Vor ein paar Jahren sollte es unter Peter Voß dem Vokalsensemble an den Kragen gehen, jetzt hat es nachhaltig die Orchester erwischt. Der SWR macht keine gute Figur, wenn es um Kunst geht. Vor circa einem Jahr strahlte man den Wahlwerbespot der „Die PARTEI“ nicht aus (wie auch der WDR).
Dabei fragte ich mich damals schon. Welche Macht lässt es zu, dass der Rundfunk darüber entscheidet, was Wahlwerbung ist und was nicht? Keine Probleme hatte man offenbar mit den Spot anderer Parteien, wie unverschämt diese auch gewesen sein mochten. Aber diesen hier, den einerseits harmlosen (politischen) und andererseits avancierten (künstlerischen und politischen) Spot nicht zu bringen, war reine Willkür.
Chance auf Widerspruch vertan
Und deshalb ist der Fall eben schon aktuell. Beim SWR dominiert im politisch-kulturellen Bereich eine Willkür der besonderen Art (über die anderen Sparten kann ich mir kein Urteil erlauben). Der damals von mir gemachte Vorschlag, den Spot mit dem Karl-Szuka-Preis auszuzeichnen, ist man nicht gefolgt. Selbst die kleinsten möglichen Aufhänger für kleinere Aktionen werden vertan von denen, die es doch leisten könnten.
Der Rundfunk insbesondere ist momentan anfällig für soldatisches Auslöffeln der kulturpolitischen Fehler. Vor vielen Jahren konnte Radio Bremen dazu ein Lied singen, was man nicht sang, weil man sonst für angeblich illoyales Verhalten hätte herausgekippt werden können. Der NDR ist ebenso auf den Hund gekommen, genauso wie der MDR und wie jetzt der BR sich anschickt im gleichen Schlick eindümpeln zu lassen.
Die Verantwortlichen in den Ressorts nehmen ihre Arbeit einfach nicht mehr ernst. Sie wickeln ab, was von oben gestammelt kommt. Sie haben ja Haus und Familie, Widerstand wird unmöglich, oder sagen wir besser, erschwert.
Die Sache läuft insgesamt aus dem Ruder, auch Bologna (Bachelor) und G8 stehen da nicht nach. Die Wiederstände sind im Markgeschrei gebrochen. Aktuell TTIP das Gleiche. Nur dass hier der Widerstand in der Breite sich formiert und nicht abhängig ist von der Verantwortlichkeit Einzelner (ebenso Stuttgart 21). Breite Basis macht gegen Obrigkeit mobil.
Funksoldaten
Aber die Funksoldaten stehen stramm. Und der Abnickverein der Rundfunkräte nickt ab; mögen die Voraussetzungen der Urteilsfindungen auch noch so falsch sein. Auch dies hat Tradition. In der Geschichte und aktuell.
Dass man damals im SWR das politische Heiligtum des Wahlwerbespots angriff, ist von besonders pikanter Note. Es zeigt das Selbstverständnis eines von Egomanen durchregierten Apparates an. Ich bin sehr gespannt, wie sich Björn Gottstein (als Nachfolger von Armin Köhler) sich aufstellen wird, wo er ebenso herrisch hingestellt worden ist. Ich wünsche ihm, nachdem die Entscheidung schon gefallen ist, das nötige Rückgrat und eine Standfestigkeit in der Sache von Kunst unter den Bedingungen von Quote und Kommerzialisierung.
Übrigens sei erinnert in diesem Zusammenhang an die Kündigung Martin Demmlers beim rbb (vor acht Jahren), weil dieser seinen Chef Christian Detig rügte. Der rbb verlor den Kündigungsprozess zwar, gewann aber dennoch, denn Demmler war dann eben weg vom Fenster. Die Schallwellen erledigen nun die anderen Funksoldaten, es war ja plötzlich Platz da. Man hat, was man hat. Und geht zurück in Reih‘ und Glied.