Notiz zu einem Inszenierten Konzert

Anlässlich eines „inszenierten Konzerts“ bei den Frankfurter Positionen mit Werken von Kompositionsstudenten aus Bremen (Klasse Younghi Pagh-Paan) inszeniert von Studierenden des Instituts für Angewandte Theaterwissenschaft Gießen, Ltg. Heiner Goebbels.

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Wenn ich in einem Konzert anfange, über den Inhalt meines Kühlschrankes, den Zustand meines Schreibtisches und das Flaschenwegbringen nachzudenken, liegt das entweder an mir oder an der Musik, die gerade gespielt wird. Am Sonntagabend war, glaube ich, beides der Fall. Nun ist es ja sowieso schwer, sich bei seiner Meinung nicht zu sehr von seiner eigenen Stimmung beeinflussen zu lassen. Wie dem auch sei. Vor einem „Inszenierten Konzert“ stehen bei mir eher Befürchtungen denn Vorfreude – wieso bedarf die Musik einer Inszenierung? Das Programm sagt dazu: „Die traditionelle Konzertform ist nicht immer der angemessene Rahmen, in dem sich zeitgenössische Musik dem Hörer vermittelt.“ Ein bisschen klingt für mich in dem Satz eine Furcht vor der zeitgenössischen Musik an. Muss zeitgenössische Musik erst „inszeniert“ werden, um vermittelbar zu sein? Wohl kaum. Natürlich gibt es andererseits musikalische Werke, bei denen die Inszenierung unabdingbarer Bestandteil ist – Kagel, Goebbels und viele andere haben auf unterschiedlichste Weise bewiesen, dass Zwischenformen aus Musik und Theater schlüssig und notwendig sein können. Dazu muss das theatrale Moment aber der Musik „eingeschrieben“ sein. Das war im Konzert bei den „Positionen“ nicht immer der Fall, und wenn, dann war entweder die Inszenierung zu schwach, oder die Musik schlicht zu zurückhaltend, so dass letztlich ein zäher Brei aus halb-inszenierter Halb-Musik durch die Zeit mäanderte. Warum muss es sein, dass Festivalmacher oder Ensembles für sich behaupten, künstlerische Dringlichkeiten zu durchschauen und dann Aufträge solcher Art vergeben? Frei nach dem Motto, ihr da schreibt doch mal was, und ihr da inszeniert das dann. Diese Rechnung kann nur aufgehen, wenn Komponisten die Inszenierung für ihre Musik brauchen und Regisseure für ihre Inszenierung die Musik. Eine Zusammenarbeit kann befruchtend sein, muss es aber nicht. Schlimmstenfalls hat man das Gefühl, es habe überhaupt keine Zusammenarbeit stattgefunden. Schluss mit der Einmischung der Kuratoren in die künstlerische Arbeit!

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12 Antworten

  1. Willi Vogl sagt:

    Soweit ich die Einlassungen von Mathias Monrad Møller verstanden habe, handelt es sich um ein Projekt, das sowohl seitens der Musik als auch seitens der Inszenierung von Studenten ausgefüllt wurde. Wenngleich ich mit der kritischen Sichtweise grundsätzlich konform bin, sollte hierbei der pädagogische Hintergrund mitbedacht werden. Themensetzungen von Kompositionslehrern und Schauspiellehrern sind notwendige Reibungsflächen für Studierende. Die Studierenden im obigen Fall kommen möglicherweise damit zum ersten mal mit grundlegenden Fragestellungen in Berührung wie: Welche Verbindung besteht zwischen Musik, Bewegung und Sprache? Kann man historisch eingefahrene Sichtweisen (welche auch immer) mit einer eigenen Produktion beeinflussen? Gibt es eine der Musik innewohnende Theatralik? Inwieweit muss die Musik auch losgelöst von Theatralik noch überzeugen? u.v.m.
    Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist es plausibel, dass die wahrgenommenen Produktionen nicht zwingend die Dichte, Qualität und Überzeugungskraft der zum Vergleich herangezogenen Werke eines Mauricio Kagels erreichen.

  2. Mathias Monrad Møller sagt:

    @ willi vogl
    Vielleicht. Der Rahmen der Präsentation war aber ein professioneller. Die Auswahl der Komponisten wäre ein weiterer Kritikpunkt: die einzige sachliche Grundlage für die Auswahl genau dieser Komponisten war der Fakt, dass sie bei Younghi Pagh-Paan studiert haben (im übrigen war eine Studentin schon ehemalig). Also hat die Aufnahmekommission in Bremen quasi schon vor Jahren entschieden, wer das Recht bekommt, auf einem Profi-Festival etwas zu präsentieren. Das kann man so machen, aber ich finde nicht, dass das einzige Kriterium der Professor sein kann. Warum nicht eine Ausschreibung unter Studenten für inszenierte Musik? Dann wären eher diejenigen drangekommen, die wirklich etwas zu sagen haben im spartenübergreifenden Arbeiten. Wer so etwas wagt, muss sich zwangsläufig mit den „Großen“ messen, gerade in einem so fragilen Bereich. Genau wie wir „normalen“ Komponisten ständig eingeschärft bekommen, uns mit den „Großen“ zu messen. Und dass passiert ja nicht ohne Grund. Natürlich muss man sich ausprobieren dürfen, aber dann bitte in der Hochschule. Alter ist keine Entschuldigung für schlechte Qualität. Wenn man etwas zu sagen hat, soll man es sagen, wenn nicht, dann soll man schweigen. Auch, wenn das Ensemble Modern anklopft.

  3. Willi Vogl sagt:

    @ Mathias Monrad Møller

    Das sind die Gesetze des Marktes – eines Marktes der zuerst nach dem „wer“ und dann erst nach dem „was“ fragt. Im Übrigen bedeutet „professioneller Rahmen“ oftmals nichts anderes, als dass einem als Komponist die organisatorische Arbeit teilweise abgenommen wird. Mein Kompositionslehrer Alfred Koerppen sagte mir einmal: „Das beste was ein Kompositionslehrer für seinen Studenten tun kann, ist ihm einen Verlagsvertrag zu verschaffen.“ Wenngleich das nach Vetternwirtschaft riecht, macht ein Lehrer damit nichts anderes, als einen wichtigen Teil seines Lehrauftrags zu erfüllen. Mit einem Verlagsvertrag, einer Aufführung bei einem Festival, mit der Kontakteröffnung zu einem berühmten Interpreten… verschafft er seinen Studenten ein Podium, das ihnen im Idealfall als Reflexionsgrundlage für die eigene kompositorische Entwicklung dient. Wenn sich Frau Younghi Pagh-Paan und Herr Heiner Goebbels für ein gemeinsames Projekt gefunden haben und Arbeiten ihrer Studenten arbeitssparend im Rahmen eines Festivals und nicht in einer bescheidener dimensionierten Musizierstunde einer Hochschule präsentieren, mag ihnen und den Studenten das gegönnt sein. Die Erfahrung lehrt mich, dass die Möglichkeit als Student (aber auch als Komponist älteren Semesters) ein Stück auf einen Festival oder einem anderen exponiertem Podium zu platzieren, gleichgesetzt wird mit Bedeutung der vorgestellten Musik – eine trügerische Wahrnehmung angesichts der Tatsache dass viele Stücke oftmals keine zweite Aufführung erfahren und sicherlich weniger als 1% derzeitig komponierter Musik in das Repertoire übergeht.
    In der naiven Hoffnung, dass bei entsprechender Qualität der Musik die Reihenfolge der Fragestellung „wer“ und „was“ gelegentlich umgedreht wird, sollte man als Komponist gelegentlich das Verhältnis zwischen der verwendeten Zeit für die Qualitätsverbesserung seiner Musik und der Zeit für deren Vermarktung hinterfragen. Und ja – auch das Ensemble Modern ist auf Sponsoren angewiesen und fragt (wenn auch ungern) schon mal zuerst nach dem Namen und dann nach dem Produkt.

  4. querstand sagt:

    @ Vogl & Monrad Møller: Die Sache mit dem Verlag: Lieber Herr Vogl, Sie sprechen wahr, dass dies vornehmste Ziel eines amtlich bestallten Kompositionslehrers sein sollte. Meine Studienkollegen in den 90ern in München wie Frankfurt/M. und ich selbst glaubten auch noch an diese Vornehmheit. Leider sind die Zeiten heute nicht mehr so vornehm! So gehört heute eine kluge Professorenwahl zum Hauptrepertoire eines Studenten, wenn er durch seinen Lehrer zum Verlag gebracht werden will.

    Wenn ich es recht bedenke, hat es von meinen Münchner Kollegen – Moritz Eggert mal ausgenommen, der sehr kurz bei Bose studierte – bisher nur einer zu einem renommierten Verlag geschafft. Der Weg dorthin führte v.a. durch seine Emanzipation von seinem Lehrer. Diverse Aufträge, honorige Stipendien und Kontakte ebneten Mark Möbius den Weg zu Peters. Dort kann man nun einige seiner Stücke finden. Das Gros blieb aber bisher unverlegt. Das Glück einer relativ umfassenden In-Verlagnahme auch davor komponierter Musik hatte z.B. Jörg Widmann bei Schott, denkt man an seinen letzten Lehrer, der ihm heute immer wieder Klarinettenstückerl schreibt, der ihn garantiert auch geholfen hat – Rihm – , so müsste Jörg bei der Universal-Edition angekommen sein.

    In Frankfurt haben es nur wenige der Kollegen geschafft. Isabel Mundry und Kyburz gehören gerade noch einer Generation an, wo gutes, solides Komponieren und Lehrerhilfe den Weg in den Verlag einigermassen leicht machten. Wenn ich mich richtig entsinne, ist Sanchez-Verdu mit manchen Stücken bei Breitkopf dabei. Von Fredrik Zeller wurde ein Stück dort verlegt, ein Orchesterauftrag, bei dem er damals noch um ein Materialhonorar kämpfen musste, ich glaube mich düster sogar an Zweites zu erinnern – das war es. Hans Thomalla kann man nun auch als „angekommen“ bezeichnen. Studiert man dessen Werkkatalog, ist fast Alles auf der eigenen Homepage selbstverlegt. Die Anderen machen es durchgehend genauso, vielleicht ist mal ein Wettbewerbsstück verlegt, was zum Preis gehörte.

    Es gibt natürlich Gegenbeispiele. Die halten sich aber doch in Grenzen. Heute kämpft eigentlich selbst jeder verlegte Professor um einigermassen erträgliche Vertragskonditionen, müssen sie sich Materialetats erkämpfen, sich um die Eingabe in den Rechner bemühen, wenn sie noch manuell schreiben. Die berühmte Handschriftkopie, schnell auf gutes Papier kopiert und gebunden, zumindest die Stimmen von Hand oder digital erstellt, hat auch immer mehr antiquarischen Wert. Was nun besser ist, sei dahingestellt. Oft sind die Lehrer auch selbst nur sporadisch oder gar nicht verlegt.

    So ist es Fakt, dass v.a. durch Lehrer vermittelte Aufträge noch am ehesten einen Karrierestart erleichtern können. Da kommt aber auch nicht jeder zum Zuge. Das hat nicht mal etwas mit der Qualität der Zukurzgekommenen zu tun. Der gütige Professor kann selbst nicht auf jeden,selbst unbedeutenderen Auftrag verzichten.

    So sind Klassenprojekte inzwischen ein beliebtes Mittel, Studenten den Weg auf Festivals zu eröffnen, leisten sich diese Events selbst Education-Programme für den studentischen Nachwuchs. So sind heute vermehrt diese Kurse der Motor: wer den IRCAM-Kurs besuchte, in Acanthes oder Abbaye de Royaumont war, Stroppa, Ferneyhough, Eötvös, Furrer, Lachenmann, Scelsi, Rihm, etc. so auflisten kann, in Darmstadt den Kranichsteinpreis oder ein Stipendium erhielt, von Musiktheater heute gefördert wurde, in einer Ensemble-Modern-Akademie dabei war, der hat es vielleicht dann mal geschafft. Was natürlich auch immer wieder gern hier kontrovers – zurecht – diskutiert wird. Die Klassenprojekte auf Fetivals sind da nur der Anfang. Eigentlich sind sie auch ein Eingeständnis des Scheiterns des traditionellen akademischen Ausbildungswegs: solche Vorhaben gehören doch eher in den Rahmen einer Musikhochschule als fakultätsübergreifendes Projekt. An vielen Häusern mag das noch an den unterschiedlichen Ausrichtungen der Studiendekane liegen. Für die Bremer, einer auch die Bildenden Künste umfassenden Institution wie die UdK, sollte das also schon öfters der Fall gewesen sein. So werden auch die Teilnehmer des jetzigen Frankfurter Positionen Experiments sich ausprobiert haben, kann man tatsächlich Professionalismus erwarten, auch wenn dieser im frühen Alter wie dieser Leute auch unangenehm wirken kann. Dennoch sollte man von diesen Experimenten niemals zviel erwarten: es ist u.U. das erste Mal des Schnupperns öffentlicher Betriebsluft.

    Wirklich problematisch finde ich an diesen Unternehmungen aber immer wieder, wenn Studenten die Musik von Studenten spielen, inszenieren, vertonen, bebildern, kritisieren und als Management- oder Dramaturgiestudenten sogar fast niederschwellig kuratieren. Es ist für den angehenden Profi, den Öffentlichkeitserstling immer besser, wenn er oder sie möglichst von Profis aufgeführt wird. Sonst können sich Reibungen zwischen Studierenden, die heissblütig um das erste Auftreten kämpfen, auch negativ auswirken, können Gesangsstudenten überfordert werden, wehe, wenn die Mentoren sich nicht ausstehen können. Das wird zwar niemals öffentlich bekannt werden, nur durchsickern. So laufen die Neulinge Gefahr ggf. von der Presse vorschnell aufgespiesst zu werden.

    Es gehört also unglaublich viel Behutsamkeit von allen Seiten zu diesen Unterfangen. Ich selbst fand als Mitstudent Produktionen meiner KollegInnen auch immer zwiespältig: man würde ja Alles anders machen. Inzwischen lehne ich mich gerne zurück, lasse es geschehen, sehe das Positive, meckere nur über wirklich Problematisches – natürlich auch sehr subjektiv. Was mir aber oft durch den Kopf geht: wenn die Professoren im Einzelunterricht schon einmal hart mit einem ins Gericht gehen können, dann sollte man es auch immer bei solchen fakultätsübergreifenden Produktionen von Neulingen machen. Es könnte zwar der frische künstlerische Flow der Anfänger arg in Mitleidenschaft gezogen werden, der professionelle Überbau der Durchführung ins Wanken kommen. Aber das gehört dann auch dazu.

    Problematisch wird es immer, wenn das Festival selbst die Professionalität solcher Veranstaltungen betont, keine Zweifel an Problemen aufkommen lassen möchte, damit das nächste Mal wieder die Mittel fliessen. Überhaupt ein circulus vitiosus: die Festivals müssen ihren Fortbestand durch Nachwuchsarbeit absichern, müssen diese auch immer wieder erkämpfen. Nur ist der Nachwuchs oft alles Andere als damit kompatibel. So wird das Risiko minimiert, ziehen v.a. die Mentorennamen statt die Studentenspielwiese als solches. Und am Ende kommen dann gerne laue Sachen raus. Also gerne kritisieren. V.a. der Veranstalter und die Mentoren sind aber genauestens unter die Lupe zu nehmen…

    Gruss,
    A. Strauch

  5. Mathias Monrad Møller sagt:

    @querstand, willi vogl

    “Das beste was ein Kompositionslehrer für seinen Studenten tun kann, ist ihm einen Verlagsvertrag zu verschaffen.” Wenngleich das nach Vetternwirtschaft riecht, macht ein Lehrer damit nichts anderes, als einen wichtigen Teil seines Lehrauftrags zu erfüllen.

    Das riecht für mich nicht nach Vetternwirtschaft, sondern nach einer Entschuldigung für schlechten Unterricht.
    Es darf nicht ein Teil des Lehrauftrags sein, dass der Lehrer einem den Verlagsvertrag oder große Aufträge besorgt. Das muss man schon selber hinkriegen, und zwar durch in jeder Hinsicht gute Musik. So sollte es zumindest sein.

  6. eggy sagt:

    Es gibt heutzutage ja keine „Verlagsverträge“ mehr , es ist einfach nur so, dass einige Verlage sich entscheiden, Stücke eines Komponisten zu machen, manchmal nur einige Stücke, manchmal auch alle, die von diesem Künstler geschrieben werden. Inzwischen bindet sich kein Musikverlag mehr durch einen permanenten Vertrag an einen Komponisten, das ist denen viel zu unberechenbar in einer Zeit, in der man noch nicht einmal weiß, wie es mit den Verlagen selber weitergeht (was auch die vielen erfolgreichen Karrieren ohne Verlag beweisen).

    Das „inszenierte“ Konzert wie von Mathias beschrieben erinnert mich an unsere Anfänge bei ADEvantgarde, damals haben wir auch solche Sachen versucht, sicherlich auch manchmal studentisch unbeholfen und nicht immer gelungen. Immerhin hat uns sogar ein Claus Guth mal ein Konzert inszeniert (damals noch jung und relativ unbekannt). Aber es war für uns ein spannender Ansatz, weil uns die traditionellen Konzertformen nicht mehr überzeugten. Seit dieser Zeit (vor 20 Jahren) sind ja „Event“-Konzerte und inszenierte Konzerte wesentlich häufiger anzutreffen und auch nicht mehr ganz so ungewöhnlich. Ich habe gute wie schlechte gesehen – wenn es gelingt, kann ein solches Konzert schon etwas sehr besonderes sein.

    Das Konzert bei „Positionen“ war sicherlich für alle Beteiligten ein pädagogisches Unternehmen – die Veranstalter geben quasi den Pagh-Paan und Goebbels-Schülern ein Forum, und sparen vielleicht damit auch ein bisschen Geld, können aber dennoch etwas bieten. Als Lehrer ist man ständig auf der Suche nach Gelegenheiten für Studenten außerhalb der Hochschule, da es manchmal schwieriger ist, innerhalb der Hochschule etwas auf die Beine zu bringen (nicht alle Instrumentallehrer sind ja kooperativ z.B. – das kann Alexander aus seiner Erfahrung sicherlich bestätigen). Ja, das ist Pragmatismus.

    Schade, dass das Konzert anscheinend nicht gut war, aber grundsätzlich finde ich solche Gelegenheiten für die Studenten richtig, und sie werden sicherlich etwas dabei gelernt haben – das Publikum wird ja vorher informiert, dass es sich um Studentenarbeiten handelt, und kommt dann meistens eher aus Neugier auf neue Talente als wegen der Hoffnung, einen perfekten Abend zu erleben. Irgendwie ok, aber kritisieren darf man’s auch…

    Moritz Eggert

  7. querstand sagt:

    „Schluss mit der Einmischung der Kuratoren in die künstlerische Arbeit!“ Das ist eigentlich die Kernaussage in dieses Artikel. Die Verlagsfrage ist nur nebenbei aufgekommen, im Sinne pädagogischen Eros alias das „Vornehmste“ Walten eines Kompositionslehrer, ein Feld, das von der eigenen Verlagssituation des Lehrers abhängt. Allgemein ist die Verlagsfrage heute aber nicht mehr der Hauptpfad zum kompositorischen Karriereglück eines Neulings.

    Wie Moritz sagt, wie ich breit ausführte sind Konzerte oder interdisziplinäre Projekte in vitro in den Akademien oder gleich in vivo auf Festivals einer der erfolgversprechendsten Wege, seine Studierenden mehr oder weniger behutsam der Öffentlichkeit und den Veranstaltern ans Herz zu legen. Grds. sollten in den Akademien solche interdisziplinären Projekte als scheinpflichtiger Studienteil selbstverständlich sein, da ist auch das „Studenten arbeiten mit Studenten für Studenten“ sinnvoll, auf Festivals wird das schon bedenkenswerter. Dort wie noch an den Akademien kann es natürlich für manchen Lernenden und seine künstlerischen Jungtriebe in plötzlich aufgezwungener Teamarbeit zu eng sein, wenn er/sie sich zu Anderem berufen fühlt oder – v.a. die Festivals betrefend – es schlichtweg zu früh ist, an das Licht gezerrt zu werden, ist eines der grössten Risiken dabei.

    Ich kann nur wiederholen, dass das grösste Risiko bei einem Projekt ausserhalb der Hochschulen mit Studenten die zu geringe Betreuung durch die Lehrer ist, wenn sich das Mentorische allein auf die Vermittlung seiner Klasse mit oder ohne einer anderen Klasse einer interdisziplinären Fakultät an das Festival beschränkt. Die Betreuung beginnt da erst. So sollte der Ruf eher nicht nach einem Ende des Kuratorischen lauten, sondern erst recht eine bessere Begleitung durch Kuratoren oder Dramaturgen einfordern. Das wäre doch mal eine ganz andere Lesart für einen oder eine dieser Betreuer, die für Jugend-Education-Projekte speziell z.B. als „Konzertpädagoge“ berufen worden sind, also ein „Projektpädagoge“ oder „kunstpädagogisches Projektmanagement“.

    Es würde allerdings oft schon genügen, wenn für diese Koordinationsarbeit ehemalige Studierende mit solchen Projekterfahrungen oder wie immer noch viel zu selten an den Hochschulen Tutoren berufen würden, falls der oder die Meister/-in mal wieder keine Zeit für diese höchst aufwändige Arbeit hat. Allerdings sollten diese „künstlerisch-pädadgogischen Koordinatoren“ wiederum von den Studierenden entsprechend ernst genommen werden müssen, also ein Betätigungsfeld für all uns „Do-it-Yourself“-Veranstalter?

    Das wäre doch mal was! Endlich eine ggf. nur projektbefristete Tätigkeit an einer Hochschule, ganz ohne den grossen Sprung vielleicht geschafft zu haben, ohne weiteres Theorieexamen, einfach nur die wirklich reiche Erfahrung als Geförderter und Selbstproduzent nach einigen Jahren akademieferner Berufstätigkeit… Also:“ein Mehr an sinnvoller Kuratorentätigkeit und nachhaltiger künstlerisch-pädagogischer Projektbegleitung“!

    Gruss,
    Alexander Strauch

  8. Erik Janson sagt:

    @ Willi Vogel

    @ Ihrem genialen Beitrag von 13:47 bzgl. des leidigen Themas „NAme oder Frage nach Qualität“, was ist wichtiger?

    Sind Sie auch aus der „Rheinischen Hölle“ .. [ ;-)]
    oder finden Sie das, was Sie oben schreiben am Ende noch
    für alle Zeiten wünschenswert…?

    Falls ja, dann
    Gute nacht! Solch kühne Denker und kluge Köpfe wie Sie brauchen wir unbedingt …

  9. Erik Janson sagt:

    “Schluss mit der Einmischung der Kuratoren in die künstlerische Arbeit!”

    Richtig Alexander: Ich würde noch präzisieren. Schluss damit, dass immer wieder dieselben „großen Namen“ an Komponisten (wie verdient sie sich auch gemacht haben, ja das bestreitet keiner, das soll ja so bleiben) als Kuratoren fungieren (sei es offen oder hinter vorgehaltener Hand… aber jeder weiß es).
    Die „großen Meister“ sollen ihr gezüchtetes „junges Gemüse“ endlich frei sprießen lassen, der Härte des „Marktes“ aussetzen. Aber bitte: jeder müsste sich daran halten. Sonst funktioniert´s nicht.

    Gebt einer aufgeklärten und und wirklich wieder eigenständig HIN HÖRENDEN Musikwissenschaft, Musikkritik etc. mal wieder eine Chance. Das wäre mein Wunsch (aus dem Rheinischen Himmel).

  10. Willi Vogl sagt:

    Guten Morgen, Herr Janson!

    „Hölle“ ist überall da, wo die Präsentation neuer Werke allein auf Grund allzu festgefahrener ästhetischer, pädagogischer oder veranstaltungspsychologischer Positionen stattfindet und sich diese Präsentation gleichzeitig nur noch unter einem wie auch immer kuratierten Blickwinkel wahrnehmen lässt. Sollte mein Anliegen in den Anmerkungen 13:47 nicht deutlich geworden sein, so sei hier nochmals in anderer Form klargestellt: Der Präsentationsrahmen (Betreuende Professoren, Festivaleinbindung, Etikettierung u.s.w.) studentischer Projekte oder auch einzelner Werke sollte als das angesehen werden, was es ist: Ein Medium für die Wahrnehmung neuer Kompositionen. Wenngleich durch die damit erzeugte Öffentlichkeit Wahrnehmung kanalisiert und Bedeutung suggeriert wird, machen diese Marktsetzungen die Fantasie und den ästhetischen Sachverstand des Wahrnehmenden keinesfalls überflüssig, können jedoch eine bisweilen anregende Reibungsfläche bieten. Ich plädiere für eine pragmatische Sicht auf die organisatorischen Unabdingbarkeiten bei derartigen Projekten und hoffe, dass dabei bei allen Beteiligten das HÖREN vor dem URTEIL nicht zu kurz kommt.
    Beste Grüße in den mit Ohren gesegneten Rheinischen Himmel!

  11. Erik Janson sagt:

    @ Willi (ich will´s wissen…),@ all,

    Der Präsentationsrahmen (Betreuende Professoren, Festivaleinbindung, Etikettierung u.s.w.) studentischer Projekte oder auch einzelner Werke sollte als das angesehen werden, was es ist: Ein Medium für die Wahrnehmung neuer Kompositionen. Wenngleich durch die damit erzeugte Öffentlichkeit Wahrnehmung kanalisiert und Bedeutung suggeriert wird, machen diese Marktsetzungen die Fantasie und den ästhetischen Sachverstand des Wahrnehmenden keinesfalls überflüssig, können jedoch eine bisweilen anregende Reibungsfläche bieten.

    Da dreht es sich im Kreis gegenüber Ihrem Beitrag vom 10.2. um 13:47. Kritische Frage bleibt weiterhin, ob die öffentliche Wahrnehmbarkeit von neueren Kompositionen nicht auch anders befördert werden kann als in der von Ihnen beschriebenen Sicht von Pramatismus und Markt. BZw. was ist z.B.

    eine pragmatische Sicht auf die organisatorischen Unabdingbarkeiten bei derartigen Projekten

    Es ging mir keineswegs um ein Urteilen VOR dem Hören.

    Aber heißt das? eine „organisatorische Unabdingbarkeit“? Etwa z.B. die, dass Festival XY z.B. immer einen renommierten Kurator o.ä. braucht, der bestimmte Leute empfiehlt? Und führt dies allein zur Qualitätsverbesserung oder wieder mehr Objektivität oder Suche nach Dingen, jenseits festgefahrener Pfade und Strukturen?

    Fragt von Ihrem Re-Posting unbeeindruckt Erik Janson

  12. Willi Vogl sagt:

    Lieber unbeeindruckter Herr Janson,

    vielen Dank für die anregende Replik!
    Es gibt natürlich weitaus mehr Mechanismen zur Beförderung öffentlicher Wahrnehmung als die von mir angedeuteten. Die verschiedenen Möglichkeiten der Internetpräsentation etwa stellen eine jüngere Form dar. Damit zeigt sich ein Komponist zwar vordergründig autark und kann damit auf die von Ihnen kritisch gesehene Kuratierung des eigenen Werks durch andere (zunächst) verzichten, nutzt jedoch damit nur einen anderen (technischen) Auswahlfilter. Letztlich geht es darum, die eigene Arbeit zu kommunizieren. Hierzu sind Meinungsmacher notwendig, und die sind nicht im virtuellen Raum zu finden. Eine Reihe von Komponistenkollegen geben die Deutungshoheit über Ihr Werk ungern ab, sind letzlich jedoch auf Multiplikatoren (Medien, Kuratoren, Wettbewerbsjuroren, Rundfunkredakteure u. v. m.) angewiesen, deren Sichtweisen sie nur begrenzt beeinflussen können. Sicherlich hat sich jeder von uns schon mal darüber geärgert, dass der eine Festivalintendant oder der andere Rundfunkredakteur das eigene hoffnungsvoll eingereichte Werk durch den Raster fallen ließ. Andererseits freut man sich, wenn ein Werk angenommen wird, ohne immer gleich die letzten Gründe hierfür hinterfragen zu wollen. Mögen nun ästhetische Positionen, verkaufsstrategische Erwägungen oder aufführungspraktische Rahmenbedingungen der Entscheidungsauslöser sein, so handelt es sich dabei doch immer um einen Marktmechanismus, der unvermeidlich subjektiv gesteuert ist und den ich allein schon aus Gründen begrenzter eigener Zeit pragmatisch verstehen muss.
    Zum Punkt „Qualitätsverbesserung …wieder mehr Objektivität“: Wenn gleich man sich freuen darf, dass durch fachlich fundierte, innovative oder auch provozierende Positionen festgetrammpelte Pfade auf dem verschlungenen Weg öffentlicher Wahrnehmung verlassen werden, scheint mir der entscheidende Punkt die hierfür notwendige Fantasie, Kompetenz und das Verantwortungsbewusstsein JEDES „Marktbeteiligten“ zu sein. Auch wenn dies angesichts der marktüblichen kommunikativer Holzhammermethoden naiv klingen mag, sind hierfür zunächst und immer wieder ehrliche Arbeit und Bescheidenheit gefragt.
    Nichts für ungut und mit besten Wünschen auf Ihrem Weg abseits der Trammpelpfade!