Warum ich nicht zur Vorstellung der Datenbank Neue Musik gehe
Es ist 19:49 Uhr. Vor 4 Minuten begann die Vorstellung der Datenbank Neue Musik mit Erweiterungen im vokalen Bereich, wie ich dem Programmheft entnehme. Ich hingegen sitze gemütlich in einem der von Gott geschickten Sitzsäcke im Foyer. Ich habe nicht das Bedürfnis, an dieser Veranstaltung teilzuhaben. Als ich diesen Programmpunkt das erste Mal in unserer konstituierenden Sitzung am Freitag sah, dachte ich zuallererst: “Hmm, das klingt jetzt nicht soooo spannend.” Tatsächlich habe ich mir allerdings einen jener “Über uns”-Texte, über die man früher oder später auf jeder Website stolpert, durchgelesen und mich daraufhin mit wachsender Genugtuung bestätigt gefühlt: “Die Datenbank erfasst schwerpunktmäßig Werke, die aus Kompositionswettbewerben hervorgegangen sind und dort prämiert wurden.” Und nun sollen einige Leckerbissen dieser Datenbank – allein dieser Begriff ist sowas von sexy – von irgendeinem verstaubten Nadelstreifenanzugträger aufbereitet werden. Nein, ich bin froh, hier zu sein.
Nein, ich will mich auch nicht zwangsweise mit diesen Delikatessen der Vokalavantgarde auseinandersetzen. Lieber schwärme ich über die Atmosphäre dieses Festivals, die ich als äußerst locker und entspannt empfinde. Wie in diesem Konzert gerade eben (Konzert 2, Landesjugendchöre Sachsen-Anhalt und Brandenburg), das waren echte vibes! Das war Musikvermittlung par excellence, wenn ihr mich fragt! Die ganze Kongress-Familie diskutiert über Sinnhaftigkeit von (Konzept-)Musik. Ich benutze ja eher ungern dieses Familienvokabular; ich habe gehört, dass Horst Seehofer seinen Hofkopist Karl-Theodor zu Guttenberg mit diesen Worten in den CSU-Reigen aufgenommen hat. Da meide ich diese Begriffe zeitweise lieber. Aber diese Diskussion, definitiv angestoßen durch Iris ter Schiphorsts Werk (oder eher Spiel, wie sie es verstanden werden soll) KONZEPTE zu FLÄCHE(N), war wirklich ergiebig.
Ja, ich sitze gut. Und ich sitze nicht in diesem Bartók-Viehstall (kein Spaß: ab und zu soll der Saal zu einem Viehmarkt umfunktioniert werden!).
Interessant fand ich auch, dass diese ganze Veranstaltung ja nur funktioniert hat, weil das alle ernst genommen haben. Ehrlich gesagt konnte ich ab und an das Gefühl nicht loswerden, hier in einem großen absurden Theater zu sitzen. Alle spielen ihre Rollen gut und mir wird ein riesen Quatsch vorgespielt. Neue Musik als Obskuritäten Theater und gescheiterte Musikvermittlung als First-World-Problem?
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