Input und Output. Es kommt immer auf die Fragen an und auf die Befragten. So flatterte – musikalisch hochinteressant – eine Information eine Online-Portals herein mit dem Titel: „Thomas Anders von deutschen Fremdgeherinnen als begehrtester Sänger gewählt.“ Keine Ahnung, ob noch alle wissen, wer der Thomas Anders ist; es spielt ja auch nicht so die dolle Rolle. Um die diesen Pokal hat es sich nicht gerissen.
Aber ja. Für alles und jeden Geschmack gibt es Online-Portale. Auch für deutsche Fremdgeherinnen. Unklar, wo jetzt so die Betonung genau liegt. Weiter heißt es:
„Lebhafte und lüsterne Mitgliederinnen von Victoria Milan – einer Dating-Webseite für verpartnerte Personen, die auf der Suche nach einer Affäre sind – wurden befragt und die Antworten waren deutlich: Für 29% der deutschen Frauen ist Thomas Anders der begehrteste Sänger und sein Aussehen das attraktivste.“ 6.538 fremdgehende deutsche Victoria Milan Mitglieder stimmten ab. [Pressemeldung per Email]
Jede Statistik kann man natürlich auch umdrehen, was zweifellos nicht wissenschaftlich einwandfrei ist, aber doch Indizcharakter hat. Frauen, die auf Thomas Anders abfahren, sind potentiell „verpartnerte Personen auf der Suche nach einer Affäre.“
Nur zur Kenntnis und kommentarlos die Liste der tollen Männer:
- Thomas Anders (29%)
- Xavier Naidoo (23%)
- Cro (19%)
- Peter Schilling (16%)
- Peter Maffay (13%)
Für die Rezeptionsforschung und für die Marketingabteilungen ist diese Informationen gleichwohl nicht ohne Interesse. Wir wissen doch aus so ziemlich fast allen musikalischen Veranstaltungen, dass dabei die Musik ein Nebenplatz ist für eigentlich wichtige soziale Interaktionen. Nicht, dass man das missverstehe, durchaus wird die Musik gehört, auch mit Engagement gehört. Allerdings ist sie ein akustisches Fenster, das die Begleitmusik ist zum Spiel der Zuhörer auf der Bühne des Lebens. Das ist nicht nur bei der Opernpremiere so, das ist auch beim Blasmusikkonzert auf der Kirmes so, das ist beim Jazz so und auch beim Konzert mit irgendwelchertotalwichtiger Musik.
Das Fenster ist wichtig, aber der Rahmen ist das Aktive. Dazu gehören selbst die Musikkritik auf dem Pausenhof oder der Gang aufs Pissoir. Und hier müsste Konzertforschung nun wirklich ansetzen, hier sind die Anreize dafür zu finden, um zum Beispiel Publikum für die Zukunft und die Gegenwart zu finden.
Mit Justin Bieber auf der Toilette die Hände waschen, neben Sabine Christiansen im Publikum sitzen. Den Mantel an der Garderobe in der Reihe hinter Angela Merkel abgeben. Um nur mal so ein paar Namen und Gelegenheiten in den Raum zu werfen, die vielleicht ja auch nicht jeder so toll findet, jetzt, die Beispiele.
Warum soll das Publikum immer nur draußen stehen, hinter Barrikaden, wenn zum Beispiel Stars über den roten Teppich schlurfen. Mitlatschen. Von mir aus auch mit Thomas Anders, falls man sich verpartnerte Fremdgeherinnen im Publikum wünscht.
Klar, wie simpel die Sache ist, glaubt einem ja keiner. Das Ding, große Namen auf der Bühne, ist doch eigentlich zu teuer. Große Namen müssen ins Publikum. (Och schau mal, da geht doch Dieter Schnebel an Albrecht Wellmer vorbei …).