Was in der Umfrage wirklich drin stand – weitere Fälle sexueller Belästigung an der Münchener Musikhochschule

Auswertung der Frage 21

Aufgrund meines gestrigen Textes erreichte mich heute anonym die siebenseitige, bisher interne Auswertung der Ergebnisse des Fragebogens „Sexuelle Belästigung“ der Münchener Musikhochschule aus dem Herbst 2016. Um es gleich auf den Punkt zu bringen: das Ergebnis ist schockierend! 37,8% von 759 antwortenden Hochschulangehörigen bejahten, dass sie einmalig, öfters oder häufig sexuelle Delikte an der Musikhochschule München erlebt und/oder beobachtet hatten.

Werbung

Rückblick: Die Hochschulleitung hatte diese Umfrage in Auftrag gegeben. Obwohl bereits gegen den Ex-Rektor Dr. Mauser und seine Delikte im Amt prozessiert wurde, glaubte man vermutlich an die Nichtexistenz von sexueller Belästigung („… weitere Vorfälle seien nicht erkennbar“, Schwäbische, 22.7.16) und wollte parallel zur Justiz per anonymisierter Unfrage Erkenntnisse sammeln, um wohl den eigenen Glauben zu untermauern: „Gibt es an unserer Hochschule Formen sexueller Diskriminierung, Belästigungen oder Übergriffe“, nmz, 7/2016. Nochmals in Stein gemeißelt: 37,8% von 759 antwortenden Hochschulangehörigen mussten an einer Ausbildungsstätte der hehren klassischen Musik, die in der Öffentlichkeit als Schutzraum und Schatztruhe des Guten, Wahren und Schönen gilt sexuelle Übergriffe zum Teil mehrfach als Opfer erleben oder als ZeugInnen beobachten. Dazu weiter unten mehr!

Bei hochschulangehörigen FreundInnen und KollegInnen fragte ich nach, wie die Umfrage ablief. Sie war anonym per individuellem Passwort im Internet zu beantworten. Im Gegensatz zur einzigen Mini-Veröffentlichung im Hochschulmagazin „Auftakt 21“ (PDF-Download-Link!) – siehe unten – drehten sich die Fragen eben nicht allein um „Kennen Sie Ihre AnsprechpartnerInnen“, sondern drehte sich das Gros der sehr ausführlichen Fragen um die vielfältigen möglichen Tatbestände sexueller Belästigung.

Die FreundInnen und KollegInnen sagten mir, dass man ihnen versprach, alle umfassend über das Ergebnis der Umfrage zu informieren, was aber nie geschehen sei. Man habe den Eindruck, dies sei nur ausweichend erfolgt, was darauf schließen lasse, dass das Gesamtergebnis höchst unangenehm sei. Man habe so getan, als sei die Umfrage von einer ehrenamtlichen, überforderten Arbeitsgruppe ausgewertet worden. Doch der Aufbau der mir vorliegenden Auswertung lässt auf hochprofessionelles Vorgehen erfahrener Statistiker schliessen.

Wie gesagt, die einzige Veröffentlichung fand im hochschuleigenem Magazin „Auftakt“ (Ausgabe 21) statt. Wortkarg und nichtssagend heißt es: „Die sehr hohe Beteiligung der Hochschulangehörigen (mehr als 50 % nahmen an der Umfrage teil) führte zu einem repräsentativen Ergebnis. Insgesamt herrscht innerhalb der HMTM eine hohe Sensibilität gegenüber dem gesamten Bereich der sexuellen Belästigung.“

Als einziges (!) Ergebnis gab man also die Beantwortung der Frage 22 (Bekanntheit von Ansprechpersonen bei erlebten oder beobachteten sexuellen Übergriffen) bekannt: „Mehr als 54,4 % der Befragten kennen die möglichen AnsprechparterInnen bei Vorfällen sexueller Belästigung.“ „Auftakt“ sagt aber nicht, wieviel Personen konkret teilnahmen. Hier die genauen Zahlen:
Zu Frage 1) sind von 865 Antwortenden 36% Beschäftigte der Musikhochschule und 64% Studierende. Nach den Antworten zu Frage 2) ist das Geschlechterverhältnis fast eins zu eins: von 866 sind 50,8% Frauen und 49,2% Männer. Laut den eigenen Zahlen der Musikhochschule München waren 2016/17 1279 Personen zum Studium immatrikuliert und 563 Beschäftigte, gesamt 1842 Hochschulangehörige. Bei ca. 865 Antwortenden zu den ersten beiden Fragen haben somit ca. 3% weniger als die verlautbarten ungefähren 50% Hochschulangehörige an der Umfrage teilgenommen, nämlich gerundet ca. 47%. (s. Anmerkung am Ende des Textes!) Laut den wackeligen Zahlen von Wikipedia waren z.B. 2012/13 ca. 1000 Personen zum Studium immatrikuliert und ca. 400 Beschäftigte, gesamt ca. 1400 Hochschulangehörige. Bei ca. 865 Antwortenden zu den ersten beiden Fragen haben somit ca. 12% mehr als die verlautbarten ungefähren 50% Hochschulangehörige an der Umfrage teilgenommen, nämlich gerundet ca. 62%. Womit die Angaben im Auftakt-Magazin noch wackeliger als Wikipedia sein dürften.

Auswertung der Fragen 1 und 2 der Umfrage „Sexuelle Belästigung an der Musikhochschule München“

Kurzer Exkurs: wie man der Grafik entnehmen kann, fertigte jemand per Bleistift skizzenhaft per Hand Tortendiagramme an. Dies und die auf das Nötigste reduzierten Fragen und Ergebnisse deuten an, dass hier ein Statistikprofi zugange war.

Interessanter sind indes die Ergebnisse zu konkreten Tatverläufen. Denn hier werden nicht nur die Personen genannt, denen dies als OpferzeugInnen widerfuhr. Es werden auch Zahlen von BeobachtungszeugInnen aufgelistet. Natürlich hat die überwiegende Mehrheit keine Übergriffe erlebt und beobachtet. Dennoch ist jedes Prozent am Delikterfahrungen zu hoch, wenn man Opferschutz ernst nimmt. Alles andere wäre skandalös. Rechnet man bei den erfragten Delikten die Zahlen der Umfrage auf die Nichtteilnehmenden hoch, verschlimmert sich jedes Ergebnis um knapp 40%. Geht man von einem hohen Anteil Hochschulangehöriger aus, die nicht Deutsch als Muttersprache haben, ergibt sich bei solch komplexen und intimen Fragestellungen der Umfrage eine mit ziemlicher Sicherheit höhere Deliktdichte, denkt man z.B. an die asiatischen Studierenden, die aus einem anderen Kultur- und Sprachkreis kommen, wo sexuelle Übergriffe von Lehrenden extrem geringer als hier gemeldet und demzufolge geahndet werden. Man sieht also, dass die im folgenden nun offengelegten Zahlen unter Umständen höher ausfallen könnten, hier nur die Spitze des Eisbergs vorliegt.

Hier liste ich v.a. folgende Ausschnitte auf: Die toxischen 10-20%, die leichtere Delikterfahrungen angaben und 1-10% die schwerere und schwerste Delikterfahrungen angaben.

„Auftakt“ berichtet nichts über die Deliktzahlen, sondern hebt nur die Maßnahmen hervor, die zur zukünftigen Vermeidung dienen sollen wie Spezialisierung einer Frauenbeauftragten, eine externe Anlaufstelle, Richtlinien, Flyer und Verfahren zu Lehrerwechseln. Zur rechtlichen Aufarbeitung der durch die Umfrage hohen Fallzahlen wird nichts gesagt.

Unter den leichteren Delikten fallen folgende hohe Fallzahlen auf:
Frage 6) Anzügliche Bemerkungen (z.B. im Beamtenrecht zu ahnden), von 799 beantwortet.
Das haben selbst erlebt: 14,4%. Das korreliert mit den Beobachtungen: 11,3% sahen so etwas.

Auswertung der Frage 6

Frage 8) Scheinbar zufällige Berührungen, unnötiger/unangebrachter Körperkontakt (kann zum Streitfall werden nach § 184i StGB, selbst auf bekleideten Stellen zu ahnden, wenn ss in sexuell bestimmter Weise vollendet wird, Strafe bis zu 2 Jahre), von 787 beantwortet.
Das haben selbst erlebt: 8,8%. Und beobachtet: 7,8%.

Auswertung der Frage 8

Frage 10) Angrapschen, absichtliche Berührung. Es sei daran erinnert, dass z.B. der Ex-Rektor im Berufungsverfahren seines ersten Prozesses zu 9 Monaten nach alten Recht für ähnliche Delikte verurteilt wurde (noch in Revision). Ist der Nachweis für ein Urteil bei Frage 8 schwierig, beginnt hier der Übergang zu schwereren Delikten, abhängig vom Erleben des Opfers.
Nach neuem Recht Strafe bis zu 2 Jahre. Antworten: 779
Das haben selbst erlebt: 4,4%. Und beobachtet: 2,6%.

Frage 11) Versprechen von Vorteilen bei sexuellem Entgegenkommen. Teilnahme: 773
Das haben selbst erlebt: 0,5%. Und beobachtet: 0,5%.
Hier handelt es sich um einen extremen Graubereich. Knallhart scheint das kaum ein Lehrender oder Mitglied der Verwaltung ausgesprochen haben. Seitens der Studierenden eher gar keiner, denn die haben kaum was zu verteilen.

Auswertung der Fragen 10 und 11

Dass jemand seinen Favoriten/in besonders fördert, das stillschweigend unternimmt, lässt Frage 12 im Umkehrschluss zu, wenn Annäherungsversuche scheitern. Das sind einerseits geringe Zahlen. Allerdings im Falle von Lehrenden, die so etwas an Studierenden ausüben, ist das ein massives Ausnutzen des Schüler-Lehrer-Abhängigkeitsverhältnisses, ein schwerwiegender Amts- und Machtmissbrauch, der z.B. mit der Entfernung aus dem Lehrdienst zu ahnden wäre. In Frage 13 geht es obendrein um die Androhung von Nachteilen.
Frage 12) Beschimpfung nach Ablehnung eines Annäherungsversuches, Teilnahme 773
Das haben selbst erlebt: 1,6%. Und beobachtet: 1,3%.
Die annähernde Gleichheit beider Prozentzahlen unterstreicht bei den geringen Fallzahlen (12 erlebt, 10 beobachtet) die hohe Glaubwürdigkeit des Vorkommens solcher Delikte in der Zeit nach Ex-Rektor Mauser.

Frage 13) Androhung von Nachteilen nach Ablehnung eines Annäherungsversuches, Teilnahme 768
Das haben selbst erlebt: 0,9%. Und beobachtet: 0,3%. In Personen: 7 widerfuhr dies, 2 sahen dies. Da dies zu den klassischen Delikten gehört, die nur zwischen zwei Personen passieren, weil es eben so verachtungswürdig ist, wird dies durch die Einzelunterrichtssituation z.B. im Instrumentalfach begünstigt.

Frage 14 thematisiert aufgedrängte Küsse. Wer der Berichterstattung zu den Erlebnissen der Opferzeuginnen in den Prozessen gegen den Ex-Rektor verfolgte, sah, dass auch dieses Teildelikt zum Repertoire Mausers gehörte, weitere Delikte einleitete. So liegen hier trotz des propagierten Wandels an der Musikhochschule hier hohe Zahlen vor;
Frage 14) Teilnahme 768 (bis zu 2 Jahre Strafe)
Das haben selbst erlebt: 2,2%. Und beobachtet: 1,2%. In Personen: 17 widerfuhr dies, 9 sahen dies.

Auswertung der Fragen 12 bis 14

Man kann davon ausgehen, dass die Delikte der Fragen 10 bis 14 auch in Tateinheit, also miteinander verknüpft, erfolgen können: erst wird verbal angemacht, Küsse aufgedrängt, dann gegrapscht, bei Ablehnung mit Amtsmissbrauch gedroht. Das kann dann bis zu 5 Jahre Gefängnis für den Täter im neuen Recht bedeuten.

Ich wiederhole: das sind zwar leichtere Straftaten und kommen Gott sei Dank nicht häufig vor. In mutmaßlich ganz besonderen intimen Einzelunterrichtssituationen kommen sie allerdings häufiger vor. Das kann im schulmusischen Gesangsunterricht passieren. Verbunden mit den Beschimpfungen und Ankündigungen von Nachteilen könnte es vor allem von sehr wichtigen Unterrichtenden ausgeübt werden, so wie die Staatsanwaltschaft dies dem suspendierten Kompositionsprofessor vorwirft, der das dort nicht Studierenden, aber mutmaßlich der Schwester in Bezug auf Nachteile für ihren damals bei jenem Manne studierenden Bruder androhte.

Es sei daran erinnert, dass die aktuelle Hochschulleitung dies als externen und vergangenen Einzelfall darstellte (s. die o.g. Schwäbische, 22.7.16). Die Umfrageergebnisse der Ära nach dem Ex-Rektor legen das Gegenteil dar: sehr wohl widerfährt dies Beschimpfen und Drohen Studierenden. Und wie jener Kompositionsprofessor sich Ordinarius seines Bereichs nannte, ist davon auszugehen, dass es auch andere Prominente betreffen könnte bzw. das nicht allein von unwichtigeren Lehrenden ausgeübt wird. Denn Drohen und Beschimpfen verbunden mit Amtsmissbrauch erfordert: Macht. Das hatte qua Amt der suspendierte Kompositionsprofessor, der allein schon wegen der Androhung gegenüber Hochschulexternen mitunter wohl suspendiert wurde.

Richtig schwere Delikte fanden traurigerweise auch statt:
Frage 16) Erzwingen sexueller Handlungen, Nötigung (Versuch schon strafbar, in schweren Fällen mind. 1 Jahr Strafe bis open end), Teilnahme: 762
Das haben selbst erlebt: 1%. Und beobachtet: 0,5%. In Personen: 8 widerfuhr dies, 4 sahen dies.

Frage 18) Ausübung körperlicher Gewalt zur Erzwingung sexueller Handlungen und Frage 19) Vergewaltigung, beides mit mind. 2 Jahre Haft bis open end geahndet. Es nahmen je 759 Antwortende teil, je 1 Person erlebte dies, verständlicherweise mutmaßlich in Bezug auf die besondere Unterrichtssituation „Einzelunterricht“ sah dies niemand.

Auswertung der Fragen 16 bis 19

Nach Frage 21 (Teilnahme nur 284) fanden 70,45% der Delikte zwischen LehrerInnen und SchülerInnen statt, 14,1% nur unter Beschäftigten, immerhin 17,6% trotz Anklagen gegen den Ex-Rektor immer noch zwischen Vorgesetzten und Beschäftigten und ein nichz geringes Drittel (32%) unter den Studierenden selbst, aber eben 7ca. 0% wohl seitens des Lehrkörpers gegenüber der letzten Fallgruppe.

Es wurde seitens der Hochschulleitung immer wieder betont, dass auch Studierende Täter seien. Im Zuge der Möglichkeiten von Amts- und Machtmissbrauch ist davon auszugehen, dass allerdings eher Täter in Verwaltung und im Lehrkörper, unter Vorgesetzten zu finden sind.

Auswertung der Frage 21

Besonders krass ist die absolute Zahl der beobachteten und erlebten Delikte nach Frage 20: es nahmen wieder 759 teil. 62,2% (472 Personen) widerfuhr und sahen nichts. 19,1% (145) erlebten und beobachteten mehrfach diese Delikte, 17% einmalig (129) und 1,7% dies häufig (13). Gesamt 37,8% hatten der Befragten sexuelle Delikte erleben und /oder beobachten müssen. Extrapoliert auf die Gesamtzahl der 1842 Hochschulangehörigen (563 Beschäftigte und inkl. Gasthörer, Jungstudierende zusammen 1279 Studierende im WS 2016/17) waren ca. 696 von sexuellen Delikten betroffen, sei es als Opfer oder als Zeugen. Mehr als ein Drittel aller Hochschulangehörigen! (s. Anmerkung am Ende des Textes!)

Besonders krass ist die absolute Zahl der beobachteten und erlebten Delikte nach Frage 20: es nahmen wieder 759 teil. 62,2% (472 Personen) widerfuhr und sahen nichts. 19,1% (145) erlebten und beobachteten mehrfach diese Delikte, 17% einmalig (129) und 1,7% dies häufig (13). Gesamt 37,8% hatten der Befragten sexuelle Delikte erleben und /oder beobachten müssen. Extrapoliert auf die Gesamtzahl der 1400 Hochschulangehörigen waren ca. 530 von sexuellen Delikten betroffen, sei es als Opfer oder als Zeugen. Mehr als ein Drittel aller Hochschulangehörigen!

Auswertung der Frage 20

Das erklärt natürlich den Handlungsbedarf mit Richtlinien, Ombudspersonen, etc. Das beantwortet aber nicht, wie man das ahnden möchte. Polemisch gesagt: in der Kölner Silvesternacht wurden 648 Opfer sexueller Straftaten angezeigt, letztlich wurde gegen 22 Personen ermittelt, Urteile gab es nur 6, allerdings waren viele Täter auch untergetaucht.

Bisher gab es zwei noch nicht rechtskräftige Urteile gegen einen Hochschulangehörigen. Im Gegensatz zu Geflüchteten ist allerdings davon auszugehen, dass von den potentiellen Hochschulangehörigen, die man mutmaßlich als Täter bezeichnen würde, keiner untertauchte. Gemäß der extrapolierten potentiellen Fallzahl wäre an Köln gemessen von über den Daumen gepeilt bis zu 10-15 möglichen Ermittlungen auszugehen und von mehr als nur bisher zwei Urteilen.

Natürlich bietet eine anonyme Umfrage auch Schutz vor Verfolgung, kann man quasi als Täter untertauchen. In Frage 24 (was ich in diesem Zusammenhang immer schon loswerden wollte), 114 Teilnehmende, könnten zudem konkret Namen genannt worden sein. Der Datenschutz verbietet deren Preisgabe. Sehr wohl könnte man aber Prozentzahlen nennen. Wie man insgesamt die Umfrageergebnisse als Musikhochschule offenlegen müsste. Und wie man darlegen müsste, was an strafrechtlichen Maßnahmen erfolgte. Oder unterblieben diese aus Angst vor weiterer Schädigung des guten Rufs? Hier sei an Patrick Bahners erinnert, der in der FAZ (28.4.2017, zahlungspflichtiger Artikel) zum Berufungsurteil des Ex-Rektors 2017 feststellte, dass keine hohen Tiere der Musikhochschule zur Urteilsverkündung anwesend waren, obwohl hohe Tiere vor Gericht stritten und nicht nur Tierchen.

Im zweiten Prozess war die Hochschulleitung dann anwesend, wohl auch auf Druck der FAZ/Bahners-Berichterstattung. Man hat daher den Eindruck von Salamitaktik: das gerade nur minimal Notwendige zugeben, in der Hoffnung, die Krise einfach auszusitzen. Dass aber Unangenehmes und Schockierendes aus taktischen Gründen vertuscht wurde, stellt sich hier angesichts der Originaldokumente eindeutig dar und ist nichts anders als ein Skandal.

[Update 14.6.18]: Aufgrund des Kommentars von Fr. Dr. Zuber sind das Ende des sechsten Absatzes und der fünftletzte korrigiert worden, wobei sich die Zahl der Erlebenden/Beobachtenden sexueller Übergriffe im Sinne der Frage 20 bei Übertragung der 37,8% und bei Extrapolierung auf 1400 Hochschulangehörigen nach Wikipedia für 2012/13 (angebl. nach dem Statist. Bundesamt zitiert) in Höhe von ca. 530 auf 696 bei 1842 Hochschulangehörigen nach den HfM-eigenen Zahlen für 2016/17 verschlimmert.

Der sechste Absatz bietet nun ein besseres Bild für die Hochschule, denn ca. 47% Umfrageteilnehmende entsprechen ca. 50% in „Auftakt 21“. Für die Polemik sei sich hiermit entschuldigt. Beste Aufklärung würde zuletzt eine rückhaltlose Veröffentlichung und Analyse der Umfrage durch die Musikhochschule München höchstselbst schaffen. Zudem eine Antwort, ob Delikte der Umfrage verfolgt werden konnten und wie man sich zu den nun 5 statt im Frühjahr nur verlautbarten/zugegebenen 2 Fällen verhält – intern dürfte die Causa des Kompositionsprofessors schon längst bekannt gewesen sein, womit die Zahl zwei auch damals schon veralte gewesen sein dürfte.

Liste(n) auswählen:
Unsere Newsletter informieren Sie über Neuigkeiten im Badblog Of Musick. Informationen zum Anmeldeverfahren, Versanddienstleister, statistischer Auswertung und Widerruf finden Sie in unserer Datenschutzbestimmungen.
Komponist*in

Komponist*in

17 Antworten

  1. Barbara Zuber sagt:

    Lieber Alexander Strauch,

    Nicht jeder Komponist ist der geborene Empiriker, der Statistiken zu lesen und zu deuten weiß.

    Bevor Sie das Zahlenmaterial der hochschulinternen Auswertung der Fragenbogenergebnisse bezüglich der „Sexuellen Belästigung“ an der Münchner Musikhochschule interpretieren, sollten Sie – was die wirkliche Zahl aller Hochschulangehörigen angeht – erst einmal gründlich recherchieren.

    Rufen Sie doch mal folgenden Link auf:
    website.musikhochschule-muenchen.de/de/index.php?option=com_content&task=view&id=1771&Itemid=1006
    Dort finden Sie den Zahlenspiegel für das Studienjahr 2016/2017.

    Wenn sie den aufmerksam studiert haben, dürfen Sie mit ihren weiterführenden Berechnungen noch mal von vorne anfangen.

    Im Ernst.. Was treibt Sie als Komponisten, dessen Arbeiten (aber nur die musikalischen Werke!) ich sehr schätze, zu einer derart dilettantischen Exkursion in ein Terrain, das man den Profis überlassen sollte. Über Ihre unbekümmerte Vermischung von Berechnungen und Vermutungen kann man sich in Anbetracht eines sehr ernst zu nehmenden Themas nur wundern.

    Mein Rat: Denken Sie doch bitte mehr an Ihre Musik und verschleudern Sie nicht Ihre Kraft in solchen Unternehmungen, die zwar viel Wirbel aufrühren, aber nichts fruchten, weil sie einer exakt recherchierten Grundlage entbehren.

    Mit den besten Grüßen aus der Jachenau
    Ihre
    Barbara Zuber

    • Hallo Frau Zuber, und nicht jede Empirikerin ist dazu in der Lage. Offenbar ist es so. Denn von der Seite der Profis kam anscheinend auch noch keine Einschätzung. Im Ernst. So eine Studie kann man nur dann beurteilen, wenn man sie komplett kennt, das Design der Studie, die Art der Durchführung, die Date am besten roh, um sie selbst durch den Wolf der Analysen zu drehen. Das Ergebnis dürfte andererseits tatsächlich immer noch so spektalulär sein, dass man es bislang vermied, die Sache nach draußen zu tragen, von außen analysieren und diskutieren zu lassen.
      Dass dies so ganz ohne „Grund“ passiert sei, dürfte selbst hartgesottenen Empirikern zu glauben, schwerfallen.
      Sie scheinen sich vermutlich aber ganz gut in der Sache auszukennen, anders als Alexander Strauch, der sich auch gut auskennt, aber anders als Sie.
      Da wäre es doch mal schön, eine Einschätzung von Ihnen oder einem sog. Profi zu bekommen. Kennen Sie da wen? Oder wird diese Studie ihr Geheimnis nie preisgeben dürfen.

      Viele Grüße,
      Martin Hufner

      • Barbara Zuber sagt:

        Sehr geehrter Herr Hufner

        Nur ganz kurz zur Befragung der Hochschulangehörigen:

        Eines der nicht zu unterschätzenden Probleme besteht in der Auswertung von Mehrfachantworten, also der mehrfach zulässigen Antwortangaben, wozu man freilich die ausgefüllten Fragebögen (online oder in Papierform) studieren müsste.

        Ich vermute, dass die Musikhochschule das Programm Excel für die maschinelle Erfassung und Auswertung der Daten aus den Fragebögen verwendet hat. Bezüglich der Darstellung und Analyse von Mehrfachantworten ist aber Excel nur sehr beschränkt ergiebig. Besser, differenzierter und wissenschaftlich fundierter für die Auswertung von Mehrfachantworten wäre, wenn man die IBM-Software SPSS 16 einsetzen würde. Man kann eine Testversion aus dem Internet herunterladen.

        Dazu noch ein Literaturtipp: Achim Bühl: SPSS Version 16: Einführung in die moderne Datenanalyse (Pearson Studium – Scientific Tools), 11. Aufl., München u.a. 2008.

        Mit freundlichen Grüßen

        Barbara Zuber

        • Die Umfrage war online, passwortgeschützt, damit aller Wahrscheinlichkeit Mehrfachteilnahme schwierig, s. im Text: „..fragte ich nach, wie die Umfrage ablief. Sie war anonym per individuellem Passwort im Internet zu beantworten.“ Die ganz genauen Antworten hierzu kann nur eine geben: Die Hochschule selbst! Nur unterließ sie das bisher.

          • Barbara Zuber sagt:

            Lieber Herr Strauch,

            da haben Sie was mißverstanden. Eine Mehrfachantwort ist keine Mehrfachteilnahme, sondern jene, wenn man zu einer Frage nicht eine der vorgegebenen Antworten, sondern mehrere ankreuzen kann.

            Für die Auswertung ist ebenfalls relevant, dass unter Umständen sich Antworten auf verschiedene Fragen wie zum Beispiel auf die Fragen 12 und 13 oder 16 und 17 auf ein und dieselbe unerlaubte Annährung bzw. Nötigung beziehen können. Das bringt schwammige oder unpräzise Ergebnisse, falls die Hochschule tatsächlich Excel eingesetzt hat. Sie beleuchten nicht die wirklichen Verhältnisse. Was bei der Bewertung einer Statstik sowieso immer zur Debatte stehen müsste. Vielleicht hat es sich die Hochschule da etwas zu leicht gemacht, als man die Fragen formulierte und kategorisierte.

            Schwierig, schwierig ist das für eine wirklich sachliche Auseinandersetzung mit dieser schlimmen Sache, die ich ganz und gar nicht herunterspielen will – um dies ausdrücklich zu betonen. Letzteres möchten Sie bitte registrieren, bevor Sie eine provokante Fragen wie die folgende an mich stellen. Ich zitiere Sie: „Oder bezweifeln Sie sogar sie [sic] schwere und Frequenz der Untaten bis heute?“

            Damit sich Ihre Stimmung etwas aufhellt, noch ein Empiriker-Bonmot zum Schluss:
            „Trau keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast.“

            Viele Grüße
            Barbara Zuber

      • Lieber Martin, sehr geehrte Frau Zuber, Text mit den 1842 Hochschulangehörigen für 2016/17 lt. HfM statt der geschätzten 1400 nach Wikipedia korrigiert. Bei Übertrag auf die Gesamtzahl der Angehörigen der HfM haben nun statt 530 696 Personen nach Umfrage sexuelle Übergriffe einmalig, öfters, häufig beobachtet oder erlebt: noch krasser! Für den Vorwurf mit 50% im Auftakt 21 statt mutmasslich nach 1400 62% sei sich entschuldigt, es waren sogar nur ca. 47%. Für rückhaltlose Aufklärung muss das Haus selbst endlich sorgen. Es geht ja um durchaus strafbare Delikte, sofern sie nominell auffindbar wären, sind sie kein Fall für die HfM sd. die Justiz. Oder zumind. für’s Disziplinarische. Auch darüber Bericht erstattet zu bekommen, in Zahlen, wäre ein Zeichen von Transparenz. Zuletzt bleibt die Forderung, die Umfrage mit Alumni zu wiederholen. Lt. Spiegel gingen die Ermittlungen mehr als 20 Jahre zurück. Da wäre viel zu befragen! Oder in welcher Form auch immer Verantwortung zu übernehmen, äußern und zu zeigen. Nimmt man die Spiegel-Recherche ernst, haben Dank den professoralen pornografisch-didaktischen Eskapaden einige eher ihr Komponieren aufgegeben als aufgrund dieser „Münchner Methode“ ausgebaut. Es hören immer Studierende auf, orientieren sich musikal./berufl. um. Hier aber liegt der „Schwarze Peter“ bei der HfM. Und sie tat dahingehend bisher – NICHTS! Im Gegenteil, entmutigt wird man, nicht ermutigt. Den Strafverfolgungsbehörden haben sie uns 20 Jahre nach Studienende ausgesetzt. Und man sagt, persönlich habe man heute damit nichts zu tun. Aber institutionell? Wenn man das nur persönlich wahrnimmt, dann ist’s Zeit, sich von institutionellen Aufgaben zurückzuziehen und lieber Karriere als Komponist zu machen. Ja, Frau Zuber: raten Sie mal der Hochschulleitung lieber dazu zu komponieren, denn als Leitung zu amtieren. Das aber würden Sie nie wagen, so wie Sie das Geflecht Musik/Neue Musik ehren, hochhalten und unterstützen? Das lese ich aus Ihren Zeilen leider heraus. Nun, dann glaubt an die Unfehlbarkeit weiterhin und haltet uns Alumni weiter für was auch immer. Verzeihung für die Direktheit, aber mit Mund zunähen ist hier nichts zu gewinnen. MfG, AJS

  2. Sehr geehrte Frau Zuber, Danke für Ihren Kommentar. Ja, es sind nach Darstellung der HfM dann mehr immatrikuliert (ca. 1300) als die ca. 1000 lt. Wikipedia. Macht es das besser? Das erhöht um so mehr den Graubereich. Aber bevor wir uns um Zahlen streiten: ich beobachte die Aufarbeitung der Fälle nun seit Jahren. Oder deren Verschleierung. In den 90ern. Was mich damit zum Betroffenen macht. Was die Hochschule bis jetzt nicht interessiert, jede institutionelle Verantwortlichkeit für damals abstreitet. Was damals keinen von Rang am Hause interessierte. Und heute werden medial vollmundig Umfragen angekündigt, Frühjahr 2016 die damaligen ersten 2 Mauserfälle als einzige deklariert. Dass die Causa des Komp.profs anstand, dass 2 neue Mauserfälle im Anzug waren, jetzt einer noch in Revision hart verurteilt. Damit sind aus „2 einzigen“ plötzlich fünf geworden. Die Umfrage ergibt potentiell noch mehr. Nicht in fernen Ex-Rektoraten. Sie ergibt mutmassliche Übergriffe der Zeit um 2016. Das wird nicht benannt. Sowie alte Taten nicht benannt wurden. Es wird nicht der Graubereich genannt. Angeblich rückte man sogar die Akten des Jungstudierenden erst heraus, als die Kripo mit richterl. Beschluss drohte. Lt. Spiegelansagen des Komp.profs., lt des Spiegels Recherche wusste das Ministerium Bescheid, der Minister. 1996: waren das Zehetmair, Schmid? Wer noch in der Hochschule damals: Präsidenten (inkl Vizes), Kanzlerschaft? Und 2015 wollte man das immer noch nicht freiwillig rausrücken? Geht die Leitung nicht zu den ersten Prozessen? Verkündet jene besagte Umfrage, großes Aufräumen, Transparenz? Nichts davon erreichte mich! Was mich erreichte: in Sachen des Kompprofs eine Ladung der Kripo. Was war das Ergebnis? Eine Kiste an mich und einen verlegenden Kollegen mit zerrissenen Partituren, vernichteten Widmungen, zerbrochenen CDs, CD-Hüllen mit 3o selbstgebastelten Alumünzen und der Judas-Aufschrift „30 Silberlinge“. Dann eine Diffamierung an die nmz, im Nebensatz durch den Haushalt Mauser. Was das sollte? Ich solle die Klappe halten, mich schämen, lieber komponieren, mich als Verräter fühlen. Doch wer hat hier wen für seine Zwecke verraten und verkauft, Omerta verlangend? Diese Profs., die bis heute Salamitaktik betreibende HfM, die Eggert mit Kündigung drohte, die die Hochschulangehörigen zum Schweigen anhält. Die nicht die Transparenz zeigt, wie sie engl. Musikhochschulen nun zeitigen. Was soll ich da Kunst betreiben? Um den Tätern und potentiellen Tätern das Feld, die weitere Ehre trotz körperlicher Untaten zu lassen? Soll das ewig weitergehen? Oder bezweifeln Sie sogar sie schwere und Frequenz der Untaten bis heute? Kunst heiligt nichts. Schon gar nicht durch die Kunstverletzer der Musikhochschule: sie dachten v.a. an sich, nicht an ihr Werk, an das der Studierenden, der Angestellten! Die Hochschule ist ein Schatzhaus. Das wurde massiv in Mitleidenschaft gezogen. Nicht unsereins tut es. Wir wollen Klarheit und erhalten nur Finsternis. Aber jede Brandrede hat bisher NICHTS bewirkt. Wir sind ja nur Chargen im Spiel der Mächtigen. Doch das hat nun ein Ende! Troja falle. HG, AJS

  3. Die Fragen, ob die Statistiken richtig ausgewertet wurden und ob die Vorfälle systemisch bedingt oder nur „Einzelfälle“ sind, ist doch gar nicht entscheidend. Jeder Fall gehört aufgeklärt und die TäterInnen zur Verantwortung gezogen. Die Hochschul-internen Maßnahmen sind in allen Varianten ziemlich ähnlich. Hier muss viel mehr getan werden!
    Wieso zweifelt die Hochschule diese Auswertung hier an? In den fast zwei Jahren, seit dem die Umfrage durchgeführt wurde, hätte die Hochschule gut eine eigene Auswertung machen können. Da das nicht geschehen ist, darf sie sich nicht beschweren, wenn dies nun andere übernehmen.
    Ich muss Alexander Strauchs letztem Kommentar zustimmen: Seit Jahren schon beobachte ich mit großer Sorge, wie sich die klassische Musikszene gesellschaftlich immer mehr in die Außenseiterrolle drängt, weil einige nicht wahrhaben wollen, dass klassische Musik nicht mehr den Stellenwert wie noch vor 50 Jahren hat. Als Reaktion wird krampfhaft an alten Strukturen und Traditionen festgehalten. Meiner Meinung nach ist es aber genau das, was die Musik zerstört und nicht diejenigen, die längst überfällige Modernisierungen umsetzen wollen.

    • Barbara Zuber sagt:

      Sehr geehrter Herr Mattelé,

      Sie irren.
      Weder bin ich eine Vertreterin oder Angehörige der Münchner Musikhochschule noch hat es die Musikhochschule versäumt, eine Auswertungen ihrer Fragebogenaktion bezüglich des sexuellen Missbrauchs zu machen.
      Die Abbildungen in dem Artikel von Alexander Strauch zeigen Balkendiagramme als Ergebnis der Auswertung.

      Wie diese Auswertung zu beurteilen ist und wie sie zustande gekommen ist, das ist allerdings die strittige Frage – und zwar unabhängig von der unbestreitbaren Tatsache, dass all diese Fälle selbstverständlich einer unbedingten Aufklärung bedürfen.

      In der erhitzten #MeToo-Debatte gilt es sachlich zu bleiben, und nicht das eine mit dem anderen zu vermengen. Wenn Sie diagnostizieren, dass die klassische Musikszene gesellschaftlich immer mehr in eine Außenseiterrolle gedrängt werde und irgendwelche Leute krampfhaft an alten Strukturen festhalten wollen, dann ist dies Ihre Sicht, die ich teile – unter bestimmten Voraussetzungen. Sie hat aber mit dem justiziablen Tatbestand sexueller Belästigungen rein gar nichts zu tun.

      Das Fatale an der Diskussion besteht darin, dass man unentwegt vom einen auf das andere schließt, besonders dann, wenn man anfällig ist für sogenannte Verschwörungstheorien.

      Mit freundlichen Grüßen

      Barbara Zuber

      • Liebe Frau Zuber,
        zu klären, ob sich hinter den angegeben Delikten was konkretes ablesen lässt oder ob das nicht möglich ist oder es unhaltbare Vorwürfe sind, das zu klären, dazu ist die Hochschule angehalten. Und das auch nach medial breiten Ankündigung ihrer Umfrage transparent zu kommunizieren, es endlich zu tun, nachzuholen, das ist die zentrale Forderung. Ausserdem eine institutionelle Aufarbeitung des Vergangenen. Das wäre eigentlich Alles.

        Das entscheidende an der Münchner Debatte: es ist eine Debatte über sexuelle Straftatbestände an der Musikhochschule VOR metoo. Die gerichtliche Aufarbeitung ist im Falle Mausers wesentlich weiter als in anderen Sachlagen. Die Zulassung zum Prozess in Sachen des Kompositionsprofessors liegt lt. Spiegel dem Kadi vor. Ich denke, die werden das schon interessant seitens der Justiz orchestrieren – es wirkt so, dass jetzt erst mal Mauser durchverhandelt wird.

        Das sollte aber noch mehr Antrieb für die HfM sein, Transparenz walten zu lassen. Und sich leitungsmäßig zu erneuern – da läge die größte Chance für Alle, endlich wieder unbeschwerter dem künstlerisch-pädagogischen und wissenschaftlichen Kerngeschäft nachzugehen.

        Zum Thema Verschwörungstheorien: es gab und gibt ja genügend Gerüchte zu jeder Hochschule, aber eben auch zu mehr als nur den noch nicht rechtskräftig Verurteilten und Angeklagten. Wenn es da keine Opfer gab, o.k. Nur Amtsmissbrauch, Machtmissbrauch. Die Sexualdelikte sind hier fast immer im Zusammenhang mit den beiden nicht-sexuellen Ausformungen des Missbrauchs zu sehen. Es mag da auch Ausnahmen geben. Aber klassischermassen im Verwaltungsdeutsch die sich ergebenden Über-/Unterordnungsverhältnisse von Arbeitgeber, Dienstherr vs. Arbeitnehmer, Beamte oder eben Lehrende/Studierende haben wohl manche mit „Top and Bottom“ verwechselt. Dies zu vermeiden, dazu dienen ja die Richtlinien, was auch sehr gut ist.

        Nur eben in die Vergangenheit muss noch mehr passieren. Ob das per Justiz möglich ist, muss man prüfen lassen. Ob das z.B. symbolisch geregelt werden könnte, z.B. dass sich die damals Verantwortlichen, also letztlich der Ex-Minister, sein Ministerialdirigent, die damalige Verwaltung und das damalige Rektorat bei „Ettinger“ für 1996 entschuldigen. Oder für die Erlebnisse der Studierenden beim Home-Schooling des besagten Profs. Das ist eine moralische, letztlich einfache Aufgabe, ohne rechtliche und finanzielle Folgen. Aber von großer psychologischer und moralischer Strahlkraft. Ob das den Herren von anno dazumal je in den Sinn kommt? Oder es eben die heutige Institution im Namen des alten Hauses übernimmt?

        Es geht nicht nur um die Umfrage, es geht um Vieles mehr. Nur eben ist die Umfrage, der Umgang mit ihr der Lakmustest für die soft skills der Hochschule. Ob sie so soft wird, es zu vermögen?

        HG
        Alexander Strauch

      • Sehr geehrte Frau Zuber,
        mein Informationsstand war, dass die Studie bzw. deren Ergebnisse bisher nicht von der Hochschule veröffentlicht wurden. Die Ergebnisse kamen erst durch die Recherchen des SPIEGELS ans Tageslicht. Bitte korrigieren Sie mich, wenn ich da falsch liege.
        Ich sage ja auch nicht, dass keine Auswertung der Umfrage erfolgen soll – ich meine nur, dass die nun zu ergreifenden Maßnahmen nicht von einer Auswertung abhängen. An Musikhochschulen gibt es sexuellen Missbrauch – nicht mehr und nicht weniger ist das Ergebnis der Umfrage. Das war allerdings auch schon vorher klar, da es sexuellen Missbrauch überall gibt. Ich würde es sehr begrüßen, wenn eine valide Umfrage mit belastbaren Ergebnissen durchgeführt würde, am besten mit Vergleichsergebnissen z.B. der LMU oder TU. Wenn dies dazu führt, dass die Hochschulen endlich anerkennen, dass es Missbrauch an ihren Häusern gibt, wäre das mehr als begrüßenswert.
        Sie können mir glauben, dass ich sehr bemüht bin, in der Debatte sachlich zu bleiben, da auch ich ein entschiedener Gegner der „Onlinepranger“ bin. Ich bin kein Anhänger von Verschwörungstheorien, meine Meinung stützt sich auf die Fakten, die mir bekannt sind. Dazu zählen eigene Erlebnisse mit Musikhochschulen und viele Gespräche mit ehemaligen und aktuellen StudentInnen. Jeder, mit dem ich über das Thema gesprochen habe, sagte im Gespräch früher oder später einen Satz wie „Ach ja, bei uns gab es da auch diesen einen Professor …“. Ich sehe keinen Grund, den Betroffenen nicht zu glauben, denn sie haben alle etwas gemeinsam: Sie haben Angst vor beruflichen und persönlichen Nachteilen und haben geschwiegen.
        Es freut mich, dass Sie meine Meinung bezüglich der klassischen Musikszene teilen. Es würde mich sehr interessieren, was Sie sonst noch darüber denken!
        Mit freundlichen Grüßen
        Daniel Mattelé

  4. k. sagt:

    Lieber Herr Strauch,

    Vielen herzlichen Dank für die Veröffentlichung! Es tut gut zu wissen, dass es Menschen gibt, die ihre Stimme gegen Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe erheben.

    Die Zahl überrascht nicht, auch wenn solche Umfragen immer mit Vorsicht zu genießen sind.

    Es gab in der Vergangenheit mehrere Anläufe, sexuelle Übergriffigkeiten an der Musikhochschule zu thematisieren. Jetzt ist die Zeit vielleicht endlich reif für eine dauerhafte Veränderung, das wäre zu wünschen.

    In der Schweiz hat das FrauenMusikForum Schweiz (heute: ForumMusikDiversität) im Jahre 2000 eine Broschüre „Sexuelle Belästigung im Musikunterricht“ herausgegeben, basiert auf der Nationalfonds-Studie „anmachen – platzanweisen: Soziologische Untersuchung zu sexueller Belästigung an Universitäten und Musikhochschulen“ von Monique Dupuis, Barbara Emmenegger, Priska Gisler. Es wurden an 2 Musikhochschulen Befragungen durchgeführt, 19,4% der Studentinnen und 3,4% der Studenten gaben an, schon mal selbst sexuelle Belästigung im Musikstudium erlebt zu haben.

    Für einige Zeit gab es in der Schweiz auch eine Kampagne SUEMA zwecks Selbsthilfe und Vernetzung der Betroffenen von sexuellen Übergriffen in der Musikausbildung, mit Unterstützung von Dr. Werner Tschan (Beratungszentrum sexuelle Grenzverletzungen in professionellen Beziehungen, Institut für Psychotraumatologie Basel).

    In Deutschland gab es 2006 Studien des Sophie-Drinker-Instituts Bremen, geleitet von der Musikwissenschaftlerin Prof. Dr. Freia Hoffmann, die im Buch „Panische Gefühle – sexuelle Übergriffe im Instrumentalunterricht (üben&musizieren, Schott)“ vorgestellt wurden. Dabei wurden auch Frauenbeauftragte der Musikhochschulen danach befragt, ob sie von Fällen an ihren Hochschulen wüssten. Von Belästigungen hatten die Frauenbeauftragten gehört, von Vergewaltigungen hatte keine gehört. (In der Einleitung des Buchs wird im Übrigen darüber berichtet, wie schwer es für die Autoren war, einen Verlag zu finden, der bereit war, das Buch zu veröffentlichen.)

    Generell zum Thema sexuelle Übergriffe während eines Hochschulstudiums, allerdings mit Fokus nur an weibliche Studentinnen und dann aber auch im Lebensalltag außerhalb der Hochschule, gab es 2009-2011 eine europraweite Studie „Gender-based Violence, Stalking and Fear of Crime“, in Deutschland durchgeführt von Prof. Dr.Thomas Feltes (Ruhr-Universität Bochum), Katrin List, Dr. Rosa Schneider, Susanne Höfker. Hier gaben von den 12.663 befragten Studentinnen 54,7% an, während des Studiums sexuelle Belästigung erfahren zu haben (9,8% sexuelle Belästigung mit Bedrohungsgefühl). 27,5% der schwererwiegendesten Situationen wurden an der Hochschule erlebt, davon 37,6% durch Personen aus dem Hochschulumfeld (7,1% davon Dozenten). Bei sexueller Gewalt lag die Zahl bei 3,3% (2,2% sexuelle Gewalt mit ernsthaftem Bedrohungsgefühl) 5,3% der Fälle ereignete sich an der Hochschule, 23,9% durch Personen aus dem Hochschulumfeld (9,7% davon Dozenten). Übergriffe durch Lehrende wurden von den Studentinnen allerdings als eine ohnmächtigere Situation empfunden, nicht zuletzt, weil sie davon ausgingen, dass die Hochschule und das Lehrkollegium in dem Fall eher den übergriffigen Dozenten decken würden.

    Zusätzlich gab es eine Reihe von regionalen Umfragen wie Diplomarbeiten, hochschulinterne Workshops usw.

    Mir fielen bei all diesen Studien mehrere Probleme auf.

    1. Einige Ex-Betroffene konnten gar nicht an der Umfrage teilnehmen, auch wenn sie wollten, weil sie nicht mehr an der Hochschule immatrikuliert waren.

    Wenn nur aktuelle Studierende befragt werden, werden Opfer nicht erfasst, die das Studium bereits beendet oder gar abgebrochen hat.

    – Ein durch sexuelle Gewalt traumatisiertes Opfer braucht mitunter lange Zeit und/oder räumlichen Abstand vom Tatort, um über die erlittene Tat sprechen zu können. Gerade gravierendere Taten sind schwerer, durch hochschulinterne Umfragen zu erfassen.

    – Wie das Opfer den Vorfall verkraftet, wie das Opfer das Studium oder den Beruf fortsetzen kann, hängt auch sehr von der Reaktion des Umfeldes ab. Einschüchterung, Ausgrenzung und Stigmatisierung von Opfern durch das Hochschulumfeld können re-viktimisieren, re-traumatisieren und das Trauma der eigentlichen Gewalttat zementieren. In einem Umfeld, wo die Opfer weggemobbt wird, werden sie auch schwerer durch Umfragen erfasst, weil nicht mehr da.

    – Ausländische Studierende, die nur für eine begrenzte Zeit in Deutschland sind, werden teilweise gezielt als leichte Opfer ausgesucht.

    2. Es ist mitunter einfacher, von leichteren Übergrifflichkeiten zu berichten, zumal diese bis 2016 nicht strafbar waren. Belästigungen und Grauzonen wurden bisher allerdings auch oft – von Opfern, Tätern und vom Umfeld gleichermaßen – als zum Musikeralltag dazugehörend verharmlost.

    Das Reden über Gewalttaten ist belastender, erstens weil die Angst des Opfers gegenüber dem Täter größer ist und weil es weiß, dass das Reden weitreichende Konsequenzen haben kann, sowohl für sich selbst auch auch für den Täter.

    Gerade bei Vergewaltigungen wird – falls es zu einer Anzeige kommt – juristisch genau geschaut, weil bei einer Verurteilung die Haftstrafe droht. Die juristische Wertung einer Vergewaltigung ist zudem je nach Bundesland sehr unterschiedlich (laut einer Vorstudie des Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen variierte die Verurteilungsquote einer Vergewaltigungsanzeige zwischen 4% und 24% je nach Bundesland.). Das Opfer kann sich also nicht drauf verlassen, dass alles gut wird, wenn es anzeigt.

    Die Realität kann also noch schlimmer aussehen als das Ergebnis der Umfrage, insbesondere bezüglich schwere Gewalt.

    Letztendlich kommt es auch nicht auf die Zahlen an, über die man lange streiten kann.

    Die entscheidende Frage ist vielmehr: was passiert mit dem Opfer, wenn er oder sie von einem Übergriff berichtet? Wie soll man reagieren, wenn man einen Übergriff beobachtet oder davon hört? Wie verhindert man weitere Taten?

    Was mich betroffen macht, ist dass das Problem sexuelle Übergriffe als Allgemeinwissen eigentlich schon lange kein unbekanntes Feld mehr ist. Aber wenn es um konkrete Fälle, mit konkreten Personen, im eigenen Haus, geht, dann will man es doch nicht wahrhaben.

    Dabei sollte jetzt allmählich die Einstellung durchgesetzt haben, dass der gute Ruf einer Hochschule nicht davon abhängt, ob es da Vorfälle gegeben hat, sondern davon, wie sie mit den Vorfällen umgegangen ist.

    Der Vergleich mit der Silvesternacht hinkt allerdings etwas, denn das Problem in der Silvesternacht lag eher in der Ermittlung des Täters. Bei einem brutalen Fremdtäter gehen die Juristen eher von einem absichtlichen Übergriff aus, es musste aber trotzdem nachweisen werden, welcher Täter was genau gemacht hatte, was in so einer Situation praktisch unmöglich ist. Bei Sexualtaten in einem Lehrverhältnis oder Beschäftigungsverhältnis liegt das Problem vielmehr in der juristischen Beurteilung der Tat – in der Vergangenheit wurde in solchen Fällen vieles als Missverständnis, missglückte Flirtversuche entschuldigt, auch da, wo die objektiven Umstände und Schilderungen unumstritten waren. Meines Wissens ist Siegfried Mauser der erste Musikprofessor, der nicht mit der Argumentation durchgekommen ist, dass er doch nur ein freizügiges Künstlerleben geführt hätte.

    Eigentlich müsste also als Frage 25 ff. kommen:

    „Haben Sie bereits Annäherungsversuche an Studierende unternommen?“

    Die Antworten wären interessant.

    • k. sagt:

      Solche Umfragen beinhalten ohnehin eher Situationen, die der Umfragenentwickler sich vorstellen kann oder die bereits in einer ähnlichen Form konkret vorkommen sind.

      Es gibt z.B. auch andere Machtmissbrauchssituationen, die vom Münchner Fragebogen nicht ausreichend erfasst werden.

      Eine perfide Methode ist z.B. wenn ein Professor Studierende, die einen Annäherungsversuch ablehnen, zwar nicht mit Nachteilen droht, Vorteile verspricht und auch nicht beschimpft, aber plötzlich fachlich abzuwerten anfängt oder mit ihnen nicht mehr redet. Da die Abwertung vordergründig auf der Leistungsebene passiert – und die Bewertung einer musikalischen Leistung geschieht ab einem gewissen Niveau grundsätzlich nicht nur objektiv – können sich die betroffenen Studierenden gegen diese Art von Schikanen schwer wehren. Sie können höchstens schauen, dass ihr Selbstwertgefühl nicht darunter leiden. Dasselbe gilt, wenn ein Professor bereits übergriffig oder gewalttätig geworden ist und das Opfer einschüchtern oder diskreditieren will, ohne explizit mit Nachteilen zu drohen.

      Der oben genannte Psychiater Dr. Tschan beschreibt in seinem Buch „Missbrauchtes Vertrauen“ (2005, Karger) die Täterstrategie folgendermaßen:

      „Grooming. (…) Was darunter in unserem Kontext zu verstehen ist, wird klarer, wenn man den Absichten von „Grooming“ nachgeht: Täter manipulieren alle Beteiligten, stellen sich und ihre Absichten ins beste Licht und zerstreuen jeglichen Verdacht gegenüber ihrem wahren Vorhaben. Die Zielgerichtetheit des Groomingprozesses respektive der einzelnen Handlungen kann hier klar erkannt werden. Der „Grooming“-Prozess führt als manipulatives Verhalten zu einer Widerstandsminderung bei potenziellen Opfern. Diese Sichtweise über die Täterstrategie bestätigt damit auch indirekt die Grundannahme, dass jeder Missbrauch zuerst im Kopf stattfindet und folglich einer geplanten Handlung entspricht. Der Groomingprozess verläuft auf drei Ebenen: das Groomen anderer Personen, der Umgebung des Opfers und des Opfers selbst.“

  5. @Barbara Zuber: Die Münchener Musikhochschule hat den Fragebogen natürlich auswerten lassen, sonst gäbe es keine Ergebnisse. Nur gab es keine einzige öffentliche Äußerung zu dieser Auswertung seitens der Hochschule (nachdem sie vorher groß angekündigt hatte, dass man sich dazu äußern werde) außer der Info „es seien nun genügend Studenten ausreichend über Anlaufstellen informiert“ Es wird weiterhin nach außen hin die ganze Zeit so getan , als ob diese Ergebnisse keineswegs relevant sind und als ob an der Hochschule einzig die „compliance“-Kultur verbessern werden könnte. Wer genauer nachfragt wird (wie viele Journalisten berichten) nicht etwa informiert, sondern entweder abgekanzelt oder mit Anwälten bedroht. Intern wird Fragen mit sofortigen Kündigungsdrohungen begegnet.
    Warum muss gedroht werden? Warum sollen wir alle schweigen und keine Fragen stellen? Warum gibt es nach wie vor keinerlei solidarische oder empathische Äußerungen der Hochschule zu den Opfern unter ihrer eigenen Belegschaft? Oder den Opfern gegenüber, die in den Räumlichkeiten der Hochschule (im Präsidentenzimmer!) Übergriffe erlebten? Geschweige denn den Studenten gegenüber, die solche Übergriffe erduldeten und deren Hilferufe über Jahrzehnte hinweg im Keim erstickt wurden?
    Jenseits von Verschwörungstheorien sieht das nach außen hin definitiv nicht wie ein offener und souveräner Umgang mit dem Thema aus. Es muss in einem demokratischen Umfeld möglich sein, dies öffentlich zu kritisieren. Nichts anderes geschieht hier.

  6. Barbara Zuber sagt:

    Sehr geehrter Herr Eggert,

    haben Sie sich schon einmal überlegt, was für Gründe die Musikhochschule haben könnte, die Ergebnisse der Fragebogenaktion unter Verschluss zu halten?

    Der wichtigste wäre:
    Grundsätzlich müssen bei einer Umfrage vom Datenschutz vorgegebene Grundsätze beachtet werden. Es soll sichergestellt sein, dass die erhobenen Daten nach geltendem Recht gespeichert, gesichert und verarbeitet werden.

    Und vor allem:
    Auch für eine anonyme Befragung gilt der Datenschutz! Selbst wenn die erhobenen Informationen hiernach anonymisiert werden, bleiben sie personenbeziehbar und damit datenschutzrechtlich geschützt. Das wäre die Rechtsgrundlage für die Hochschulleitung – jenseits aller moralischen Empörung, die Sie äußern.

    Im Übrigen scheint mir die Hochschulleitung durchaus auf einem richtigen Weg zu sein, wenn sie eine externen Experten damit beauftragt, die Compliance-Kultur an ihrer Institution zu optimieren. Und das geht nicht von heute auf morgen.

    Mit freundlichen Grüßen
    Barbara Zuber

    Mehr will ich dazu nicht sagen

    Dass

    • k. sagt:

      Liebe Frau Zuber,

      Der Datenschutz ist zweifelslos sehr wichtig. In diesem Kontext zieht Ihre Argumentation allerdings nicht, denn

      1. datenschutzrechtliche Überlegungen muss die Hochschule VOR einer Umfrage anstellen. Erstens geht es um die Gestaltung der Umfrage selbst – z.B. um die Frage, ob diese Umfrage hinterher veröffentlicht werden soll oder nicht, ob diese anonym oder vertraulich durchgeführt werden -, und zweitens um die Entscheidungsgrundlage für Interessierte – d.h. die potentiellen Teilnehmer müssen informiert und selbstbestimmt entscheiden können, ob sie an der Umfrage teilnehmen wollen oder nicht.

      2. Wenn die Hochschule das Umfrageergebnis aus Datenschutzgründen nicht bekanntgeben will, könnte sie diese Bedenken auch nachvollziehbar begründen und kommunizieren.

      Dies ist jetzt kein Kesseltreiben gegen die Münchner Hochschule, denn das Thema ist nicht nur in München relevant. Man könnte sogar sagen, dass München zumindest fortschrittlicher ist als andere Orte, wo Vorfälle bisher so erfolgreich vertuscht wurden, wo bisher so erfolgreich weggeschaut wurde, dass Nicht-Eingeweihte sie gar nicht mitbekommen haben.

      Aber – und das ist der springende Punkt – diesen Fortschritt hat die Hochschulleitung offensichtlich nicht von alleine eingeleitet, sondern ist dieser Fortschritt trotz des anfänglichen Widerstands seitens der Hochschulleitung erzielt worden, weil es Stimmen gab, die nicht locker gelassen haben und sich nicht einschüchtern ließen. Diese Abwehrhaltung wird kritisiert.

      Es geht um die Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit in der Aufarbeitung der Vergangenheit, in der Wahrnehmung des aktuellen Ist-Zustandes und in der Konzeptentwicklung für die Zukunft.

  7. Liebe Frau Zuber,

    eine Verbesserung der Compliance-Kultur stellt hier keine/r in Abrede. Das kann eine Konsequenz aus der Umfrage sein. Sie, die Verbesserung, ist allerdings, ohne mit einem Wort auf den Spiegelartikel einzugehen, erst im Zuge dessen Erscheinens jenes Artikels breiter geäußert worden. Wie gesagt: löblich. Aber es gab zuvor die Ankündigung der Umfrage, nicht nur in Hochschulrunden, sondern in etlichen Interviews. Damit wurde ein wichtiges Mittel zur Aufklärung seitens der Hochschulleitung vorgegeben. Die Veröffentlichung des Ergebnisses, nicht nur der Konsequenzen aus diesem, erwartete man sich z.B. in einem BR-Beitrag oder einem nmz-Artikel, um mit der Ankündigung angemessen zu korrelieren. Es gab nur die dürre Angabe im hauseigenem Auftakt 21 mit der Bemerkung, dass ca. die Ansprechpersonen im Falle des Falles bekannt wären. Nur war das eine von vielen Teilfragen. Als Alumnus, der Dank dem Versagen der HfM 20-25 Jahre nach dem Studium dazu wie viele andere ran musste, ist man damit durchaus Betroffener und auf Transparenz, eben auch durch Bekanntgabe der Umfrageergebnisse, bauend. Und das, nachdem man sonst eben nur abwiegelndes, beschwichtigendes öffentlich miterleben musste, dass es nur wenige Fälle gäbe, dann die Justiz mehr als die ans Licht bringt, die Umfrage den Verdacht nach noch mehr zur Untermauerung manchen internen Hörensagens offenlegen würde. Oder eben das Gegenteil erbrächte. Oder scheitern würde. Nur offenbarte die Hochschulleitung nichts dergleichen, trotz der vollmundigen Ankündigungen. Zu Flyer, Richtlinien. Zur Umfrage. Zu der eben auch ein Ergebnis gehört. Und das sind nicht zweitrangig die aus ihr gefolgerten Massnahmen, sondern so etwas wie die Zusammenfassung und Analyse der Ergebnisse und deren die Persönlichkeitsrechte achtende Öffentlichmachung. Die mediale Verpflichtung aus ihren eigenen Ansagen hat sie dazu. Und verdammt noch mal, auch die moralische Verpflichtung, die sie wie ein zerschlissenes Tuch in den feuchten Kellern wegsperrt, wie sie es mit den Jungstudierendenakten tat. Nur: wir Betroffenen, irgendwie in unserer Lebenszeit Betrogenen, sind keine wegsperrbaren Akten im Giftschrank sondern leben, man will fast sagen leider – zum Leidwesen der sich vor Reue und Mitgefühl dreist drückenden Hochschule – , noch.