kultur durch klimawandel, klimawandel durch kultur

hallo. ja. mich gibt’s noch. erwähnte ich je, dass ich versenkungen ganz toll finde? eigentlich ja vor allem nicht wegen der dinge, die darin verschwinden können, sondern wegen derer, die sie zutage fördern. (schwäne bspw.) und damit sind wir ja schon fast mitten im themA!, ich mein, im förderturm, im schacht. mit neuigkeiten. mit oliver scheytts berühmter „schachtnovelle“. doch ich greife voraus.

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erstensmal: danke für alle mitfühlenden bemerkungen und zuschriften. ich habe jetzt wieder ein iphone und habe damit nicht nur eine neue ebene des nachhausetelefonierens gefunden. (heller stern, scheint so gern!) ich bin jetzt auch reaktiver komponist geworden und höre jetzt nur noch musique d’ameublement urbaine mit rjdj. oder reaktive musik wie die das nennen. das sollte mir bald noch mal ein bisserl hirnschmalz wert sein. ihr erfahrts wie immer als letzte. (interpassiv, wie robert pfaller das dann nennen würde…)

zweitensmal: ich schulde euch noch ein bisserl NYC. das ist nicht vergessen. und ist auch über den vergangenen tag hinaus noch interessant.

drittensmal: habe ich heute aufs schneemannbauen verzichtet, um mir einen haufen lustiger zwerge mit bunten zipfelmützen im fernsehen anzuschauen, die so unschlau waren, sich bei minusgraden und schneefall auf eine zugige industriebrache zu setzen und dort der der abschlussfeier einer musicalklasse zu zu schauen.

falsch! der eröffnungsfeier der kulturhauptstadt 2010. was sag ich hauptstadt: kulturmetropole!

die lustigen staffagefiguren der großen kulturklimawandelshow

die lustigen staffagefiguren der großen kulturklimawandelshow

„Zweiundfünfzig Städte plus Essen, der Bannerträger, gehören dem Regionalverband Ruhr an, und so darf jede von ihnen eine Woche lang den „Local Hero“ geben und sich im Mittelpunkt fühlen, vom römischen Xanten bis nach Fröndenberg mit Sicht aufs Sauerland.“

Das kann man nicht knapper sagen, Herr Rossmann. Ihr kennt die Geschichte alle: Es war einmal vor 25 Jahren, da hatte die europäische Abgeordnete Melina Mercouri Erfolg mit Ihrem Vorschlag, dass jedes Jahr eine europäische kulturhauptstadt benannt wird, um die europäische integration zu stärken. das hat, so weit ich das mit meinem unmündigen bewusstsein beurteilen darf, niemand mitbekommen, bis sich 2003 eine kleine stadt hinter den sieben bergen, zumindest aber hinter dem semmering – namens graz – mit einem spektakulären kulturhauptstadtjahr weltweit aufmerksamkeit zugezogen hat. seither war es manchem zittymanager alias oberbürgermeister eine wichtige angelegenheit, sich in diesen wettbewerb zu werfen.

war schon lustig, als vor wenigen jahren dann in deutschland der große KH-Wettbewerb losging – unser Moritz saß leider auf dem falschen Ross, wenn ich nicht irre, sonst hätten wir heute sicher heute ein lustiges zechenoratorium bekommen statt wetterfester hupfdohlen.

jedenfalls machte essen das rennen mit einer ganz tollen idee. wir wollen kulturhauptstadt werden – aber ohne stadt. als region. als idee. als himmelsrichtung. als ruhr 2010.

die jetresetteten EU-kuratoren fanden das dann ganz toll, weil rio von oben auch immer so doll aussieht und mexiko city so irre anregend ist, zumindest wenn man sich mit dem hubschrauber bewegt. metropolisierung ist ein wichtiges thema. (klingt fast so toll wie meteoriteneinschlag, oder?) und deswegen ist das auch ganz toll und wichtig, wenn man da mal so experimentell rangeht: und diese alten industrieruinen sind ja auch so irre romantisch, nicht wahr, herr flimm! hach, und all die schwarzen gesichter! diese staublungen und all das! naja, besser für die gesundheitssysteme nicht wahr, a ha ha ha ha ha (gekünsteltes lachen)!

hat nicht auch mal jemand vorgeschlagen, die theaterlandschaft des ruhrgebiets dem unesco-kulturerbe einzuverleiben? ist auch eine tolle idee. und warum? weil die sich mal wirklich von alleine gebildet hat. stolze bürger, interessierte bürger, wache bürger haben zeit und vermögen daran gesetzt, ihrem ort ein theater zu bauen, um dort sich und ihren mitmenschen nicht nur eine stätte der selbstrepräsentation, sondern auch der gesellschaftlichen selbstreflexion zu bauen. die leute in oberhausen für sich in oberhausen. die leute in gelsenkirchen für sich in gelsenkirchen. die leute in bochum für sich in bochum. die leute in essen für sich in essen. die leute in hagen für sich in hagen. die leute in dortmund für sich in dortmund. die leute in duisburg für sich in duisburg. (und für die in düsseldorf inzwischen auch ein bisschen.) das hatte nicht erst in zweiter linie mit lokaler verortung und identiät zu tun. und was passiert? die müssen jetzt natürlich alle netzstrümpfe anlegen und am gemeinsamen strick ziehen. (um wessen hals er gerade liegt, ist bei dem spiel allerdings nicht immer so deutlich.) will ja kooperationen nicht kleinreden. aber woran es ja inzwischen gerade krankt, ist in städten wie oberhausen die identifikation der bürgerschaft mit dem theater.

was bedeutet lokale identität? in einer globalisierten, pluralen gesellschaft? angesichts offener enden von städten, flexibilität, mobilität? das wäre doch mal eine spannende frage gewesen.

was kippen sie drüber? die dicke tütensoße. damit man die unterschiedlichen tierchen, denen dieser schnitzelteller mit pommes aus dem schinken geschnitten ist, nicht mehr erkennt.

als soßenbasis wird vorläufig, angesichts des (finanziellen) scheiterns ambitionierterer projekte, der zechenmythos herhalten müssen. aber was war die stahlindustrie anderes als die fortsetzung des 19. jahrhunderts mit kriegsentscheidenen mitteln? (die kohleförderung bis heute: ein subventionsgrab, klar, aber…)

ZERO hieß die parole der nachkriegsstunde. nicht: weiter wie bisher. man will die kulturhauptstadt des 21. jahrhunderts sein und bedient sich doch der teleologischen erzählmuster des 19. jahrhunderts, die schon im 20. für obsolet erklärt worden sind. statt zu sagen: seht her, wir sind viele, das trennt uns, heißt es wieder: schaut her, wir sind viele. doch wir haben uns alle ganzganzlieb. genauso lieb wie unsere autobahn, auf der wir immer schon mal picknicken wollten, genau wie in der ölkrise in den siebzigern. ach, wär das schön.

öl ist das gute stichwort, bevor ich mich in rage schreibe und hier henzereden verbreite und damit näher auf das musikprogramm eingehen würde. aber das kommt noch, ich spürs, doch vorerst wollen die zipfelzwerge bedient werden, die offenbar zu zwei dritteln aus dfb-vorständen und fußbalfilmern bestanden haben und insofern natürlich gut für das open-air-event gecastet waren, insofern ihnen rumsitzen bei schlechtem wetter unter offenem himmel nicht unvertraut war. (und dieses spiel dauerte nicht einmal neunzig minuten!)

also: das öl sorgt ja für schlechtes klima, also eigentlich gutes, weil wärmeres, genauso wie die kohle, die auch warm macht drinnen und draussen in der klimazone. und jetzt weiß ich auch, dass das mit diesem „wandel durch kultur, kultur durch wandel“ das diese kulturoderkreativpolitiker – die benutzen kultur und kreativ, wie herr rüttgers heute in seiner wahlkampfrede, augenscheinlich inzwischen synonym – so gern auf den lippen führen, dass das nichts anderes als eine elipse ist, also eine klassische rhetorische figur:

wenn ruhrkultur zechenkultur ist, dann führt ruhrkultur nicht zu irgendeinem wandel, sondern zum klimawandel! und wenn klimawandel auf die kultur zurückwirkt, dann erlebt man so etwas wie heute!

kulturfernsehübertragungen, die alle fünf minuten auf die nachfolgenden unwettersendungen hinweisen: die schneehölle wurde gesichtet! gut, wurde ja auch zeit: schließlich hatte der landessender ja auch dreimal so viele mitarbeiter zur straßenverkehrslagenbeobachtung abgestellt wie für die andere kultur! das ist klimawandelkultur vom feinsten und wir hoffen, dass dieser wandel auch bald zur europäischen integration beiträgt. und wenn nicht, so doch zur versenkung. zur abwechslung könnte man ja vielleicht wirklich mal was darin verschwinden lassen. und damit meine ich jetzt ganz sicher nicht die europäische idee, ihr klimabären!

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Musikjournalist, Dramaturg

25 Antworten

  1. eggy sagt:

    Willkommen zurück – ein sehr lustiger Artikel! Wie war denn die „Eröffnungszeremonie“ von Gil Mehmert eigentlich? Eingeschneit?

  2. peh sagt:

    @eggy: die räumdienste haben auch hier ihr bestes gegeben und die tänzer mussten wohl eher fürchten, sich hautverätzungen durch streusalz zuzuziehen, als im schnee auszurutschen. im ernst: die haben das einfach ganz toll durchgezogen. und im publikum war alles so hübsch menschlich, weil angesichts vor der kälte waren alle gleich.

    mehmehrts show bediente so ziemlich alle fernsehgartenklischees von feuerwerfern bis zu rappern mit schiefsitzenden kappen: „herne! herne hab ich gerne!“, oder auch: „herne, was will ich in der ferne“. aber für eine solche showeröffnung alles in allem sicher sehr adäquat. meine kritik liegt ja eher in der inhaltlichen ausrichtung dieser „erzählung“. (und überhaupt: was hatten so klassiker wie „sing sing sing“ mit dem ruhrgebiet zu tun? zumal man sich in der zeitschraube, wenn ich es richtig verfolgt habe, schon mindestens in den 80ern bewegte! manches in der aufeinanderfolge der drei „akte“ hat sich mir dramaturgisch nicht ganz erschlossen.)

    der höhepunkt war aber natürlich die hymenektomie von grönemeyers ruhr-hymne. sloane strahlte in die kamera und tat, was er am allerbesten kann: in die kamera lächeln. (wobei er für sein frierendes orchester metronom spielte und dabei aber nicht vergaß, in die kamera zu lächeln.) der kinderchor des aalto-theaters jubilierte. und grönemeyer machte eurhythmische bewegungen zu lautpoesie: „Seelenruhr von schwerverlässlicher Natur. / Urverlässlich, sonnig, stur – so weit, so ur: Seelenruhr. Ich mein ja nur: Komm zu Ruhr.“

    begeisterung auf den ehrenplätzen! aber klatschen und alkohol hält ja warm bei solchen wetterverhältnissen.

  3. Erik Janson sagt:

    Ein schöner Beitrag, finde ich auch.

    was bedeutet lokale identität? in einer globalisierten, pluralen gesellschaft? angesichts offener enden von städten, flexibilität, mobilität? das wäre doch mal eine spannende frage gewesen.

    Tja, ob speziell ESSEN das wird beantworten können, was lokale Identität bedeutet oder es einlöst? Das wird sich zeigen… Zunächst mal fiel mir bei meinem letzten Essen-Besuch (zu einer Probe) auf, dass pünktlich zur „KUlturhauptstadt 2010“ bzw. schon was früher die riesige, Ufoartige Shopping Mal am Limbecker Platz fertig gestellt wurde, die dermaßen aus den Nähten platzte, dass da die Philharmonie wohl (leider) nie heran kommen wird. Ein „Konsumtempel“ von dem ich nicht wissen möchte, ob und wieviel potentielle öffentliche Kulturmillionen da (ich meine Gelder, die man für noch mehr Vielfalt für Ruhr 2010 jenseits von Großenvents und Grönemeyer hätten investiert werden können…).

    Was mich auf Facebook (auch ich bin nicht ganz ohne Laster und Widersprüche hehe) dieser Tage schon zum kätzerischen Wortspiel „KONSUMhauptstadt 2010“ hingerissen hat. Sorry – mea culpa.

    Aber, liebe Freunde: WAS wird heute alles als „Kultur“ bezeichnet? Fas alles gilt als „Kultur“ oder als „kreativ“, oder wird dazu erklärt, damit man den Cultural Collaps [vgl. Morris Berman] nicht so sehr mit bekommen soll.

  4. Erik Janson sagt:

    Hab nun mal auf den Link hin die „Ruhrhymne“, den Text von Grönemeyer durch gelesen (bei der Fernsehübertragung hab ich als das kam gleich abgeschaltet und lieber aus dem Fenster und mir die paar läppischen Düsseldorfer Schneeflocken angeschaut [hier übrigens ist das Verhältnis SCHNEE (lächerliche 2-3 Centimeter zu Streusalzschicht auf der Straße fast 1:1].

    Was der Ruhr-Rocker da in der Hymne schreibt u.a., dass man im Ruhrgebiet auf Schein nichts gebe sondern nur auf SEIN…

    Da muss ich hüsteln…
    Denn das ist wohl eher Nostalgie bzw. im Ruhrgebiet
    war mal spezifische Identität, die aber – wie fast überall – in der Globalisierung of nothing verschwindet.

    „Mehr SEIN als Schein?“: Ja, das passt GUT zum Limbecker Platz, dort in dem Shoppingtempel bekommt man es so richtig gut mit, dass das Ruhrgebiet ANDERS ist: anders konsumiert, anders shoppt, anders iPod hört, anders „die Wirtschaft ankurbelt“ als anderswo…

    (ähämmm…)

    Nee ernsthaft: Wo ist bitte schön heute noch mehr SEIN als Schein frage ich mich?

  5. querstand sagt:

    Stieß beim zappen im TV rein zufällig auf die verschneite Eröffnungsfeier. Ich dachte erst, irgendeine Wintersport-EM oder WM würde eröffnet, zumal die Choreographie doch irgendwie nach Peking ohne 3D, 10 mal so kalt und kurz aussah, dann diese verschneiten Bläser in der Höhe. Da kam es mir ganz heiß: ein winterlicher Stockhausen? Es war aber irgendein Ganztonleiterpotttango… oder dgl. Das hübscheste war dann der Hut des Horst Köhler, der irgendwie praktisch zum halbwegs sicheren Ablesen seiner wohl wegen der Kälte arg abgekürzten beitrug. Der letzte Fauxpas a la Stocki, den ich sah, leider kein Fauxbourdon, Herr Barroso fing an „Herr Präsident, Herr Ministerpräsident“, leichter Akzent, ohne Akzent eine weibliche Stimme simultan übersetzend „Herr Präsident, Herr Ministerpräsident“… er sprach deutsch weiter, sie verstummte. Dann war das verspätete Frühstück fertig und ich schaltete ab…

    Möge sich so mancher Ruhrort hoffentlich länger präsentieren können, als diese verschneite Performance zuließ. Oder wäre dies genau das richtige Quantum Zeit, damit es leicht fröhlich ist, man an Stocki oder Niki A. Hubi denkt und dann wieder Alles gemach vergisst…

    1999, also vor 11 Jährlein war mal so ein kleines thüringisches Dorf, auch Stadt, also Weimar Kulturhauptstadt. Was mir da im Kopf blieb, waren Berichte aus 1998, wie verstärkter als in anderen mitteldeutschen Städten Kosmetik betrieben worden ist. Mancherorts sah Weimar selbst 2002 noch ganz schmuck aus, als es mich dahin verschlug. An die Kulturhauptstadt dachte ich damals schon nicht mehr, nur an Fastenmessen – also war ich gedanklich die ganze Zeit nicht wirklich anwesend. Woran man sich allerdings länger noch erinnern wird: der Brand der Anna-Amalia-Bibliothek, die immensen verlorenen Buchschätze, darunter auch viel Musik, die man aber vorher auch schon nicht vermisste, jetzt aber, ohne sie je gesehen oder gehört zu haben… Verluste sind entweder schon verloren oder sie brennen länger im Hirn als so ein kleiner europäischer Kulturhauptstadtkosmetikgewinn.

    Höchstwahrscheinlich wird sich der letztjährige Zusammenbruch des Kölner Stadtarchivs – ganz unpöttisch, aber doch bergmännischen Versagen zu verdanken – noch in 11 Jahren dramatischer und deutlicher im Hirn halten als dieses „jede Stadt darf einmal“. Und zum Klimawandel: die Katastrophe im Pott geschah ja schon, also tanzt das Kulturjahr auf den Ruinen. Aber auch heute baden wir ja nicht mehr, sondern lauschen der Musik in den römischen Caracalla-Thermen, was aber auch schon wieder passe ist, da diese Umnutzung dem Denkmal an sich doch sehr zugesetzt hat. Also ein Konzert auf den Ruinen des Kölner Stadtarchivs 2021? Dazwischen ein Kulturjahr zwischen den nicht auffindbaren Ruinen Spartas, ein Event auch im nebulösen Atlantis? Das wäre dann ein Kulturjahr am Nordpol, wenn der Klimawandel selbst winters die Arktis nicht mehr zufrieren läßt, ganz hübsch analog zum Ruhmesruhrjahr 2010. Nur, wie wird man den Schnee, den Hut Herrn Köhlers und Stockis Übersetzungsgrüsse in Doppelung Herrn Barrosos vermissen. Wie heute wird aber auch danach zwei, fünf, elf Jahre später kein Hahn mehr krähen. Wer erinnert sich noch an die Expo?!?

  6. querstand sagt:

    Wie froh bin ich, daß wir den Eggebrecht erstmal hinter uns ließen – ein zu heisses Eisen für diesen Blog, denke ich. Lieber parlieren über so schön Vergessenswertes wie das Kulturjahr. Wie aber werden wir nun in Zukunft mit all den intellektuellen Fehltretern der Nazizeit umgehen wollen, die da noch auftauchen werden? Verteufeln und verdammen? Ihre offenen oder weit verborgenen Reinwaschungsversuche der Nachkriegszeit in einem besseren Licht sehen? Oder doch hoffen, daß wir nie in so einer Zeit wieder leben werden und Alles fröhlich a la Kulturjahre vergessen oder doch mehr differenzieren? Oder eben heiliger Furor und weg damit? Wäre am Besten, aber zu einfach machen wir es uns dann doch damit. Wir müssen wohl doch lernen, mit solch verqueren Biografien wie der Eggebrechts zu leben, ihn mit Eisenstange prügelnd vorstellen und heiligen Ernst bzgl. Spahlinger und Mahler. Lieber doch Köhlers Hut, um besser behütet zu sein!!!

  7. …obwohl die Zeit Abstand zu schaffen scheint und immer dichterer Nebel willkommen und bequem sein mag: Menschenverachtung, Menschenvernichtung, Morden verjährt nie. Solches Handeln, solches Verhalten samt Ursachen ist nur durch konsequente Klärung zu heilen. Durch Klarheit. Durch Wahrheit. Davor dürfen wir uns nicht drücken. Deshalb ist auch die Geschichte Eggebrechts zu klären.
    meint: Theo
    geissler@nmz.de

  8. Erik Janson sagt:

    Wie froh bin ich, daß wir den Eggebrecht erstmal hinter uns ließen – ein zu heisses Eisen für diesen Blog, denke ich.

    Ein heißes Eisen wäre vieleicht auch die Frage, warum ausgerechnet fast nur HENZE, die „große Ikone der Neuen Musik“? das „Genie“? etc…, wie oft von ihm gesagt wird ausgerechnet noch als „DER RUHRPOTT-Komponist“ quasi präsentiert wird, obgleich er nie richtig da gelebt hat; quasi als „Star“ für das Kulturhauptstadtprogramm auserkoren wurde in der Weise, dass von ihm in unzähligen Konzerten nahezu alle wichtigen Werke gespielt werden. Henze rauf und runter…

    Also: DAS RUHRGEBIET HÖRT HENZE wie es so schön vorgestern in den aspekten hieß (bzw. hat Henze zu hören, und nur Henze, Henze, Henze… wie es von den Machern vorgesehen ist (danach schaltete ich auch ab und mich überkam beklemmende Nachtmüdigkeit).

    Und was ist mit VIELFALT? Mit den Szenen, mit dem was wirklich das Ruhrgebiet ausmacht? Gibt es da noch andere Komponisten? Leben da vielleich sogar immer noch welche (ich meine unter 80) – (…ich meine schon nicht „vom Komponieren“…).,, Offenbar kaum… Wenn man den Machern glauben will und große Teile der Programmatik so ansieht…

    Man mag zu Henze stehen wie man will, sicher hat er große Werke auch geschaffen, was ich gar nicht in Abrede stellen will! Vor allem einige Sinfonien gefallen mir gut. Sicher wird von Henze was bleiben.

    Aber Henze als das Non Plus Ultra der Neuen Musik bzw. der Musik des 20. UND 21. Jahrhhunderts zu verkaufen, so als gäbe es nichts (oder kaum) anderes das widerstrebt mir zutiefst. Das halte ich für einen kurzsichtigen Griff derer, die sich das ausgedacht haben auf Kosten anderer.

    Naja, Lachenmann, wird ja damit seinen Frieden haben und heute eher drüber lächeln – als junger „Spund“ noch der hinterbänklerische „Provokateur“ und „Kritiker“,
    – zurecht! – „IN-Frage-Steller“ unseres stets überlegen wirkenden Altmeisters, der so gerne immer sich an Mozart etc. misst…

    Das alles wagt man sich als „Rheinländer“ aber gar nicht zu fragen, solche Dinge. Man würde lieber gerne seinen Schal vor den Mund hüllen und stumm in das Essener Flockengestöber geblickt haben – Klimawandel-Aufhalten hin oder her – wenn man denn da gewesen wäre auf dem Eröffnungs-Spektakel.

    Ich meine (spreche) nicht für mich sondern für begabte, junge Ruhrgebietskomponisten – ob schon bekannter, wie z.B: ein Gordon Kampe, oder weniger bekannte – die sicher froh gewesen wären, wie ich mir zumindest denken kann, ein wenig mehr Repräsentanz bei Ruhr 2010 gefunden zu haben. Oder wenn es alles in Punkto zeitgenössischer Musik etwas paritätischer verteilt gewesen wäre bzgl. des Verhältnisses Henze zu anderem, was es noch gibt.

    Aber nun denn: Hören wir uns den ComPLETE HENZE an, wir Bildungsbürger, damit wir auch ja nichts verpassen, was in der Musik so an Entwicklungen vom 20. Jh. bis heute sich ergeben hat… Es gibt ja außer Henze nichts…

    Und @heißes Eisen: Beim aspekte Beitrag wurde gezeigt, dass ein Henze ja genauso wie ein Eggebrecht im Krieg als Soldat einberufen war. Und wer weiß in welche Situationen er da alles kam. Und wenn er mal nicht mehr ist, wer weiß ob dann auch über ihn weiße Biographie-Flecken auftauchen, damit die Nachwelt bei einem so prominenten Menschen was zu schreiben hat. Aber ich hör schon auf.

  9. Erik Janson sagt:

    @ KUlturhauptstadtjahr 2010, RUHR 2010
    bzw, dem „Krähen der Hähne“ nach Großereignissen…

    Mir fällt noch ein bzw., was ich Entscheidend finde:
    nicht das Kulturhauptstadtjahr SELBST mit seinen vielleicht tollen Events, Konzerten etc, wird entscheidend sein sondern eher: was MACHT (ohne „Macht“) eine Region daraus, was lernt man daraus, wie wird es DANACH weiter gehen, wird das Strahlkraft haben und auch Szenen motivieren, was ist wenn wieder der kulturelle „Alltag“ einkehrt…?

    DA darf man sehr gespannt sein auf 2011. Unser Jahr des
    drohenden Kulturkahlschlags…

    Meint hoffend und gespannt, Erik Janson

  10. peh sagt:

    @ erik janson:

    wenn man henzes autobiographien glauben schenken darf, wird man ihm so leicht keine braunen flecken am jackett nachweisen können – die weltwoche hat es letztes jahr unter anderem versucht, die vermutungen haben sich jedoch nicht erhärtet.

    Weltwoche 07-2009

    interessanter fand ich die mitteilung, die am vergangenen samstag kolportiert wurde, dass henze – ähnlich unserem ehemaligen außenminister fischer – sich tatsächlich mal als steineschmeisser betätigt haben soll. zum erstaunen aller umstehenden trotz überwachungskameras. axel springer, dem die schaufensterscheibe gehörte, hat die angelegenheit offenbar nie verfolgen lassen. oder hat henze am nächsten morgen reumütig gezahlt? dies als beispiel einer episode, die in den autobiographien nicht auftaucht.

  11. …was ist daran BRAUN? Ich habe in Wackersdorf Graswasen auf Polizisten geschmissen. Mit Absichten. Schmutzig. Ich habe in einem Verlag (Gustav Bosse Verlag) viel gelernt, der Erich Valentin als Autor beschäftigte und einen Egon Kraus, seit Bernd Bosse die Verantwortung trug, so gut es ging, entlarvt hat. Damals leistete sich ein Bundeskanzler noch Globke, und die „Zeitschrift für Neue Musik“ ZfM, (heute „NZ“ bei Schott),Schumann sei selig, wurde an Schott verkauft. Sonst hätte die „Musikalische Jugend“, das erste publizistische Organ für neue Musik nach dem zweiten Weltkrieg, seit 1969 nmz – – keine materielle Grundlage gehabt…
    berichtet: Theo
    geissler@nmz.de

  12. peh sagt:

    @ geißler: die mutmaßungen der Weltwoche beziehen sich auf „braune Flecken“. das steineschmeißen sollte wohl kommunistenrot sein. wurde aber bekanntermaßen in seinem falle meist nur als salonlöwenrot belächelt.

  13. mehrlicht sagt:

    Nebenbei sei auch bemerkt, dass in Wuppertal, Oberhausen, Hagen die Theater schließen bzw. auf der Kippe stehen. Da schmeckt einem die Leuchtturm-Kultur gleich nochmal so gut.

  14. querstand sagt:

    @ mehrlicht stimmt vollkommen, da geistern doch immer wieder schließ- und fusionsgerüchte durch den pressewald,oder ambitionierte philharmonieleiter werden geschasst. allerdings hört man immer wieder spannendes von dem nrw-musiktheaterfond. nur, was helfen uns so kleine leuchtzeichen, wenn zuvor oder zeitgleich riesenhaft drohend im backstage des daseins die grundfesten zerbrochen werden. als musiker atmet man erleichtert durch, wenn es die sprechtheater- oder tanzsparte trifft, wieder ein jahr für eine jahrhundertalte tradition gewonnen, demnächst aber auch zerronnen. und wo der tanz, das schauspiel fehlt, schnurzelt die kulturlandschaft insgesamt in sich zusammen, fehlen sich befruchtende anstäuber, konkurrenzsparten im sportlichen sinne. so gehts aber nur ums überleben – reinster staatlich verordneter kulturdarwinismus. man hört ja immer wieder kollegInnen raunen: ach soll doch ein jahr mal allen die förderung gestrichen werden, dann überlebt das wahrhaftige… was für ein stumpfsinn! alle rennen dann zur sozialbehörde, die uns zu webdesignern umerzieht, das kostet, wird also noch mehr freiwillige aufgabe kultur gestrichen! a propos: im grundgesetz fehlt ja das staatsziel kulturstaat, in manchen landesverfassungen steht es, sind die gemeinden gesetzlich zur kulturförderung als charakteristikum der kommunalen selbständigkeit angehalten, könnte man kultur als ein janusköpfiges etwas von freiwilliger pflichtaufgabe deuten, weil gerade kultur sich nicht auf kulturbeutel und nicht pfändbares tv-gerät beschränken darf-kultur als dann wieder im grundgesetz verankertes grundrecht auf entfaltung der persönlichkeit! wenn das nun uns kulturschaffenden genommen wird, sollte man dann bis karlsruhe durchtanzen,- singen, – sprechen, -bildnern, -malen?!

    also laßt uns das jährlein zum kulturjahrhundert ausrufen!! und henze jetzt im alter zum reinen pöttler zu reduzieren – da hat eine gegend wohl irgebein schuldbewußtsein oder ist einfach noch so verschlotet, daß geistig immer noch nebel herrscht… aber was ist mit nikolaus a. huber, mit kampe, mit birkenkötter, mit stocki, mit schumann oder auch burgmüller als unbekannteren, etcpp.? höchstwahrscheinlich habe ich die alle zu wenig scharf in den pott gesetzt. von bayern aus betrachtet gehört stocki unbedingt dazu!!! aber was sage ich, köln war ja mal wittelsbachisch quasi-bairisch vercremt… und diese bierlust ist ja doch auch sehr gemeinsam… aber ich vergaß auch die frage, ob man als heimatregion vieler ruhrpottbewohner nicht auch lutoslawski, szymanowsky, chopin mit ins boot holen sollte? daran erinnern, wie wichtig die regelung der kohlefrage auch die regierungen und nicht nur die paneuropäer über die montanunion zur heutigen europäischen union zwang? sogesehen wäre henze als deutscher in italien par excellence eher europäer denn ein reiner pöttler… so auch der bayer n.a. huber, usf…

  15. querstand sagt:

    @ geissler – ich plädiere unbedingt für totale wissenschaftliche aufklärung der causa eggebrecht. daß es bisher bis in die letzte ritze nicht zu geschehen vermag, ist ja dargelegt worden, daß die nachlaßvernichtung dazu ggf. verschleiernd beitragen kann, auch – warum vernichtet eigentl. ein wissenschaftler sein erbe, er, der doch faktensammeln als mission betrieb. als künstler liebe ich es, skizzen zu schreddern, als weihnachtspapier zu nutzen, da hilft tabula rasa für neue ideen. einem musikwissenschaftler MUSS dies aber doch wesensfremd sein. so kann man wirklich allen weltkriegs-2.verstrickten nur gratulieren, die sich auch dem unzeitgeist zum trotz selbstreinigend öffentlich zeigten! dies alles kann man bei eggebrecht nur kryptisch vermuten – z.b. seine jetzt auch umstrittener mahler-exegese, der nazi-verbotene komponist par excellence.

    ich bin aber so gründelnd, daß ich mich frage, ob man doch etwas von den vielleicht doch vorhandenen guten wissenschaftlichen leistungen übriglassen kann. künstlern verzeiht man doch dahingehend viel eher als wissenschaftlern. künstlern, so aufgeklärt wie auch immer, wohnt aber doch was sehr religiöses inne, das viel fundamentaler, unveränderlicher in das künstlerwesen reinstrahlt, als eine falsche wissenschaftlich haltung nicht durch neue forschung noch veränderbar ist. also müßte man eigentlich strauss und pfitzner erst recht vergessen. da scheint dann ggf. die qualität des reinen notentextes die exkulpation zu sein. aber da vergißt man diesen fundamental kaum wandelbaren künstler miteinzudenken! so dürften angesichts der bombenschäden komponiert nur die metamorphosen übrigbleiben, die 4 letzten lieder wären da nur die selbstlarmoyanz eines pseudoexilierten, der der spruchkammer floh, wie eggebrecht sie nie nachholte! aber die besagte qualität dieser larmoyanz entsprungenen klarer lieder rettet den ganzen dummen „ich muß die deutsche kunst retten“ toscanini-bayreuth-einspringer, reichsmusikkammervorsitzannehmer. der einsatz für zweig auf dem plakat der schweigsamen frau – nett, spruchkammerentlastend. einzig die 4 letzten lieder entlasten aber wirklich!

    wie ist es da nun um die wissenschaftliche qualität eggebrechts gestellt? daß möchte ich als künstler nicht beurteilen, als künstler kann ich ihm den wissenschaftler aber eher verzeihen als ich es ihm den künstler könnte. als wissenschaftler kann er seine weltideen wechseln wie flipflops, die anschauung der kunst hängt da einem künstler wie ein bleiernes paar mondschuhe am körper. deshalb fliegen wir auch dann so schön, wenn wir euch zuschauer auch zum fliegen bringen denn als reine universitäre faktenwälzer. das ist das irrationale und damit uns künstlern aber darum soviel unverzeihlichere, wenn wir es bachab gehen lassen und in die falschen hände legen. ein wissenschafler braucht nur einen rationalen gegenbeweis. so konnte selbst der vatikan gallilei bejahen. schönberg werden sie aber nie bejahen können!

  16. eggy sagt:

    @Erik:
    Es ist ein typisches Phänomen, dass in Zeiten der Geldknappheit (und daran gibt es ja im Moment keinen Zweifel) nicht die „unbekannteren“ jungen Namen (auch wenn für uns Kenner Birkenkötter, Kampe, etc. natürlich keine Unbekannten sind) gefördert werden, sondern genau die, die eh schon jeder kennt. Damit geht man auf Nummer sicher – Henzes Rang als Komponist ist halt unbestreitbar, da blamiert man sich nicht, wenn man quasi spät reumütig den „verlorenen Sohn“ feiert.

    Henze selber hasst übrigens seine Heimat – ich habe mehrmals gehört, wie er sich äußerst negativ über seine Kindheit äußerte. Einzig und allein bei einem westfälischen Leberwurstbrot kommen ihm Tränen…
    Wie auch immer, natürlich wäre es zu begrüssen, wenn die Kulturämter wagemütiger wären, aber bei der momentanen Lage sehe ich eher den Trend zum Konzentrieren auf immer wenige große Namen. Und die freie Szene wird es überall zunehmend schwerer haben.
    Gut ist das nicht…

  17. Erik Janson sagt:

    @ Moritz

    Danke für Deinen etwas solidarischen bzw. ergänzenden Beitrag @ Henze und vor allem die lustige ERgänzung mit dem „Westfälischen Leberwurstbrot“…

    Habe das hier (bzgl. Henze) nur rein gepostet, weil ich nicht mal von Leuten/Komponisten, wie Du Sie als Beispiel erwähnst) mit bekam dass man in der Essener Szene sicher nicht uneingeschränkt „glücklich“ über das Henze-Total-Konzept war.

    Jörg Birkenkötter z.B. lebt ja mittlerweile längst
    nicht mehr im Ruhrgebiet. Andere Komponisten vielleicht, die es im Ruhrgebiet zu entdecken gibt in der Neuen Musik, mögen sich dann kopfschüttelnd, sich wenig wundernd, mit den Entscheidungen abgefunden haben. Ich weiß es nicht.

    Ich hörte es jedenfalls schon länger (als die Entscheidungen, was im Prorgramm laufen solle, sich letztes Jahr abzeichneten) von Musikern, Bekannten die relativ ernüchert darüber waren, dass für die Szene halt (mal wieder) bei solchen Groß-Chancen… fast nichts heraus kam, nicht viel mehr Förderung/Möglichkeiten als sonst auch für die Neue Musik/Szene (und das ist wie fast immer, fast nichts). Es ist ja klar, dass sich die freien Szenen und die sog. „Kleinen“, auch wir „Neue Musik“ da bei kulturellen Großevents

    Denn es wird ja von den Medien und den Programm-Machern
    dann immer so gerne mit Worten wie „Aufbruch“ und jener
    Chance für die ganze Region, durch alle Sparten und Schichten gesprochen.

    Damit – wie man so schön sagt – eine Sache auf dem Papier „konsenzfähig“ wird und man es durch bekommt…

    Und da fühlt sich natürlich jeder dann erst mal angesprochen/einbezogen, mit im Boot …

    Warum sollte es aber dann so laufen?

    Nundenn: die Hoffnung stirbt zuletzt, dass Kulturpolitiker, Intendanzen oder Orchester zukünftig bei ähnlichen Großereignissen (aber wann gibt es schon mal wieder das nächste „Kulturhauptstadt 20 …X in Deutschland.?) sensibler bzw. anders mit der Frage um gehen: Was gibt es in der Region an Szenen – auch an „Unbekannterem“, Gegenstrebigerem o.ä.

    Obwohl ich in dem Punkt natürlich auch nicht naiv bin und auch weiß, wie die Dinge laufen…: Was „altbewährt wird endlich gut“ ist halt das Denken in Krisenzeiten.
    Man sollte sich da wirklich nie mehr Illusionen machen…

    Ich will bei alldem nicht bestreiten, dass es sicher auch
    ein PAAR Programmpunkte gibt bei Ruhr 2010, wo man

    Aber naja: es hätte mehr sein können, viel mehr/ ja müssen…

    Henze jedenfalls wäre vielleicht selbst (ich kenne ihn persönlich nicht, unterstelle es aber einfach mal) mit „nur“ 20 Portraitkonzerten (statt der über 30), sprich also mit ein paar weniger „Leberwurstbroten“ sicher auch zufrieden gewesen. Denn bei ihm wird, bei seinem Ruhm zu Lebzeiten, unter Hummer und Kaviar ohnehin nichts mehr laufen.

    Obwohl ich in dem Punkt natürlich nicht naiv bin und auch weiß, wie die Dinge laufen…: Was „altbewährt wird endlich gut“ ist halt das Denken in Krisenzeiten.
    Man sollte sich keine Illusionen machen.

    Innere Emigration, Mund abwischen, Griffel in die Hand nehmen, Bleistift spitzen und weiter machen. Das bleibt dann wohl als letzte Option allen „kleinen Fischen“ und freien Szenen (wo auch immer) erst mal übrig … wie so manch anderen Komponisten in der Musikgeschichte auch.

    Aber: GUt ist das nicht – exactement, Moritz.

    Herzlich,
    Erik

  18. epitimaios sagt:

    „Der Schein bestimmt das Bewusstsein“.

    Was immer auch gemeint sein könnte mit diesem pseudomarxistischen Zitat, lässt es mich dennoch vermuten, dass so mancher die graue Nordsee der Cote d´azure vorzieht, weil sie so schön grau und glanzlos ist. Es ist nicht alles Gold was glänzt, heißt es. Und Grönemeyer scheint mit seiner üblichen, tief gefühlten deutschen Innerlichkeit sagen zu wollen: Es ist nicht alles wertlos, was ohne Glanz ist; und an Sonntagen glänzt das Glanzlose vielleicht sogar manchmal, oder schimmert wenigstens matt, wenn, wie dieses Jahr versucht wird, es auf Hochglanz zu bringen.
    Die Nordsee und das Ruhrgebiet sind ganz bestimmt kein Gold, und das Ruhrgebiet assoziiert man meist mit Ruß und Kohle und Stahl. Nordsee und Ruhrgebiet geben aber auch nicht vor, durch falschen Glanz und Schein sehr viel anders zu sein als sie tatsächlich sind, weil dieses Unterfangen von vornherein zum Scheitern verurteilt wäre. So in etwa scheint Grönemeyer es zu meinen.
    Man muss das Ruhrgebiet – im Unterschied zu Venedig, Siena und Neapel – mögen, um Gefallen an ihm zu finden, man muss dort vielleicht aufgewachsen sein oder man muss sich von der Vertrautheit und Anhänglichkeit anstecken lassen, die diejenigen empfinden können, die dort aufgewachsen sind. Man soll Grönemeyer daher nicht an der Unterscheidung zwischen Schein und Sein festnageln. Überall, wo menschliches Schaffen stattfindent, gibt es beides, und man weiß nie genau, wo das eine aufhört und das andere anfängt.

    Henze, Grönemeyer und Dieter Falk. Das ist als Auftakt erst mal gar nicht schlecht. Mal sehen, was im Verlauf des Jahres noch dazu kommt. Lassen wir uns anstecken.

  19. Wie treffend, wie erleuchtend: “ .. jetzt weiß ich auch, dass das mit diesem “wandel durch kultur, kultur durch wandel” das diese kulturoderkreativpolitiker – die benutzen kultur und kreativ, wie herr rüttgers heute in seiner wahlkampfrede, augenscheinlich inzwischen synonym ..“.

    Dahinter steckt aber eine List der Geschichte, denn die obigen Politiker werden sehr überrascht sein, wenn sich ‚Wandel durch Kultur‘ zu ‚Weltkulturrevoluton durch KULTUR‘ und KREATIV zu REVOLUTIONÄR steigert, und das noch in NRW vor dem 9.Mai 2010. Das entspräche der maximalistischen Steigerungslogik der Evolutionsprozess-Physik – besonders in einer vorrevolutionären Systemkrise. An die Stelle der ‚kulturoderkreativpolitiker‘ treten dann KREATIVE Evolutionäre, wie ich den 5. Stand nenne, oder auch GOETHEPOLITIKER.

    Diese Steigerung-durch-Revolution steht geschichtlich an. Sie wird durch den Übergang von der Machtkampfordnung der Welt in die Ordnung des KREATIVEN Evolutionspfades realisiert. Wenn wir Glück haben, dann noch in diesem Jahr. Das ist kein Scherz.

    Mehr dazu auf der Website der DIE KREATIVEN, 1. evolutionistischen Partei der Welt – http://www.die-kreativen-partei.de.

    Nun lest ‚mal schön.

    Rüdiger Kalupner
    Unternehmensberater in Sachen Epochenwechsel
    Entwickler und Realisierer evolutionärer Steuerungssysteme
    Vundesvorsitzer der DIE KREATIVEN

  20. Über die Rolle der Kulturschaffenden in NRW bei dem Exodus aus der Vorherrschaft der KAPITALSTOCKMAXIMIERER, sog. ‚Kapitalismus‘, informiert http://www.die-kreativen-partei.de/EPIKUR-Projekt.php unter Punkt 8.

    Das wollte ich zur Erleichterung für die Leser noch anfügen.

    Rüdiger Kalupner

  21. Erik Janson sagt:

    @ Kalupner,

    Das klingt mir alles zu ideologisch und zu verträumt, inklusive Ihre Website und der dort zu studierenden Theorien, Thesen etc.
    Dass eine „Revolution des Kreativen“ z.B. noch lange nicht bevor steht, sieht man nicht nur an der Eventkultur
    von Ruhr 2010, die eben vieles Kreativ-Krittisches etc. ausschließt, sondern auch dann, wenn man täglich die Nachrichten verfolgt; dass nämlich – leider – nach wie vor Katastrophen-Kapitalismus und Bad-Bank-Ideologien nach wie vor global dominant sind.

    Zudem finde ich, Kunst steht außerhalb von Politisierung.
    Wenn sie sich zu sehr politisieren lässt, dann droht sie
    ihre Wirkung zu verlieren.

    Sobald „Kreative“ sich z.B. zu einer Art „Parteien“ o.ä. zusammen schließen, drohen sie der Ideologisierung und Instrumentalisierung derer an Heim zu fallen, die sich das ausgedacht haben. Was zur Folge hat, dass die“Weltordnung“ dann nicht besser wird, als sie derzeit ist – im Gegenteil.

    @ epitimaios:
    Grönemeyer WAR vielleicht mal originell und interessant;
    mit 15 oder16 Jahren hab ich den auch noch begeistert gehört. Mittlerweile ist er aber an Angepasstheit und Seichtigkeit kaum mehr zu überbieten. Seine Ruhrhymne nicht viel mehr als eine Verneigung vor den Kulturmachern
    und Event-Subventionären.

    Dass man das Ruhrgebiet z.B. längst nicht mehr mit Kohle, Stahl o.ä. assoziiert, dass sollte mittlerweile eigentlich jeder wissen, ob er dort lebt oder nicht. Das alles ist nur noch Nostalgie. Denn der Strukturwandel ist längst vollzogen, und nicht nur dort.

  22. @ Janson
    Leider haben Sie meine Verwendung des Begriffs ‚KREATIV‘ nicht in meinem politologischen / evolutionsprozess-logischen Sinne gedeutet. Er heißt ‚konfliktauflösend‘ und steht im Gegensatz zu ‚konfliktkämpferisch‘. Wenn konfliktkämpferische Prozessoptionen zum Zuge kommen, dann entstehen Macht-Gegenmachtstrukturen, die die freie, allseitige Entwicklung der Menschen immer mehr einschränken müssen. Die Weltordnung des KREATIVEN ist also die Alternative zur derzeitigen Entwicklungsordnung der Konfliktausbeuter, der Machtstrukturen hin auf den Zusammenbruch des Weltindustriesystems. Diese Revolution läuft real über das steuerunsstrukturelle Mittel für den ‚anderen Fortschritt‘: die Umkehr der Faktorkostenschere zwischen Arbeit und Nicht-Arbeit.

    Die steuerungssystemische Evolutions-Modell-Ansatz wird von Manager als völlig richtig und klar erkannt. Menschen, die noch nie in Steuerungssystemen gedacht haben, sind völlig überfordert, die Genialität und Einfachheit zu erkennen. Sie können sich vorstellen, wie anders wir, DIE KREATIVEN, mit diesem Revolutinsansatz vorgehen müssen. Nicht die KREATIVEN sind die Träger der Revolutions, sondern die ‚Umstände‘ u n d dann die Finanzmarktspekulanten. Die fahren nur auf Wahrheit, ‚Vernunft’ab, d.h. auf den aktuellen, sicheren Zukunftstrend und Exodus aus der sich aufschaukelnden Crashordnung. Die Evolutionsgesetzlichkeit ist ja unser Verbündeter und damit sind wir übermächtig. Wir müssen nur Mut u n d Geduld mitbringen. Wir sind gerade keine Ideologen, weil wir mit der Evolutionsprozess-Logik immer mit dem Ganzen verbunden sind.

    Ich weiß, dass es schwer ist, uns – auf den ersten Blick – nicht als Träumer wahrzunehmen.

  23. epitimaios sagt:

    @Erik Janson

    Post aurum nigrum aura nigra in area Ruhris.

    (-: °§° :-)

  24. Erik Janson sagt:

    @ epitimaios,

    Si tacuisses… )-:)))

  1. 10. Januar 2010

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