Wie man sich täuschen kann – eine wahre Geschichte

Dies ist mir vor 15 Jahren passiert, aber mir gerade wieder eingefallen:
Ich lebte zu der Zeit in Rom, musste aber immer wieder nach Deutschland reisen. In diesem Fall war es ein Flug nach Hamburg zu einem kleinen Hauskonzert bei einem Onkel von mir. Rom Fiumicino: Wir alle in den Flieger rein, 2 Stunden gewartet, dann „Bitte verlassen sie das Flugzeug, es darf nicht fliegen“. Irgendwas war kaputt.
Wir warteten 7 Stunden bis ein Ersatz kam, mein Konzert war da schon fast vorbei. Während dieser 7 Stunden war eine unglaublich nervige und ultrahässliche alte Frau mit Damenbart wahnsinnig anstrengend, da sie immer wieder melodramatisch schrie:
„Ich muß meine Tochter singen hören, ich muß meine Tochter in HAMBURG singen hören! Ich darf es nicht verpassen!“.
Mit ihr war eine scheinbar geistig behinderte weitere Tochter, die ab und zu vor sich hin sabberte, sonst aber nichts sagte (das klingt jetzt ein bißchen bös, ich beschreibe aber nur, wie es war). Die Frau schien aus irgendeinem Kuhdorf zu kommen und sehr arm zu sein, zumindest war sie sehr ärmlich gekleidet und hatte nur Plastiktüten dabei. Ich stellte mir gleich eine romantische Geschichte vor, wie ihre Tochter an der Hochschule Hamburg mühsam ihr Studium durch Arbeit in einer Pizzeria finanzierte, und sie ihre Mutter und behinderte Schwester von ihrem letzten Geld in ein kleines Hochschulkonzert einludt, um ihnen einmal im Leben eine kleine Freude zu machen. Das junge Mädchen würde von irgendeinem schlechten Begleiter staksig bei irgendeiner blöden Barockarie begleitet werden, wahrscheinlich vor 3 Leuten, aber dennoch, die arme Mutter würde sich darüber freuen und ganz stolz auf ihre Tochter sein. Irgendwie hatte ich Mitleid mit der alten Frau, auch wenn sie unglaublich anstrengend war und alle Flughafenmitarbeiter auf Trab hielt.
Irgendwann wurde ich neugierig und fragte die alte Dame, wer denn nun ihre Tochter sei. Vielleicht konnte ich ja für das arme Mädchen irgendwas tun, ihr einen guten Gesangslehrer empfehlen, einen Job verschaffen oder ähnliches.

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Die Frau strahlte mich an:
„Meine Tochter heißt Cecilia! Cecilia Bartoli!“.

Moritz Eggert

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