In der aktuellen FAS äußert sich Tim Renner, seines Zeichens Livekultur-Staatssekretär in Berlin, zur moderaten Preisstruktur in Berliner Opern- und Theaterhäusern in Relation zu anderswo. Anderswo ist ihm zufolge München, auch bekannt als KiK der Lebenshaltungskosten. Im Artikel ist weiter zu lesen, dass Berlin die städtischen Schauspieler-ABM mit ca. 260€ pro Karte bezuschußt. Fast doppelt so hoch wie der Saturn des Südens (Soo! muss Kultur)… was neben der Sitzkapazität u.a. auch an den höheren Eintrittspreisen dort liegen könnte.

Ich bin überrascht, wie günstig manches ist.

Tim Renner

Welch Nachhall: WIE GÜNSTIG MANCHES IST. Günstig manches ist. Günstig. Günstig günstig…

Wo ist bitte das heiße Nummerngirl (oder -boy. Oder beides.), das die nächste Runde einläutet in „Preis vs. Wert“? Dazu schreibe ich mir jetzt aber nicht die Finger wund, sondern warte erstmal auf belastbarere Zahlen und verlässliche politische Statements. #hatersgonnahate

Heute hü, morgen hott

An dieser Stelle erinnere ich an einen Vorschlag Renners, den er vor etwa einem Monat (das ist eine doppelte Ewigkeit in der Zeitrechnung von Politikern, z.B. von Meinungsbildungsinstituts-Merkel) gemacht hat: kostenlose Opern-Livestreams aus Berlin für die Welt. Und nun also erwägt er eine Platzkartenerhöhung…

Nehmen wir der Einfachheit halber an, dass Renner

a) keine kulturpolitisch-masochistischen Veranlagungen hat (es sei denn, es sind Freikarten für das nächste Konzert von Tokio Hotel) und daher

b) über ein schlüssiges Gesamtkonzept verfügt und danach handelt/Vorschläge unterbreitet.

Ist dann die geplante Preissteigerung der Eintrittskarten als Refinanzierungsmaßnahme für Onlinerechte und Kameramänner gedacht? Oder eher dazu da, überhaupt erst einen Markt zu schaffen für die Online Operetten (Stichwort: Opportunitätskosten). In jedem Fall wäre die Verteuerung der Berliner Livespektakel ein starkes Indiz dafür, dass es sich bei der generösen Bereitstellung der singenden Pixelansammlungen nicht um ein Einstiegsangebot zu einer „Kultur für alle“ handelt, sondern eher um einen ersten Wellenbrecher (die kennt Herr Renner sicherlich noch von unzähligen Rockfestivals) für die Massen. Und das zu einem Zeitpunkt, da am Gorki-Theater gerade vorsichtig die Fühler ausgestreckt werden in Richtung einer „Kultur mit allen“ …
Ich warte gespannt auf das nächste Puzzleteil. Bis jetzt kann ich noch nicht erkennen, was auf dem Bild zu sehen sein soll.

Notiz an mich: man soll Kulturpolitiker nicht vor dem nächsten Interview loben.

UPDATE: Etwas weniger sarkastisch gehen die pfiffigen Zahlendompteure von WELT Kultur an Renners Statement. Unter deren Belastungstest zerfällt auch dessen statistische Stütze. Merci, Bernhard!