Es gab Zeiten, da haben Parteien Aufträge für Wahlkampflieder erteilt. Musiker, die einer Partei auch nahe standen, haben dann ein paar Lieder geschrieben. Keine Straßenfeger allesamt. Und schwer zu sagen, ob man wirklich wollte, dass die als Kopien durch die Welt geistern oder nicht oder Copy Control am Ende mit Abmahnungen musikpolitisches Engagement ahndet.
Die Zeiten, als man noch die Zeilen passend zu den eigenen Zielen dichtete und dies in mehr oder weniger volkstümlicher Weise unter die Ohren und zwischen die Hirne zu pressen versuchte, sind vorbei. Die maßgeschneiderten Songs sind passé.
Wichtiger ist es heute, zielgruppengenau Musik als Lockmittel einzusetzen. Das war schon letztes Jahr so, als offenbar SPD und CDU „Tage wie diese“ von den toten Hosen zur Anwerbung spielten. Das fanden die toten Hosen naturgemäß nicht so toll. Auf ihrer Website dementierten sie jeden Zusammenhang, der sich so im Bewusstsein zwischen Band und Partei ergeben könnte.
Die Gefahr, dass Menschen auf die Idee kommen können, dass es eine Verbindung zwischen der Band und den dort beworbenen Inhalten gibt, macht uns wütend. […] Die Rechtslage ist leider so, dass wir dagegen nichts tun können. (Quelle)
Jetzt aber gibt es den großen Aufreger in Thüringen. Das Musikgespiele an den Wahlkampfständen nimmt immer umfangreichere Formen an. Unter anderem auch die NPD spielt populäre Songs. 11 Stücke von den Ärzten bis hin zu Helene Fischer. Mit Musik fischen also auch die. Die Strategie der Extremrechten ist nicht neu. Längst hat man erkannt, dass man mit Symbolen der existierenden Jugendkultur viel besser anlanden kann als durch Distanzierung durch eigene Symbolwelten. Jeder Zipfel der Anknüpfung wird genutzt.
Die Musiker wollen sich wehren, die Komponisten und Textdichter auch, die Verlage vielleicht. Aber die Chnacen, dagegen vozugehen sind, wie die Toten Hosen schon schrieben, ziemlich gering. Denn allein eine Anmeldung bei der GEMA ist nötig. Diese macht keinen politischen Check. Dazu hat sie nicht die Rechte, im Gegenteil, sie muss lizenzieren.
Und die Komponisten und Autoren? Die haben entsprechende Verträge mit der GEMA geschlossen, dass sie ihre Verwertung wahrnimmt. Die Einnahmen aus diesem öffentlichen Gespiele gehen schließlich auch an die Komponisten/Autoren/Verlage.
Die zwei Auswege
Wenn man der Sache beikommen möchte, kann man nur zwei Wege wählen: Entweder die Stücke so dichten und komponieren, dass entprechende Parteien kaum dazu neigen werden, diese Dingen mit sich in Verbindung zu bringen oder den Charakter der Wahlkampfveranstaltung abrechnungstechnisch und -taktisch anders zu werten. Ersteres dürfte kaum im Interesse der Komponisten/Autoren/Verlage liegen (sie sprechen ja auch kein Kaufverbot für ihre Musik gegenüber NPD-Sympathisanten aus), weil es auch schwer zu machen ist (in jeder zweiten Zeile zu singen, „NPD ist scheiße“ oder so ist dann etwas nervig).
Man müsste also eine (politische) Wahlkampfveranstaltung als eine besondere Form der öffentlichen Veranstaltung umwidmen bei der die Genehmigung zur Nutzung auf besondere Weise einzuholen wäre. Ob sich dafür ein Rechtsgelehrter finden würde? Oder ob man vielleicht die Wahrnehmungsverträge in dieser Weise anpassen könnte? Das wäre die eine Frage: Die andere: Ob man das wollen soll?
Und noch ein Ausweg
Oder man kann schließlich auch die Verwertung des eigenen Musik selbst machen. Dann geht gar nichts ohne persönliche Erlaubnis. Bequemlichkeit vor Sicherheit?