Es wird häufig als Beweis der Meisterschaft gesehen, wenn einer Sache unterstellt wird, etwas sei „hochprofessionell“. Zu meiner Studienzeit sagte man es immer wieder gegenüber Musik oder Filmen, sie seien „gut gemacht“, aber Mist. Man sorgt sich um Professionalität und sichert dieser am besten durch eine Evaluation der Leistung.

Heute ist ja der 80. Geburtstag des Komponisten Otto M. Zykan. Bei der Suche nach Material seines Schaffens auf YouTube sind mir dann einige eigenartige Filmchen auf den Schirm gekommen. Der Schuhverkäufer Humanic aus Österreich hatte bis vor kurzem in seinen Werbebotschaften auf Botschaftskontrast gesetzt.

Humanic 1983 – Otto M. Zykan: Ping Ping Peng

Da findet sogar ein Sprachsuizid statt. Mittendrin. Worum es geht? Gute Frage. Es ist aber wirklich auch unwichtig. Es geht um Unterbrechung, um ein Hinterdiedingegucken. Kunst kommt von Können. Oder so:

Humanic 1976 – Kunst kommt von Können

In der Welt der Werbung für Kultur und Kunst spielt hingegen, folgt man den letzten Entwicklungen, immer um Argumente, um Begründungen. Man denkt, Inhalte bewirbt man am besten mit Inhalten, die sind wie die Inhalte – eine Analogverdoppelung. Doch Inhalte sind gerade in der Kunst selten diskursiv einblendbar.

„Überzeugen ist unfruchtbar.“ (Walter Benjamin)

Der Erklärbär erklärt sich für zuständig und verfehlt deshalb umso gründlicher den Sinn von Kunst und Erkenntnis – und Waren.

Kulturpolitik ist aber eben so! Sie ist Geschäft mit rationalen Prozessen. Am Ende stehen Verordnungen oder Gesetze, Entscheidungen. Begibt sich Kunst auf diese Spielwiese wird sie unweigerlich zur bloßen Verlängerung einer falschen Normalität, sie hat einen Fuß in einer Tür und wird damit besser abzufertigen. Da hat jedes Märchen mehr ästhetische und gesellschaftliche Relevanz.

Kant sagte über Unmündigkeit:

„Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“ [Immanuel Kant: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?. DB Sonderband: Kant: Werke, S. 1693 (vgl. Kant-W Bd. 11, S. 53)]

Ohne Leitung eines anderen! Das Ziel ist nicht Professionalität oder Hochprofessionalität, sondern die Aufdeckung des eigenen Verstandes.

„Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung frei gesprochen (naturaliter maiorennes), dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt, u.s.w.: so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen. Ich habe nicht nötig zu denken, wenn ich nur bezahlen kann; andere werden das verdrießliche Geschäft schon für mich übernehmen.“ [Immanuel Kant: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?. DB Sonderband: Kant: Werke, S. 1693 (vgl. Kant-W Bd. 11, S. 53)]

Kunst und künstlerisches Tun entbindet nicht. Beides ist kein Geschäft der Kompensation, sondern das Gegenteil: Herausforderung.

„Daß der bei weitem größte Teil der Menschen (…) den Schritt zur Mündigkeit, außer dem daß er beschwerlich ist, auch für sehr gefährlich halte: dafür sorgen schon jene Vormünder, die die Oberaufsicht über sie gütigst auf sich genommen haben. Nachdem sie ihr Hausvieh zuerst dumm gemacht haben, und sorgfältig verhüteten, daß diese ruhigen Geschöpfe ja keinen Schritt außer dem Gängelwagen, darin sie sie einsperreten, wagen durften: so zeigen sie ihnen nachher die Gefahr, die ihnen drohet, wenn sie es versuchen, allein zu gehen.“ [Immanuel Kant: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?. DB Sonderband: Kant: Werke, S. 1694 (vgl. Kant-W Bd. 11, S. 53-54)]

Es ist daher nicht das perfekte Runde, sondern die Lücke, die das Leben schließen wird. Zumindest vorläufig. Habe also den Mut, Dich nicht darauf zu verlassen, dass es andere für dich tun.

Sonst geht es abwärts in den Strudel des nur Allgemeinen. Schön, hochprofessionell, so wie die ganze konsumistische Welt um einen herum. Da ist kein Platz für Franz! oder Hurz! Eingesaugt in eine eingesperrte Welt.

Humanic 2014