Die Sache mit der Wahrheit in der Presseberichterstattung ist nicht immer so einfach. Seit Jahren ist ein Streit zur Lizenzierung von Musik zwischen der Gema und YouTube anhängig. Dabei spielten Sperrtafeln eine große Rolle, die den meisten YouTube-Nutzern in Deutschland angezeigt wurden. Kurz gesagt waren sie derart, dass YouTube behauptete, die Gema sperre die Wiedergabe in dieser Region. Die Gema zog gegen die Formulierung vor Gericht und gewann in zwei Instanzen. Natürlich vollkommen zu Recht.
Gleichwohl hält sich hartnäckig das Gerücht, die Gema veranlasse die Sperrungen. Das war falsch und ist falsch. Wer die Videos sperrt, ist YouTube. Den schwarzen Peter hat man dennoch mit den merkwürdigen Texten der Gema zugeschoben.
Gema-Sperrtafel? YouTube-Sperrtafel?
Ein Großteil der Presse hat hierbei leider auch hartnäckig versagt und redete immer von Gema-Sperrtafeln, selbst das Oberlandesgericht München tut dies und die Gema zitiert sie entsprechend: OLG München bestätigt: GEMA-Sperrtafeln auf YouTube sind rechtswidrig. Eigentlich sind es aber YouTube-Sperrtafeln, da ja YouTube die Auslieferung sperrt. Eine Ausnahem ist hier die MusikWoche, die eben von YouTube-Sperrtafeln spricht und hier muss man Gillig-Degrave für sein Sprachgefühl loben.
Das Gerücht konnte also auch so fest im Bewusstsein sich halten, weil die Begrifflichkeit es nahelegte. Wenn man beispielsweise bei Google die entsprechenden Suchbegriffe eingibt, so kommt man nämlich zu folgendem Ergebnis:
- GEMA-Sperrtafel = Ungefähr 151.000 Ergebnisse
- YouTube-Sperrtafel = Ungefähr 11.300 Ergebnisse
Sprache erzeugt eben auch politisches Verhalten. Wollen wir es mal total fair sehen: Immerhin hat YouTube nach dem Urteil des ersten Instanz den Wortlaut des Textes der Sperrtafel geändert, obwohl man das Urteil zunächst nicht anerkennen mochte. Der Jubel der Gema über die zweitinstanzliche Entscheidung sollte gleichwohl nicht zu groß ausfallen. Bislang ist das Urteil nicht rechtskräftig, auch wenn eine Revision nicht zugelassen wurde. Meines Erachtens hat in dieser Sache auch YouTube nicht die geringste Chance und es wäre allein eine taktische Finte.
Kramm und das digitale Zeitalter
Erstaunlicherweise kann selbst der Themenbeauftrage der Piratenpartei, Bruno Kramm, nicht umhin, zuzugestehen, dass Katz und Mausspiel im GEMA/Youtube Streit: Neue Episode. Ansonsten müsste man auch letztgültig daran zweifeln, ob er die richtige Mann für diese Position bei der Piratenpartei ist. Freilich ist die lapidare Umformulierung, die er anbietet, zwar populistisch lustig, aber sinnlos:
»Dieses Video ist in Deutschland nicht verfügbar, weil das Urheberrecht noch immer nicht im digitalen Zeitalter angekommen ist…« [Bruno Kramm]
Darüber kann man eigentlich nicht streiten, weil er dann doch auch mal seine Theorie des „digitalen Zeitalters“ vorlegen sollte. Ich habe schon an anderer Stelle betont, es ist, wenn überhaupt, umgekehrt. Das „digitale Zeitalter“ ist noch nicht im Urheberrecht angekommen. Würde man es wie Kramm sehen, dann sollte man auch die Sache konsequent zu ende denken und jede Form subjektiver Handlung als unsinnig ansehen. Man ist dann eben Spielball des Zeitalters und verzichtet auf eine aktive Gestaltung desselben. Anpassung also als die letztgültige Lösung. Die Maschinen und Märkte bestimmen dann, was der Fall sein soll. Ich finde das sehr wenig piratig, es ist sklavisch.
Auf dem Weg dahin sind wir allerdings schon. Wir geben unsere Daten an allen Stellen der digitalen Welt weiter, wir nutzen fremdbestimmte Dienste wie Facebook, Twitter und Co. Kontrolle frisst Kontrollverlust. Aber das ist ein anderes Thema …
20. Mai 2015 um 21:18 Uhr
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21. Mai 2015 um 18:05 Uhr
guad gsagT!