Statt mit Bier oder gläserner Fabrik, statt mit Beleuchtungswunder in Gold oder Dirigentenkonterfei: Die Semperoper nutzt ihre Facebook-Seite für ein deutliches Statement – übrigens schon seit Anfang Dezember 2014! Das darf man gut finden. Und es passt auch zum Selbstverständnis einer menschlichen Kultur.
24. Februar 2015 um 12:31 Uhr
„Wenn Sie (!!!) nicht wären, könnte mir das ganze Dräsden gestohlen bleiben.“
Ich empfehle, a. a. O. mal einen Blick auf die Kommentare unter dem Eintrag vom 18. Februar zu werfen. Oder aber, das tunlichst zu unterlassen, wenn man sich den Brechreiz ersparen will.
Das war die Überleitung zu der Erzählung, was gestern im Festakt passierte (in Anwesenheit der noch-Oberbürgermeisterin von Dresden und Abwesenheit der Kunstministerin oder noch-Kunstministerin von Sachsen, die ihren Staatssekretär vors Loch geschoben hatte), als Wolfgang Rothe in seiner Ansprache die bekannte Feststellung anführte, die Semperoper sei ein weltoffenes Haus:
Demonstrativer starker Beifall von irgendjemand couragiertem im mittleren Parkett. Dadurch wagte es jemand im ersten Rang, sich dem anzuschließen. Links und rechts rührte sich nicht eine Hand. Am Ende wirkte es so, als ob Teile des Publikums sich genötigt fühlten, durch nicht wirklich gemeinten Höflichkeitsapplaus die Situation zu retten.
Gruselig. Besorgniserregend.
Was noch dazu kommt: Die, wie in der gerade erschienenen Rezension so schön formuliert, ortsansässige Geschmacksträgerschicht geht auch nicht hin, wenn etwas anderes gespielt wird als engster Mainstream. Schon bei Pelléas et Mélisande blieb die Bude halb leer. Da hilft dann eben nur das dunkle Hinterzimmer, das erst seit 2010 ein solches ist; davor war das eine völlig unsichtbare Außenstelle, kilometerweit entfernt in einer Bruchbude an der Bautzner Straße.
Es wäre wirklich wünschenswert, wenn die ganze Situation mal etwas stärker zur Kenntnis genommen wird. Zum einen überregional, zum anderen aber auch von einem bestimmten Segment der kulturbeflissenen Dräsdner, das lieber weiter die Klischees und Ressentiments von Bier und (mittlerweile LED-bestückten) Kronleuchtern kultiviert. Vor allem für letzteres, für diese etwas andere Spielart von Tal der Ahnungslosen, schwindet bei mir inzwischen auch der letzte Rest von Verständnis.
24. Februar 2015 um 12:39 Uhr
Danke Kai Ludwig für diesen Bericht, der einen allerdings wirklich fassungslos macht. (Der angesprochene Artikel: Eine Metastasio-Reflexion feinerer Art – Die Uraufführung von Lucia Ronchettis „Mise en Abyme/Widerspiegelung“ an der Semperoper)