Das Zentrum für politische Schönheit (ZPS) hat mit und im Schauspiel Dortmund am Samstag, 19. September 2015, Premiere gefeiert mit dem Stück „2099“.

Was bisher geschah:

  • Im Vorfeld fand ein medienwirksamer Videodreh in Dortmund-Dorstfeld, einer Neonazi-Hochburg, statt – Zeitpunkt unbekannt.
  • In der Nacht vom 9. auf den 10. August wurden im Dortmunder Zoo fünf Tiere gestohlen.
  • Am 16. September – drei Tage vor der Premiere – präsentiert das Schauspiel Dortmund stolz ein am eigenen Haus angebrachtes ZPS-Plakat, dass zum Mord an einer lokalen Zooberühmtheit, dem Jaguarbaby „Raja-Onza“ aufruft. Das Jaguarbaby war nicht unter den gestohlenen Tieren.
  • Am 17. September – zwei Tage vor der Premiere – kündigt ZPS-Rädelsführer Philipp Ruch (schöner Vorname übrigens) auf dem Schauspiel-DO-Blog an, dass nach der Theatervorführung bei einer Art Happening das Tierbaby erschossen werden soll.

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  • Am 18. September – einen Tag vor der Premiere – „bekennt“ sich das ZPS bei Twitter zum Diebstahl der 5 Zootiere und gibt sich (augenzwinkernd?) höhnisch gegenüber aufkommenden Vorwürfen.
  • Am selben Tag distanziert sich das Schauspiel DO auf seinem Blog von dem “Bekenntnis” zum Diebstahl.
  • Am 19. September findet die von der Kritik unterschiedlich aufgenommene Premiere statt. Ohne gestohlene Tiere auf der Bühne. Ohne Jaguarbaby-Erschießung im Anschluss. Ohne (laut eigener Aussage) bestellten Neonazi-Aufmarsch. Dafür mit einer großen Anzahl an Journalisten und journalistischer Vorberichterstattung. (Wir wurden übrigens NICHT eingeladen. Hrmpf, gibt’s halt einen Verriss, bitteschön. Selber schuld… ihr Doofis!!)

Aber unabhängig vom (Nicht)inhalt des Stückes: Für mich liest sich das Vorgeplänkel wie Sex sells für Intellektuelle, Kulturliebhaber und Theaterfetischisten. Wie einen (geistigen) Orgasmus vortäuschen, mehrmals. Das geht einmal gut, zweimal, wohl auch dreimal. Aber irgendwann wird das nicht mehr genug sein. Das Publikum Die Öffentlichkeit wird feststellen, dass es dem ZPS nicht um eine Übertretung von Grenzen geht, sondern nur um eine (vielleicht extreme) Dehnung von Kunstfreiheit und -geilheit. Und ganz schnell lässt die Erotik des (nicht zu Ende) Gedachten nach, die ersten werden bald schon während des exhibitionistischen Marketing-Vorspiels einschlafen.

Meine These: Den Point of no return wird auch das ZPS niemals überschreiten. Denn, wenn erst einmal dem Jaguarbaby oder der Öffentlichkeit ins Gesicht geschossen würde, dann würde es eklig, zäh. Dann platzte das Schutzmäntelchen der Kunst wie ein zu oft getestetes Gummi, das das Schöne schön bleiben lässt, folgenlos, ohne die Gefahr von Realität im Verzug,  (Taten)kinder verhütend…

Wir haben übrigens auch jemanden entführt. Er heißt Holger und ist (noch!) wohlauf. Wir haben ihm die Schnürsenkel zusammengebunden und halten ihn an einem geheimen Ort in seinem Zimmer gefangen. In weniger als 72 Stunden werden seine Bier- und Cornflakesvorräte aufgebraucht sein. Morgen schicken wir eine Pressemitteilung an alle papierkorb@-Adressen, die wir von bundesdeutschen Medienhäusern haben. Wir meinen es ernst!!!*

*mit der Aufmerksamkeit.