Neue Musik / Musikfeature / SoundArt: Die Radio-Woche vom 04.05. bis 10.05.2020
Neue Musik und Musikfeatures in der Kalenderwoche 19. Themen unter anderem: 35 Jahre Klangforum Wien | Der Pianist Friedrich Gulda | 8. Mai 1945 – Stunde Null? – Das Musikleben zwischen Trümmern und Aufbruch | Dmitrij Schostakowitsch am Klavier | Pia Palme und Christina Lessiak untersuchen Komposition als politische Aktivität | Ralf Hoyer, Verorter | Die Bratschistin Tabea Zimmermann | Der Komponist und Pianist Steffen Schleiermacher | Zum 75. Geburtstag von Peter Kiesewetter |
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nmz-Podcastpartnerin Irene Kurka ::: neue musik leben
87 – Alltag von Musikerinnen während der Corona-Krise und ihre Ideen
In der heutigen Folge berichten nochmal Musikerinnen von ihrem Alltag, wie sie mit den Herausforderungen umgehen und welche kreative Ideen sie haben. Zu Wort kommen: Moritz Eggert, Komponist, Pianist, Blogger Maria Jonas, Trobairitz Silke Aichhorn, Harfenistin Florence Millet, Pianistin und Professorin […]
86 – Was ist Scheitern und wie gehe ich damit um?
Die Sopranistin Irene Kurka spricht darüber, was Scheitern sein kann und wie sie damit umgeht.
Alle weiteren Folgen des Podcasts finden Sie unter: https://www.irenekurka.de/podcast.html
04.05.
20:04 bis 22:00 | WDR 3
WDR 3 Kammerkonzert in NRW
Johann Sebastian Bach/György Kurtág: Sonatina aus „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“, BWV 106 | Astor Piazzolla: Primavera Porteña | Igor Stravinsky: Anbetung der Erde, aus „Le Sacre du printemps“ | Johann Sebastian Bach: Erbarme Dich, aus der „Matthäus Passion“ | Maurice Ravel: La Valse | Michael Jackson: Billie Jean | Astor Piazzolla: Oblivion | Radiohead: Paranoid Android | Thomas Arne: The Glitt’ring Sun | Coldplay: Viva la Vida | John Lennon & Paul McCartney / Anderson & Roe: Let It Be
Greg Anderson und Elizabeth Joy Roe, Klavier. Aufnahme aus der Stadthalle Kleve. Greg Anderson und Elisabeth Joy Roe: zwei Amerikaner revolutionieren das Klavierduo-Spiel und machen es fit für das 21. Jahrhundert
An der Juilliard School in New York haben sich Greg Anderson und Elisabeth Joy Roe kennengelernt. Und wer die beiden kennenlernen möchte, muss sich eigentlich zuerst ein Video von ihnen bei Youtube anschauen. Voller Witz, Leidenschaft und subtiler Erotik inszenieren die beiden klassische Musik und ihr brillantes Spiel. Die Videoclips der Popbranche stehen Pate bei dieser kreativen Arbeit der beiden Pianisten. Und nicht nur visuell lassen sich Anderson & Roe von der Pop-und Rockszene inspirieren. Beim Programm ihres Konzertes in Kleve mixen sie Musik von Johann Sebastian Bach und Coldplay, Astor Piazzolla und Michael Jackson, Maurice Ravel und John Lennon. Die meisten Werke haben sie selbst für Klavierduo arrangiert. Das Pianistenpaar ist vorbehaltlos neugierig und momentan dabei sich vom Geheimtipp zum Publikumsmagnet zu entwickeln.
21:04 bis 22:00 | rbbKultur
Neue Musik aktuell – mit Andreas Göbel
23:03 bis 00:00 | SWR 2
SWR2 JetztMusik: Musik des Superlativs (1/2) – Von der Fluxus-Wiege in Wiesbaden (1962)
Von Stefan Fricke. Nicht bloß neue, sondern neueste Musik wollte George Maciunas im September 1962 in 14 Konzerten im Städtischen Museum Wiesbaden präsentieren. Fast nebenbei brachte er dabei ein Wort in Spiel, dass schon bald Kulturgeschichte schrieb: „Fluxus“. Inzwischen steht fest, dass der Geist von Fluxus aus dem der Musik kommt. Deshalb betitelte Maciunas das erste Fluxus-Festival auch als „Internationale Festspiele Neuester Musik“. Wie er sich diese vorstellte, welche Kompositionen er programmierte und was dann wirklich geschah, verrät die Sendung von Stefan Fricke. (Produktion 2012) (Teil 2, Montag, 11. Mai, 23.03 Uhr)
23:03 – 24:00 | Ö1
Kompositionen von Norbert Zehm. Eine Neuveröffentlichung in der Edition Ö1
Die neueste CD der Zeitton-Reihe in der Edition Ö1, eine Kooperation von ORF und AKM, ist dem Tiroler Komponisten Norbert Zehm gewidmet, der in Innsbruck und London u.a. bei Günther Andergassen, Francis Shaw oder Buxton Orr ausgebildet wurde.
Sein musikalisches Schaffen ist geprägt von der Beschäftigung mit Tonreihen, mit Minimal Music, aber auch von Einflüssen der Avantgarde des 20. und 21. Jahrhunderts und nicht zuletzt von Computertechnik oder Astronomie.
All diese sich manchmal widersprechenden Parameter mischen sich auf unorthodoxe Weise zu einer farbigen und ausdrucksstarken Musik, deren oberstes Dogma es ist, keinem Dogma zu folgen: „Ich halte mich nie an irgendwelche Regeln, es sei denn meine eigenen – und die verlasse ich, wenn ich es für notwendig halte“, so der Komponist, der darüber hinaus auch als Pianist, Lehrer und Kunstmaler Erfolge feiert. Gestaltung: Hannes Heher
05.05.
00:05 bis 01:00 | Deutschlandfunk Kultur
Neue Musik: „Mir fällt gar nichts ein heute Morgen“ – Dieter Roth (1930-1998) macht Musik
Von Michael Kunkel. Dieter Roth, einer der großen Universalkünstler des 20. Jahrhunderts, hat die radikale Selbstbefragung zu seinem Thema gemacht.
00:12 bis 02:00 | Bayern 2
Concerto bavarese: Zum 75. Geburtstag von Peter Kiesewetter
Peter Kiesewetter: „Unter Tage“ (Hansjörg Schellenberger, Oboe); „Tango pathétique“ (Martha Argerich, Klavier; Gidon Kremer, Violine; Mischa Maisky, Violoncello); „Sonata rappresentativa“, op. 2 (The Broken Consort of Musicke: Heinz Winbeck); „Scena d’irritazione“, op. 27 (Münchner Flötentrio); „Im Auge des Wirbelsturms“ (Percussion Ensemble Cabaza); „Prometeo“ (Münchner Rundfunkorchester: Daniel Beyer); „Shoshanim“ (Kelvin Hawthorne, Viola; Georg Glasl, Zither); „Lech echol“, op. 66, Nr. 6 (Adelheid Maria Thanner, Sopran; Debussy-Trio); „Hadràn“, op. 77, Nr. 4 (Carmen Amrein, Johanna Höbel, Tobias Vogel, Komale Akakpo, Hackbrett)
21:00 bis 22:00 | NDR Kultur
neue musik: Riesenapplaus für Ludwig van Beethoven – Das neue werk vom 18. Januar 2020 (Kagel-Neuwirth-Beethoven)
Von Margarete Zander. Dass er so großen Applaus für seine Neubearbeitung des Werkes von Mauricio Kagel bekommen würde, hat selbst den erfahrenen Komponisten und Pianisten des Ensemble Modern Hermann Kretzschmar überrascht. Schon in seiner Einführung spürte man die ungeheure Faszination an der Idee Kagels, der ein Zimmer im Beethoven-Museum in Bonn mit Noten von Beethoven tapeziert hat und aus den Fotos seine Partitur machte.
22:30 bis 23:00 | BR-KLASSIK
Horizonte
23:03 bis 00:00 | SWR 2
SWR2 ars acustica: Sackgasse im Himmel – Hörspiel von Matt Wand
Aus dem Englischen von Christian von Arnim. Sprachregie dt. Fassung: Iris Drögekamp. Komposition und Regie: Matt Wand. (Produktion: SWR 2014)
Matt Wand bezeichnete sein Hörspieldebüt als „audio electro-acoustimentary“, basierend auf seinen umfangreichen Recherchen zur Geschichte des Zeppelins. Das Stück beschäftigt sich aber nicht vordergründig mit der Wiedergabe der chronologischen Geschichte der Luftschifffahrt. Es lädt zu einer siebentägigen Luftschiffreise mit obskuren Gästen und einem seltsamen Begleitprogramm ein. Zu dessen Hauptattraktion zählt die Hellseherin Madam Mertvyeslova, die Kontakt zu den verstorbenen Angehörigen der Mitreisenden aufnimmt.
23:03 – 24:00 | Ö1
Die italienische Komponistin Francesca Verunelli und ihr Kompositionszyklus „wo.man sitting at the piano“
In diesem „Zeit-Ton“ senden wir „ wo.man sitting at the piano“, einen groß angelegten, 45-minütigen Kompositionszyklus der Italienerin Francesca Verunelli. Der erste Teil von „für wo.man and flute“ wurde im Oktober 2017 uraufgeführt: „wo.man sitting at the piano I“. Der zweite Teil des Zyklus – „Klavier (ohne wo.man)“ – wurde in Rom in der Ausstellung „Swimming is Saving“ im selben Jahr präsentiert. Der dritte und letzte Teil des Zyklus – „wo.man sitting at the piano II“, für Bassflöte und Klavier – wurde im Rahmen des Konzerts des Klangforums am 10. Februar 2020 im Wiener Konzerthaus präsentiert und von Ö1 mitgeschnitten. Den gesamten Zyklus hören sie in dieser Sendung.
Die in der Toskana geborene Francesca Verunelli hat in Florenz Komposition studiert und am IRCAM in Paris einen Kurs für Computermusik belegt, wo sie später auch Composer In Residence war. 2010 erhielt sie den goldenen Löwen der Biennale Venedig. In ihren Auftragsbüchern konnte sie Kompositionsaufträge von namhaften Ensembles verbuchen und ihre Musik wurde auf renommierten Festivals präsentiert. Gestaltung: Astrid Schwarz
06.05.
00:12 bis 02:00 | Bayern 2
Concerto bavarese: Fränkische Komponisten
Katrin Klose: „Accord – Hommage à Grisey“ (Tiroler Kammerorchester InnStrumenti: Gerhard Sammer); Walter Zimmermann: „Das irakisches Alphabet“; „Himmeln“; „me incanto“; Intervals (Irene Kurka, Sopran); Klaus Ospald: „Così, dell’uomo ignara…“ (Collegium Novum Zürich); Gerald Eckert: „absence – traces éloignées“ (Ensemble Reflexion K; Ensemble L’art pour l’art: Gerald Eckert); Jürgen Schmitt: Mondlieder für Oboe und Tonband (Ricardo Rodrigues, Oboe); Werner Heider: „Architektur“ (Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks: Péter Eötvös)
20:04 bis 21:00 | hr2-kultur
Kaisers Klänge: Kriegsende 1945 – Klänge aus Ruinen
Vor 75 Jahren, am 8. Mai 1945, ging der Krieg zu Ende. Zertrümmerte Städte und zerstörte Seelen hat er hinterlassen. Deshalb sind es keineswegs nur Jubeltöne, mit denen das Kriegsende gefeiert wird.
In vielen Musikwerken aus dieser Epoche klingt die Düsternis der überstandenen Zeit nach. Es spricht sich Erleichterung darüber aus, dass der Schrecken vorbei ist. Und es wird ein zaghafter Blick in die noch unsichere Zukunft gewagt.
21:04 bis 22:00 | rbbKultur
Der Komponist und Pianist Steffen Schleiermacher
Mit Margarete Zander. Er ist ein eigenwilliger Kopf. Nach eigenen Angaben soll er zehn Klavierlehrer „verschlissen“ haben. Als Pianist konzentriert sich Steffen Schleiermacher mit Vorliebe auf die Seitenpfade des 20. Jahrhunderts. Über sein Komponieren hat er einmal geschrieben: „Ich liefere, was bestellt wird, und zwar pünktlich.“ Daneben ist er Leiter und Organisator von Konzertreihen und spricht und schreibt durchaus humorvoll und unterhaltsam über Musik.
21:30 bis 22:00 | NDR Kultur
Chormusik: Ensemble Pygmalion singt Kyrie-Gloria-Messe von Bach – Von Beate Scheibe
Johann Sebastian Bach: Missa brevis F-Dur BWV 233 | Eugénie Warnier, Sopran / Terry Wey, Alt | Christian Immler, Bass. Pygmalion / Ltg.: Raphael Pichon
23:03 bis 00:00 | SWR 2
SWR2 JetztMusik: Donau-E – Elektronik bei den Donaueschinger Musiktagen
Øyvind Torvund: „Archaic Jam“ für Orchester und Elektronik (2017). SWR Symphonieorchester, Leitung: Ilan Volkov | Alexander Schubert: „Codec Error“ für Schlagzeug, Kontrabass, Licht und Elektronik (2017). Samuel Favre & Victor Hanna (Schlagzeug), Nicolas Crosse (Kontrabass) | Jennifer Walshe: „The Total Mountain“ für Stimme, Video und Elektronik (2014). Jennifer Walshe (Performance) | Klaus Schedl: Ausschnitt aus „Blutrausch“ für Orchester und Elektronik (2015/16). SWR Symphonieorchester, Leitung: Pierre-André Valade | Curd Duca: „Waves (Donau A)“ Elektronische Musik (2016)
Denkt man an die Donaueschinger Musiktage, so kommen vermutlich als erstes die großen Formen und Formationen in den Sinn; denn vor allem die Musik für Orchester steht bei dem seit 1921 stattfindenden Traditionsfestival im Vordergrund. Dass es dabei aber nicht nur akustisch und unverstärkt zugeht, stellen zumal einige Kompositionen der letzten Jahrgänge des Festivals unter Beweis. Nicht zuletzt durch die Nähe zum SWR Experimentalstudio ist Donaueschingen inzwischen auch zu einem Platz für die Realisierung komplexer elektroakustischer Entwürfe geworden.
23:03 – 24:00 | Ö1
Aktuelle Veröffentlichungen experimenteller Musik – Zeit-Ton Magazin
Jeden Mittwoch präsentieren wir Ihnen die spannendsten Neuveröffentlichungen aus allen Bereichen neuer und experimenteller Musik. Gestaltung: Marlene Schnedl
07.05.
00:05 bis 01:00 | Deutschlandfunk Kultur
Neue Musik
Ackerstadtpalast Berlin. Aufzeichnung vom 08.12.2019. Joanna Bailie: „Analogue“ für Camera obscura, Streichtrio und Zuspielung | Harald Muenz: „devil’s triangle „für Sprachperformer, Oboe und Saxofon (Uraufführung). Harald Muenz, Sprachperformer | Karen Power: „ ….can you hear me now???“ Stimmperformerin, Synthesizer, Cello und Elektronik (Uraufführung). Ute Wassermann, Stimmperformerin | Martin Schüttler: „unechtes Sprechen“ für Klarinette, Nachsprecher und Manipulationen (Uraufführung). Jakob Diehl, Nachsprecher. ensemble mosaik
00:12 bis 02:00 | Bayern 2
Concerto bavarese: Bayerische Komponisten
Hans Ebert: „Sieben Biblische Balladen“, op. 27 (Nymphenburger Kammerensemble: Dimitris Demetriades); Nikolaus Brass: Streichquartett Nr. 4 (Ensemble Coriolis); Herbert Baumann: Konzert (Johanna Keupp-Kosbahn, Flöte; Barbara Hölzer, Gitarre; Südböhmische Philharmonie Budweis: Ulrich Weder); Werner Rottler: Bläsertrio (Köln-Trio)
19:05 bis 20:00 | BR-KLASSIK
KlassikPlus: Futurismus in der Musik
„Wir erklären, dass sich die Herrlichkeit der Welt um eine neue Schönheit bereichert hat: die Schönheit der Geschwindigkeit.“ Ausgehend vom Kult um Geschwindigkeit und Maschinenbegeisterung um ihren Wortführer Filippo Tommaso Marinetti regten die Ideen der italienischen Futuristen Künstler aus nahezu allen Bereichen an – ob Literatur, bildende Kunst, Fotografie oder Musik. So wurde der Futurismus zu einer der wichtigsten künstlerischen Strömungen des 20. Jahrhunderts mit Auswirkungen bis in unsere Tage. Dabei gingen die künstlerischen Ideen der Futuristen weit über die Verherrlichung von Geschwindigkeit und Maschinen hinaus. Es ging den Vertretern dieser Strömung um nicht weniger als die Revolutionierung der Kunst aus dem Geist der modernen Welterfahrung, verbunden mit der Absage an ein überkommenes und als spießig empfundenes bildungsbürgerliches Kunstideal. Robert Jungwirth spürt verschiedenen Spielformen des Futurismus in der Musik nach – von George Antheil bis Kraftwerk.
20:04 bis 21:30 | SR2 KulturRadio
Mouvement: Die Bratschistin Tabea Zimmermann (Ernst von Siemens – Musikpreisträgerin 2020)
Werke von Alfred Schnittke, Matthias Pintscher, Jörg Widmann, George Benjamin und Georges Lentz
20:04 bis 22:00 | WDR 3
WDR 3 Konzert: Der Tod des Lichts und das Licht des Todes
Johannes Maria Staud: Par ici! / Par là! | Jonathan Harvey: Death of Light / Light of Death | Gérard Grisey: 4 chants pour franchir le seuil. Ensemble intercontemporain, Leitung: Tito Ceccherini; Aufnahme aus der Kölner Philharmonie.
Die Komponisten der Neuen Musik sind gar nicht so selten gläubige Menschen – oder sie setzen sich zumindest mit Glaubensinhalten und -fragen auseinander. Aus diesem Grund war das Kölner Festival „Acht Brücken“ im Jahr 2016 dem Thema „Musik und Glaube“ gewidmet. Ein äußerst ergiebiges Thema, wie sich zeigte.
Eines der schönsten Konzerte wurde damals vom legendären Pariser Ensemble intercontemporain bestritten. Unter der Leitung des italienischen Dirigenten Tito Ceccherini führte es zwei als Paar miteinander verknüpfte Stücke von Johannes Maria Staud auf und präsentierte Jonathan Harveys Werk „Death of Light / Light of Death“. Der englische Komponist bezieht sich darin unmittelbar auf die Kreuzigung Christi, wie sie von Matthias Grünewald in seinem Isenheimer Altar dargestellt worden ist. Besonders die Symbolik von Licht und Dunkelheit in diesem Tafelbild hatte es Harvey angetan. Ein musikalischer Lichtmystiker war auch der früh verstorbene französische Komponist Gérard Grisey. Sein Stück ist eine Art Requiem, das helfen soll, „die Schwelle zu überschreiten“. Zugleich betrauert es in ätherischen, schwebenden und schimmernden Farben den Tod der Zivilisation und der Menschlichkeit.
21:30 bis 22:30 | hr2-kultur
selbstLAUT: Ralf Hoyer, Verorter
Manchmal muss man die Musik suchen, damit sie sich erschließt. Das empfiehlt der Berliner Komponist Ralf Hoyer (Jahrgang 1950) bisweilen seinem Publikum.
Aber auch er selbst, der zunächst ein Tonmeisterstudium an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Ost-Berlin absolvierte und anschließend Meisterschüler für Komposition an der Akademie der Künste der DDR bei Ruth Zechlin und GeorgKatzer war, sucht nach Musik. Und er findet sie gelegentlich an ganz entlegenen Orten – innen wie außen. Darüber gibt er in „selbstLAUT“ Auskunft, spricht er von seinen ästhetischen Ideen – auch (selbst)ironisch, leger wie seriös.
22:03 bis 23:00 | SWR 2
SWR2 Hörspiel-Studio: Der Krieg geht zu Ende – 75 Jahre Ende des zweiten Weltkriegs
Chronik für Stimmen. Mai 1945. Von Walter Kempowski und Walter Adler. SWR Fassung des gleichnamigen 12-stündigen Radiotags Teil 5/5: 5. bis 10. Mai 1945
Mit: Hermann Lause, Jutta Lampe, Günter Lamprecht, Michel Rehberg, Otto Sander, Ulrich Wildgruber u. v. a. Regie: Walter Adler. (Produktion: hr/SWF/NDR/BR 1995)
Der letzte Teil von Walter Kempowskis „Geschichte von unten“ aus Tagebüchern, Briefen und Erinnerungen umkreist die letzten Tage vor der deutschen Kapitulation: Am 5. Mai wird das KZ Mauthausen in Österreich von den Amerikanern befreit. Am 7. Mai wird im französischen Reims die bedingungslose Kapitulation aller deutschen Streitkräfte unterzeichnet. Die Kapitulation tritt am 9. Mai um 0 Uhr 01 in Kraft. Am selben Tag versichert Stalin, er beabsichtige nicht, „Deutschland zu zerstückeln“.
22:05 bis 23:00 | BR-KLASSIK
Horizonte: Aufnahmen von den Donaueschinger Musiktagen
Malin Bång: „splinters of ebullient rebellion“ (SWR Symphonieorchester: Pacal Rophé); György Ligeti: „Lontano“ (Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg: Ernest Bour); Chaya Czernowin: „Maim zarim gnuvim“
23:03 – 24:00 | Ö1
Fragility of Sounds: Pia Palme und Christina Lessiak untersuchen Komposition als politische Aktivität
Im an der Kunstuniversität Graz angesiedelten künstlerischen Forschungsprojekt „Fragility of Sounds“ untersuchen die Komponistin Pia Palme und die Musikwissenschaftlerin Christina Lessiak Bereiche von Komposition und zeitgenössischem Musiktheater, die mit feministischer Praxis verflochten sind. Inwiefern ein feministisches Ohr die männliche Rezeption ersetzen kann, wird da erforscht oder auch anhand von Kompositionsprozessen versucht festzumachen. „Das Hören auf die Hintergrundgeräusche menschlicher Interaktion bringt diese in den Vordergrund der Wahrnehmung. Statt inhaltlich „feministische“ Werke zu produzieren, zielt dieses Projekt darauf ab, zu verstehen, wie der künstlerische Prozess durch feministisches Zuhören beeinflusst wird“, schreiben die beiden Künstler/innen. In diesem Zeit-Ton geben wir Einblick in künstlerischen Prozesse und eine Vorschau auf Werke, die beim „Fragility of Sound“ Festival im Mai 2020 in Graz präsentiert worden wären, das aufgrund der Corona-Krise auf Jänner 2021 verschoben wurde. Gestaltung: Astrid Schwarz
08.05.
00:05 bis 01:00 | Deutschlandfunk Kultur
Klangkunst: Kurzstrecke 97 – Feature, Hörspiel, Klangkunst
Zusammenstellung: Julia Gabel, Marcus Gammel, Ingo Kottkamp und Johann Mittmann. Produktion: Autor*innen / Deutschlandfunk Kultur 2020. Länge: 54’30
Kurz und ungewöhnlich: Autorenproduktionen aus Feature, Hörspiel und Klangkunst. Heute mit einem britischen Blick auf den deutschen Spargel.
00:12 bis 02:00 | Bayern 2
Concerto bavarese: Bayerische Komponisten
Franz Fleckenstein: „Missa Deo trino et uni“ (Chor der Kirchenmusikschule Regensburg); Nikolaus Glassl: Sonate (Michael Stern, Posaune; Nikolaus Glassl, Klavier); Walter Haupt: Orchesterstück Nr. 2 (Orchester der Stadt Heidelberg: Walter Haupt); Michael Kuntz: „Wie schön leucht uns der Morgenstern“ (Franz Lörch, Orgel); Enrico Mainardi: „Burattini-Suite“ (Enrico Mainardi, Violoncello; Helga Sengeleitner, Klavier); Philipp Mohler: „Symphonisches Capriccio“, op. 40 (Bamberger Symphoniker: Ferdinand Leitner)
19:05 bis 20:00 | BR-KLASSIK
Das Musik-Feature: 8. Mai 1945 – Stunde Null? – Das Musikleben zwischen Trümmern und Aufbruch
Von Wolfgang Schicker. Im April 1945 sieht der Komponist Karl Amadeus Hartmann vor seinem Haus Tausende geschwächte und ausgehungerte Häftlinge aus dem KZ Dachau vorbeiziehen, getrieben von schwer bewaffneten SS-Schergen. Er setzt sich ans Klavier und verleiht seiner Erschütterung in Klängen Ausdruck: Es entsteht die Zweite Klaviersonate, ein musikalischer Appel an die Menschlichkeit in grausamen Zeiten – komponiert wenige Tage vor der endgültigen Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945. Der Krieg war vorbei, Millionen Menschen hatten ihr Leben verloren, unzählige Städte auf dem gesamten Kontinent lagen in Trümmern.
Die deutschen Opernhäuser waren seit September 1944 geschlossen, die Sängerinnen und Musiker an der Front oder beim Arbeitsdienst. Unmittelbar nach der Kapitulation führte der Wunsch nach Normalität und Ablenkung zu ersten Bestrebungen, das Musikleben wieder zu beleben. Die einen wollten zu alten Traditionen zurückkehren und blendeten die zwölf Jahre des Nationalsozialismus aus, andere – vor allem die Jugend – spürten Nachholbedarf und hofften, endlich nicht mehr von den Entwicklungen der internationalen Kulturszene abgeschnitten zu sein.
Zum 75. Jahrestag der Kapitulation beleuchtet Wolfgang Schicker schlaglichtartig das aufkeimende Musikleben und seine Akteure, von den Künstlern bis hin zu den Vertretern der Siegermächte.
21:05 bis 22:30 | Bayern 2
Hörspiel: hör!spiel!art.mix: „Unbekannte Meister 4“
Eine Einführung in das Werk von Klara Khalil. Von Jakob Nolte. Mit Katja Bürkle, Nicolai Despot, Ercan Karacayli, Mira Mann, Helga Fellerer und Mehmet Sözer. Komposition: Moritz Löwe. Regie: Jakob Nolte. BR 2018
Werbung ist nur Werbung, und sonst nichts. Eine Radiosendung beispielweise kann zum einen eine unterhaltende oder auch informative Sendung sein, aber auf der anderen Seite auch Werbung für den Sender und alle Beteiligten. Dasselbe gilt für Jobs, Freizeit, selbst Altruismus. Es gibt nichts, was nicht auch Werbung wäre. Außer Werbung. Denn Werbung ist nur Werbung. Zumindest die Werbung, an der die Außenseiterkünstlerin Klara Khalil interessiert war und die sie völlig neu gedacht hat. Sie habe den herkömmlichen Begriff von „Reklame“ revolutioniert, sagen ihre Befürworter; andere halten ihre Werke für weltfremd, elitär und nicht in einem Kontext außerhalb von Galerien und Museen denkbar. Einige wenige behaupten sogar, dass nur ihr spektakulärer Tod den treuen Kreis an Faszinierten erklären kann, der sich um sie gebildet hat. Alles, was sie ihrer Nachwelt hinterließ, waren neun Mappen mit je fünf DinA2-großen Plakaten und zwei 500 GB-Festplatten ihrer nach Datum sortierten Arbeiten. Der Großteil des Materials sind Radiowerbungen. Wobei auch ein paar Videos zu finden sind. Bis zu ihrem Tod mit 52 Jahren sind so Tausende von Clips, Einspielern, Kampagnen und Radio-Features entstanden, die, so schätzt man, von niemandem je gesehen oder gehört wurden.
Einer der wenigen klaren Einflüsse in dem Werk von Klara Khalil ist die britische Musikpionierin und Mitarbeiterin des BBC Radio Workshops Delia Derbyshire, die in den 1960er Jahren sozusagen die elektronische Musik erfunden hat. Erst nach ihrem Tod 2008 fand man, ebenso wie bei Klara Khalil, in ihrer Wohnung zahlreiche Tonbänder mit bisher nicht veröffentlichtem Material der Künstlerin. Darunter befand sich ein experimentelles Tanzstück, das dem heutigen Techno sehr ähnlich ist. Die englische Zeitung The Times bezeichnete Delia Derbyshire daraufhin als „Godmother of Electronic Dance Music“.
Das Hörspiel Unbekannte Meister 4, in dem Jakob Nolte mit Zitaten und Anleihen spielt, beleuchtet die Hintergründe von Khalils Arbeit. Für sie, die aufklärerische Visionen von Vermarktung hatte, war eines klar: Werbung, als ein elementarer Bestandteil der menschlichen Kommunikation, dient lediglich dazu, Aufmerksamkeit zu erregen. Dennoch fühlte sich diese außergewöhnliche Künstlerin beschützt vom Werberaum. Denn es ist sinnstiftend, wenn jemand möchte, dass man seine oder ihre Produkte kauft – und ohne einen Sinn wäre man immerhin verloren, so Khalil.
Jakob Nolte, geb. 1988 in Gehrden, Schriftsteller und Dramatiker. Romane „ALFF“ (2014), „Schreckliche Gewalten“ (2017). Theaterstücke u.a. „Gespräch wegen der Kürbisse“ (2016), „No Future Forever“ (2017). Hörspiel „Das Tierreich“ (gemeinsam mit Michel Decar unter dem Namen „Nolte Decar“, DKultur 2017).
22:03 bis 23:00 | Deutschlandfunk Kultur
Musikfeuilleton: Der Komponist als Interpret – Dmitrij Schostakowitsch am Klavier
Von Elisabeth Hahn. Dmitrij Schostakowitsch ist heute vor allem als Komponist von 15 Sinfonien bekannt. Auch sein umfangreiches Kammermusik- und Klavierwerk wird geschätzt und viel gespielt. Doch Schostakowitsch war auch ausgebildeter Pianist und hat vor allem seine eigenen Werke regelmäßig aufgeführt und eingespielt. Der Dirigent Nikolai Malko bezeichnete Schostakowitschs Klavierspiel als „eher überraschend als bewundernswert“. In seinem Klavierspiel reflektierte der Komponist auch sich selbst. Außerdem lassen die wenigen Aufnahmen am Klavier Rückschlüsse auf die Lebenssituation und das soziale Umfeld des Komponisten zu.
23:03 – 24:00 | Ö1
Christian Lillinger bei der Donaueschinger NOWJazz Session 2019
Der Berliner Schlagzeuger Christian Lillinger ist bekannt als hochenergetischer Spieler, dem es kaum komplex genug sein kann. Doch Komplexität und Dichte ist für ihn mehr als nur Show. Er spielt nicht nur hochvirtuos, sondern auch wohldurchdacht. Sein Projekt „Open Form Society“ hat er zunächst als Tonträger konzipiert. Im Rahmen der SWR2-NOWJazz Session der Donaueschinger Musiktage hat er es erstmals live auf die Bühnen gebracht. Komplexität und rhythmische Dichte stehen im Zentrum der „Open Form Society“, dessen Titel nicht zufällig an Karl Poppers Idee einer offenen Gesellschaft – einem Gegenentwurf zu totalitären Systemen – orientiert ist. Gestaltung: Nina Polaschegg
09.05.
14:05 bis 15:00 | BR-KLASSIK
Das Musik-Feature: 8. Mai 1945 – Stunde Null? – Das Musikleben zwischen Trümmern und Aufbruch
Von Wolfgang Schicker. Wiederholung vom Freitag, 19.05 Uhr
23:00 bis 00:00 | hr2-kultur
The Artist’s Corner: Makiko Nishikaze: Windwind
„Westwind“ bedeutet der Nachname der japanischen Klangkünstlerin Mikiko Nishikaze (* 1968), ein auch in Japan ungewöhnlicher Familienname. Seit geraumer Zeit beschäftigt sich die in Berlin lebende Komponistin, die u.a. bei Alvin Curran und Walter Zimmermann Komposition studiert hat, mit dessen Bedeutung und dessen sonoren Wirkungen. Die Orgel, nicht nur Königin der Instrumente, sondern eben auch ein Klangwerkzeug des Windes, kombiniert sie in ihrem Hörstück „Windwind“ mit den verschiedenen Winden in der Natur. Bäume vom Wind geformt.
Makiko Nishikaze. Windwind. hr 2020 / 43 Min. / Ursendung
Teils imitiert sie das Gehörte und mit einem Aufnahmegerät fixierte sie mit den Möglichkeiten diverser kleiner Orgeln, die sie im schweizerischen Wallis oder auf dem schwäbischen Ländle in Dorfkirchen bespielen durfte. Teils verwendet sie Wind-Aufnahmen aus ihrer Geburtsstadt Wakayama und anderen Orten. Die Varianten sanft bis stürmisch bewegter Luft verschmelzen in „Windwind“ zu einem erzählerischen imaginären Wind. „Das ganze Radiostück“, so Nishikaze, „besteht ausschließlich aus Klängen des Windes – Natur und Orgel – komponiert von mir: Westwind.“
23:00 bis 00:00 | WDR 3
WDR 3 Open Sounds
10.05.
17:04 bis 18:00 | hr2-kultur
Kaisers Klänge: Auf einer Wolke mit Mozart – Der Pianist Friedrich Gulda
Beethoven, Bach und Debussy brachte er mit frischem Schwung auf die Konzertpodien, vor allem aber die Musik seines Lieblingskomponisten Mozart. Und das zu einer Zeit, als klassische Musik noch mit der Ernsthaftigkeit eines Gottesdienstes zelebriert wurde.
Jazz spielte er genauso gern wie experimentelle Musik. Er komponierte Konzerte und moderne Wiener Lieder. Zum 90. Geburtstag unternehmen Kaisers Klänge eine Reise durch den Klangkosmos des österreichischen Pianisten Friedrich Gulda.
20:04 bis 23:00 | WDR 3
WDR 3 Konzert live: Musik der Zeit [5]: Acht Brücken
Karlheinz Stockhausen: Inori, Anbetungen für 2 Pantomimen und Orchester. Jamil Attar und Emmanuelle Grach, Tanzmimen; WDR Sinfonieorchester, Leitung: Titus Engel. Übertragung aus der Hochschule für Musik und Tanz Köln.
22:00 bis 00:00 | NDR Kultur
Soirée: American Clarinets
Francis Poulenc: Klarinettensonate | George Gershwin: Three Preludes, Suite über Themen aus „Rhapsody in Blue“, „Someone to Watch over Me“ und „I Got Rhythm“ | Leonard Bernstein: Klarinettensonate | Chick Corea / Luca Cipriano: Jazz Suite | Alberto Ginastera: Milonga op. 3 / Malambo op. 7 | Ernesto Nazareth: Brazilian Tales.
Alessandro Carbonare, Perla Cormani und Luca Cipriano, Klarinette / Monaldo Braconi, Klavier. Aufzeichnung aus dem Conservatorio Giuseppe Verdi in Turin
22:00 bis 00:00 | Bremen Zwei
Klassikwelt in concert: Quatuor Ebéne
In Zusammenarbeit mit der Philharmonischen Gesellschaft Bremen präsentierte Radio Bremen damals die vier jungen Franzosen als frisch gebackene Gewinner des Münchner Wettbewerbs. Schon in diesem ersten Konzert war zu hören, dass das Quatuor Ebène ein Ausnahme-Ensemble in der Kammermusik ist. Mit größter Virtuosität, perfektem Zusammenspiel und stilistischer Vielfalt stellten die vier Streicher ein Programm vor mit drei Klassikern der Quartett-Literatur: Haydn, Bartók und Beethoven.
22:08 – 22:55 | Ö1
35 Jahre Klangforum Wien (1). Sven Hartberger stellt bedeutende Aufnahmen des Ensembles vor
Das Klangforum Wien ist 1985 als Solisten-Ensemble vom Komponisten Beat Furrer gegründet worden; Peter Oswald hat dessen Geschichte lange Jahre geprägt. 1999 ist Sven Hartberger vom Ensemble zu dessen Nachfolger gewählt worden. Der promovierte Jurist ist schon in der Wiener Staatsoper, der Volksoper und im Wiener Operntheater tätig gewesen. Mit Anfang 2020 hat er die Leitung an Peter Paul Kainrath übergeben. In diesem „Zeit-Ton extended“ stellt Hartberger Aufnahmen aus 35 Jahren Klangforum-Geschichte vor. Gestaltung: Sven Hartberger und Rainer Elstner
23:04 bis 00:00 | WDR 3
WDR 3 Studio Neue Musik: Birtwistle und Beethoven
Ludwig van Beethoven: Fantasie, op. 77 für Klavier | Harrison Birtwistle: Gigue Machine for Piano | Ludwig van Beethoven: Auswahl aus op. 126 für Klavier | Harrison Birtwistle: Variations on the Golden Mountain for Piano | Ludwig van Beethoven: Klavierstück h-Moll | Harrison Birtwistle: Dance of the Metro-Gnome for Piano and Metronome; Nicolas Hodges, Klavier
23:05 bis 00:00 | BR-KLASSIK
Musik der Welt: Mitternachtsbrot – Lieder der Mütter
Mitternachtsbrot: Aus der Toskana stammt das Lied einer Frau, die sich, eingespannt zwischen Arbeit und Mutterdasein, an die Zeit als junges Mädchen erinnert, an die Zeit der ersten Verliebtheit, als die Zukunft noch viel versprechend vor ihr lag. Damals hat sie sich herausgeputzt, mit Hut und neuen Schuhen. Jetzt muss sie sehen, ob die Kinder halbwegs ordentlich gekleidet sind, und manchmal schreien diese Kinder auch noch um Mitternacht nach Brot. Die Gedanken der Frau wandern hin und her zwischen seliger Erinnerung und nüchtern-alltäglicher Gegenwart. Die Lieder der Mütter, das sind meist Wiegenlieder. Was dabei auffällt: Die Mütter singen voller Unruhe von einem Mann, der nicht da ist, von dem Vater, von dem man nicht weiß, ob er überhaupt noch kommt; sie beklagen ihre Einsamkeit und lassen sich treiben von nachtschwarzen Gedanken. Da unterscheiden sich die Wiegenlieder nicht, quer durch Kulturen und Kontinente: In Japan klagt die Amme, ein armes Mädchen vom Land, wie schlecht man sie in der Familie ihrer Herrschaft behandelt, bei den sefardischen Juden ahnt die Mutter, dass der abwesende Mann bei einer Geliebten weilt, in Armenien spielt die Mutter gar mit dem Gedanken, das Kind in den Bergen auszusetzen – und immer ist das die Einschlafmusik für die Kinder. Indische Mütter wenden sich in solchen Situationen eher an die große Göttin Durga, eine starke Göttin und leuchtendes Vorbild, eine, die nicht angewiesen ist auf männliche Hilfe. Nur gelegentlich findet man auch Loblieder auf die Mütter: etwa bei den Nomaden in der Mongolei oder bei den Roma. Mitternachtsbrot – Lieder der Mütter: Die Sendung zum Muttertag. Von Christoph Hahn.
radiofreak der alten schule. transistor, diode, spule, kondensator. ehemals manipulator:in mehrerer rundfunksendungen.