: Oliver Weder); Rolf Rudin: „Der Spinnerin Nachtlied“ (musica-viva-chor bamberg: Fritz Braun); Gunter Dornheim: Concerto Nr. 1 (Mitglieder der Nürnberger Symphoniker: Max Loy); Andreas Dohmen: „frottages“ (Ensemble Modern: Kasper de Roo); Stefan David Hummel: „In one’s heart of hearts“ (Stefan Teschner, Violine; Klaus Jäckle, Gitarre; Sven Forker, Schlagzeug); Volker Blumenthaler: „Blumen und Steine“ (Ensemble Phorminx)

19:05 bis 20:00 | BR-KLASSIK
Das Musik-Feature: Music is it! – Braucht Musik Vermittlung?

Von Michaela Fridrich. „Wenn wir wollen, dass Menschen zu uns kommen, dann müssen wir unsererseits auf sie zugehen.“ – diesem, in einem Interview geäußerten Credo folgend initiierte Simon Rattle als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker im Jahr 2003 ein Projekt, bei dem Kinder aus sogenannten Problemschulen von dem Eliteorchester begleitet eine Choreographie zu Igor Strawinskys Ballett „Le sacre du printemps“ einstudierten. Der Hype um die filmische Dokumentation des Projekts „Rhythm is it!“ ging wie ein Ruck durch die deutschsprachige Musikszene und hat seither eine regelrechte Flut neuer Workshop- und Einführungs-Formate entstehen lassen, die man allgemein unter dem Begriff Musikvermittlung zusammenfasst, oder teilweise auf neudeutsch: „Education“. Doch inwieweit braucht Musik Vermittlung? Wer soll damit auf welche Weise angesprochen werden? Welchen Nutzen sollen die vielfältigen Programme bringen? Michaela Fridrich befragt dazu verschiedene Akteure und reflektiert über Sinn und Perspektiven von Musikvermittlung.

21:05 bis 22:30 | Bayern 2
Hörspiel: hör!spiel!art.mix: „Nancys ‘Negro’„ von Karl Bruckmaier

Musik: Elliott Sharp. Regie: Karl Bruckmaier. BR 2020. Ursendung. Als Podcast verfügbar im Hörspiel Pool

Nancy Cunard lächelt auf Fotos nicht – sie starrt einer Welt am Abgrund provozierend und voller Verachtung ins dekadente Gesicht. Sie kennt diese Fratze der großbürgerlichen Fettleber, stammt sie doch aus dem Reeder-Haushalt Cunard, von dem sie sich bereits als Kind angeekelt abwendet. Sie flieht schließlich nach Paris, in Avantgarde-Zirkel um Man Ray, Samuel Beckett, Aldous Huxley, Tristan Tzara oder James Joyce, den sie in ihrem Verlag „The Hours Press“ auch herausbringen wird. In Venedig lauscht sie einer dort gestrandeten Jazz-Kapelle, die sich „Eddie South’s Alabamians“ nennt. Nancy verliebt sich in den Pianisten Henry Crowder, und es beginnt eine langjährige Liebes- und Arbeitsbeziehung. Die durchscheinend weiße Nancy erinnert sich, schon als Kind von Afrikanern geträumt zu haben: „Die trommeln und tanzen, und ich war eine von ihnen, obwohl immer noch weiß.“ Gilt ihre Begeisterung anfangs afrikanischer Kunst, so lernt sie durch die Beziehung zu diesem afro-amerikanischen Mann die politische Dimension des alltäglichen Rassismus’ in Europa und den USA kennen. Die bekennende Salon-Kommunistin beschließt, ein Standardwerk über schwarze Kultur in Amerika, Europa, den West Indies und Afrika zu kompilieren, das mit Erscheinen jeder Art von weißer Überheblichkeit ein Ende bereiten würde – es beginnt die jahrelange Jagd nach Bildern und Texten, die sie mehrfach um die Welt führt und finanziell ruiniert. 1934 erscheint schließlich das zu teure, zu dicke, zu radikale Buch mit dem Titel: „Negro. An Anthology“ – dessen Erstauflage fast gänzlich beim Bombardement Londons durch Nazi-Deutschland verbrannt ist. „Negro“ wirkt heute wie das erste Punk-Fanzine der Musik- und Kulturgeschichte. Die Ordnungsprinzipien sind willkürlich, die Qualität der Texte wechselt von Seite zu Seite, die Materialfülle überfordert den heutigen wie den damaligen Leser. Für die im August 2020 erschienene deutsche Ausgabe in der kursbuch.edition traf Karl Bruckmaier aus den Seiten eines Lebenstraums eine Auswahl, die es ermöglicht, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie der bis heute anhaltende Kampf um Anerkennung und Gleichberechtigung sich vor einhundert Jahren angefühlt hat. Im Hörspiel „Nancys ‘Negro’„ treffen die Texte – gebildete Analysen, Erfahrungsberichte, Spirituals, Pamphlete, nie aufgenommene Bluesnummern von mehr als einem Dutzend Autor*innen überwiegend aus der sogenannten „Harlem Renaissance“ – auf die Musik von Elliott Sharp und die Stimmen von Tracie Morris und Mykel Banks.

Mit Textausschnitten von Gladis Berry Robinson, Bob Scanlon, William Carlos Williams, Countee Cullen, Henry Crowder, John L. Spivak, T. Thomas Gordon Fletcher, William Pickens, Lawrence Gellert, Langston Hughes, Robert Goffin, Nancy Cunard, Zora Neal Hurston, George Antheil, Sterling Brown

Karl Bruckmaier, geb. 1956, Autor, Moderator und Hörspielregisseur. Werke unter anderen The Story of Pop (2014). BR-Hörspiele unter anderen Kimako’s Blues People & The Nuyorican Poets Cafe Present (BR 1994), Chronik der Gefühle (von Alexander Kluge, Bearbeitung und Regie, BR 2009), Am Königsweg (von Elfriede Jelinek, Regie, BR 2017), Das neue Alphabet (von Alexander Kluge, Bearbeitung und Regie, BR 2019).

22:03 bis 23:00 | Deutschlandfunk Kultur
Musikfeuilleton: „Mein Ehrgeiz, mich gedruckt zu sehen, ist nicht so groß“ – Der Briefwechsel zwischen Paul Hindemith und dem Schott-Verlag

Von Matthias Nöther. Rund 2.800 Schriftstücke umfasst der Briefwechsel zwischen dem Komponisten Paul Hindemith und dem Verlagshaus B. Schott’s Söhne in Mainz. Über fast 50 Jahre schreiben sich auf der einen Seite Paul Hindemith und seine Frau Gertrud, auf der anderen Seite die Verlagsinhaber Ludwig und Willy Strecker. Der Briefwechsel beginnt nach dem Zusammenbruch des deutschen Kaiserreichs 1919 und endet kurz vor der Studentenrevolte im Jahr 1967 – er umfasst also entscheidende und höchst unruhige Jahrzehnte der jüngsten deutschen Geschichte.

23:03 – 24:00 | Ö1
Jazz und improvisierte Musik im Burgenland – Die Nickelsdorfer Konfrontationen in Zeiten von Corona (Teil 2)

Viele Festivals können wegen der Corona-Pandemie dieses Jahr gar nicht oder nicht in der gewohnten Form stattfinden, so auch die Nickelsdorfer Konfrontationen, die wir in den vergangenen Jahren in Zeit-Ton regelmäßig journalistisch begleitet haben. Ob und in welcher Form die anvisierte Verschiebung in den September klappen wird, steht zum Zeitpunkt der Drucklegung des monatlich erscheinenden Ö1 Magazins „gehört“ noch nicht fest. Sollte eine Verschiebung der Konzerte nicht möglich sein, werfen wir einen Blick in das reiche Archiv und präsentieren Ihnen Konzert-Highlights der vergangenen Jahre. Gestaltung: Heinrich Deisl


19.09.2020


14:05 bis 15:00 | BR-KLASSIK
Das Musik-Feature: Music is it!

22:04 bis 00:00 | WDR 3
WDR 3 Open Sounds: Studio Elektronische Musik – Stromlinie Reloaded [5]

Ekkehard Ehlers: Computermusik plays Cornelius Cardew / offen, aus „Betrieb“ / danach, aus „Betrieb“ | Ekkehard Ehlers: Woolf Phrase mit Violoncello; Anka Hirsch, Violoncello | Ekkehard Ehlers: Ausschnitt aus „Blind“ für Celloquintett; Anka Hirsch, Violoncello | Ekkehard Ehlers: Ausschnitt aus „Mäander“ für Bassklarinette und Elektronik; Burkhard Kunkel, Bassklarinette; Ekkehard Ehlers, Elektronik | Kaffe Matthews: Elektronische Kompositionen, Ann / Bea / cécile / dd / eb + flo | Annette Krebs: Ausschnitt aus „Guitar Solo“ für elektroakustische Gitarre; Annette Krebs | Annette Krebs: Mp3 Projekt a für Gitarre, Mischpult und Radio; Annette Krebs | Alessandro Bosetti / Annette Krebs: Ohne Titel; Alessandro Bosetti, Sopransaxofon; Annette Krebs, elektroakustische Gitarre

Ekkehard Ehlers bewegt sich an den Nahtstellen der Grenze zwischen E- und U-Musik und erklärt Helmut Lachenmann und den House-Musiker DJ Piere gleichermaßen zu seinen Heroen. Zu seinem Klangfundus gehören allerdings vor allem die Werke der klassischen Moderne – Musik von Charles Ives, Arnold Schönberg oder Cornelius Cardew. Behutsam umhüllt er Proben aus den Werken dieser Komponisten mit dem Knistern und Prickeln der zeitgenössischen Elektronik. Und er ringt den verirrten Originalen dabei eine Bedeutung ab, die im ursprünglichen Kontext undenkbar geblieben ist.

„Converting a violin into something completely different. 70 minutes worth“ notiert Kaffe Matthews lakonisch als Inhaltsangabe auf ihren CDs. Oder „Music made in a bookstore in Baltimore“. Als gelte es das nichts sagende Etikett „Öl auf Leinwand“ auf die Musik zu übertragen. Denn natürlich ist es gerade das „something completely differently“, das die Aufmerksamkeit zügelt und Matthews zur Leitfigur der englischen Klangkunst werden ließ. Gleich, ob sie die Klänge ihrem Lieblingsinstrument, der Violine, einem Theremin oder ihrer unmittelbaren Umgebung ablauscht, stets entstehen Stücke, die Musik und Klang in ihrer verstörenden und zerbrechlichen Schönheit ausstellen.

„Auskultation“ nennen Mediziner das Abhören von Geräuschen, die im Inneren eines Körpers entstehen. Annette Krebs appliziert diese Praxis auf ihr Instrument, das sie wie mit einem elektroakustischen Stethoskop durchleuchtet. Die Gitarre wird sorgfältig verkabelt, verstärkt und verzerrt, bis schließlich ein Klangknäuel entsteht, das als sechssaitiges Zupfinstrument zu identifizieren schwer, als lebenden Organismus zu identifizieren hingegen umso leichter fällt.

22:05 bis 22:50 | Deutschlandfunk
Atelier neuer Musik: Beitritte – Drei ostdeutsche Komponisten erfahren die Deutsche Einheit

Von Frank Kämpfer. Georg Katzer aus Berlin-Zeuthen engagierte sich im ‘89er Herbst. Er war später Vizepräsident des Deutschen Musikrats und ab und zu auch mit einer größeren musikalischen Arbeit präsent. Walter Thomas Heyn aus Leipzig übernahm in der ostdeutschen Umbruchszeit den Verlag Neue Musik in Berlin. In den 1980er-Jahren komponierte er Opern, nach der Wende schrieb er Chansons. Bernd Franke aus Weißenfels war 1989 in Tanglewood bei Leonard Bernstein, seitdem ist er international gut vernetzt und viel gespielt. Der Beitritt zur Bundesrepublik vor 30 Jahren barg für Komponisten der ehemaligen DDR Herausforderungen in vielerlei Hinsicht. Für manche eröffneten sich Entwicklungsspielräume – für alle stand die Aufgabe an, in eine andere Gesellschaft hineinzuwachsen, sich in dieser zu orientieren und zu behaupten. – Frank Kämpfers Sendung aus dem Jahre 2009 bündelt Visionen und Erfahrungen dreier ostdeutscher Künstler aus den Jahren des erlebten Gesellschaftsumbruchs. Beim Wiederhören heute, zehn Jahre später, erscheinen ihre Lebensleistungen in verändertem Licht.

23:05 bis 00:00 | BR-KLASSIK
Musik der Welt: Im Corona-Blues – Von der freiwilligen und der erzwungenen Pause

Was wäre der Beginn von Beethovens „Schicksals-Symphonie“ ohne Pause? Ein donnernder Tonklumpen. Aber nicht das markante Motiv, das sich mit den vier Schlägen – ta ta ta taaa – in unser kulturelles Bewusstsein eingeprägt hat. Die Pause ist ein wesentliches Gestaltungsmittel in der Musik. Auch wir Menschen wären ohne Pausen vermutlich keine humanen Wesen. Jedenfalls können auch wir durch Zwischenstops, Auszeiten, kurze Momente der Reflektion unser Leben gestalten. Weil eine Pause, musikalisch gesprochen, einen Moment entstehen lässt, wo ich Abstand nehmen kann. Das schafft Struktur. Beziehung. Und wie bei Beethoven hörbar – viel Effekt! Aber was, wenn die Pause erzwungen ist? Wenn wir nicht Pause nehmen, sondern in sie versetzt werden? So wie in Zeiten von Corona. Das kann depressiv machen, denn plötzlich ist die Pause eine Einschränkung. Sie nimmt die Freiheit. Diese sehr verschiedenen Aspekte der Pause wird in der Sendung „Im Corona-Blues“ reflektieren. Eine Sendung von Elgin Heuerding


20.09.2020


23:04 bis 00:00 | WDR 3
WDR 3 Studio Neue Musik: „in extremis“ – Christophe Bertrand (I)

Christophe Bertrand: Skiaï per flauto, clarinetto, violino, violoncello e pianoforte / La chute du rouge per clarinetto, violoncello, vibrafono e pianoforte / Aus per viola, sax soprano, clarinetto basso, pianoforte / Virya per flauto, clarinetto, pianoforte e percussione / Satka per flauto, clarinetto, violino, violoncello, pianoforte e percussione. Zafraan Ensemble

Der französische Komponist Christophe Bertrand galt als einer der hoffnungsvollsten jungen Komponisten, als er sich im September 2010 das Leben nahm. Trotz überschaubarer Schaffenszeit hinterließ der 29-Jährige ein außergewöhnliches, bemerkenswert individuelles Werk.

Nicht nur Bertrands Orchesterwerk, auch die sein Schaffen dominierende Kammermusik vermittelt eine Intensität und Dichte des musikalischen Ausdrucks, die sich der oft ekstatischen Klangfülle eines ausdifferenzierten Instrumentalapparates verdankt. Der Komponist realisierte sie teilweise mit seinem eigenen, vielsagend benannten Ensemble „In extremis“. Christophe Bertrands Affinität zu Ausprägungen hybrider Harmonik und komplexer Polyphonie, wo jede Einzelstimme als eine prinzipiell solistische aufgefasst wird, stellt enorme Anforderungen an die Interpreten. Der Aspekt der instrumentalen Virtuosität war für Bertrand jenseits vordergründiger Selbstdarstellung ein wesentlicher Katalysator expressiver Energie oder, wie er es nannte, der „kommunikativen Frenesie“ seiner Musik.

23:05 bis 00:00 | BR-KLASSIK
Musik der Welt: Der mit den Gongs spricht – Ein Porträt des Musikethnologen Mantle Hood

Eine Sendung von Michaela Fridrich

 

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radiofreak der alten schule. transistor, diode, spule, kondensator. ehemals manipulator:in mehrerer rundfunksendungen.