Animierte Dramolette: „Interaktivität“ von Stefan Hetzel

Vor einiger Zeit hat unser fleißiger Bad-Blog-Leser Stefan Hetzel schon einen Teil seines damals in Entstehung begriffenen „Dramoletts“ zum Thema „Interaktivität“ hier vorgestellt. Es geht um Elektronik in der Musik, um Schnittstellen, um gescheiterte und erfolgreiche Visionen….
keine leichte Kost, zugegeben, aber dass es damals keinerlei Kommentare gab, war sehr schade.

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Inzwischen hat Stefan sich die Mühe gemacht, dass von mir mal verlinkte Animationsprogramm „xtranormal“ dazu zu verwenden, den mittlerweile vollständigen Text zu animieren, als ironische Verbeugung vor der Sucht nach visueller Aufbereitung, die unsere Zeit zu beherrschen scheint. Die Ergebnisse sind durchaus skurril, wenn hier berühmte Kollegen einen Diskurs in Zitaten führen, und dabei in einem virtuellen Büro seltsam gestikulieren. Selten hat ein Inhalt hier eine so treffende Form gefunden – von lebenden Schauspielern gesprochen wäre das Ganze nur halb so gut, dass es hier Computer sind, gibt dem Ganzen einen seltsamen Reiz.
Also tut Stefan den Gefallen und schaut euch das an, kommentiert es!

Hier sein Einführungstext:

In den Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts, als der ATARI ST mit serienmäßig integrierter MIDI-Schnittstelle der Stand der Dinge in der Musiktechnologie war, wurde in einigen Kreisen der Neuen Musik eine Debatte geführt, die ich heute schmerzlich vermisse. Es ging um nichts Geringeres als das Verhältnis des Künstlers, speziell natürlich des Komponisten, zur Technik und, genauer, zur Maschine. Es gibt eine naheliegende Erklärung, warum dieser Diskurs im Jahr 2013 nahezu verschwunden ist: Niemand will heute mehr als Maschinenstürmer gelten – aus nackter Existenzangst und weil die Dinger ja schon viel zu tief in unseren Alltag integriert sind. Ohne Maschine geht eben, auch und gerade für Komponisten, gar nichts mehr. Es fällt schwer, über die Beschaffenheit des Astes zu diskutieren, auf dem man sitzt. Oder so.

In loser Anlehnung an eine Figurenkonstellation aus Thomas Manns „Zauberberg“ habe ich bereits 1998 ein Dramolett zu diesem Thema verfasst, in dem zwei Gelehrte um die Seele eines Eleven ringen. Dabei äußert der „Humanist“ Gedanken aus dem Essay „Ausgerechnet“ … Computermusik. Für Klarenz Barlow“ des Komponisten Konrad Boehmer aus dem Jahr 1991. Sein Widerpart, der „Technokrat“, bekam Sätze den Mund gelegt, die eben jener Klarenz Barlow, ebenfalls ein Komponist, in einem Interview mit Michael Harenberg im Jahre 1989 äußerte.

Beide Kontrahenten bekamen zudem philosophische Schützenhilfe, Boehmer – wie in seinem Originaltext bereits angelegt – von Jürgen Habermas, Barlow von Niklas Luhmann – was meine Zutat ist

Im Juli des vergangenen Jahres durfte ich bereits eine Szene des Stücks hier im Bad Blog präsentieren. Kommentare gab’s damals leider keine :-(

Mittlerweile habe ich aufgerüstet und mit Hilfe der Freeware Xtranormal Desktop den Text in eine Sequenz von Animationfilmen verwandelt. In dieser Form sei er nun erneut zur Diskussion gestellt.

Viel Spaß beim Anschauen wünscht

Stefan Hetzel

und hier die Videos:

Interaktivität (Szene 1 von 4) from Stefan Hetzel on Vimeo.

Interaktivität (Szene 2 von 4) from Stefan Hetzel on Vimeo.

Interaktivität (Szene 3 von 4) from Stefan Hetzel on Vimeo.

Interaktivität (Szene 4 von 4) from Stefan Hetzel on Vimeo.

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Eine Antwort

  1. Steffi sagt:

    Das Kernthema scheint mir die genaue Beschreibung dessen, was Kreativität ist zu sein. Wer Kreativität als intelligente Kombinatorik bereits bestehender Elemente versteht, der wird auch Algorithmen eher als Handwerkszeug annehmen.

    In einem anderen Bereich, bei der die Verwendung von Computerprogrammen laut Clip rein zweckrationaler Natur ist, habe ich in Ansätzen eine ähnliche Diskussion erlebt: moderne Statistikprogramme. Kritiker monieren, dass formulaische Programme wie SPSS wegen ihrer Einfachheit einen allgemeinen Einbruch statistischer (Grundlagen-) Kenntnisse begünstigten. Es fehlt das Wissen über die Prämissen, die in den bekannten Kennzahlen zugrundeliegenden Gleichungen eingegangen sind, wodurch eine situationsspezifisch sehr relevante Problematik systematisch unsichtbar gemacht wird. Aber mir schwant, dass es sich hierbei um ein nur sehr entfernt verwandtes Problem handelt (das bekannte Problem der Anschlußfähigkeit).

    Naja, „wir müssen eine gemeinsame Lösung finden“ ;).