Wir müssen über Kultursponsoring reden.

Genauer gesagt über das Saarländische Staatstheater und die Sparkasse.

Dagmar Schlingmann, die Intendantin höchst selbst, inszenierte Emile Zolas Mammutwerk „Das Geld“. An der Inszenierung gibt es nicht’s zu meckern, die ist sehr gut gelungen.

Es geht mir um die Lehre aus Zolas Werk und die Sparkasse:

Stellen wir uns vor, wir wären die Sparkasse. Wir kamen ganz gut durch die Krise und unsere Marketingabteilung läuft gerade die Schiene: „Warum heißt ihr nicht Bank?“

Dadurch wollen wir uns von den „bösen“ Banken absetzten, die durch Gier und großes Risiko den unübersichtlichen Finanzmarkt in die Krise führten.

Und jetzt ist das Staatstheater natürlich immer froh für Unterstützung. Kann man ja auch keinem verübeln.  Es inszeniert das Stück Antikapitalismus schlecht hin: „Das Geld“ von 1890. Natürlich musste viel weg gelassen werden, da es ansonsten den Rahmen einer Abendvorstellung sprengen würde.

Eine Bank sponsert eine Inszenierung, die den Kapitalismus als Wahnsinn brandmarkt? Welches Sätze beinhaltet wie „Geld ist das Leben selbst“ und bei dem ein grenzenlos gieriger Mann die Banque Universell gründet, die sich nicht an Gesetze hält und sich dadurch einen Vorteil verschafft?

Wie passt dass denn nun zusammen?

Möglichkeit a) Die Sparkasse hat keinen werbetechnischen Anreiz bei der Sache. Sie möchte einfach nur dem SST eine Stütze sein. b) Die Leute von der Sparkasse haben sich das Stück genauer angeschaut und festgestellt: Das passt ja 1A in unser Marketing.

Schauen wir uns die Inszenierung, das was sie aus Zolas Werk übernimmt, mal genauer an:

Es gibt den gierigen Hauptdarsteller Saccard. Dieser personalisiert die Banque Universell, welche wiederum die Geldgier symbolisiert. Und – aufpassen – deren Scheitern sicher war.

Dann gibt es den „König der Börse“. Er sitzt die ganze Vorstellung im Hintergrund auf einem Stuhl; hat aber nur wenig Text. Satt und selbstsicher bleibt er fest im Sattel. Er hat seine Stellung durch „Geduld und Logik“ errungen. Er, der König der Börse, wird im ganzen Stück nie infrage gestellt. Selbst als er Verluste einfährt und die Banque Universell scheinbar unermesslich steigt, hat er einen Plan, wie er oben bleiben kann. Und auch bleibt. Sein Plan beinhaltet das geduldige Warten auf den richtigen Moment und die Kraft der Logik.

Während des Kollapses der Banque Universell wird folgendes Zitat, auf einem riesigen LED Schriftzug, angezeigt:

„Und Gundermann (Anmerkung: Er ist der König der Börse), von Verachtung gegen die Leidenschaft erfüllt, übertrieb noch sein Phlegma eines mathematischen Spielers, eines Spielers von der kühlen Hartnäckigkeit eines Zahlenmenschen, der immerfort verkaufte, trotz der andauernden Hausse und bei jeder Hausse immer größere Summen verlor, mit der ruhigen Sicherheit eines Weisen, der sein Geld einfach in die Sparkasse legt.“ (Quelle siehe Linkverknüpfung)

hmm? Stand da gerade auf der Bühne das Wort „Sparkasse“? Die reden doch die ganze Zeit von Banken. Und warum habe ich gerade das Gefühl, dass es eine weise Tat ist, sein Geld in die Sparkasse zu legen?

Ein Erklärungsversuch:

Die Inszenierung kritisiert nicht den Kapitalismus per se. Sie kritisiert nur manche Spielarten davon. Sie kritisiert den Narzissmus und die endlose Gier von Saccards „Universalbank“. Alle anderen werden von ihm und seinem Erfolg verzaubert, sodass sie nicht widerstehen können.

Doch wer wird nicht kritisiert?

Gundermann, der König der Börse. Damit auch die Prinzipien, die er vertritt: Mit Geduld und Logik sein Geld anlegen, ohne hohes Risiko und mit Analyse statt Leidenschaft, ist eine feine Sache. Eine sichere Sache.

Mit dieser Erkenntnis verlässt der Zuschauer das Theater: (UNIVERSAL)BANKEN sind böse. Aber wo soll man sein Geld denn sonst anlegen wenn nicht in einer Bank?

Ironischer Weise kauft bei Zola die Universalbank eine Zeitung mit Geldproblemen auf, um sie für die eigenen Zwecke zu missbrauchen.