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op. 111 – Eine Analyse in 335 Teilen – Takt 8

„Ei der Daus!“ – so erschalle es hier! Angesichts der achten Folge, also der Analyse des achten Taktes von Beethovens opushundertelfiger und leicht fischiger (weil ziemlich spät geschriebener) Kaviarsonate! Hier ist Beethoven sozusagen ganz Stör! Und, etwas barsch, aber zugleich auch ein wenig lax heißt es demgemäß: „Only 327 Takte to go!“ Denn die Takte 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 7 haben wir ja schon hinter uns.

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Beethoven op. 111 - 1. Satz - Takt 8

Ja, Freund*innen! Das „lustige“ chromatische Akkordmittelundunterstimmenverschiebungsspiel (super lustig: „sempre pp“) geht weiter! Nur gibt sich die Oberstimme nicht mehr ganz so eingefroren wie noch in Takt 7 – und gönnt sich zumindest einen kleinen Sekundabwärtsschritt. Ein kleiner Sekundschritt für die Menschheit, aber… Äh.

Von dem ges des (kennt jemand noch die ORF-Kindersendung „Am dam des“, die wir im Österreichurlaub immer schauten?) verminderten Septakkordes der ersten Zählzeit geht es dann zum f, das sich prompt als Terz des Des-Dur-Akkordes auf der zweiten und dritten Zählzeit herausstellt. Auf der vierten Zählzeit verändern sich dann erneut – natürlich wieder lecker mit scharfer Saucen-Punktierung – zwei Stimmen des Akkordes; und zwar im „Alt“ (vom des zum ces) und im „Bass“ (vom des zum d). Also landen wir wieder auf einem verminderten Septakkord (d – f – as – ces – f).

Weiter bleibt es auch bei „unserem“ Pianissimo. Beethoven drückt mit dem „sempre Pianissimo“ gleichzeitig aus, dass diese Stelle – trotz der persistierenden Punktierungen – wirklich „nach Innen gerichtet“ zu spielen ist. Leise, leise!

Und genau in dieses allzu bequem-beschauliche Pianissimo „bricht“ der Oktavsprung des allerletzten Akkordes hinein. Doch ohne ein plötzliches Forte! Es gibt nur diesen Sprung, der uns an die Pranken-Oktaven des Beginns erinnern mag… Folgt jetzt eine Dramatisierung – oder hat Beethoven diese Akkordkette in mittlerer Lage samt der nun zur Genüge penetrierten Akkordmittelundunterstimmenverschiebungsspiele einfach satt?

Übrigens geht das „Daus“ aus dem als annähernd ausgestorben angesichts allerlei „Ach-nee!“-Erstaunens ausnehmend auffälligen, allseits bekannten Ausdruck „Ei der Daus“ wahrscheinlich auf das mittellateinische „Dusius“ („Dämon“) zurück, bedeutet also in etwa so viel wie: „Fack, ne, echt jetzt?“

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Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.

Eine Antwort

  1. Michael Binder sagt:

    Lieber Herr Lücker.
    Ich kann nur hoffen, dass Eines meiner Werke auch so einmal analysiert wird.
    So macht Analyse Spass.
    Freue mich schon auf die nächsten 300 Takte.
    Grüsse aus Spanien,
    Michael Binder