aus vielem eines – aus einem vieles

was ist der unterschied zwischen deutschland und italien? der italienische ministerpräsident stolpert über mädchengeschichten. der deutsche verteidigungsminister vermutlich über einige unterlassene anführungszeichen. „aus vielem eines“, dies wissen nun viele menschen, die sich vorher nicht und nachher nicht für verfassungsrechtliche fragen interessieren, zumindest nicht in jenem maße, wie es solche menschen tun, die sich wissenschaftlich mit diesem fach befassen, „aus vielem eines“ lauten ironischerweise die einleitenden worte in karl theodor freiherr zu guttenbergs dissertation. sie sind nicht von ihm, wie es nun zu vermuten guten grund gibt. jedenfalls nicht in dem maße, wie es für ein eigenes werk angemessen wäre. nachdem er fred astaire war auf dem times square, pete „maverick“ mitchell in afghanistan und käpt’n ahab auf der gorch fock ist er nun die helene hegemann der bundespolitik. vielleicht ist das problem auch ähnlich gelagert wie bei ihr: wähnten literaturkritiker sich hintergangen, nachdem sich die gefeierte prosa als samplingkunststück entpuppte, spotten nun die politikjournalisten die hinter der kompetenzkompetenz des freiherrn nichts anderes mehr vermuten können, als eine geschickte samplingstrategie.

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nehmen wir dies ernst. betrachten wir k.t. nicht länger als das, als was ihn die meisten angesehen haben. betrachten wir ihn einfach als einen großen künstler. schließlich ist sein vater dirigentendarsteller. k.t. von und zu guttenberg ist zurecht ein mann von staatstragender bedeutung, denn sein vorankommen ist ein beweis für die wirksamkeit einer ästhetischen strategie. copy and paste. „aus einem vieles.“ das ist der kern der pop-art. willkommen in der postmodernen welt.
„Aus einem Vieles“ – Variationen über einen Anfang.

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Musikjournalist, Dramaturg

7 Antworten

  1. tom sagt:

    Es ist alles noch viel Schlimmer:
    http://www.freitag.de/alltag/1107-der-plagiator
    Guttenberg ist der Held des Mash-Up!

  2. querstand sagt:

    Ach, gähn! Wäre er einfach der Ader seines Papa gefolgt, Musiker, Komponist geworden, könnte er sich jetzt schnell mit dem Begriff der Allusion retten. Andererseits: alle reden vom Eigenem, keiner schafft wirklich was Neues. Aber mit Erstaunen muss man doch feststellen, wie weit man es als Patchworker bringen kann. Politik über Politik, Kunst über Kunst, Philosophie über Philosophie, Musik über Musik – längst Lebenswirklichkeit. Die Frage ist nur: wenn Hr.G. das Alles vor sich selbst verantworten kann, also immer selbstehrlich in seiner Selbstherrlichkeit war – dann ist ihm rein künstlerisch den letzten Diskussionen hier im Bolg folgend kein Vorwurf zu machen, ausser dass er seine Diss. im Giftschrank hätte einsperren lassen sollen, wie all die Unionspolitiker und die Kollegen der anderen Parteien vor ihm…

    Die aufgedeckten Fehlstellen sind zudem mehr Essay aus Zeitungen denn wissenschaftliche Arbeit – es geht wohl hier um Kunst statt Wissen oder Politik…

  3. Stimmwunder sagt:

    Dissertationen werden heute häufig von anderen geschrieben, wie ich in einer Dokumentation gesehen habe. Anscheinend kann man damit viel Geld verdienen. Wäre doch auch eine Idee, oder?

  4. Erik Janson sagt:

    interessiert eigentlich nicht die Bohne bzw. sollte uns eigentlich nicht interessieren und hat wenig bis nichts mit Musik zu tun. Außer, dass man davon lernt, was man schon weiß: dass wir wohl aus der Politik am allerwenigsten erwarten können, gezeigt zu bekommen, wie man

    @ Thema: viel Karriere machen/ viel erreichen mit wenig Substant/mit Plagiaten?: Es reicht heute, zu den Eliten zu gehören, gut auszusehen ein Strahlemann zu sein, gute, von den Medien gepushte bzw. auf Aussehen beruhende Umfragewerte zu haben. Dann kann man so eine kleine „Krise“ locker aussitzen. Du liebe Güte, das bisschen „Schummeln“. Wer fragt danach? Ein „Freiherr“ nimmt sich solche Freiheiten. So wird er wohl der Deuschten „sympathischster Politiker“ noch eine ganze Zeit lang bleiben. Armes Deutschland.

    Buon Giorno

  5. strieder sagt:

    betrachten wir k.t. nicht länger als das, als was ihn die meisten angesehen haben.

    Bis zu diesem Beitrag habe ich ihn lediglich als Erfinder des Buchdrucks angesehen.

  6. komisch, bei einem Politiker regen sich über „Fremdschreiben“ alle auf, bei Giachinto Scelsi, der keine einzige Note in seinem Leben selber geschrieben hat, ist es irgendwie „magisch“ und „ganz toll“ (Barbara Zuber). Ist Scelsi der Guttenberg der Neuen Musik? Oder Guttenberg der Scelsi der Politik?

  7. peh sagt:

    Da setzen die Berlusconiesken Unterschiede sich fort: Scelsi war bekanntlich ein Sonnenanbeter, der sich gern mit barbusigen Schönheiten umgab. k.t. verkörpert da ein anderes „role model“. Und den Unterschied zu Scelsi sehe ich darin, dass Scelsi seine magische Musik immerhin selbst „improvisiert“ hat. Es gäbe andere Namen, die den Begriff Guttenberg der neuen Musik verdient hätten: Es ist diese konservative Musik, die sich so ganz auf der richtigen Seite wähnt und die ihre Bedeutungslosigkeit mit einem Haufen Wet-Gel zur Seite kämmt. Das wäre dem Hippie-Graf Scelsi gewiss nicht eingefallen.