KI-Song in den Charts
Ich schätze das Miniaturwunderland und seine Gründer – Frederik Braun, Gerrit Braun und Stephan Hertz – sehr. Jedes Mal, wenn ich in Hamburg bin, möchte ich unbedingt das MiWuLa besuchen. Ich finde das Handwerk sowie die Umsetzung der Landschaften und Städte großartig und immer wieder sehenswert. Auch versucht das MiWuLa gemeinsam mit den Gründern stets, auf gesellschaftliche Probleme aufmerksam zu machen und das Richtige zu tun. So gibt es zum Beispiel Videos über Rettungsgassen und darüber, wie sie Leben retten können; außerdem gibt es Tage, an denen man freien Eintritt erhält, wenn man sich den regulären Eintrittspreis nicht leisten kann, und sie lassen sogar den Südamerika-Abschnitt von einer südamerikanischen Familie in Südamerika bauen. All das lässt mich zum Miniaturwunderland und seinen Gründern aufblicken. Doch manchmal muss man die eigenen Idole auch kritisieren.
Auch dieses Mal wollten Frederik Braun und seine Frau Johanna Braun eine wichtige und richtige Botschaft senden. Doch leider steckt mehr dahinter. Denn der Song wurde mit Hilfe künstlicher Intelligenz (KI) generiert. Zwar wird transparent erwähnt, dass digitale Studiotechnik und KI genutzt wurden, doch was sich genau dahinter verbirgt, wird nicht offengelegt. Der einzige Credit, den man findet, führt zur Künstlergruppe Generation B – hinter der sich allerdings ebenfalls nur Johanna und Frederik Braun verbergen. Dass auf allen Plattformen die klassischen Credits für Musiker:innen fehlen, lässt für mich den Schluss zu, dass der gesamte Song von einer KI wie Suno oder Udio erzeugt wurde. Ich wünschte mir, dass ich mich irre – und vor allem wünsche ich mir hier viel mehr Transparenz.
Frederik Braun versucht die Problematik mit Aussagen wie „Der Zweck heiligt die Mittel“ oder „[…] dass KI an sich nicht das Problem ist, sondern wie wir sie nutzen“ und dem Versuch, den Song als „Open Source“ zu deklarieren, kleinzureden. Doch das große Aufziehen des Projekts mit CD- und Vinyl-Veröffentlichung wirkt trotzdem befremdlich. Einen vollständig KI-generierten Song als „Open Source“ zu deklarieren, wäre ohnehin absurd, da bei vollständig KI-erzeugten Werken das Urheberrecht nicht greift. Zudem bin ich misstrauisch, da das MiWuLa-Team im Bereich des Musikvideos sehr transparent ist, doch gerade da die Transparenz bei der Musik fehlt, hinterlässt dies ein mulmiges Gefühl. Transparenz im Umgang mit generativer KI ist grundsätzlich zu begrüßen, denn sie ermöglicht Konsument:innen, den Einsatz zu bewerten und eine informierte Entscheidung über den Konsum zu treffen.
Besonders schmerzt mich, dass Frederik Braun aus der Clubszene kommt und dass Johanna Braun eine studierte Musikerin ist. Somit haben beide eine besondere Nähe zur Musik. Somit sollte bei beiden die Problematik der generativen KIs bekannt sein. Denn die Technologie ist nicht das Problem, sondern wie die Technologie von den Konzernen trainiert wurde. Es wurden alle Songs die im Internet genommen und einfach genutzt, ohne für die Nutzung zu bezahlen, wie es jeder andere tun müsste. Wie es bei allen öffentlichen Veranstaltungen passiert. Obendrauf kommt noch, dass es eine klassisch produzierte Version des Songs tatsächlich gibt. Doch die klassisch produzierte Version wurde von Frederik Braun offenbar als schlechter eingestuft als die KI-Version, dies sollte uns Komponist:innen zu denken geben. Gerade hier wird die Problematik der generativen KI einfach zur Seite geschoben und nicht vertieft behandelt – etwas, das ich vom MiWuLa und von Frederik Braun nicht gewohnt bin, zumal da das MiWuLa nach außen nicht wie ein Unternehmen wirkt, das Profit über alles stellt.
Auch die Botschaft des Songs wird durch die KI-Generierung abgeschwächt. Eigentlich soll der Song auf die übermäßig hohe Bildschirmnutzung aufmerksam machen – ein reales Problem. Doch gerade KI ist ein enormer treibender Faktor für Plattformen, weil sie unendlich Content erzeugen kann, der uns noch länger an Bildschirme bindet. Der Song normalisiert also die Nutzung dieser Technologie und befeuert damit genau das, was man eigentlich kritisieren wollte.
Ich begrüße, dass der Gewinn an die Stiftung von Rolf Zuckowski gehen soll. Dennoch fände ich es konsequenter, wenn man die Botschaft des Songs gut findet, direkt und ohne Umwege zu spenden. Hier der Link zur Stiftung:
https://kinderbrauchenmusik.de/
