Erweiterter Bund oder verengte Hose?

Ich hoffe nicht, dass wir die Hosen noch enger gürten müssen, wenn nach dem nächsten Wochenende all die netten Gaben unter dem Versprechensbaum der Vorwahlzeit sich als reine Geschenkhülsen erweisen werden. Ein solches unerfülltes Versprechen hätte gar den Segen des Deutschen Bühnenvereins, der vor allem direkt von Ländern und Kommunen finanzierte Theater vertritt. Auf die Frage, ob sich die Bundespolitik mehr in Sachen Kultur einsetzen sollte, antwortete der Vereins-Direktor Rolf Bolwin: „In der Regel spielt der Bund für die Kulturfinanzierung keine besondere Rolle. Und niemand kann sich ernsthaft wünschen, dass sich das ändert.“ So also Bolwins Bollwerk, dem Vertreter von Institutionen der öffentlichen Hand. Von seiner Warte spricht er zurecht Themen wie Sozialversicherungen an, was sich bei Beitragserhöhungen für die theatralen Arbeitgeber die Bilanzen beschwerend auswirken kann. Die sonst finanzschwachen Häuser würden sich allerdings garantiert freuen, wenn der Bund wie gestern bei der Landtagswahl und Volksabstimmung zu Verfassungsänderungen in Bayern eine bessere Gemeindefinanzierung bzw. budgetäre Entlastung in übertragenen Aufgaben seinerseits gar verfassungsrechtlich festschreiben würde. Apropos: man darf nun gespannt sein, ob die neue bayerische Landesregierung ohne den FDP-Promoter Heubisch, der nun als Kulturminister abtreten muss, dessen Konzertsaalpläne für das BR-Sinfonieorchester fortsetzen muss. Die proben tatsächlich immens beengt hinter dem Herkulessaal. Der mit den Philharmonikern gemeinsam genutzte kommunale Gasteig wird im Laufe der nächsten fünf Jahre der Legislaturperiode auch immer renovierungsbedürftiger, auch hier könnte der positiv über die Bühne gegangene Volksentscheid eine Verpföichtung zur Unterstützung der Landeshauptstadt und der BR-Sinfoniker sein. Und apropos Kommunen: wenn nun diese besser finanziell unterstützt werden sollen, wie sieht es mit dem Erhalt der maroden Spielstätte in Landshut und der vom Hochwasser massiv belasteten in Passau des Südostbayerischen Städtetheaters aus? Eine Menge Hausaufgaben.

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Bolwins Bollwerke sind öffentliche Häuser. Freie Theaterschaffende haben aber bereits jetzt die Möglichkeit, beim Bund, genauer der Bundeskulturstiftung, Mittel für Projekte zu beantragen, die mehr als 50.000 € Hilfe benötigen. Das können dort auch etliche Musikprojekte bei ähnlichen Finanzbedarf. Für geringere Hilfe, also unter dieser Summe, steht der Fonds Darstellende Künste den Theatermachern grosszügig zur Seite. Und im Falle der Musik? Wenn es um Popularmusik geht, gibt es die „Initiative Musik“. Und wenn es um ähnlich experimentelles, ungewöhnliches wie im Theaterbereich geht, hat nur das Musiktheater eine Chance, welches beim Fonds Darstellende Künste anklopft. Konzerte und Festivals? Denen bleibt momentan das „Zeitgenössische Konzert des Musikrats“. Nachdem allerdings die GEMA-Stiftung selbst wie als Partner dieser Förderung immer weniger ausgeben kann, sinkt paritätisch der Anteil des Bundes an dieser. So stellt sich die Frage, ob ein selbständiger „Fonds Neue Musik“ nicht an der Zeit wäre. Ein Fonds, der genauso von den unterschiedlichsten Verbänden der freien Berufe und der freien Szene sowie lange bestehenden Dachorganisationen des Musiklebens kuratorisch betreut wird und von der Bundesregierung grosszügig unterstützt wird. Bolwin umformuliert kann man nur sagen: Jeder wünscht sich ernsthaft, dass sich das ändert! Immerhin scheinen alle Fraktionen des Bundestags grundsätzlich diesem Thema aufgeschlossen gegenüber zu stehen. Mögen sie sich an ihre Versprechen erinnern, man sprach sogar in einer Bundestagssitzung der bald vergangenen Wahlperiode darüber. Nicht dass Bolwins Sätze am Ende oder irgendetwas anderes als Generalpardon für ein wiederholtes Einstampfen dieser Absichtserklärungen herhalten muss. Man will ja nicht mäkeln. Aber neben Verbesserungen am Urheberrecht, wie dem ausstehenden „Korb 3“, bereits bestehenden und auch ausbaufähigen Hilfen für die Popularmusik muss auch die Kunstmusik unterstützt werden, die gerade wieder viriler und vibrierender wurde, wie letztes Jahr in Darmstadt und Donaueschingen die Jüngeren bewiesen, wie es aktuell stellvertretend für Viele das Decoder-Ensemble unter Beweis stellt. Die behelfen sich zwar auch über Crowdfunding zur Finanzierung ihrer neuen CD, zu dessen Unterstützung hiermit aufgerufen sei, aber letztlich benötigen auch diese z.B. solch einen Fonds Neue Musik, um einfacher und breiter Aufträge vergeben zu können, als jedes Mal mühsam die Fans anbetteln zu müssen. Denn wir brauchen nicht nur die eine oder nur die andere Möglichkeit. Wir brauchen schlichtweg mehr Möglichkeiten um den Erhalt des Bestehenden und das Wachsen des Nachfolgenden absichern zu können, denn es geht um Kunst und, wie holzhammerartig dies jetzt auch sein mag, um Arbeitsplätze der freien und für das Land so wichtigen Kreativwirtschaft, die ja sogar allmählich den Autobau überflügelt.

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