Die Leichtigkeitslüge

Das ist keine Buchbesprechung. Das ist ein Kaufhinweis. Man macht es sich leicht, wenn man all die Hürden, die eine Kritik dem Schreibenden abverlangt, mit einem lässigen Winken rechts überholt und andere in den Wassergraben der kritischen Lektüre plumpsen lässt. Und damit gehört man prompt zu all jenen „Lügnern“, die der Autor Holger Noltze in seinem Buch „Die Leichtigkeitslüge – über Musik, Medien und Komplexität“ – „forte“ – als solche bezeichnet. Davon lassen wir uns jetzt aber nicht aufhalten.

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Es ist das Buch, auf das alle gewartet haben, es sind die Worte, die längst hätten geschrieben werden sollen, es ist das Raunen auf den Fluren und das Gewisper auf den Empfängen, das Stirngekräuse in den Hochschulen und das Verzweifeln in den Anstalten, das hier seine Stimme gefunden hat. Und was für eine! Selbst leichtfüssig und im Tonfall durchaus unterhaltsam, gebildet, doch nicht bildungshubernd raubt sie all den Lautsprechern die Luft, die Vermittlung mit Vereinfachung gleichsetzen und damit die Grundvoraussetzung für die Rezeption von Kunst außer Kraft setzen: Ein kleines bisschen Anstrengung! (So hat auch Luhmann das nicht gemeint, als er von Reduktion von Komplexität sprach…)

Als sässe der Autor damit nicht schon nackt in den Nesseln, wagt er es auch noch, den Begriff Hochkultur in den Mund zu nehmen und schreibt – selbst Professor für Musikvermittlung – frontal gegen den Ungeist der Zeit an. Dass man sich gerne mit dazu setzt, liegt nicht zuletzt daran, dass der Autor ein Erzähler ist, der auch die Pointe, ja, den Seitenhieb nicht verschmäht – „Ich, ich, Ich. Wo Elsa war, soll Elke werden“ – und so selbst dem Kulturbetriebler kein dröges Thesentheater, sondern eine fesselnde Lektüre liefert.

Die Leichtigkeitslüge ist ein schnelles Buch – schnell in den Verknüpfungen, schnell im Thesentakt und nicht zuletzt: schnell gelesen. Hat Vermittlung gute Chancen auf das Unwort des Jahres, so hat dieses Buch auf den letzten Metern noch gute Chancen zum persönlichen Lieblingsbuch des Jahres 2010 zu werden.

Wer sich mit den Gedanken des Autors auf „leichtere Weise“ vertraut machen möchte, kann dies hörend tun. (Schnappt sie hier schon zu, die Falle?)

Und bevor hier Missverständnisse aufkommen: Ja, ich kenne den Autor, ja, ich stehe in professioneller Verbindung zu ihm und, ja, ich bewundere ihn auch ein bisschen. Das macht die Sache aber nicht einfacher. Hier wird sie erst richtig komplex. Ganz ehrlich…

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Musikjournalist, Dramaturg

Eine Antwort

  1. Dieses Buch musste tatsächlich geschrieben werden :-)