Peter Lustig. Eine Danksagung
Die Helden meiner Kindheit… Sie verabschieden sich. Im September 2015 starb die Erfinderin und Autorin von „Pumuckl“, nachdem ihr bereits der Meister-Eder-Darsteller Gustl Bayrhammer (1993) und Pumuckl-Stimme Hans Clarin (2005) vorausgegangen waren. Ich schrieb damals ein paar kleine Zeilen.
Gestern, am 23. Februar 2016, ist jetzt der Moderator Peter Lustig im Alter von 78 Jahren gestorben.
Mit seiner Sendung „Löwenzahn“ bin ich aufgewachsen. Dieser Rebell, dieser Freigeist: Peter Lustig! Lebte in einem Bauwagen, mit aus Stühlen selbstgebauter Leiter nach oben, auf’s Dach. Er hatte so’n sprechendes Ding, selbst gebaut natürlich, aus zweitbenutzten Armen und Beinen kaputter Puppen. Glaube ich. (Damals gab es noch kein Internet. Ich google also jetzt nicht. Damals gab’s nur Peter Lustig und „Die Sendung mit der Maus“. Dem will ich hier kurz irgendwie gerecht werden.)
Peter Lustig hatte einen schwierigen Nachbarn. Herrn Paschulke. Herr Paschulke war immer ein Störfaktor. Der böse Konsument, der Kapitalist. Der, der seinen Garten mit Pestiziden berieseln lässt. Immer musste Herr Lustig kommen und Herrn Paschulke aufklären, wie man es besser macht… – und die Worte „HERR LUSTIG!“ mit der rostig-adipösen, über den Gartenzaun geprollten Stimme von Herr-Paschulke-Darsteller Helmut Krauss (fast heißt er so, wie der beste Autor Deutschlands…) habe ich jetzt, in diesem Moment sehr präsent im Ohr.
Die Sendung war deshalb so gut, weil Peter Lustig ein Außenseiter war. So wie Beethoven eigentlich. Jemand, der kaum Freunde hat und auf komische Ideen kommt. Der, der alles mal hinterfragt – und eigentlich alles richtig machen will. So jemanden möchte man in den Arm nehmen.
Noch besser fand ich seine Sendung „Mittendrin“, die noch viel klarer auf ökologische Themen abzielte. Ich liebte es, wie Peter Lustig an seinem antiken Schreibtisch einfach so mittendrin in einem Bach saß zu Beginn. Klar war: Heute geht es wahrscheinlich um das Ökosystem eines Baches – wenn man auch damals nicht genau wusste, was eigentlich ein „Ökosystem“ ist. Aber Peter Lustig hat es mir dann halt erklärt. Und meine Eltern haben mir irgendwann auch das Buch zu „Mittendrin“ geschenkt! Weil ich es mir gewünscht hatte. Meine lieben Eltern! (Ich habe das Buch aber nicht mehr. Ich glaube, ich habe es verloren oder es ist kaputt gegangen oder so. Ich bin jetzt ein bisschen traurig.)
Irgendwann hat mir mal jemand erzählt, dass er Peter Lustig mal kennen gelernt habe. Bei einem Dreh. Peter Lustig sei in Wahrheit ein ziemlich unfreundlicher Mann, starker Raucher, der seine leeren Zigarettenpackungen einfach so in den Wald schmeißt.
Das hat mir wirklich jemand mal erzählt! Und es hat mich erschüttert – und ich muss immer dran denken.
Ist mir aber egal. Peter Lustig hat meine Kindheit bereichert. Da darf man mal was fallenlassen!
Kein Mensch ist perfekt. Darum geht es auch nicht.
Danke, Peter Lustig. Möge er es in seinem blaubemalten Bauwagen ewiglich gemütlich und warm haben!
Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.
Ob er geraucht und was er mit seinen Zigarettenpackungen gemacht hat, kann ich nicht beurteilen, aber dass er ein unfreundlicher Mensch war, glaube ich nicht. Vielleicht ist es wie mit der bösen Legende, er könne Kinder nicht leiden. Dafür war ein aus dem Zusammenhang gerissenen Zitat aus einem Interview verantwortlich. Nachzulesen hier: http://www.zeit.de/kultur/film/2016-02/peter-lustig-kinder-geruecht
Anyway, requiescat in pace.