Ballast-Radio
Es gibt Menschen, die muss man nicht einmal kritisieren, um sie zu desavouieren. Es genügt, wenn man sie zitiert. Peter Boudgoust gehört ab sofort dazu. Boudgoust ist der große Vorsitzende des SWR, der in diesem Jahr noch dazu der große Vorsitzende der großen ARD ist. Er sieht nicht so aus wie jemand, mit dem ich gern mein Samstagsfrühstück verbrächte, doch mit einem Mal saß er da, als ich den Kulturteil einer Stuttgarter Zeitung aufschlug.
Ein Journalist bewarf ihn im Interview mit kritischen Fragen, die aber an ihm abperlten wie Blutspritzer an einer Schlachterschürze. Boudgoust wird konfrontiert mit der öffentlichen und veröffentlichten Tatsache, dass bei SWR 2, der Kulturwelle des SWR 25 Prozent eingespart werden sollen. 25 Prozent!!!
Die Antwort Boudgousts auf die berechtigte Frage, ob SWR 2 denn damit nicht kaputt gespart würde, ist so schrecklich wie entlarvend.
„Wenn wir die Hände in den Schoß legen würden, wäre der ganze Sender nicht mehr lebensfähig. Wir werfen Ballast ab, und wir wollen alle unsere Programme entschlossen weiterentwickeln, mit dem Knowhow aller Mitarbeiter.“
Na? War das nicht hübsch ehrlich? Sagt doch endlich mal einer, der im Palast der Radiorepublik hockt, was er über die Kulturwellen denkt: Sie sind Ballast. Ohne jetzt darüber zu sinnieren, welche wichtige Rolle Ballast-Stoffe für eine funktionierende Verdauung haben, verweise ich hiermit nachdrücklich auf das heute beginnende ARD Radiofestival, das die frische Sommerfestival-Atmosphäre bis in die Reihenhausgärten der großen Vorsitzenden bringt. Und natürlich einen Ausblick auf die rosige Kulturradiozukunft eröffnet. Eingeleitet wird es mit einem „Grußwort“ des SWR Hörfunkdirektors Bernhard Hermann. Bitte immer an den Ballast denken, während seine Worte die Abendluft durchschneiden.
Musikjournalist, Dramaturg
…empfehle ergänzend Martin Hufners Kommentar einen Tag zuvor unter http://www.nmz.de .- Sollen sich diese Intendanten-Trottel doch an ihren Marketing-Miezen verschlucken und das fischige Alt-Austern-Hirn von Contollern aus der weit offenen Fontanelle schlecken lassen: Schade um jede Gebühren-Regelung, die den Verfechtern eines derartig definierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks noch den Pups-Ledersessel finanziert – und all das ist auch heut politisch nicht zu rechtfertigen…