Es ist in der bisherigen Musikwissenschaft noch gar nicht so recht beachtet worden, man hat es schlicht bislang übersehen, aber die Zwölftontechnik ist definitiv in Darmstadt/Hessen „erfunden“ worden. Und das war so:

Im Jahr 1917 hat der junge Arnold Schönberg einmal die Stadt Darmstadt besucht. Er war Mitglied des Begleittrosses der Basketballmannschaft von Rapid Wien gewesen und hat die Vereinsabende musikalisch untermalt, um den Zusammenhalt zu stärken, um Vergnügen zu haben. Im Programm von Schönberg standen dutzende Walzer und Ländler. Rapid Wien spielte in der Euro-Liga gegen die Swordlilies Darmstadt, damals eine echte Macht im Lande.

Das Spiel fand traditionsgemäß in der Sporthalle am Böllenfalltor statt, in Wurfweite des Internationalen Musikinstitituts, damals unter der Leitung Theo Schäfer (Schüler von Guido und Alfred Adler) und Thomas Geißler (damals zweiter Harfenist am Hessischen Staatstheater Darmstadt). Das Spiel läpperte so vor sich hin, beim Stand 12:10 im ersten Quarter für die Heimmannschaft wurde es in der Halle plötzlich durch dicke Wolken am Himmel dunkel und das Licht an der Decke der Halle musste eingeschaltet werden.

Achtung, Animation

Achtung, Animation

Schönberg, der gerade ein paar Strauss-Walzer für Akkordeon und Alt-Saxophon arrangierte, schaute verärgert an die Decke der Halle. Und da merkte er plötzlich, dass es sich um genau 12 Leuchtröhren in einer Reihe handelte, die da angegangen sind. 12! „Das ist kein Zufall.“ Bis zur Hallenmitte sind es ebenso 12 Reihen (12 x 12) – Schönberg zählte nicht bis zum Ende durch oder litt unter Heurigen-Abstinenz, denn auf der anderen Seite sind es nur zehn.

Just in dem Moment machte der ungarische finnische Center der Wiener, Josef-Maria-Matthias Hauerlein einen Korbleger und wurde dabei zudem gefoult. Es machte bei Schönberg: Klick, klick … klick kcilk … kcilk kcilK. Der Assistenztrainer der Wiener, der berühmte Anton Webern sprang auf und brüllte ein „Sator ArepO TeneT OperA rotaS“ – zu deutsch: „Mach hin Hauerlein“ in die Halle der zwei mal sechs Spieler. Hauerlein, im Hauptberuf wissenschaftlicher Mitarbeiter im Tropeninstitut des Dr. Schön, freute sich riesig und zählte 10 und 3 zusammen.

Arnold Schönberg aber sah versonnen an die Decke und erfand die Permutationsgesetze der Zwölftontechnik. Augmented musical reality! Sofort legte er die Walzermanuskripte zur Seite und komponierte seine „Scherzgewächse“ – ein paar dünne Walzer, gewidmet dem Hauerlein, welchem er ja auch schon „Die glückliche Hand“ ursprünglich zugeeignet hatte.

Das Spiel endete insgesamt tumultös, es kam zu Schlägereien zwischen den Sportlern und den Schiedsrichtern sowie dem Publikum. Geißler und Schäfer waren seinerzeit, zur Finanzierung des Musikinstituts, gezwungen, den Putzdienst in der Halle zu übernehmen. Dabei entdeckten sie dann Fragmente der „Komposition“ Schönbergs unter lauter den Bierdosen, Zigarrenstummeln und Pergamenten für Mettigel. Die Bedeutung war ihnen einerseits sofort klar, andererseits auch wieder nicht. Jedenfalls nahmen sie die Manuskriptfragmente mit ins Insitut, wo man sie dann vor zwei Tagen beim Aufräumen anlässlich einer Rechnungshofprüfung wiederfand. Hier ein Detail:

Detail Schoenberg.

Detail Schoenberg.

Dem Musikjournalismuskurs der Ferienkurse wurden die Puzzleteilchen vorgelegt und der Musikwissenschaftlerin Juana Aloisia Zimmermann war alles sofort klar: 1917 wurde die Zwölftontechnik in der Böllenfalltorhalle in Darmstadt erfunden als Folge einer komplett verfehlten Architektur. Die Fragmente des Sportwalzers fanden dann ihren kompositorischen Niederschlag in dem Walzer aus op. 23.

Manuskript - Sporthalle Darmstadt. Schönberg Archiv

Manuskript – Sporthalle Darmstadt. Schönberg Archiv

 

Mit Fug und Recht darf also Darmstadt für sich in Anspruch nehmen, eine, nein: die zentrale Rolle in der neuen Geschichte der Neuen Musik einzunehmen. Das Thema des Spiels setzte sich später fort mit der totalen Reihentechnik („Kreuzspiel“ von Karlheinz Stockhausen) wie der Aleatorik („Aleatorio“ von Franco Evangelisti) oder in der „Kontrazeptiven Musicke“ eines Stefan Prins („Generation Pokemon“).

Bei Lea Letzels elektro-akustischer Komposition für 12 Leuchtstoffröhren „Au-delà de l´aléa“ handelt es sich allerdings um ein hellseherisches wenngleich simples Plagiat.