Was hat es mit den Ferienkursen in Darmstadt nur auf sich. Nach wie vor scheiden sich die Geister an dieser Veranstaltung, die alle zwei Jahre in der eigentlichen Hauptstadt Hessen seit gefühlten Urzeiten stattfinden. Schon kleinste Tätigkeiten, wie das Auspacken der „Darmstädter Beiträge zur Neuen Musik“ durch deren Herausgeber lösen Miniaturkommentarstürme aus. Der Name des Ortes bietet die passende Ramp für allerlei Jahrhunderte alte Witze- und Frotzeleien.
Schaut man nur grob in die Vergangenheit der Veranstaltung, sieht man, oh Wunder: es war immer schon so. Auch vor Zeiten von Twitter, Facebook und Blogs. Dünnhäutigkeit wohin man auch blickte. Und das ist ja der Darmstadt-Effekt, der Apologetinnen wie Kritikerinnen in Beschlag nimmt.
Dieses Jahr freilich hat man sich auch einiges vorgenommen. Es geht um den Stand der Dinge.
Attack the future
Und das ist wie beim Fussball, bei der EM oder der WM, wie bei der Tour de France. Der Qualifikationsmodus ist ein bisschen schwerer zu durchschauen. Das Endspiel zugleich ist für die meisten irrelevant.
Sollen wir die Zukunft attackieren oder lieber Vergangenes ausgraben? – Irvine Arditti
Ich bin mir nicht sicher. Aber umgekehrt wäre die Fragestellung meines Erachtens durchaus besser und ertragreicher. Auch wenn eigentlich das alternativlose oder möglicherweise in die falsche Richtung weist. Ganz ehrlich? Wir sollten uns einfach ein bisschen überraschen lassen. In 14 Tagen weiß man mehr. Bis dahin sollten einige Zahnschmerzen überwunden worden sein, bis dahin darf gefightet werden. Danach ist man in jedem Fall auf die eine oder andere Art schlauer – … oder auch nicht. Ich werde für eine Veranstaltung vorbeischnuppern.
29. Juli 2016 um 11:26 Uhr
@Martin: „Dünnhäutigkeit“ als kgV der Ferienkurse – das scheint mir gut zu passen :-) Allerdings wäre der Begriff mitunter durch „Sensibilität“ zu ersetzen. Oder auch durch „Zickigkeit“. Je nachdem, um wen oder was es grade geht ;-)
Ich jedenfalls würde mich freuen, dich am Samstag, dem 6. August um – gähn – 10 Uhr früh beim Panel „Das Politische“ zu treffen, an dem (u. a.) Harry Lehmann auf dem Podium und ich als Zuschauer teilnehmen werden.
Würde mich interessieren, worauf du mit dem „Auspacken der „Darmstädter Beiträge zur Neuen Musik“ durch deren Herausgeber“ anspielst. Gibt’s dazu einen Link?
29. Juli 2016 um 11:43 Uhr
Ich bin leider nur am 1.8. richtig vor Ort zur Verleihung des Reinhard-Schulz-Preises für zeitgenössische Musikpublizistik. http://www.internationales-musikinstitut.de/programm2016/316-31-07-2016/1804-infinity.html
29. Juli 2016 um 11:45 Uhr
Und der Link: https://www.facebook.com/theo.geissler/posts/10154457184909445 zur Herausgeberschaft etc. + der Originaleintrag, falls er funktioniert wäre: https://www.facebook.com/photo.php?fbid=932921753485255&set=a.169412743169497.32014.100003023161957&type=3
29. Juli 2016 um 12:02 Uhr
@Martin: Schade, dann werden wir uns in Darmstadt wohl nicht sehen. – Danke für die Links, der erste funktioniert, dort erfährt man aber nicht wirklich, worum es geht (Generationenkonflikt? Das wäre interessant!), der zweite führt vermutlich in eine geschlossene Gruppe, er geht jedenfalls nicht. Würdest du den Sachverhalt kurz schildern (oder unterliegen die „Darmstädter Beiträge für Neue Musik“ militärischer Geheimhaltung ;-) )?
29. Juli 2016 um 12:11 Uhr
Ja, schade. Ich muss mal sehen, ob ich nicht in zwei Jahren irgendwie dauerhafter vor Ort sein kann. Ich wünsche euch viel Erfolg. Zur Sache mit Rebhahn. Theo Geissler hatte da etwas kommentiert. Das wurde gelöscht. Mein Gott! Sage ich mir. Warum löschen? Dass die Menschen anderen nicht zutrauen, sich selbst ein Bild zu machen und die Dinge einzuschätzen. Rebhahn hat Angst vor Zumüllung seiner Timeline bei Facebook. So what? Ich halte es ja anders. Hier kann auch Borstlap kommentiieren und sonstwer. Selbst wenn man es selbst nur schwer schlucken kann. Solange da kein Aufruf zu Zeter und Mordio drinsteht. Dünnhäufig eben.
Und anders als sensibel. Ich hoffe, davon gibt es genug in Darmstadt. Ich fand die dort anwesenden Leute immer ganz nett und aufgeschlossen. Und streitbar. Das wünsche ich Euch auch.
29. Juli 2016 um 12:31 Uhr
@Martin: Also ich hatte kürzlich ja im BBoM eine erstaunlich konstruktive Debatte mit John Borstlap
https://blogs.nmz.de/badblog/2016/06/14/die-neue-renaissance-der-kunstphilosophie-harry-lehmann-und-seine-gehaltsaesthetik/
– obwohl ich mich vor längerer Zeit mal über ihn mokiert hatte, ebenfalls im BBoM. Von „Darmstadt“ erwarte ich mir gar nichts (außer Harry und evtl. weitere Freunde zu treffen, was vollkommen ausreicht), werde mir aber aufmerksam alles ansehen und -hören.
29. Juli 2016 um 14:01 Uhr
Ich finde, man soll sich überraschen lassen. Es wird bestimmt klasse!
29. Juli 2016 um 13:20 Uhr
Lieber Martin, ich habe keine »Angst vor Zumüllung«. Ich sehe nur partout nicht ein, weshalb ich einem dermaßen unqualifizierten und herabwürdigenden Kommentar, wie ihn Geißler abgelassen hat, Raum geben sollte. Ohne das geringste Wissen um den Inhalt einer Publikation einfach mal – aus lauter Ressentiment? – auf Herausgeber und Autoren einzudreschen, halte ich für gaaanz schlechten Stil. Und sowas hat auf »meiner Timeline« schlicht keinen Platz. Verständlich?
29. Juli 2016 um 13:54 Uhr
Lieber Michael, ich hätte gedacht, Du würdest das ganz gut aushalten. Aber es ist auch nicht so schlimm, wenn nicht. Ich persönlich bin immer wieder erneut überrascht, wie sehr diese Kurse kontrovers behandelt werden. Meines Erachtens sind sie die einzige Veranstaltung, die ganz viele Leute zusammenbringen können, die sich leiden und die sich nicht leiden, die sich auch ästhetisch leiden oder nicht leiden können. Wo sich Grüppchen bilden und andere Grüppchen. Wo man sich was zu sagen hat und auch nichts zu sagen hat. Jedenfalls, wo es gärt. Ich finde es ganz wunderbar, dass es diese Kurse gibt und wünschte mir, sie könnten als Experiment noch mehr nach außen und innen wirklen. Vor zwei Jahren war ich in einem Konzert mit dem Ensemble Nikel (?) und habe innerhalb weniger Stücke mich begeistert, geärgert und gelangweilt. Alles ganz schnell und zugleich den heiligen Ernst gespürt, den todheiligen des musikalischen Laufstegs. Und dann wieder die Entspannung bei Bretzel und Wasser (?).
Ich erzähle niemandem etwas neues, wenn ich sage, dass vor allem aber die Konfrontationen, die es gibt, eher ein soziales Phänomen sind als ein musikalisch-ästhetisches. Und alles in allem finde ich genau das sehr überflüssig, auch wenn es musikboulevardesk seinen journalistischen Reiz ausmacht.
Da bin ich leider oder gottseidank nie über John Cage hinausgekommen, der das eigentlich immer sehr lässig gesehen hat. Weil Musik ist eben doch Musik – und anders als bei Adorno wird heute das politische Leben einfach doch mehr neben dem „Kontrapunkt“ und dem „Patch“ ausgetragen.
Deswegen wünsche ich entspannnte aufregende Tage allen in Darmstadt. Polemik ebenso wie Heiterkeit.
2. August 2016 um 2:31 Uhr
…es ist ein typisches, leider seit Jahren wirksames Phänomen, dass sich die Ferienkurse so wichtig nehmen, dass man sich keinen Spaß drüber machen darf. Das ist – kulturell betrachtet – erdoganidtisch. Und sollte zu Nachdenken verleiten. Auch was die Entwicklung zeitgenössischer Musik betrifft. Ich kam grade von einem Kurs in Sachen Musikjournalismus der Jeunesses Musicales, habe so feine, sensible junge Menschen erlebt, dass mich Rebhahns „Timeline-Terror“ einfach geärgert hat. Ich wünsche den „Ferienkursen“ einen freien Geist – und liefere gern noch das Dumpfe belegende Hommelund sonstige Belege nach. Darmstadt war immer ein Ort der pseudoreflektierten ästhetischen Möchtegern-Innovation – materiell ziemlich gut ausgestattet….
Herzlich Theo