Der nicht mehr ganz so neue Kulturstaatssekretär von Berlin, Tim Renner, hat unlängst bei einer SPD-Veranstaltung seine Ideen und Vorstellungen von (Hauptstadt)kultur verlauten lassen: Statt der v.a. im deutschsprachigen Raum weit verbreiteten Kategorisierung in E(rnste) und U(nterhaltungs)musik – diese Unterteilung ist für konservative Kulturliebhaber eher im Sinne von arroganter Distanzierung zu verstehen – schlug Renner ein inhaltliches Umdenken vor. Er wollte damit nicht unbedingt vom Ökumenegedanken beseelt alle Schranken niederreissen und gleichmacherisch DIE eine Musik propagieren. Er regte „nur“ eine Neubefüllung der Begrifflichkeiten E & U an. Diese Trennung lastet schwer auf einer Kulturpolitik, die eine Gesamtkultur zu umfassen sucht. Sein Vorschlag: Exzellenz und Underground.

Klar, man könnte sagen, dass hierbei die Grenzen einfach etwas verschoben werden (weg von Klassik vs. Pop), vielleicht auch nur etwas aufgeweicht, aber das klingt doch selbst auf den anderthalbten Blick gar nicht mal so schlecht, oder?

Musik N-E-U denken

Denken wir mal laut darüber nach: Die Exzellente Musik verlöre das Steife und Spießige, das ihr anhaftet ohne ihren Anspruch auf staatlich geförderte Qualität einbüßen zu müssen. Und auf der anderen Seite würde Undergroundmusik nicht mehr abwertend rein auf ihre außer-/unter(haltungs)musikalische Funktion beschränkt. Sie könnte stolz sein auf ihren Coolnessfaktor, auf ihre Hipness!

Und weiter gedacht: wäre diese Neuausrichtung nicht auch ein Bekenntnis zur in letzter Zeit (auch in Renners Berlin) arg gebeutelten freien Kunstmusikszene, die irgendwo zwischen Exzellenz und Underground zu verorten wäre? Früher mal Neue Musik genannt, könnte das N ab jetzt für (Achtung: sehr flacher Wortwitz) N-novative Musik stehen! Diese könnte – positioniert als „sowohl E als auch U“ statt „weder noch“ – ihren Pioniergeist selbstbewusster ausleben (dürfen) und ihre Stellung als Experimentierwiese gestärkt und ihre Rolle als Erneuerungsmotor für den Rest der Republik geschätzt sehen. Und damit bin ich fast am Ende meines kleinen Gedankenspiels angelangt. Wir werden sehen, was weiter passiert.

Ich hoffe nicht, dass das N für Nichtig steht.