BaWü: Rektorenzwist // MUC: Überreiches // Berlin-Würzburg: Vertonungen

BaWü: Rektorenzwist//MUC: Überreiches//Ber-Würz: Vertonungen

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Rektorenzwist
Trossingen/Freiburg • Mit Vorsicht ist nach wie vor die Weiterentwicklung der baden-württembergischen Musikhochschulen zu goutieren. Einerseits sprechen der SPD-Landtagsfraktionsvorsitzende und der grüne Ministerpräsident höchstpersönlich massvolleres aus, als die ministeriellen Papiere und Besuche der Hochschulen von Theresia Bauer noch die Wogen der Empörung tsunamiartig aufheizten. Andererseits ist das Tischtuch der Rektorenkonferenz der baden-württembergischen Musikhochschulen nach wie vor zerschnitten. Zur Erinnerung: die Karlsruher, Freiburger und Stuttgarter Rektoren unterstützen bisher die Pläne der zuständigen Ministerin, müssen danach allerdings auch nicht eine Rosskur erwarten, die wie im Falle Mannheims komplette prägende Studiengänge der klassischen Musik aufheben würde oder im Falle Trossingens die Hochschule als Seminarakademie gänzlich auflösen würde. Beide betroffene Rektoren haben nun ihre eigene Konferenz gegründet, da Teile der anderen Rektoren nach ihrer Meinung kein Jota an Verständnis für beide aufbringen. Besonders Trossingen steht schwer unter Beschuss. Angeblich nannten Mitarbeiter des Ministeriums die Trossinger Hochschule eine „Bespassung der Landbevölkerung“.
Nun meldet die Stuttgarter Zeitung, dass die Trossinger Rektorin Elisabeth Gutjahr gar anwaltlich gegen den Freiburger Rektor Rüdiger Nolte vorginge, der auf gesetzte Fristen bisher wohl nicht reagierte. Er soll Trossingen als „Pampa“ bezeichnet haben und sich fragen, wie eine Stadt mit nur einem Kino für eine Kulturhochschule tauge. Vor allem der Satz „wir können nicht das Niveau aller auf das Niedrigste im Land absenken“ erboste die Trossinger Rektorin. Erst heute hatte ich wieder mit einem dort hervorragend ausgebildeten Akkordeonisten zu tun, schätze die Arbeit mancher dort unterrichtender junger Kompositionskollegen genauso hoch ein wie die Freiburger Professoren und weiteren Lehrer Hochachtung in ihrer Arbeit verdienen. Mit Verlaub, sehr geehrter Herr Nolte: wenn Ihre Aussagen stimmen sollten, senken Sie selbst das Diskursniveau gegen Null herab. Man kann Ihnen und allen anderen Amtskollegen nur wünschen, dass Sie bald zu besseren Umgangsformen zurückfinden. Oder bei totaler Verfahrenheit der Lage lieber neue Gesichter an den Verhandlungstisch lassen. Noch eines: Trossingen ist zwar eine veritable Kleinstadt. Aber kennen wir in unserem Lande nicht genügend Städtchen, die Universitäten, Hochschulen und Akademien beherbergen? Ist nicht gerade die Ruhe einer kleinen Stadt förderlich für lehrende und kreative Konzentriertheit? Zu allerletzt: gerade wenn sich die Administrationen der Musikhochschulen bestens verstehen würden, könnte man durch deren Kooperation, Zusammenlegung von Verwaltungseinheiten, partnerschaftliche Studiengänge mehr erreichen als diese „Friss-oder-stirb-Mentalität“. Momentan setzen alle Rektoren auf eine apokalyptische „loose-loose-Situation“.

Überreiches
München • Die Saison hat noch gar nicht richtig begonnen. Doch schon regt sich in diesem April- oder doch Herbstwetter erneut das Leben der zeitgenössischen Musik. Da die Pinakothek der Moderne wegen Renoveriung den Sommer schliessen musste, eröffnete sie im Aussenbereich eine „Schaustelle“. Im Juli waren dort schon Künstler wie z.B. der Universalist Christoph Reiserer zu Gange. Heute abend um 20 Uhr präsentiert unser Hauptblogger Moritz dort seinen Schüler Samuel Penderbayne im „Konkordia-Konzert“ und lassen in bester Konkordanz einträchtig ihre und die Herzen der Zuhörer höher schlagen. Für die Freunde von Band-artiger neuer Ensemblemusik geben die Künstler von pianopossibile eine offene Probe von Fausto Romitellis „An Index of Metals“ um 20:30 Uhr in ihrem Pöllatpavillon, denn sie fahren mit diesem Stück morgen, am Sa. 15.9.13, gleiche Zeit, nach Naturns in Südtirol zur „Transart“. Absolut empfehlenswert. Zuletzt noch ein Hinweis auf die „Akademie für Neue Musik“ der Münchener Musikhochschule: es gibt noch Konzerte bei freiem Eintritt mit dem Gitarrensolisten Eliot Fisk und seiner Klasse heute um 20 Uhr, morgen präsentieren sich spielende und komponierende Teilnehmer auch um 20 Uhr, am Sonntag um 11 Uhr dann abschliessend eine Matinee mit dem Ensemble opus21musikplus u.a. mit Münchener Kompositionskollegen wie Konstantia Gourzi, Hans-Henning Ginzel und dem während dieser Akademie unterrichtenden Pascal Dusapin. Siegfried Mauser und Hans-Jürgen von Bose sezieren vormittags Werke der Neuen Musik, das Arditti-Quartett seinerseits junge Komponisten, sprich, v.a. deren Werke. Wer da Einblicke nehmen möchte, bitte sich an die Organisation wenden (s. auf oben verlinkter Seite).

Vertonungen
Berlin/Würzburg • Es gibt nicht nur den Badblog. Spannende Kontroversen bieten immer wieder J. Kreidlers Blog und aktuell auch der von Stefan Hetzel. Stefan referiert zur Zeit zum Begriff Gehaltsästhetik. Im aktuellen Teil versucht er unter materialästethischen Umständen nicht so zusammenbringende Komponisten unter gehaltsästhetischen Aspekten unter einen Hut zu bringen. Eine spannende Kontroverse, interessant auch die Frage der Sonifikation. Bisher subsummiert darunter am ehesten Klarenz Barlow. Es stellt sich mir die Frage, wie man in einer weitergedachten Postmoderne nicht mehr direkt zitiert, sondern nur analytisch Herausgefundenes wiederum abstrakt mit Tonmaterial gleichgesetzt. Also, statt Dominanten und Doppeldominanten einer harmonischen Analyse direkt eins zu eins zu spielen sie in ihrer Hierarchie Zahlen zuordnen, die man wieder Tonhöhen zuordnet. Oder dies mit dem harmonischen Rhythmus. Oder dramaturgischen Lohengrinbühnentrompeten – man denke an de la Mottes Betrachtung! Und das sind nur die simpelsten Ideen, die mir dazu einfallen. Momentan transformiere ich gerade Ausschnitte aus Monteverdis Orfeo, reduziert auf die melodische Linie. So und noch ganz anders bieten sich ganz andere als nur variative Betrachtungen. Unbedingt diese Texte Stefans und Johannes‘ weiterverfolgen!

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Eine Antwort

  1. @Alexander Strauch: Danke für das Lob :-)

    Ein paar Ergänzungen:

    In meiner Blogartikelreihe geht es nicht nur um „Gehaltsästhetik“, sondern um (eigene!) Gedanken zum Buch „Die digitale Revolution der Musik“ des Berliner Philosophen Harry Lehmann aus dem Jahr 2012. Harry spricht bereits seit seinem Aufsatz „Avantgarde heute“ aus dem Jahr 2006 (!) von der Notwendigkeit einer gehaltästhetischen Wende. Auf S. 94 der „Digitalen Revolution der Musik“ erklärt er hierzu:

    Worauf es ankommt, ist nicht länger die Entwicklung eines eigenen Stils, das Bekenntnis zu einem Ismus, das Benutzen einer besonderen Technik oder die Ausbeutung einer wenig erschlossenen Materialschicht (obwohl auch dies keine negativen Indikatoren sind), sondern ob ein relevantes künstlerisches Konzept ästhetisch zur Präsenz kommt.

    Clarence Barlow ist mir weniger als „Sonifikant“ bekannt, eher als Entwickler einer „neuen“ Musik als creatio ex nihilo (vgl. das Klavierstück „ÇoÄŸluotobüsiÅŸletmesi“ – das ist übrigens Türkisch – aus dem Jahr 1980).

    Sonifikation als subtilere Form postmodernen Zitierens – das gefällt mir gut!