Teil 9 _ Cough City New Music Festival

16. und 17. Juli: Rückreise

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Ich hatte eine Woche Langeweile und jetzt wird es spannend. Wegen eines Gewitters will das Flugzeug nach Atlanta nicht losfliegen. Wir sitzen darin herum und kriegen immer wieder neue Infos über den voraussichtlichen Start und das Erwischen von Anschlüssen. Wirklich helfen kann einem aber nur die Hotline.

Ich telefoniere also mit dieser Hotline von Delta Airlines. Ich kriege den geplanten Anschluss nach Düsseldorf nicht, kann aber über Amsterdam nach Düsseldorf fliegen, sagen sie. Sie wollen mir eine Mail zuschicken. Es ist sehr anstrengend, ihnen meine Mailadresse zu erklären. In Atlanta will ich wissen, ob die Mail an mich nur Infos beinhaltet oder schon die Umbuchung ist. Aber weder das WLAN funktioniert noch der Wochenpass, den ich aus Verzweiflung für mobiles Internet buche. Ich komme nicht an diese Mail dran. Also muss ich noch mal mit der Hotline telefonieren. Das dauert 30 Minuten. Ich muss das mit einem der Delta-Telefone machen, die in einer Ecke aus der Wand ragen, weil ich auch kein eigenes Telefonnetz habe. Jeder brüllt hier in seinen Hörer. Dazu läuft beschissene Saxonfonmusik, die viel zu laut ist. Ich versuche immer wieder, zu erklären, dass es für mich vermutlich schon einen Flug gibt und ich eine Mail bekommen haben soll, die ich halt nicht ansehen kann. Die Frau am anderen Ende versteht mich nicht. Nein, heute ist alles ausgebucht, ich muss morgen fliegen. Und es selber bezahlen. Und immer wieder: Einen Moment, hold the line. Letztendlich: „Für Sie GIBT es ja schon einen Flug!“ Gut. Genau das wollte ich wissen. Kurz danach funktioniert das Internet wieder. Die besagte Mail ist nicht da. 

Auch nach Amsterdam können wir nicht pünktlich losfliegen wegen des Gewitters. Letztendlich warten wir eine Ewigkeit und fliegen dann direkt ins Gewitter rein. 

Diesmal sind keine plärrenden Kinder an Bord. Aber in meiner Reihe sitzt ein tourettekranker oder sehr zwanghafter Mann. Alle drei bis vier Sekunden räuspert er sich je zwei mal nacheinander. Den ganzen verdammten Flug nach Amsterdam lang. Zur Ablenkung gucke ich ein paar Folgen „Mozart in the Jungle“, weil alle sagen, dass das ganz toll ist. Ich finde es ganz fürchterlich und ich muss mich Folge für Folge überwinden. Ohne den Gruppendruck, ohne die Gefangenschaft im Flugzeug und ohne den Zwangsräusperer hätte ich vielleicht gerade mal eine Folge ertragen. Dann versuche ich es noch mit einem amerikanischen Heldenfilm nach wahren Tatsachen. Aber mir geht die ganze Gewalt auf den Geist, ob sie nun für einen guten Zweck ist oder nicht. Der Film ist (die wahren Tatsachen sind wahrscheinlich schuld) dramaturgisch völlig ungeschickt gemacht und viele Einstellungen sind sinnlos, halbherzig, langweilig – aber keine Kunst. Sie können also weg!

In Amsterdam muss ich rennen, um den Anschluss zu kriegen. Ich denke mir, dass ich jetzt wahrscheinlich abstürzen werde auf den letzten Metern. Tatsächlich kommt zwischendurch eine Durchsage: Wir sollen uns wieder anschnallen und uns zur Vorbereitung auf eine eventuelle Notlandung nochmals die Sicherheitsinformationen durchlesen. Ich habe keine Angst mehr vor dem Tod, seit ich einen Autounfall hatte. Ich glaube, er kann sogar sehr angenehm sein. Aber ich will jetzt noch nicht sterben!

Letztendlich landen wir ganz normal in Düsseldorf. Was los war, weiß ich nicht. 

Der Zug nach Hause fährt auch nicht, stattdessen muss ich mich bei der Suche nach einer Alternative von einem Opa betatschen und erziehen lassen, ich solle doch das „Scheißding“ mal in Ruhe lassen, obwohl ich ihm nichts getan habe und auch nicht im Weg, sondern in einer Ecke stehe. Dass „die Jugend“ auf dem Handy nicht nur sinnlose Spiele spielt, sondern damit auch nach Bahnverbindungen gucken kann, wird in diesem Leben nicht mehr zu ihm vordringen. Ich bin zu müde, mich zu verteidigen. Dieser ganze Trip war ein Reinfall. Ich werde Houston nicht vermissen.

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2 Antworten

  1. Anton Zinkl sagt:

    Sehr unterhaltsamer und witziger Bericht! Hat mir großen Spaß gemacht, diesen mehrteiligen Artikel zu lesen. Rabauka ist klasse.

  2. Anton Zinkl sagt:

    Sehr unterhaltsam und witzig! Hat mir großen Spaß gemacht, diesen mehrteiligen Bericht zu lesen. Rabauka ist klasse.