Popmusik ist Industrie, Popmusik ist billig, Popmusik lohnt nicht. Außer für den Makler. Stimmt. Aber es gibt auch unpopuläre Musik. Das Beispiel, das ich hier gewählt habe hat den schwerwiegenden Text „Frankenstein conquers the world“ zur Basis und stammt von Jad Fair und Daniel Johnston. Zwei amerikanische „Stars“ der Off-Szene.

Frankensteine

Bei diesem zwei-Ton und zwei-Akkordstück könnte man sich denken, wow, mit wie wenig die auskommen, das ist ja Punk, noch einmal mit Folkverschnitt aufs Grundsätzliche reduziert. Genauso ist es. Die simple und tiefgründige Thematik auf der einen Seite und die melodisch-harmonische Einfachheit auf der anderen. Es ist dem Schlagzeug überlassen, das musikalische Einverständnis aufzukündigen und sein eigenes Leben zu führen, parallel dazu, nur mit Tom und Snare. Denn auch die rhythmische Struktur ist natürlich simpel. Im Schlussabschnitt wird auf den Akkordwechsel dann ganz verzichtet, um dem Wackel-Achtel-Trommelfeuer Platz zu bieten. (Ein bisschen melodramatische Verstärkung kommt vom Sampler mit üblichen Filmgrusel-Klängen).

Die erste spontane Reaktion mag sein: Die hören nicht aufeinander. Aber das stimmt nicht, Anfang und Ende des Schlagzeugeinsetzes sind präzise ins Ungewisse gesetzt. Verfahren wie sie in der Neuen Musik gelegentlich auftauchen, finden sich eben ebenso hier. Zerfaserte Ränder, präzise Ungenauigkeiten. Das alles dient genau dem zu erwirkenden Ziel: Unpopuläre Musik (U-Musik, Achtung GEMA) zu machen mit den einfachsten Mitteln der populären Musik.

Telefone

Das ist in seiner Art einzigartig, findet sich vielleicht im weiteren New Yorker Umfeld von John Zorn oder Christian Marclay. Marclays Film Telephone von 1995 führt uns in so eine Welt der populären Kunst und schneidet sie neu zusammen.

Schreie

Oder bei John Oswald, der sich Ende der 80er Jahre hier zum Beispiel James Brown angenommen hat:

Tschaikowsky

Wenn man schließlich auch populäre klassische Musik betrachtet, dann kann man es machen wie Jon Rose, der den Solo-Violinpart des Violinkonzerts von Tschaikowsky einfach improvisierte. Das ist nicht jedermans Geschmack, wie sich vorstellen lässt. Und ich höre den einen oder anderen die Nasen rümpfen, der hierin den Beweis sieht dafür, die Überlegenheit der komponierten Musik über die Improvisation zu statuieren. Dem will ich hier nicht widersprechen, oder nur insoweit, als dies nicht die jeweiligen Maßstäbe, bzw. diese unvergleich sind.

Das Ulkige ist ja auch, dass die eine populäre Musik hier auf die andere trifft. Die Synthese aus beidem führt aber zu unpopulärer Musik, die dadurch aber zum Kunstgegenstand hochgewertet wird – und die sich den Gesetzen des Kunstmarktes unterworfen sieht.

Der umgekehrte Weg ist der verschlossene. Versuche Populäres weiter durch den Popwolf popularisieren zu wollen, führt dagegen ins der Regel zu nichts. Der Bruch der Affirmation des Pop ist dann unmöglich. Sinfonie der 1.000 Michael Jacksons?

Oder Beatles im Stile Tschaikowskys? Das ist schon fast wieder ein so schönes Scheitern aus Jacke und Hose, dass es gefällt.