Man muss immer von anderen lernen können und siegen lernen können. Völlig überraschend für mich kam gestern abend im Bildungsfernsehen von SAT1 eine Werbung in der zum Lesen gereizt werden sollte. Jedem Happy Meal einer hier ungenannten Fast-Food-Kette wird den kaufenden Kindern ein pädagogisch wertvolles Buch beigelegt, die Auswahl trifft ein lesepädagogisch hochausgebildetes Sonderpersonal, bazahlt nach Mindestlohn. Die Stiftung Lesen macht es möglich. (Wie ich jetzt sehe, schon zum dritten Mahl – kleiner Wortwitz).

Wer nicht richtig lesen kann, hat schlechte Chancen in unserer Gesellschaft, denn Lesen ist der Schlüssel zum Lernen und damit die Grundlage für Chancengleichheit, Erfolg in der Schule und im Beruf. Dennoch ist eine umfassende Lesekompetenz nicht selbstverständlich. Um allen Kindern und Jugendlichen das Lesen näher zu bringen, sind vor allem Zugänge zu lese- und bildungsfernen Bevölkerungsteilen sowie ungewöhnliche Leseanreize notwendig.(Quelle: Stiftung Lesen Website)

Wie schön. Endlich, dank beigelegtem Fast Food kommt Lesekompetenz unter die Leute. Ja, mit Büchern, nicht mit elektronischen Leseapparaten. Ich kann nicht ganz verhehlen, dass mich diese Information innerhalb von zwei Sekunden zunächst aus dem tiefenentspannten Schlaf geweckt und sodann unter den Tisch katapultiert hat, um die durchs Lachen hervorgerufenen Lachkrämpfe zu kompensieren. Zum Lesenlernen geht man jetzt ins Restaurant. Und lernt daneben auch Lebensart. Und erhöht vom allem die eigene Chancengleichheit (zur Zeit stehen da vor allem die Kinder von FDPlern Schlange).

Wir wollen dabei gar nicht mal auf die Logik von richtigem und falschem Lesen herumreiten, den Merkelkindern kann man nicht mit Logik kommen, und auch nicht auf die seligmachende Konditionierung von Fast Food und Lesen, sondern etwas ganz anderes.

Wieso kann man solch einen Blödsinn überhaupt sich erdenken und warum funktioniert das und warum machen die das in der Musik nicht auch so. Unter jeder Pizza liegt jetzt eine LP von Wolfgang Rihm, die Siemens Stiftung macht es möglich? An peinlichen Beziehungen zwischen Musik und Geschäft wäre da einiger Platz. Und warum wird das nicht in Angriff genommen von den seligen Erfindern aus Musikrat oder Gesellschaft für neue Musik? Von Opern- und Konzerthäusern. Ich dachte immer, Musik mache so scheißeklug und fördere damit Erfolg in Schule und Beruf? Sofort: Babykonzerte in Verbindung mit Schwimmkursen der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft! Alles in einem Aufwasch und dazu Pommes vom Grill. Genial.

Demeter und Jörg Widmann, Döner und Peter Michael Hamel, Sardellenpaste und Helene Fischer, Weißwurst und Moritz Eggert, …

Wer kommt mit, ich habe Hunger, äh, will was Lesen …