weitervögeln! drummond zum no music day

Bill Drummond, bekannt als Mitbegründer von The KLF und deren Nachfolgegruppe K Foundation, darüber hinaus Mitstreiter für den „No Music Day„, bricht in einem Interview mit der taz eine Lanze für die Musikvermittlung. Auf die Frage von Dirk Schneider, ob der Umgang mit Musik in unserer Gesellschaft mit Pornografie vergleichbar sei, antwortet er:

Werbung

Im 20. Jahrhundert verkam Musik zum reinen Konsumgut, und wir beklatschen nur noch das vermeintliche Genie. Genau auf diese Weise lässt sich mit Musik Geld verdienen. Freie Marktwirtschaft möchte nicht, dass die Leute selbst Musik machen. Damit lässt sich nämlich nichts verdienen. […] Und das ist ganz ähnlich, als würde man uns sagen: Leute, vergesst das mit dem Sex. Ihr könnt das einfach nicht gut genug. Wir haben hier Profis, die wirklich gut vögeln, und ihr bezahlt ab jetzt, um ihnen dabei zusehen zu dürfen.

Nachdem er im vergangenen Jahr in Haiti sein Lieblingsgraffito an einer Mauer hinterlassen hatte – „Stell dir vor, du wachst morgen auf, und die Musik ist verschwunden“ – und feststellen musste, dass ausgerechnet diese Mauer wie eine Prophezeiung nach dem Erdbeben stehen geblieben ist, beschloss Bill Drummond, mit dem No Music Day Schluss zu machen.

Denn nach dem Erdbeben herrschte in Port-au-Prince absolute Stille. Man hörte keinen Mucks. Es gab weder Strom noch Radio noch Fernsehen. Und es haben auch keine Musiker gespielt, niemandem war danach. Das war ein echter, ein absoluter No Music Day. Es war schrecklich, ich habe bei dem Erdbeben einige Freunde verloren. Das war für mich der Punkt, an dem ich endgültig beschloss, mit meinen Aktionen zum No Music Day aufzuhören. Mir kommt es so vor, als hätte ich ein Theaterstück geschrieben. Fünf Jahre lang habe ich Regie geführt, jetzt muss jemand anders übernehmen.

2005 erklärte Drummond den 21. November erstmals zum No Music Day. Es ist der Tag vor dem Namenstag der heiligen Cäcilia, Schutzpatronin der Musik. In diesem Jahr ist das „Skript“ zum No Music Day open source:

„As of 21 november 2010 No Music Day can be directed or performed by you in whatever way you see fit to to interpret“

Also: weitervögeln. Aber still, bitte!

Liste(n) auswählen:
Unsere Newsletter informieren Sie über Neuigkeiten im Badblog Of Musick. Informationen zum Anmeldeverfahren, Versanddienstleister, statistischer Auswertung und Widerruf finden Sie in unserer Datenschutzbestimmungen.

Musikjournalist, Dramaturg

Eine Antwort

  1. Max Nyffeler sagt:

    Wieder mal so richtig blöde TAZ-Logik, mit schiefen Vergleichen und PR für jemanden, der sich mit einigen f-Worten perfekt zu vermarken versteht und dabei, wie es sich in der TAZ gehört, natürlich über „den Markt“ schimpft.

    Sollen er und seine Kumpane doch so viel Musik machen und f… wie sie wollen, das stört doch niemanden. Und auch das Gegenteil, nämlich nichts, dürfen sie machen bis zum Exzess. Die „freie Marktwirtschaft“ – wer immer auch das sei – hat sicher ebenfalls nichts dagegen einzuwenden.

    Aber da gibt’s ja noch den Käufer, bzw. in gehobener Sprache, den Rezipienten:

    Was mich angeht, so habe ich keine Lust zum Zuhören resp. Zuschauen und damit zum Kaufen seiner Produkte, und da wir nicht in einer Volksbeglückungsgesellschaft leben, kann mich auch niemand dazu zwingen.

    Doch vielleicht findet eine große Zahl von TAZ-Lesern das Interview toll, rennt in den Laden und kauft seine Sachen, und dann hat der Mann Erfolg gehabt. Wenn nicht, dann eben Misserfolg.

    Tja, so ist sie eben, die freie Marktwirtschaft… Total einfach, aber ein unergründliches Rätsel für diejenigen, die glauben, nicht dazu zu gehören.