Es, es, es und es – ist das ein falscher Schluss? (Teil 4)

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Transsexualität in der Musik: Der vierte und letzte Teil von Wendelin Bitzans Gastartikel…

Musikbeispiel_innen jenseits der tongeschlechtlichen Norm

Es ist nun an der Zeit, die bisher gewonnenen Erkenntnisse in der lebendigen Musik zu exemplifizieren. Dabei geht es nicht darum, Werke von weiblichen, männlichen und queeren Komponierenden gegenüber­zustellen. Wir interessieren uns weder für die sexuelle Orientierung der schöpferisch tätigen Personen noch für etwaige musikimmanente Beweise für humane Queerness – diese Fragestellungen haben bereits genügend Aufmerksamkeit durch die Forschung erfahren.1 Unser Anliegen ist hier vielmehr das den Klängen selbst innewohnende Gender – und insbesondere die wirklich interessanten Fälle, welche die etablierten Funktionen und Rollenbilder der Kategorie ›Tongeschlecht‹ hinter sich lassen. Keinesfalls dürfen wir uns dabei von Werktiteln wie Frauenliebe und Leben oder Mädchenblumen täuschen lassen. Das sind entzückende Überschriften für noch bezauberndere Liederzyklen, hinter denen sich aber höchst banale, für unser Forschungsanliegen gänzlich uninteressante Klänge verbergen.

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Wohl eine der ersten transsexuellen Kompositionen der Musikgeschichte ist Leonhard Lechners Chorlied Gott bhüte dich (1588), an dessen Beginn ein Dur-Dreiklang sofort nach Moll verwandelt wird, um wenig später wieder zu Dur zu werden. Dies geschieht nicht einfach durch einen chromatischen Halbtonschritt – nein, der Akkord wechselt seine Lage und gewinnt die transformierte Terz als queerständige neue Oberstimme hinzu. Wenn weise Musikgelehrte diese Passage als eine vermeintliche Übertragung des chiaro-oscuro-Konzepts der Renaissancemalerei deuten, verkennen sie, dass es sich lediglich um ein schlichtes Aus­kom­po­nieren der musikalischen Gender handelt (siehe Abbildung 3): »Gott« ist maskulin (A-Dur); bei »dich« wird die Geliebte, selbstverständlich feminin, adressiert (der Satz wendet sich nach a-Moll); und bei »mich« erklingt wieder ein ›männlicher‹ Akkord (E-Dur), der das Geschlecht des lyrischen Ich symbolisiert.

Abbildung 3: Leonhard Lechner, Gott bhüte dich, Beginn. Aus: Neue lustige teutsche Lieder nach Art der welschen Canzonen

Abbildung 3: Leonhard Lechner, Gott bhüte dich, Beginn. Aus: Neue lustige teutsche Lieder nach Art der welschen Canzonen

Etwas Ähnliches geschieht in Franz Schuberts letztem Streichquartett D 887 (1826). Der Kopfsatz des Werkes beginnt mit einem anschwellenden G-Dur-Dreiklang, der in ein g-Moll-sforzato mündet; das Ende dieses Satzes sowie der Beginn des Finales pendeln sogar mehrfach zwischen den beiden Tongeschlechtern. Auch ohne dass ein Text das musikalisch-semantische Verständnis in eine bestimmte Richtung lenken würde, ist offenkundig: Hier liegt Musik vor, die sich nicht entscheiden mag, was sie sein will – weil sie sich nicht entscheiden muss (was jedoch nichts damit zu tun hat, dass ihr Schöpfer seine geschlechtlichen Vorlieben mal auf dieses, mal auf jenes Subjekt zu richten pflegte). Ein weiteres Paradebeispiel musikalischer Geschlechtsumwandlung finden wir in Richard Strauss’ symphonischer Dichtung Also sprach Zarathustra op. 30 (1896): In der grellen Blechbläserfanfare der Einleitung wird aus C-Dur sofort c-Moll, indem sich der Sechzehntel-Auftakt e zum wesentlich länger erklingenden es eintrübt. Ob das eine Verweiblichung oder Versächlichung darstellt, bleibt unklar – die Transformation wird gleich darauf ohnehin wieder rückgängig gemacht. In jedem Fall darf bezweifelt werden, ob Strauss’ Kunstgriff im Einklang mit Nietzsches Geschlechterrollenbild steht. Eine ähnliche, aber weniger spektakuläre Umfärbung eines Dur-Dreiklangs realisiert Gustav Mahler in seiner wenige Jahre später entstandenen sechsten Symphonie (1903-1904), zuerst im Anschluss an die Hauptthemengruppe des ersten Satzes, später in weiteren Passagen. Hier wird, wie auch bei Strauss, Schubert und Lechner, eine tongeschlechtliche Ambiguität durch die Musik gleichsam transzendiert.

Neben diesen offensichtlich transsexuellen Beispielen existiert auch eine große Fülle an musikalischen Transvestiten und Transgendern: Es steht Dur drauf, ist aber Moll drin – oder umgekehrt.2 Einem solchen Gebilde begegnen wir in Beethovens Kreutzer-Sonate op. 47 (1802), die nominal in A-Dur steht und in der Literatur stets als Dur-Werk referenziert wird, deren Kopfsatz bis auf seine langsame Einleitung aber in a-Moll komponiert ist. Ähnlich verhält es sich mit Mendelssohns Rondo capriccioso op. 14 (1828 / 1830), dessen nachträglich hinzukomponierte E-Dur-Introduktion zwar titelgebend, für den in e-Moll stehenden Hauptteil des Werkes aber kaum maßgeblich ist. Dur im Kleid von Moll finden wir etwa bei Richard Wagner in Sentas Ballade aus dem Fliegenen Holländer (1840) – ein g-Moll-Stück, in dessen Hauptthema bis auf den Tonikadreiklang (förmlich eine ›Henne im Korb‹, passend zu der von Männern umgebenen Figur der Senta) kein einziger weiterer Mollakkord vorkommt. Gut möglich, dass es sich hier um ein Moll handelt, welches, durch seine Umgebung beeinflusst, Dur sein möchte, es aber nicht werden kann – nicht einmal am Schluss der Arie. Denken wir auch an ›verkleidete‹ Musik, die so klingt, als sei sie immer Dur gewesen, aber als Moll geboren wurde – so das hymnische Finalthema aus Tschaikowskijs fünfter Symphonie, das seinen motivischen Ursprung in der düsteren Einleitung des ersten Satzes hat. Um ein Wort Forrest Gumps treffend abzuwandeln: »Music is like a box of chocolates, you never know what you’re gonna get.«

Überdies gibt es auch noch musikalische Intersexualität. Im Jazz ist diese seit Langem ein obligatorisches Stilmittel, aber auch bereits aus der Harmonik Ravels und Gershwins nicht wegzudenken – ich spreche vom gleichzeitigen Erklingen von Dur- und Mollterzen. Ein solches harmonisches Zwittertum tritt bevorzugt in alterierten Dominanten auf, sehr markant etwa zu Beginn der Rhapsody in Blue von 1924 (als typische Kollision der Durterz mit dem hoch gelagerten Optionston #9 bzw. b10) und in zahllosen ähnlichen Fällen, ist aber auch in beliebigen anderen harmonischen Kontexten denkbar. Solche tongeschlechtlichen Hybridklänge sind nichts weniger als harmonische Hermaphroditen (taufen wir sie doch ›Harmophroditen‹), deren unvergleichlich queere Klangwirkung selbst hartgesottene Heteros und Cissexuelle nicht kalt lassen kann. Für die sado-masochistisch Veranlagten unter uns besteht außerdem die Möglichkeit, der Empfehlung von Hartmut Fladt zu folgen und den harmonischen Hauptfunktionen Tonika und Dominante, ihrer reaktionären Cissexualität zum Trotz, die queeren Gegenstücke ›Domina‹ und ›Tonikante‹ an die Seite zu stellen.

Große Unsicherheit über die tongeschlechtliche Ausrichtung macht sich im Kontext der in dieser Hinsicht zerstörerisch agierenden Kompositionstechnik der Zweiten Wiener Schule bemerkbar. Hier begegnen wir schließlich einer Musik, die mit dem bisher entwickelten Begriffsrepertoire nicht mehr zu erfassen ist, sondern die nichts von alledem ist. Blicken wir etwa auf das erste Stück aus Arnold Schönbergs Satiren für gemischten Chor op. 28 (1925-1926), lapidar betitelt Am Scheideweg: Zu dem Text »Tonal oder atonal« wird ein fragiler, nichts weniger als maskulin anmutender Dur-Dreiklang konfrontiert mit der grundtonlosen Asexualität der folgenden Zwölftonreihe. Diese klanggewordene Orientierungslosigkeit, die offensiv zur Schau gestellte Bindungsarmut und Unsexyness der Klänge ist nur vordergründig, auf der Ebene des Textes, satirisch – im musikalisch-semantischen Hintergrund ist sie hoffnungslos ehrlich und in ihrer geschlechtsneutralen Tragik kaum zu überbieten. Wir müssen sie ernst nehmen, bildet sie doch das zusammenbrechende Soziotop des dur-moll-tonalen Tonartenkosmos förmlich in seinen letzten Atemzügen ab.

Schlusswort mit Seitenhieben

Zu guter Letzt noch ein Disclaimer: Dieser Aufsatz ist ein sarkastischer Kommentar ohne den Anspruch echter Wissenschaft­lichkeit. Die formulierten Positionen und Theorien nehmen eine kritisch beobachtende, häufig kopfschüttelnde, gelegentlich sogar stirnrunzelnde Perspektive zu den besprochenen Gegenständen ein, beanspruchen aber zu keiner Zeit Gültigkeit oder sogar sachverständige Autorität. Sollte ich zukünftig das Bedürfnis verspüren, mit einem Beitrag zu dieser Thematik ernst genommen zu werden, so werde ich mit einer diesbezüglichen Verlautbarung nicht zögern; bis dahin möge man mir meinen Plaudertonfall und die in beachtlicher Zahl kultivierten Vorurteile und pseudowissenschaftlichen Platitüden nachsehen.

Für Arbeitsverhältnisse an Hochschulen und anderen durch die öffentliche Hand finanzierten Institutionen ist die Genderproblematik schon seit vielen Jahren ein nicht zu vernachlässigender Faktor. In den meisten akademischen Stellenausschreibungen werden weibliche Kandidaten offensiv zur Bewerbung ermutigt (häufig unter dem augenwischenden Vorbehalt der »bevorzugten Berücksichtigung bei gleicher Eignung«). Politik und Hochschulleitungen lassen sich immer neue Mittel einfallen, um den Frauenanteil im Forschungs- und Lehrpersonal zu erhöhen; geschlechts- und leistungsgerecht geht es dabei schon lange nicht mehr zu.3 Als aufmerksame_r Beobachter_in gewinnt man den Eindruck, dass in vielen Bereichen die Einstellungschancen für schwerbehinderte, nicht-cissexuelle Frauen mit Migrationshintergrund am besten sind. Und dass eine Stelle für gender studies gar mit einem Mann besetzt werden könnte, ist nahezu undenkbar. Es besteht folglich nur eine marginale Gefahr, dass durch die Publikation dieses Textes meine eigene Karriere negativ beeinflusst werden könnte – ich besitze bislang weder eine Position noch eine Reputation, um deren Verlust ich mich sorgen müsste. Insofern habe ich nichts zu verlieren.

Zum Entstehungshintergrund des Textes mag ich mich an dieser Stelle nicht ausführlich äußern. Meine Vorbehalte gegenüber der genderbezogenen Musikforschung gründen sich auf Verdachte, die sicherlich zu einem gewissen Teil klischeebehaftet oder aus mangelnder Vertrautheit mit dem Gegenstand erwachsen sind, aber eines wahren Kerns wohl nicht gänzlich entbehren.4 Mag sein, dass ich mit diesem Pamphlet überreagiere; möglicherweise wird man mich der Ignoranz oder gar des Chauvinismus bezichtigen. Ich gestehe der Genderforschung gern zu, das Resultat historischer Entwicklungen zu sein; insofern ist sie legitim und an der Reihe – aber mit hoher Wahrscheinlichkeit flaut dieser Hype auch wieder ab und wird, wer weiß, womöglich sogar im Rückblick als Exotismus erachtet werden. Wenn man mich fragt, ist es gut möglich, dass ich in zwanzig Jahren ein Epitaph auf den wissenschaftlichen Sonderweg des späten 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts schreibe, der sich selbst als gender studies bezeichnet hat. Es wäre mir ein Vergnügen.

Schließen möchte ich nun mit einem Fund aus dem Internet, dessen linguistisches Irritationspotential zwar einer automatischen Übersetzung geschuldet ist, der mich aber dennoch immer wieder aufs Neue begeistert. Der Text von Benjamin Brittens Chanson française mit dem Incipit »Eho! Eho! Les agneaux vont aux plaines« (1946) wird von der halblegalen russischen Notensuchmaschine ScorSer übertragen als »Gay, gay« (aus dem russischen »Gej, gej«, das in der zitierten Werkausgabe als Entsprechung zu der Interjektion eho firmiert; siehe Abbildung 4). Ist diese pikante Merkwürdigkeit nur eine Koinzidenz? Wohl kaum, wenn man sich vor Augen hält, dass Britten wenig später eine Neufassung der Beggar’s Opera von John Gay anfertigen sollte (erstmals aufgeführt 1948). Die Irrwege der Translation gewinnen hier unwillkürlich eine queere, fast prophetische Aussagequalität, die uns zu denken geben sollte.

Abbildung 4: Screenshot aus www.scorser.com (erster Treffer nach Eingabe der Suchphrase »Britten Lieder«)

Abbildung 4: Screenshot aus www.scorser.com (erster Treffer nach Eingabe der Suchphrase »Britten Lieder«)

Literaturhinweise

  • Barkin, Elaine / Hamessley, Lydia (1999): Audible Traces. Gender, Identity, and Music, Zürich und Los Angeles: Carciofoli.
  • Citron, Marcia J. (1993): Gender and the Musical Canon, Champaign / IL: University of Illinois Press.
  • Grotjahn, Rebecca / Vogt, Sabine (hg., 2010): Musik und Gender. Grundlagen – Methoden – Perspektiven (= Kompendien Musik Bd. 5), Laaber: Laaber.
  • Knaus, Kordula (2002): »Einige Überlegungen zur Geschlechterforschung in der Musikwissenschaft«, in: Archiv für Musikwissenschaft, Jg. 59, Nr. 4, S. 319-329.
  • Kreutziger-Herr, Annette / Losleben, Katrin (hg., 2009): History / Herstory. Alternative Musikgeschichten, Wien: Böhlau.
  • Kreutziger-Herr, Annette / Unseld, Melanie (hg., 2010): Lexikon Musik und Gender, Stuttgart: Metzler.
  • Kreutziger-Herr, Annette / Noeske, Nina / Rode-Breymann, Susanne / Unseld, Melanie (hg., 2010): Gender Studies in der Musikwissenschaft: Quo Vadis?, Festschrift für Eva Rieger zum 70. Geburtstag (= Jahrbuch Musik & Gender Bd. 3), Hildesheim: Olms.
  • Maus, Fred E. (2011): »Music, Gender, and Sexuality«, in: Clayton / Herbert / Middleton (hg.): The Cultural Study of Music: A Critical Introduction, Routledge: Taylor & Francis, S. 317-329.
  • McClary, Susan (1991): Feminine Endings. Music, Gender & Sexuality, Minneapolis 22002: University of Minnesota Press.
  • McClary, Susan (2006): »The World According to Taruskin«, in: Music & Letters, Jg. 87, Nr. 3, S. 408-415.
  • Rieger, Eva (1981): Frau, Musik und Männerherrschaft. Zum Ausschluss der Frau aus der deutschen Musikpädagogik, Musikwissenschaft und Musikausübung, Kassel 21988: Furore.
  • Rieger, Eva (1995): »›Gender Studies‹ und Musikwissenschaft – ein Forschungsbericht«,
    in: Die Musikforschung, Jg. 48, Nr. 3, S. 235-250.
  • Solie, Ruth A. (hg., 1993): Musicology and Difference. Gender and Sexuality in Music Scholarship, Berkeley und Los Angeles 21995: University of California Press.
  • Taruskin, Richard (2009): »Material Gains: Assessing Susan McClary«, in: Music & Letters, Jg. 90, Nr. 3, S. 453-467.
  • Warnke, Krista / Lievenbrück, Berthild (hg., 2004), Gender Studies. Dokumentation einer Annäherung, (= Musik und …, Neue Folge, Bd. 5), Berlin: Weidler.
Anmerkungen
  1. Dabei kann es nicht absurd genug zugehen: Susan McClary, die grande dame der New Musicology, scheut sich nicht, eine altertümliche Analogiebildung aus der Harmonielehre (nach der Quintprogressionen angeblich Männlichkeit und Heterosexualität implizieren, eine sich in Terzschritten bewegende Harmonik hingegen auf eine feminine oder transgeschlechtliche Neigung der komponierenden Person hindeutet) aufzugreifen und für ihre eigenen Analysen von Schuberts und Tschaikowskijs Musik zu nutzen. Siehe Susan McClary, Feminine Endings. Music, Gender & Sexuality, Minneapolis 2002, S. 77, sowie die Dekonstruktion ihrer Ansätze bei Richard Taruskin, »Material Gains: Assessing Susan McClary«, in: Music & Letters 90 (2009), S. 463f., und bei Kordula Knaus, »Einige Überlegungen zur Geschlechterforschung in der Musikwissenschaft«, in: Archiv für Musikwissenschaft 59 (2002), S. 325ff.
  2. Damit ist nicht die Tendenz vieler Kunstmusik gemeint, sich auch in Moll-Werken beschließend nach Dur zu wenden. Gleichwohl ist auch diese interessant: Bereits im 16. Jahrhundert scheinen sich Werkschlüsse bevorzugt der sogenannten ›picardischen Terz‹ zu bedienen, und im 18. und 19. Jahrhundert gehen dann zahllose Symphonie-Finalsätze den gleichen Weg zum Dur-Schlussklang. Exemplarisch betrachte man Chopins Polonaise-Fantaisie op. 61, die sich, gemäß dem Prinzip per aspera ad As-Dur, vom anfänglichen as-Moll schließlich zur Varianttonart wendet. Am Ende kommt es, wenn der Komponist sein sprichwörtliches as aus dem Ärmel schüttelt, eben gern besonders ›hart‹.
  3. Die größte Farce unter den vermeintlichen Gleichstellungsinstrumenten ist das im Jahr 2007 ins Leben gerufene Professorinnenprogramm des Bundes. Anstatt verschämt über Quoten zu diskutieren, macht man hier gleich Nägel mit Köpfen: Für Hochschulen, die sich erfolgreich um eine Teilnahme am Programm beworben haben, wird ein Anreiz geschaffen, Professuren mit Frauen zu besetzen – nur dann fließen die Fördergelder. Diskriminierend? Aber woher denn. Natürlich kann eine Berufungskommission auch einen männlichen Bewerber einstellen wollen; dann kann die Stelle aber leider nicht besetzt werden. Zu Einstellungsmöglichkeiten für männliche Transgender, Butches oder bisexuelle Intersexuelle schweigen sich die Regularien des Professorinnenprogramms übrigens aus.
  4. Der erste Verdacht ist: Genderforschung wird häufig von Personen betrieben, die selbst zu einer Minderheitengruppe im Sinne eines Merkmals von gender oder diversity zählen, und denen deshalb tendenziell die kritische Distanz zwischen forschendem Individuum und Forschungsgegenstand fehlt. Der zweite Verdacht: Gender-Themen wirken häufig trivial oder selbstreferentiell oder behandeln Gebiete, deren Erforschung aus anderen wissenschaftlichen Perspektiven uninteressant oder gar gegenstandslos wäre; mitunter wird durch die Wahl eines genderbezogenen Ansatzes sogar die inhaltliche Armut des Forschungsergebnisses kaschiert. Das sind keine unerheblichen Vorwürfe – wäre ich nicht als Autor und Forschungsperson so bedeutungslos, wer weiß, was sie für Folgen hätten. Mindestens wäre mir ein veritabler Shitstorm gewiss.
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Eine Antwort

  1. Guntram Erbe sagt:

    Ganz schön lang