Die Welt hält den Atem an: Die ECHO-Klassikpreise wurden wieder verliehen! Bericht aus München!

…und schon seit mehreren Wochen ist meine Mailbox voll mit den tollen Pressemeldungen dieses monumentalen Ereignisses („ECHO-Klassik! ECHO-Klassikpreise! Wahnsinn! Supie!“). Was wäre die Klassikwelt ohne den ECHO? Vielleicht ein wenig glaubwürdiger, weniger sich anbiedernd, weniger hohl….aber ich schweife ab! Die Klassik befindet sich ja auch nicht im Ausverkauf sondern ist so lebendig wie noch nie, wie auch der Visagistenverband Baden-Württemberg neulich noch einmal ausdrücklich bestätigt hat!

Werbung

Nun ist es also meine ehrenvolle Aufgabe, die letzte und abschließende PR-Meldung über die wie jedes Jahr unglaublich spitzenmäßig erfolgreiche Gala auch euch, den lieben Lesern unseres Blogs, zu verkünden. Damit ihr wisst, was ihr (und ich) alles tolles verpasst habt (habe), als ihr gestern den Fernseher wie immer nicht eingeschaltet habt – schämt euch, ihr Kulturbanausen!

Anna Netrebko

Anna Netrebko auf dem Balkon ihres New Yorker Appartments. Ok, das ist jetzt nicht Anna Netrebko selber, die hier zu sehen ist (duh!) – das richtige Bild von ihr auf dem Balkon könnt ihr aber auf ihrer Facebookseite finden. Dieses Bild ist aber – ob ihr’s glaubt oder nicht – AUCH von Anna Netrebko. Und zwar von ihr ganz persönlich fotografiert. Und auch von ihrer Facebookseite. Ich finde es irgendwie süß, dass sie so einen kleinen Schneemann von sich gebaut hat und diesen dann auch fotografiert. Ich glaube, dass Anna Netrebko eigentlich ziemlich nett ist, nicht so zickig, wie es manche behaupten. Wahrscheinlich liest sie auch diesen Blog. Also ich mag sie echt gerne! Und singen kann sie auch….

ECHO Klassik-Verleihung 2014: Stars der Klassik und Newcomer bei glamouröser Gala in der Münchner Philharmonie im Gasteig geehrt.

München, 26. Oktober 2014 – Nach fünf Jahren kehrte der ECHO Klassik, eine der wichtigsten Preisverleihungen der klassischen Musik, nach München zurück und feierte die Stars der Klassik mit einem rauschenden Fest in der Philharmonie im Gasteig in München. Auch danach waren viele noch berauscht, vor allem von sich selber. Nina Eichinger und Rolando Villazón führten ohne jeglichen Witz und Charme…ach Quatsch, mit GANZ VIEL WITZ UND CHARME, haha, charmanter Witz von mir, hihi durch die Gala, die noch am selben Abend um 5 Minuten zeitversezt vom ZDF übertragen wurde (um die peinlichen Momente schnell noch rausschneiden zu können) und die ab sofort schon nicht mehr in der ZDF-Mediathek zu sehen ist. Nach der Übergabe der begehrten ECHO Klassik-Trophäen trafen sich Künstler, Laudatoren, Moderatoren, geifernde Agenten, geldgierige Luden, Kokaindealer, diverse kommende Pornostars und prominente Gäste aus Kunst, Kultur, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, darunter Patricia Riekel, Heinrich Schafmeister, Simone Kermes, Claus Kleber, Susanne Porsche, Wolfgang Heubisch, Ellen Kessler, Hans Sigl und Alexander Mazza, um gemeinsam bei der ECHO Klassik-Night (oder ist es „Classic Nacht“?) über die diesjährigen Preisträger bis spät in die Nacht abzulästern.

Höhepunkte der TV-Sendung
Den Reigen der auftretenden Künstler eröffnete die „Sängerin des Jahres“ Anna Netrebko mit ihrem inzwischen schon legendären halbnackten Selfie auf dem Balkon ihres New Yorker Appartments, ihr folgten Anne-Sophie Mutter, die für die „konventionellste Konzerteinspielung des Jahres“ geehrt wurde, und Igor Levit in der Kategorie „Solistische Klavier-Solo Einzeleinspielung des Jahres“. Diana Damrau, ausgezeichnet in der Kategorie „Klassik-ohne-Grenzen-Preis“, nahm mit „I could have danced all night“ aus „My Fair Lady“ die mikrotonale Stimmung der ECHO Klassik-Night bereits vorweg. David Garrett bekam einen ECHO Klassik als „Lustknabe des Jahres“ überreicht, Piotr Beczala erhielt die Trophäe in der Kategorie „Anna Netrebko-Bühnenpartner des Jahres“. Der Hornist Felix Klieser war als „Nachwuchskünstler des Jahres“ auf der Bühne, aber nur ganz kurz, denn den kennen noch zu wenige. Ein besonderes Highlight war die Verleihung des ECHO Klassik an Nikolaus Harnoncourt, mit dem ein besonders skurriles Zitat dieses herausragenden Künstlers gewürdigt wurde. Darin bricht er eine Lanze für einen immer wieder neuen und grammatikalisch falschen Blick auf die Musik: „Ich will, dass die Musik, genauso wie alle anderen Künste übrigens auch, uns immer noch etwas zu sagen haben.“
Noch spät am Abend wurden die Fans von Harnoncourt mit dem speziell für die Gala kreierten Fan-Button „Ich will, dass die Musik uns immer noch etwas zu sagen haben!“ in manischer Ekstase gesichtet.

Fast alle Preisträger persönlich vor Ort
Bei der ECHO Klassik-Verleihung war die ganze Bandbreite der Welt der klassischen Musik vertreten: Fast alle der insgesamt 48 Preisträger konnten die Einladung nach München wahrnehmen und verfolgten mit Gesichtslähmung und wachsendem Fremdschämen die Geschehnisse auf der Bühne. Dr. Florian Drücke, Geschäftsführer der Drückerbande Musikindustrie, freute sich ganz besonders über das zunehmende Vergreisen der Zuschauer und fasste den Abend so zusammen: „Wieder einmal durften wir gemeinsam einen herausragenden ECHO Klassik erleben – an dieser Stelle ganz herzlichen Dank an alle, die zu dieser eindrucksvollen Preisverleihung beigetragen haben. Dies gilt vor allem den Künstlern, aber natürlich auch dem ZDF, dank dessen großartiger Unterstützung auch die vielen Klassikfans zu Hause in den Genuss dieses feierlichen musikalischen Abends gekommen sind.“
Ganz besonders herzlich dankte Drücke auch dem Ehepaar Johann und Jutta Wimmer aus Wuppertal, die als einzige Menschen in ganz Deutschland die gesamte Liveübertragung fast bis zum Schluss verfolgt hatten (bis Schwester Luise im Seniorenheim den Strom abdrehte).

Einige der Preisträger, wie das Alliage Quintett mit József Lendvay (Kategorie „Beste Saxofonquartett mit Klavier-Bearbeitungen von bekannten und ohnehin schon tausend Mal gespielten klassischen Werken, die die Welt dringend braucht“) oder das Freiburger Barockorchester mit Pablo Heras-Casado (Kategorie „Qualitativ hochwertigste ECHO-Preis-Annahme des Jahres“) freuten sich über ihre wiederholte ECHO Klassik-Auszeichnung, die von manchen als Geringschätzung ihrer Arbeit gesehen wird. Andere Künstler, wie das Trio Imàge („Welt-Ersteinspielung eines schon vormals eingespielten Werkes des Jahres“), waren zum ersten Mal dabei und vollkommen megabegeistert über den geilen Empfang in München, das Blitzlichtgewitter am Roten Teppich, die vielen sich-die-Kleider-vom-Leib-reißenden Groupies und die bedrückende und neidgeschwängerte Atmosphäre im Saal während der Verleihung und die angespannte Stimmung auf der ECHO Klassik-Night (oder Classic-Nacht?) , wo ihnen deswegen so viele Bekannte aus der Musik- und Unterhaltungsbranche nicht mehr gratulieren konnten, weil sie noch ganz dringend in’s P1 mussten.

Moritz Eggert

Liste(n) auswählen:
Unsere Newsletter informieren Sie über Neuigkeiten im Badblog Of Musick. Informationen zum Anmeldeverfahren, Versanddienstleister, statistischer Auswertung und Widerruf finden Sie in unserer Datenschutzbestimmungen.

4 Antworten

  1. Gery Feind sagt:

    Klasse Beitrag!
    Letztlich ist Selbstbesoffenheit nur Mittel zum Zweck. Schließlich heißt es Show-Business – nicht „all about the truth“-Business.

  2. logikalisch – ethikalisch – scholastikalisch – diagnostikalisch – grammatikalisch?
    Oder lieber:
    logisch, ethisch, scholastisch, diagnostisch, grammatisch?

  3. Es glänzt die Medienpräsenz und dennoch wird der/die/das „Echo“ den Kommerzgestank nicht los. Wertloser Industrie-Hype. Zu Recht. Eine „Auszeichnung“, bei der man sich nur noch wundert, dass qualitätsbewusste Kunstmenschen sie nicht zurückweisen. Beispiel dafür, wie korrupt auch angenommen intelligente Musikmacherinnen und -Macher inzwischen sind. Ich mag die ganzen opportunistischen oder schlicht doofen Widerhall-Nixdenker hier nicht aufzählen – vielleicht mal eine Fleißpaufgabe für Arno. Bitte mit Kommentar und Bildern. Grad geh ich Kotzen, sehr traurig bei Betrachtung dieses volksdümmlichen Lemuren-Dreckshaufens…

  4. Thomas sagt:

    Ausnahmsweise mal vollkommen einer Meinung. Diese Veranstaltung ist peinlich und deprimierend. Ohne jeden Hauchs von geistigem Niveau, völlig versaut von sich in banalsten Lobhudeleien ergehenden Marketingsprache. Doch das allerschlimmste: ohne jedes Selbstbewusstsein. Diese servile, anbiedernde Haltung, dieser vorauseilende Gehorsam gegenüber dem Publikum treibt einem die Tränen in die Augen. Aus der stolzen Schönen „Klassik“ ist eine Hure geworden.