Nachruf auf Thomas Beimel (von Jobst Liebrecht)

Schon am 29.6. starb der  Komponist Thomas Beimel. Der Komponist und Dirigent Jobst Liebrecht hat einen sehr persönlichen Nachruf geschrieben, den ich hier gerne veröffentliche.

 

In Wuppertal lebte und arbeitete Thomas Beimel. Wo ist er nun?

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Wenn er nicht komponierte, schrieb er Vorträge für Kongresse oder sprach Rundfunksendungen ins Mikrofon . Oder er unterrichtete auf  wie ich mir denke begeisternde Weise Kinder in Schulprojekten oder er gab mit seiner Bratsche selbst Konzerte, einmal sogar in der Schwebebahn. Wer kann  das nun machen?

Liebevoll sprach er von seinen Eltern, seiner Familie, seiner Jugend in einer Ruhrpott-Siedlung. Immer in Kontakt mit seiner Herkunft wusste er das Leben zu feiern. Wenn man ihn anrief, konnte es passieren, dass er gerade einen schönen Fisch auf der Pfanne hatte. Wenn man ihn zu einer Aufführung ins graue Berlin einlud, kam er in einem wunderbar hellblauen Jackett, leuchtete hervor aus der Menge der Szenegänger. Wenn man ihn nicht am Telefon erreichte, war er vielleicht in Rumänien oder in seinem geliebten Südamerika oder in Köln. Wo ist er nun?

So genießerisch, fröhlich, leute-selig er seinen Mitmenschen begegnete, muss da der hart arbeitende  Mensch Thomas Beimel gewesen sein, der das, was aus ihm hervordrang und laut werden wollte, aufs Papier brachte.  Seite um Seite seiner schönen Notenschrift sprechen davon Bände. Große geistliche Werke, Chorwerke mit fast gregorianisch zu nennender Linienführung, Ausdruck und wahrer Andacht, in denen auch das Pathos seinen Platz hatte. Aber auch so viel Verrücktes führte er auf mit seinen Tönen. Wer schreibt nun ein Musiktheaterprojekt mit einem ganzen Mandolinenorchester? Wer kümmert sich nun mit gedrechselten kleinen Stücken verliebt um eine Spieluhr? Wer reist unermüdlich in den europäischen Osten, um dort diffizile Kammermusikwerke einem hungrigen Publikum nahezubringen? Wer kümmert sich nun um die südamerikanischen Trompeten, schreibt der Marimba ihre Töne?

Seine Lehrerin war die große Myriam Marbe. In den kurzen Jahren nach der Wende bis zum ebenfalls frühen Tod der Meisterin lernte er bei ihr in Bukarest das Komponieren. Er wurde ihr Vertrauter und dann der Verwalter ihres Nachlasses. Hunderte von Seiten ihrer unter schwierigsten Umständen entstandenen Werke bewahrte er für die Öffentlichkeit auf, indem er sie einscannte und beim Sophie-Drinker-Institut in Bremen für jedermann im Internet zugänglich freischaltete. Diese Arbeit so voller Liebe und Demut wird die musikalische Öffentlichkeit in Zukunft noch mit steter Dankbarkeit würdigen. Wer tut diese Arbeit nun für ihn?

Er hat auch einen Großteil seiner eigenen Werke auf diese Weise auf seiner Website freigeschaltet, häufig versehen mit wunderbar feinsinnigen und witzigen einleitenden Worten, häufig versehen mit Gedichten der gesamten Tradition der Weltliteratur. Wer schaltet das Werk von Thomas Beimel nun weiter selbst frei? Wer kümmert sich nun in diesem bitteren Moment um seinen eigenen Nachlass?

Denn Thomas ist am 29.Juni 2016 mit nur 49 Jahren verstorben.

Und ich muss fragen: Wo ist mein Freund Thomas Beimel nun, der immer so uneingeschränkt Anteil nahm an meinen eigenen Projekten, insbesondere denen mit Kindern und Jugendlichen? Der nach Berlin kam, der anrief, um zu erzählen und um zuzuhören , weil ihn diese Themen selbst so sehr umtrieben? Der immer zusprach und aufmunterte, lebendig, streitbar und mit Witz reagierte?

Wo ist er nun?

In einem Himmel voller Geigen gibt er  den Bratschenengel. „Wir genießen die himmlischen Freuden. Drum tun wir das Irdische meiden.“ ( Mahler  IV )

Jobst Liebrecht

Am 26. August 2016 findet um 20 Uhr ein Gedenkkonzert für Thomas Beimel statt.
CityKirche Wuppertal-Elberfeld, Kirchplatz 2, 42103 Wuppertal.

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